27. Juni 2024 · Rubrik: Glyphosat

Glyphosat: Antrag auf Widerruf der Wiedergenehmigung abgelehnt, NGOs ziehen vor EU-Gericht

Am 26. Juni 2024 lehnte die Europäische Kommission den formellen Antrag von PAN Europe und 5 seiner Mitglieds-NGOs – darunter PAN Germany – ab, die 10-jährige Wiederzulassung von Glyphosat zu überprüfen. Die NGOs werden nun vor Gericht gehen und haben dafür ein Zeitfenster von zwei Monaten. Parallel zu diesem rechtlichen Verfahren überprüfen die EU-Mitgliedstaaten ihre nationalen Zulassungen für Glyphosat-Produkte. Trotz Genehmigung des Wirkstoffs auf EU-Ebene sind nationale Verbote glyphosathaltiger Pestizid-Produkte rechtlich möglich.

Im Januar 2024 stellten Client Earth, Générations Futures, Global2000, PAN Germany, PAN Netherlands und PAN Europe einen formellen Antrag an die EU-Kommission auf interne Überprüfung der Glyphosat-Wiedergenehmigung. Sie forderten, die Entscheidung über die Wiedergenehmigung des Herbizidwirkstoffs zu revidieren. Hierzu reichten die NGOs eine umfangreiche Dokumentation ein, die die zahlreichen Mängel in der Arbeit der beteiligten EU- Behörden darlegt. Beanstandet wurde zudem, dass die Europäische Kommission eine Reihe relevanter Datenlücken, die von der EFSA festgestellt wurden, außer Acht ließ, was nicht im Einklang mit der Pestizid-Verordnung (EG) 1107/2009 steht.

Trotz der dokumentierten erheblichen Mängel weigerte sich die Kommission, die Wiederzulassung von Glyphosat zu überprüfen und lehnte nun den entsprechenden Antrag der NGOs ab. Zu den von den NGOs dargelegten Mängeln zählen die aus ihrer Sicht fehlerhafte Bewertungen durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) bezüglich der Karzinogenität, Genotoxizität, Neurotoxizität, Störungen des Hormonsystems sowie Toxizität für Insekten und Amphibien. Sie kritisieren, dass die Ergebnisse unabhängiger wissenschaftlicher Untersuchungen systematisch ignoriert oder ihnen ein weitaus geringeres Gewicht beigemessen wurde als den teilweise jahrzehntealten Studien der Industrie. Darüber hinaus weigere sich die Kommission nach wie vor, die Toxizität einer repräsentativen Formulierung (d. h. eines Herbizids auf Glyphosatbasis) zu bewerten, um die synergistischen Effekte der Mischung aus Glyphosat und Beistoffen zu beurteilen.

Angeliki Lyssimachou, Leiterin der Abteilung Wissenschaft und Politik bei PAN Europe, sagt: „Zahlreiche Beweise zeigen eindeutig, dass Glyphosat-Pestizide Mensch und Umwelt schädigen können, was ihr Verbot nach EU-Recht rechtfertigt. Dennoch spielen die EFSA, die ECHA und die Europäische Kommission diese Fakten weiterhin herunter. Die Antwort der Kommission bestätigt ihren Unwillen, das hohe Schutzniveau, das die demokratisch legitimierte EU-Pestizidverordnung vorschreibt, wirklich einzuhalten. Wir fordern den Europäischen Gerichtshof auf, zu intervenieren und die Kommission zu zwingen, sich an ihre eigenen Regeln zu halten“.

Peter Clausing, Toxikologe bei PAN Germany sagt: „Es ist überfällig, das Mantra der Behörden, dass die Einstufung von Glyphosat als „nicht krebserregend“ auf der ausgewogenen Bewertung aller vorliegenden Beweise basiere, einer gerichtlichen Überprüfung zu unterziehen. Denn aus wissenschaftlicher Sicht ist das nicht haltbar.“

Nach der Wiedergenehmigung des Wirkstoffs durch die EU müssen die Mitgliedstaaten innerhalb von 15 Monaten eine nationale Entscheidung über die Wiederzulassung von Produkten treffen. Wie kürzlich in einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs angemahnt, dürfen die Mitgliedstaaten die Produkte nicht wieder zulassen, wenn sie Zweifel an der Sicherheit der Produkte haben. Angesichts der zahlreichen Beweise für die Schädlichkeit von Glyphosat-Pestiziden für Mensch und Umwelt sollten die Mitgliedstaaten nationale Verbote durchsetzen. Dass nationale Verbote im Einklang mit den gültigen Rechtsvorschriften stehen, zeigen ein Anfang des Jahres veröffentlichtes Rechtsgutachten der Heinrich-Böll-Stiftung (PAN Germany berichtete) sowie ein heue veröffentlichter neuer Leitfaden  von PAN Europe. PAN Europe teilte diese Informationen heute schriftlich mit den Minister*innen für Umwelt, Gesundheit und für Landwirtschaft der EU-Mitgliedsstaaten und forderte sie auf, sich der rechtswidrigen Verlängerung der nationalen Zulassungen von Herbiziden auf Glyphosatbasis zu widersetzen.

Mehr dazu: PAN Europe Press Release 27/06/2024: Glyphosate EU Commission rejects request to cancel re-approval, NGOs go to EU court

 

 

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