2. März 2023 · Rubrik: Pestizide

EP-Berichterstatterin Sarah Wiener stellt Änderungsvorschläge zum SUR-Entwurf vor

Heute stellte die EU-Abgeordnete und Berichterstatterin Sarah Wiener ihren Berichtsentwurf zur Parlamentsposition zur Verordnung über die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR) dem Umweltausschuss (ENVI) vor.

Im Vorfeld der Ausschusssitzung hatten 69 Organisationen der Zivilgesellschaft – darunter PAN Germany – in einem Offenen Brief an die Europaabgeordneten appelliert, die Änderungsvorschläge von Sarah Wiener für eine starke SUR zu unterstützen, um die biologische Vielfalt und die langfristige Ernährungssicherheit zu schützen und die negativen gesundheitlichen Auswirkungen beim Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden anzugehen.

Ein wichtiger Eckpunkt des Berichtsentwurfs ist eine Konkretisierung des Begriffs des Integrierten Pflanzenschutz Managements (IPM) im Verordnungstext. Kern des Vorschlags ist eine Hierarchisierung der IPM-Verfahren nach agrarökologischen Prinzipien, so dass der Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide stets nur die letzte Wahl in der zukünftigen landwirtschaftlichen Produktion darstellt. Zwar ist IPM im konventionellen Anbau lange rechtsverbindlich, aber die reale Umsetzung ist unzureichend. Die neue SUR muss dafür Sorge tragen, dass hier nachgebessert wird, denn bereits durch die Umsetzung von IPM wären erhebliche Einsparpotentiale beim Pestizideinsatz möglich. Gefördert werden muss, so die Berichterstatterin, auch die Schulung der Landwirt*innen sowie die unabhängige Beratung zur Umsetzung des IPM.

Der Berichtsentwurf von Sarah Wiener schlägt zudem einen Kompromissvorschlag für „sensible Gebiete“ vor. Das Totalverbot in allen Schutzgebieten im SUR-Entwurf der Kommission war im Vorfeld sehr stark kritisiert worden. Nun sollen bei Schutzgebieten, die weder dem Schutz der Artenvielfalt dienen, noch den Eintrag von Chemikalien in Gewässer verhindern sollen, der Einsatz von bestimmten Pestiziden weiter erlaubt werden.

Aus PAN-Sicht zu begrüßen, sind noch weitere Vorschläge im Berichtsentwurf, u.a. ein engagierteres Reduktionsziel bei besonders gefährlichen Pestiziden – den Substitutionskandidaten. PAN begrüßt auch, die Festlegung von Schutzzonen rund um Schutzgebiete und Bereiche, die dem Schutz sensibler Gruppen dienen (wie Krankenhäusern, Kitas etc.), auszuweiten sowie die Finanzierung von Maßnahmen durch eine risikobasierte Pestizidabgabe zu unterstützen.

Obwohl die Notwendigkeit zur Pestizidreduktion in der Anhörung des Umweltausschusses nicht zur Diskussion stand, stieß der Berichtsentwurf – wie zu erwarten – nicht nur auf Zustimmung. Gerade auf Seiten der konservativen Parteien wird das „wann“ und das „wie“ kritisiert. Als Argument wird oft die Ernährungssicherheit angeführt, die momentan durch den Krieg Russlands in der Ukraine gefährdet sei.

Sarah Wiener und andere Befürworter kontern, dass nur eine nachhaltige Landwirtschaft unsere Ernährung langfristig sichern kann, da Ressourcen- und Biodiversitätsschutz direkt damit verknüpft seien, dass Landwirt*innen jetzt Planungssicherheit bräuchten, und dass das Ziel der Pestizidreduktion mittlerweile nicht nur im Europäischen Green Deal, sondern seit dem UN-Biodiversitätsgipfel in Montreal im Dezember 2022 auch als globales Ziel bestätigt wurde.

Neben der inhaltlichen Kontroverse stand auch der Zeitplan zur Diskussion. Dieser wurde bereits deutlich nach hinten verschoben. Änderungsvorschläge zum Berichtsentwurf können bis Ende März eingereicht werden, die Abstimmung im Umweltausschuss soll im Juni und die Abstimmung im EP Plenum im September 2023 stattfinden. Der Landwirtschaftsausschuss möchte demgegenüber mit seiner Stellungnahme noch warten, da die zusätzliche Folgenabschätzung noch aussteht. Dies könnte die Abstimmung des EU Parlaments zur SUR verzögern. Ein Offener Brief vom 1. März der Europäischen Bürgerinitiative (EBI) „Bienen und Bauernretten“ appelliert deshalb an den Vorsitzenden des Landwirtschaftsausschusses Norbert Lins, diese Blockadehaltung endlich aufzugeben und einen Zeitplan für den Entscheidungsprozess im Landwirtschaftsausschuss vorzulegen, der eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem Umweltausschuss und eine Abstimmung vor der Sommerpause ermöglicht.

Zum Abschluss der Anhörung plädierte Berichterstatterin Sarah Wiener eindringlich an ihre Kolleginnen und Kollegen, konstruktiv und gemeinsam mitzuhelfen, die SUR auf den Weg zu bringen.

Hier die Videoaufzeichnung der Debatte (Sprachauswahl rechts unten beim Notensymbol).

Bild: Johan Harris pexels.com