24. Oktober 2023 · Rubrik: Pestizide

Wichtige Abstimmung zur Pestizidreduktion / SUR

Heute, am 24. Oktober 2023 erfolgt die Abstimmung im Umweltausschusses des EU-Parlaments (ENVI) zum Entwurf der Pestizidreduktions-Verordnung (SUR, Sustainable Use Regulation). Da er federführend für den Gesetzesvorschlag ist, wird der ENVI Ausschuss die entscheidenden Weichen für die folgende Abstimmung im Plenum des EU-Parlaments und den darauffolgenden Trilog aller EU Gremien stellen.

Erstmals könnten verbindliche quantitative Ziele für die Reduktion des Einsatzes chemisch-synthetischer Pestizide auf EU- und auf Mitgliedsstaatenebene festgeschrieben werden sowie verbindliche kulturspezifische Regeln für den Integrierten Pflanzenschutz. Von industriefreundlicher Seite wird seit Beginn der Verhandlungen allerdings versucht, diese Maßgaben aufzuweichen und abzuschwächen. Gegen die Argumente der Kritiker hatten sich mehr als 3000 Wissenschaftler*innen gestellt und mit wissenschaftlichen Argumenten klargestellt, dass die Wiederherstellung der Natur und die Reduzierung des Einsatzes von Agrochemikalien für die langfristige Erhaltung der Produktionskapazität und der Ernährungssicherheit notwendig sind.

Aus Sicht von PAN Germany sind u.a. folgende Elemente unzureichend bzw. dringend nachzubessern:

  • Besonders problematisch, ist der vorgeschlagene irreführende Indikator, auf dessen Grundlage die Pestizid-Reduktion gemessen werden soll. Ein aktuelles Video von Global 2000 und der Initiative Safe Bees and Farmers erklärt die Schwachstellen des „Harmonized Risk Indikator“.
  • Die Vorschläge zum Schutz besonders empfindlicher Gebiete und zur Größe und Ausgestaltung der Schutzzonen um diese herum, reichen nicht aus, um vulnerable Gruppen wie Schwangere und Kinder, unsere Gewässer und Trinkwasserversorgung und unsere Naturschutzgebiete ausreichend vor den Pestizidbelastungen zu schützen.
  • Wie die Umstellung auf eine umweltschonendere und resilientere Landwirtschaft finanziert werden soll, bleibt unklar. Denn der EP-Landwirtschaftsausschuss hatte am 9. Oktober den Artikel 43 aus dem Entwurf gestrichen. Dies war der einzige Artikel, für den der Ausschuss allein zuständig war und der vorsah, für eine Übergangszeit von 5 Jahren Landwirt*innen für die Umsetzung der SUR-Maßnahmen über Subventionen aus dem Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) zu unterstützen. Die Entscheidung des Agrarausschusses steht im Gegensatz zu Forderungen im jüngsten OECD-Bericht über die Zukunft der Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion in der EU. Nach Ansicht der OECD, ist die wichtigste Lösung, der GAP eine grundlegende Neuausrichtung zu geben, um sie stärker an erklärte Prioritäten, wie Umwelt- und Klimaschutz, zu binden und Fehlanreize zu beseitigen.

Eine aktuelle Umfrage, die von Marktforschungsunternehmen Ipsos in Dänemark, Frankreich, Deutschland, Polen, Rumänien und Spanien durchgeführt und von PAN Europe veröffentlicht wurde, zeigt nach der erfolgreichen Europäischen Bürgerinitiative „Bienen und Bauern retten!“ erneut die deutliche Unterstützung der Bürger*innen für eine ehrgeizige Pestizidpolitik (PAN Germany berichtete). Eine deutliche Mehrheit der Befragten ist der Meinung, dass EU-Finanzhilfen für Landwirt*innen an die Einhaltung von Maßnahmen zur Vermeidung von Pestiziden geknüpft sein sollten. Die meisten Befragten (73,2 %) sind der Meinung, dass die Regeln des integrierten Pflanzenschutzes (IPM)für Landwirte in der EU verbindlich sein sollten.

Wenn es das Ziel der EU-Kommission war, die alte und in vielen Bereichen nicht funktionierende Rahmenrichtlinie (SUD) durch die SUR-Verordnung zu verbessern, an die Ziele des Green Deals anzupassen und insofern verbindlicher zu gestalten, dürfen aufgrund der vielen abschwächenden Änderungsvorschläge Zweifel am Erfolg angebracht sein. Deshalb wurden in einem Joint Statement, das bislang von ca. 80 Organisationen der Zivilgesellschaft unterzeichnet wurde, nochmal zehn zentrale Forderungen an die Entscheidungsträger übermittelt.

Besorgte Bürgerinnen und Bürger können an der politischen Debatte mitwirken und etwas bewegen: Ab sofort und in den nächsten Monaten können sie auf unkomplizierte Weise den deutschen EU-Abgeordneten und den zuständigen Bundesminister*innen hier in Deutschland ihre Meinung übermitteln. Wir haben dafür ein Online-Tool auf unserer Website eingebunden, das die Kommunikation erleichtert. Machen Sie mit! und schreiben Sie mit einem Klick den Politiker*innen, dass Sie eine starke SUR fordern, die Landwirt*innen unterstützt, eine zukünftige Landwirtschaft fördert, die Gesundheit aller bewahrt und die Artenvielfalt schützt und erhält!