9. Mai 2019 · Rubrik: Pestizide

Geheime Dokumente offenbaren das Engagement hochrangiger EU-Beamten für weniger Schutz vor höheren Pestizidbelastungen

Vertreter der Gesundheitsdirektion unterstützten die Verwendung von 32 gefährlichen Pestiziden.

Neu veröffentlichte Dokumente der Europäischen Kommission enthüllen die Untergrabung wichtiger europäische Regelungen zum Schutz vor Pestiziden.

Nach einem zweijährigen Rechtsstreit konnte das Pesticide Action Network Europe (PAN Europe) Einsicht in über 600 Dokumente erwirken. Diese offenbaren den Versuch hochrangiger Vertreter der Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (DG SANTE), Chemie- und Landwirtschaftsinteressen vor den neuen europäischen Rechtsvorschriften zu schützen, die vorsehen, bis zu 32 hormonell schädliche Pestizide (sog. endokrine disruptive Chemikalien EDCs) zu verbieten. Die Gesetzesvorschriften sind speziell auf den Schutz von Mensch, Tier und Umwelt ausgerichtet. Die Regelungen begründen sich aus 25 Jahren wissenschaftlicher Erkenntnisse, die hormonell schädliche Pestizide mit schwerwiegenden Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und Effekte auf die Geschlechtsausbildung von Tieren in Verbindung bringt. ED-Pestizide können unter anderem die Ursache für Geburtsfehler sein, die Frankreich im vergangenen Jahr schockiert haben und internationale Schlagzeilen auslösten.

Die geheimen Papiere, die auf Erlass des Europäischen Gerichtshofs veröffentlicht wurden, zeigen einen internen Konflikt um die Definition wissenschaftlicher Kriterien für die Identifizierung und das Verbot von ED-Pestiziden. Offenbar waren die Vertreter der Umwelt- und Forschungsabteilungen in der Unterzahl und somit den Versuchen der Vertreter der Landwirtschafts-, Unternehmens-, Industrie- und sogar Gesundheitsdirektionen unterlegen, denen es gelang, die Kriterien für die ED-Identifizierung durch die Einführung nichtwissenschaftlicher Faktoren wie den der Rentabilität der Landwirtschaft zu verwässern. Dabei erhielten sie Rückenwind vom Generalsekretär der Kommission, der ein fehlerhaftes Folgenabschätzungsverfahren orchestrierte [Dokumente 42, 559]. Seine eigenartig frühen Ergebnisse spielten die Auswirkungen der EDs auf die Gesundheit herunter [Dokument 258] und folgerten, dass je mehr Pestizide verwendet wurden, desto geringer die Auswirkungen auf die Gesundheit und die Umwelt seien [Dokument 560]; und dass es umso besser wäre, je weniger ED-Pestizide identifiziert und reguliert würden. [Dokument 273].

Weiterlesen in der PAN Europe Pressemitteilung