Essential for life? Enttäuschung beim Europäischen Wasserschutz

Trotz Feststellung der besonderen Bedeutung und Gefährdung unsere Wasser-Ressourcen, bleibt die neue EU-Wasser-Strategie hinter der Notwendigkeit und unseren Erwartungen eines vorsorgenden Schutzes – insbesondere vor Belastungen mit Pestiziden, einschließlich PFAS-Pestiziden – deutlich zurück.

Anstatt die Verschmutzung an ihrer Quelle zu bekämpfen, stützt sich die am 3. Juni 2025 vorgestellte „Strategie zur Widerstandsfähigkeit der Wasserressourcen“ der Europäischen Kommission auf nachgelagerte „Reinigungstechnologien“, die noch entwickelt werden müssen. Obgleich die Strategie textlich ausdrücklich anerkennt, dass dringend Maßnahmen erforderlich sind, um Schadstoffe zu bekämpfen, die eine Gefahr für unsere lebenswichtigen Trinkwasserquellen darstellen und PFAS allgemein hier besonders hervorhebt, gibt es keine verbindlichen Maßnahmen zur Verringerung der Pestizidbelastung oder zum schrittweisen Ausstieg der Verwendung von PFAS-Pestiziden. Obwohl auf das Verursacherprinzip Bezug genommen und das „polluter pays principle“ aufgegriffen wird, fehlt ein Vorschlag zur Anwendung dieses Prinzips auf den landwirtschaftlichen Bereich. PFAS-Pestizide oder TFA-Kontamination werden nicht adressiert und keine hier notwendigen vorbeugenden Maßnahmen angestoßen, obwohl sie zu einer weitreichenden Verschmutzung der Wasserressourcen führen.

Seit 2014 verpflichtet das EU-Pestizid-Recht dazu, chemisch-synthetische Pestizide nur als „letztes Mittel der Wahl“ einzusetzen. Statt diese Vorgabe in positiver Weise zu unterstützen, untergräbt die Wasserstrategie diese stattdessen und macht lediglich die Vorgabe eines „nachhaltigen“ Pestizideinsatzes auf 27 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche, ohne klare ergebnisorientierte Maßnahmen zur wirksamen Reduzierung schädlicher Pestizide festzulegen. An entscheidender Stelle spricht die Strategie lediglich von „improved pesticide use“ – ohne überhaupt Pestizidreduktion zu erwähnen.

Die besondere Bedeutung von PFAS-Pestiziden und deren hochpersistentes und schädliches Abbauprodukt TFA, das schon jetzt ubiquitär in Gewässern und Trinkwasser nachweisbar ist und dort stetig weiter akkumuliert, wird völlig außer Acht gelassen, obwohl die wissenschaftlichen Bedenken hinsichtlich der daraus resultierenden weit verbreiteten Verschmutzung zunehmen.

Unser Fazit: Angesichts dieser eklatanten Defizite, wirksame Maßnahmen gegen die chemische Verschmutzung der europäischen Wasserressourcen zu empfehlen, ist nicht damit zu rechnen, dass die Strategie ihr Ziel erreichen wird, entscheidend für die Sicherheit und das Wohlergehen der EU-Bürger*innen beizutragen und den Zugang zu sauberem Wasser für alle zu gewährleisten.

 

Weitere Informationen:

European Water Resilience Strategy vom 03.06.2025

PAN Germany Stellungnahme im Rahmen der Sondierung „Europäische Strategie für eine resiliente Wasserversorgung“ Ref. Ares(2025)843493 – 04/02/2025

PAN Europe Pressemitteilung vom 4.6.2025: European Water Resilience Strategy: sinking ambitions on pesticide pollution




Redebeitrag auf der BASF-Hauptversammlung am 02.05.2025

Rede von Dr. Peter Clausing vom Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany) auf der Hauptversammlung der BASF AG am 02.05.2025: 

„Sehr geehrte Damen und Herren Aktionärinnen und Aktionäre, sehr geehrte Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats.

Mein Name ist Dr. Peter Clausing vom Pestizid Aktions-Netzwerks e.V. und ich spreche als Bevollmächtigter des Dachverbandes der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. Ich bin Toxikologe und mit den Eigenschaften jenes Abbauprodukts von Pestiziden vertraut, über das ich heute sprechen werde. Es geht um Triflouracetat, oder kurz TFA, ein Abbauprodukt sogenannter PFAS-Pestizide. Die BASF hat Pestizidprodukte mit mindestens 4 PFAS-Wirkstoffen in ihrem Portfolio. Konkret geht es um die Wirkstoffe Flufenacet, Mefentrifluconazol, Picolinafen und Tritosulfuron. Zu den PFAS-Wirkstoffen gehört auch Fipronil, das in der EU verboten ist, aber von der BASF zum Beispiel in Mexiko in Pestizidprodukten angeboten wird. Abgesehen davon, dass Fipronil zur TFA-Belastung von Mensch und Umwelt beiträgt, sind Präparate mit diesem Wirkstoff in Mexiko auch für massive Bienensterben verantwortlich.

TFA ist eine so genannte Ewigkeitschemikalie und zugleich ein Stoff, der eine Gefahr für das ungeborene Leben darstellt, wobei laut Behördenunterlagen Augenmissbildungen im Vordergrund stehen. Beim zur Zeit laufenden REACH-Verfahren wurde TFA von den Behörden als Substanz der Kategorie 1B vorgeschlagen, also als „wahrscheinlich reproduktionstoxisch beim Menschen“.

Auch wenn es noch andere Emissionsquellen gibt, sind PFAS-Pestizide die vorherrschende Quelle für die Kontamination von Grund- und Trinkwasser mit TFA. Laut Europäischer Chemikalien Agentur werden in der EU pro Jahr knapp 5.500 Tonnen PFAS-Pestizide ausgebracht. Und aus dem Bericht des Umweltbundesamts von 2023 geht hervor, dass in Deutschland das Potenzial besteht, dass durch die ausgebrachten PFAS-Pestizide jährlich bis zu 521 Tonnen TFA gebildet werden. TFA ist, wie gesagt, eine so genannte Ewigkeitschemikalie. Mit anderen Worten, jedes Jahr gelangen in Deutschland bis zu 521 weitere Tonnen TFA in die Umwelt. Das erklärt den steilen Anstieg der Belastung, der über die letzten 15 Jahre festgestellt wurde. Um diese flächendeckende Kontamination von Oberflächen- und Grundwasser einzudämmen, sollten PFAS-Pestizide umgehend aus dem Verkehr gezogen werden.

Ich habe deshalb folgende Fragen:

  1. Welche Menge an PFAS-Pestiziden, also Flufenacet, Mefentrifluconazol, Picolinafen und Tritosulfuron werden von der BASF innerhalb der EU vermarktet?
  2. Hat die Unternehmensleitung angesichts der steigenden TFA-Kontamination und der damit verbundenen Gesundheitsgefahren, die Absicht, verantwortungsvoll zu handeln und die Wirkstoffe Mefentrifluconazol und Picolinafen vor Ende der derzeit laufenden Genehmigung aus dem Portfolio zu nehmen?
  3. Ist das Unternehmen bereit auf den Export von Fipronil, Flufenacet und Tritosulfuron, also Wirkstoffe, die ihre Genehmigung in der EU verloren haben bzw. demnächst verlieren werden, bzw. deren Produkte zu verzichten? Wenn nicht, sind Sie der Ansicht, dass diese Wirkstoffe in den Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas weniger zur TFA-Anreicherung als in Europa beitragen und wenn ja, warum?

Vor diesem Hintergrund fordere ich die Aktionärinnen und Aktionäre auf, Vorstand und Aufsichtsrat nicht zu entlasten und stattdessen für die Gegenanträge des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre zu stimmen!

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.“




Redebeitrag auf der Bayer-Hauptversammlung am 25.04.2025

Rede von Dr. Peter Clausing vom Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany) auf der Hauptversammlung der Bayer AG am 25.04.2025: 

„Sehr geehrte Damen und Herren Aktionärinnen und Aktionäre, sehr geehrte Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats.

Mein Name ist Peter Clausing vom Pestizid Aktions-Netzwerks e.V. und ich spreche als Bevollmächtigter der Coordination gegen BAYER-Gefahren. Ich bin promovierter Toxikologe und vertraut mit den Eigenschaften jenes Abbauprodukts von Pestiziden, über das ich heute sprechen werde. Es geht um Triflouracetat, oder kurz TFA, ein Abbauprodukt sogenannter PFAS-Pestizide, von denen Bayer Präparate von insgesamt 6 Wirkstoffen in seinem Portfolio hat. Konkret geht es um Diflufenican, Fluopicolid, Fluopyram, Isoxaflutol, Tembotrion und Trifloxystrobin. Hinzu kommt Flufenacet, ebenfalls ein Bayer-Pestizid, für das es im Juni keine Wiedergenehmigung in der EU geben wird.

TFA ist eine so genannte Ewigkeitschemikalie und zugleich ein Stoff, der eine Gefahr für das ungeborene Leben darstellt, wobei laut Behördenunterlagen Augenmissbildungen im Vordergrund stehen. Beim zur Zeit laufenden REACH-Verfahren wurde TFA von den Behörden als reproduktionstoxische Substanz der Kategorie 1B vorgeschlagen.

Auch wenn es noch andere Emissionsquellen für TFA gibt, sind PFAS-Pestizide die vorherrschende Quelle für die Kontamination von Grund- und Trinkwasser mit TFA. Laut Europäischer Chemikalien Agentur werden in der EU pro Jahr knapp 5.500 Tonnen PFAS-Pestizide ausgebracht. Und aus dem Bericht des Umweltbundesamts von 2023 geht hervor, dass in Deutschland das Potenzial besteht, dass durch die ausgebrachten PFAS-Pestizide jährlich bis zu 521 Tonnen TFA gebildet werden. TFA ist, wie gesagt, eine so genannte Ewigkeitschemikalie. Mit anderen Worten, jedes Jahr gelangen in Deutschland bis zu 521 weitere Tonnen TFA in die Umwelt. Das erklärt den steilen Anstieg der Belastung, der über die letzten 15 Jahre zum Beispiel in Wein festgestellt wurde, denn TFA in Wein ist nichts anderes als ein Abbild der beim Anbau herrschenden Umweltbelastung. Um diese flächendeckende Kontamination von Oberflächen- und Grundwasser einzudämmen, sollten PFAS-Pestizide umgehend aus dem Verkehr gezogen werden.

 

Ich habe deshalb folgende Fragen:

  1. Wie hoch ist der Anteil des Bayer-Konzerns an den nach offizieller Schätzung knapp 5.500 Tonnen PFAS-Wirkstoffen, die jährlich in der EU ausgebracht und demzufolge vermarktet werden?
  2. Für welche PFAS-Wirkstoffe – also für Fluopicolid, Fluopyram, Isoxaflutol, Tembotrion und Trifloxystrobin – hat die Unternehmensleitung die Absicht, auf einen Antrag zur Wiedergenehmigung zu verzichten? Für Flufenacet haben die Behörden Ihnen die Entscheidung ja bereits abgenommen.
  3. Im positiven Fall, d.h. bei Verzicht auf einen Wiedergenehmigungsantrag: Ist das Unternehmen auch bereit auf den Export von Präparaten mit diesen Wirkstoffen bzw. von diesen Wirkstoffen selbst zu verzichten? Wenn ja, auf welche und ab wann?

Vor diesem Hintergrund fordere ich die Aktionär:innen auf, Vorstand und Aufsichtsrat nicht zu entlasten und stattdessen für die Gegenanträge der Coordination gegen BAYER-Gefahren zu stimmen!“

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.“




Aufruf an die Bayer-Aktionär*innen, sich gegen Angriffe auf den Gesundheits- und Umweltschutz zu stemmen

Am Vortag der morgigen Bayer Jahreshauptversammlung fordern mehr als 100 Organisationen aus aller Welt die Bayer-Aktionär*innen auf, sich gegen die schädliche Lobbypolitik des Konzerns zu stemmen, mit dem dieser in Europa und den USA Gesetze und Vorschriften zum Schutz der Bevölkerung zu unterlaufen versucht. (1)

In Europa arbeitete Bayer zusammen mit dem Lobbydachverband CropLife EU massiv daran, das EU Gesetz zur Pestizidreduktion zu Fall zu bringen – leider mit Erfolg. In den USA versucht Bayer derzeit die Gesetzeslage so zu ändern, dass Betroffene zukünftig daran gehindert werden, rechtliche Schritte einzuleiten, wenn sie durch ein Bayer-Produkt geschädigt wurden.

Tausende amerikanischer Beschäftigte in der Landwirtschaft und US-Bürger*innen haben vor Gericht geklagt, weil sie an Krebserkrankungen leiden, die auf den Einsatz des Herbizids Glyphosat zurückzuführen sind. Der Wirkstoff Glyphosat ist unter anderem in dem Bayer- und früheren Monsanto-Produkt RoundUp enthalten. Entschädigungszahlungen an die 181.000 Kläger und Klägerinnen hat dem Unternehmen bereits Milliarden US Dollar gekostet. Der Bayer Konzern versucht daher, Einfluss auf US-Behörden auf nationaler und bundesstaatlicher Ebene zu nehmen mit dem Ziel, Opfer von Bayer-Produkten die Möglichkeit zu nehmen, Ansprüche zukünftig weiter geltend zu machen.

Verantwortlich für die weit verbreitete PFAS-Verschmutzung?

Bayer ist Entwickler und Hersteller vieler PFAS-Pestizide. Ein Abbauprodukt dieser „Ewigkeitschemikalien“ ist Trifluoracetat, besser bekannt als TFA. Dieses hormonell wirksame und mutmaßlich fortpflanzungsgefährdende Abbauprodukt verschmutzt Trinkwasser in großem Ausmaß. Die problematische Chemikalie wird auch von Pflanzen aufgenommen und wurde gerade in erheblichen Konzentrationen in europäischen Weinen nachgewiesen. Wir fordern: Konzerne müssen Verantwortung für ihre Produkte übernehmen. Dazu zählt auch die Verantwortung für die zum Teil gravierenden Verschmutzungen, die diese Produkte verursachen. Es geht nicht, dass Konzerne ihre wirtschaftliche Macht missbrauchen, um sich der Verantwortung für ihre Produkte zu entziehen.

(1) Offener Brief an die Bayer Aktionär*innen zum 25. April 2025.

Die Jahreshauptversammlung der Bayer-Aktionär*innen am Freitag, den 25. April kann im Internet live mitverfolgt werden (Link ist extern).




Studie zeigt alarmierenden Anstieg der Chemikalie TFA in europäischem Wein

Keine Kontamination vor 1988 – starker Anstieg seit 2010 – derzeitige Werte sehr hoch

Neue Daten zeigen einen dramatischen Konzentrationsanstieg der Chemikalie TFA (Trifluoracetat) in der Umwelt. Die Ergebnisse stellten das europäische Pestizid Aktions-Netzwerks (PAN Europe) und Partnerorganisationen heute in dem Bericht „Message from the Bottle – The Rapid Rise of TFA Contamination Across the EU“ vor. [1,2,3]

Untersucht wurden 10 ältere und 39 jüngere, in den vergangenen Jahren abgefüllte Weine aus 10 Europäischen Staaten. TFA wurde in allen jüngeren Weinen im Mittel (Median) mit 110 Mikrogramm pro Liter (µg/l) nachgewiesen. Die höchste Belastung lag bei 320 µg/l und ist damit  rund 100 Mal höher als die durchschnittlichen Konzentrationen, die in vorherigen Untersuchungen in Oberflächengewässern und in Trinkwasserproben nachgewiesen wurden.

In alten Weinen, die vor 1988 abgefüllt wurden, wurde dagegen kein TFA nachgewiesen. Seit 2010 konnte ein starker Anstieg der Kontaminationswerte beobachtet werden.

Gleichzeitig wurden die Weine auch auf Pestizidrückstände analysiert. Viele Proben zeigten mehrfache Belastungen. Gefunden wurden bis zu 8 Pestizide und Pestizidmetabolite in 94 % der konventionell erzeugten Weine. Insgesamt waren 18 unterschiedliche Pestizide nachweisbar, darunter die zwei PFAS-Fungizide, Fluopyram und Fluopicolid. Bemerkenswerterweise waren vier von fünf untersuchten Bioweinen frei von nachweisbaren Pestizidrückständen – sie enthielten jedoch alle TFA. Weine im höheren TFA-Konzentrationsbereich (Mittelwert: 176 µg/l) zeigten im Durchschnitt eine doppelt so hohe Pestizidbelastung auf wie Weine mit geringeren TFA-Werten (Mittelwert: 58 µg/l).

Helmut Burtscher-Schaden, Umweltchemiker bei GLOBAL 2000 und Initiator der Studie, beschreibt die Ergebnisse als “alarmierend in zweierlei Hinsicht“. Die hohen Werte verdeutlichen die erhebliche Bioakkumulation von TFA in Pflanzen. „Wahrscheinlich nehmen wir über unsere Ernährung wesentlich mehr TFA auf als bisher angenommen“, schlussfolgert der Experte. Noch besorgniserregender sei der starke Anstieg der Kontamination seit 2010. „Es sind dringend Maßnahmen erforderlich, um weitere TFA-Emissionen in die Umwelt zu verhindern.“, fügt er hinzu.

Andere Untersuchungen zeigten ähnliche Ergebnisse. Michael Müller, Professor für Pharmazeutische und Medizinische Chemie an der Universität Freiburg, hat bei seinen eigenen (noch unveröffentlichten) Analysen von TFA in alten und neuen Weinen ähnliche Trends beobachtet. Dabei wurde in neueren Weinen, die nach 2020 abgefüllt wurden, ein breites Spektrum an TFA-Kontaminationen von 20 bis über 300 µg/l nachgewiesen. Die niedrigsten Werte wurden in biologisch erzeugten Weinen gefunden, die von Trauben stammen, die auf Flächen angebaut wurden, auf die seit Jahrzehnten keine synthetischen Chemikalien aufgebracht wurden. Dies deute darauf hin, dass PFAS-Pestizide als direkter oder indirekter Faktor zu den hohen TFA-Belastungswerten beitragen, so Professor Müller.

Der steile Anstieg der TFA-Belastung wird auch durch einen Vergleich mit offiziellen Befunden bestätigt, die vom EU-Referenzlabor CVUA Stuttgart erhoben wurden. Die Untersuchungen aus dem Jahr 2017, die im Auftrag der Europäischen Kommission durchgeführt wurde, ist bis heute die einzige offizielle Erhebung von TFA in Lebensmitteln. Damals wiesen 27 europäische Weine eine mittlere Konzentration von 50 µg/l auf – mit einem Spitzenwert von 120 µg/l. Die aktuelle Untersuchung von PAN Europe weist dagegen einen Medianwert von 110 µg/l mit einem Spitzenwert von 320 µg/l auf.

Salomé Roynal, Politikreferentin bei PAN Europe, spricht von einem Weckruf für die EU. Substanzen, die TFA in die Umwelt freisetzen, müssten unverzüglich vom Markt genommen werden. Die nächste Gelegenheit ergäbe sich Mitte Mai, wenn die EU-Mitgliedstaaten aufgefordert seien, über den Vorschlag der Kommission abzustimmen, das PFAS-Pestizid Flutolanil – ein TFA-Emittent – nicht weiter zu genehmigen.

PAN Germany erwartet von der neuen Bundesregierung, dass sie die große Bedrohung der Umweltressourcen ernst nimmt und sofort wirksame Maßnahmen gegen die fortschreitende TFA-Anreicherung in Umwelt und Lebensmitteln initiiert. Dies bedeutet prioritär ein Verwendungsverbot für PFAS-Pestizide in Deutschland und die volle Unterstützung des PFAS-Beschränkungsvorschlags auf EU-Ebene.

 

Hintergrund

TFA (Trifluoracetat) ist das nicht weiter abbaubare Endprodukt anderer PFAS-Verbindungen, wie sie in der Kühltechnik (F-Gase) oder als Wirkstoffe in Pestiziden verwendet werden. Was die Verschmutzung des Grundwassers betrifft, so sind es vor allem PFAS-Pestizide aus der Landwirtschaft, die dazu beitragen. Laut einer Studie des Umweltbundesamtes verursachen sie einen potenziellen jährlichen Anteil von 76 % des TFA, gefolgt von TFA-Emissionen aus Regen (hauptsächlich aus fluorierten Gasen, die in Kühlsystemen verwendet werden) mit 17 % sowie Kläranlagen und Gülle mit jeweils 3 %.

Toxikologisch wurde TFA lange Zeit als weitgehend harmlos angesehen, insbesondere von PFAS-Herstellern. Eine 2021 von Pestizidherstellenden im Rahmen der REACH-Chemikalienverordnung in Auftrag gegebene Studie zu TFA ergab jedoch schwere Missbildungen bei Kaninchenföten. Seitdem steht TFA im Verdacht, ein Risiko für die menschliche Fortpflanzungsgesundheit darzustellen. Auf Initiative Deutschlands prüft die Europäische Chemikalienbehörde ECHA derzeit die Einstufung als reproduktionstoxisch 1“ für TFA.

Führende Umweltwissenschaftler:innen haben in jüngster Zeit auf die dramatische Zunahme der TFA-Kontamination im Wasserkreislauf und in der Biosphäre hingewiesen und sie als Bedrohung der planetarischen Grenzen bezeichnet.

Der aktuelle PAN-Bericht umfasste die Analyse von Weinen aus den Herkunftsländern Österreich, Belgien, Kroatien, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Ungarn Italien, Luxemburg und Spanien und erfolgte in Kooperation mit PAN Europe Mitgliedsorganisationen und Partnern, unter anderen mit PAN Germany.

 

[1] Message from the Bottle – The Rapid Rise of TFA Contamination Across the EU

[2] Flaschenpost – Der steile Anstieg der TFA-Kontamination in europäischem Wein

[3] Press Release PAN Europe

 

 

 




Verbot des hormonell schädigenden Herbizids Flufenacet beschlossen

Diesen Monat fiel auf EU-Ebene die Entscheidung, die Genehmigung für den problematischen Pestizidwirkstoff Flufenacet nicht zu verlängern. PAN Germany begrüßt diese Entscheidung als einen wichtigen Beitrag für einen besseren Gesundheits- und Umweltschutz.

Im Dezember 2024 hatte die Europäische Kommission einen Verordnungsentwurf zur Nichterneuerung der Wirkstoffgenehmigung des Herbizids Flufenacet vorgelegt [1] und diesem jetzt in der Märzsitzung des Ständigen Ausschusses für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel – kurz SCoPAFF – zugestimmt [2]. Dies ist ein Erfolg des Umwelt- und Verbraucherschutzes, für den sich auch PAN Germany mit anderen Umweltorganisationen eingesetzt hatte [3]. Allerdings wird aller Wahrscheinlichkeit nach damit die Gefahr noch nicht gebannt sein. Der Verordnungsentwurf sieht vor, dass nach Genehmigungsende für Flufenacet am 15. Juni 2025 eine einjährige Abverkaufs- und Aufbrauchsfrist im Rahmen der nationalen Mittelzulassungen ermöglicht werden soll.

Das Herbizid Flufenacet wird in Deutschland derzeit mit einer Absatzmenge von rund 682.000 Tonnen in 34 zugelassenen Mitteln im Ackerbau (Getreide) vermarktet.

Flufenacet kann das Hormonsystem von Menschen und Tieren schädigen. Das Herbizid stört die Funktion der Schilddrüsenhormone und kann u.a. die Entwicklung des Gehirns und somit neurologische Funktionen und Fähigkeiten negativ beeinflussen. Der Wirkstoff zählt zu den PFAS-Ewigkeitschemikalien und baut sich in den sehr persistenten und mobilen Metaboliten TFA (Trifluoracetat) ab. TFA wiederum kann zu Entwicklungsschäden führen. Deshalb wird TFA auf eine Gefahrenklassifizierung als R 1b Stoff – als wahrscheinlich reproduktionstoxisch beim Menschen – geprüft. TFA besitzt ein sehr hohes Potential für Grundwasserkontaminationen und wird bereits in hohen Mengen im Grundwasser sowie in Trinkwasser- und Mineralwasserproben nachgewiesen (PAN Germany berichtete bereits zu dieser Problematik).

Aufgrund dieser besonderen Umwelt- und Gesundheitsrelevanz hatte die Zulassungsbehörde BVL bereits im Herbst 2024 ein vorzeitiges Verbot flufenacethaltiger Mittel in Deutschland geprüft und das BMEL hatte ein nationales Verbot Flufenacet-haltiger Produkte ohne Abverkauffristen in Aussicht gestellt. Trotz gleichbleibender Gefahrenlage änderte die Zulassungsbehörde nach dem Ende der Ampelregierung das Vorgehen und erklärte Anfang Februar, man würde jetzt doch auf die Entscheidung aus Brüssel warten [4].

Bedeutet das für Deutschland, das auch das im Zusammenhang mit dem im Herbst 2024 diskutierten Widerruf der Produktzulassungen ohne Abverkaufs- und Aufbrauchsfristen in Deutschland hinsichtlich dieser Fristen vom Tisch ist und flufenacethaltige Mittel noch bis Juni 2026 eingesetzt werden dürfen?

PAN Germany erwartet von der neuen Bundesregierung und der Zulassungsbehörde BVL ein klares Bekenntnis zum Gesundheitsschutz und insofern den sofortigen Stopp der Mittelzulassungen ohne Aufbrauchfristen mit Ende der EU-Genehmigung am 15. Juni 2025.

Laut EU-Kommission kann eine ungefährliche – „vernachlässigbare“ – Exposition nicht sichergestellt werden. Jegliche weitere Fristverlängerung der Anwendung würde somit ein unnötiges und unakzeptables Risiko für empfindliche Gruppen wie Schwangere und Neugeborene und dies besonders im ländlichen Raum darstellen. PAN Germany mahnt an, dass Menschen nicht weiteren Spritzeinsätzen mit Flufenacet direkt oder indirekt ausgesetzt werden dürfen. Da der Metabolit TFA sich aufgrund seiner hohen Persistenz in der Umwelt akkumuliert, muss der Eintrag über Flufenacet und weiterer TFA-emittierender Pestizide auch zum Schutz unserer Trinkwasserressourcen unverzüglich beendet werden.

Mehr dazu:

[1] EU-Verordnungsentwurf für die nicht-Genehmigung des Pestizids Flufenacet

[2] PAN Europe „EU Member States agree to ban flufenacet – PAN Europe calls for immediate action on all PFAS pesticides

[3] Offener Brief „Hormonelle Schädlichkeit von Flufenacet bestätigt: 49 Umweltgruppen fordern ein sofortiges Verbot“

[4] BVL „Information zu Flufenacethaltigen Pflanzenschutzmitteln: Widerruf nach Abschluss des europäischen Verfahrens“

 

 

 

 

 




Universitäre Studie belegt weitläufige Pestizidbelastung der Landschaft und fordert dringende Pestizidreduktion

Ein Forscherteam der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität (RPTU) Kaiserslautern-Landau belegt anhand von Messdaten, dass synthetisch-chemische Pestizide aus dem konventionellen Landbau sich über weite Strecken verbreiten. Weitläufige Probenahmen belegen eine Kontamination mit Pestizidmischungen entfernt vom Ausbringungsort in der gesamten Landschaft. Um Gebiete um Äcker, Obstplantagen und Weinberge zu schützen, muss der Pestizideinsatz dringend reduziert werden, so die Forscher. Die Studie erschien im Fachmagazin Communications Earth & Environment (2).

In dem durch intensive Landwirtschaft geprägten Untersuchungsgebiet im Oberrheingraben führte das Forschungsteam während der Spritzsaison im Juni und Juli 2022 umfassende Probenahmen durch: Entlang von sechs 30 Kilometer langen Messpfaden wurden an 78 Standorten Oberboden, Vegetation, Fließgewässer und Pfützen beprobt. Den Verbleib eingesetzter Pestizide auf so großer Skala systematisch aufzunehmen und darzustellen, ist ein neuer, am Institut für Umweltwissenschaften Landau entwickelter Ansatz. Mithilfe modernster Analysentechniken, die auch geringste Konzentrationen nachweisen können, erfolgte die Untersuchung auf 93 gängige Pestizide.

In 97 Prozent der Boden- und Vegetationsproben wurden Rückstände gemessen. Insgesamt 63 unterschiedliche Pestizidwirkstoffe wurden in den Probenahmestellen außerhalb der landwirtschaftlichen Nutzflächen nachgewiesen, oft in komplexen Mischungen. Die Forschenden äußerten Besorgnis darüber, dass selbst abgelegene Gebiete nicht frei von Pestiziden seien.

Im Durchschnitt wurden im Oberboden fünf Pestizide gemessen, wobei einzelne Proben bis zu 26 verschiedene Wirkstoffe aufwiesen. Die Vegetation war im Mittel mit sechs Pestiziden belastet, in einigen Fällen mit bis zu 21 Stoffen. Die untersuchten Oberflächenwasserproben aus Flüssen, kleinen Bächen, Teichen oder Pfützen wiesen Belastungen mit 44 Pestizidwirkstoffen auf, darunter 21 Fungizide, 14 Herbizide und 9 Insektizide.

Die in der Studie am häufigsten nachgewiesenen Pestizidwirkstoffe im Oberboden waren die Fungizide Fluopyram (94 % aller Proben), Boscalid (42 %), Spiroxamin (37 %) und Pyraclostrobin (22 %). In der Vegetation wurden am häufigsten die Fungizide Fluopyram (92 %), Spiroxamin (55 %), Cyflufenamid (41 %) und Boscalid (38 %) nachgewiesen. In Oberflächengewässern waren es das Fungizid Fluopyram (77 %), das Insektizid Pirimicarb (67 %), das Herbizid Metazachlor (6 3%), und das Insektizid Tebufenozid (63 %). Jedes dieser häufig entdeckten Pestizide ist in der Pestiziddatenbank (PPDB) der University of Hertfordshire mit einem Warnhinweis in mindestens einer der drei Kategorien „Umweltverhalten“, „Ökotoxizität“ und „Menschliche Gesundheit“ versehen.

„Unsere Ergebnisse sind eindeutig: Pestizide verbreiten sich weit über Felder hinaus. Das ist mehr als ein landwirtschaftliches Problem – es ist eine Realität, die uns alle betrifft. Pestizide können uns beim Spazierengehen, auf Spielplätzen oder im eigenen Garten begegnen“, erklärt Ken Mauser, Erstautor der Studie in Pressemitteilung der RPTU Kaiserslautern-Landau (1). Besonders gefährdet, so heißt es weiter, seien Personen mit direktem Pestizidkontakt, also die Landwirte selbst, sowie empfindliche Gruppen wie Kinder, Schwangere und ältere Menschen. Eines im Rahmen der Untersuchungen am häufigsten gefundene Pestizide war das Fungizid Fluopyram, das in über 90 Prozent aller Proben nachgewiesen wurde. Fluopyram zählt als PFAS-Pestizid zu den sogenannten Ewigkeitschemikalien, deren Abbauprodukte auch das Grundwasser verunreinigen können. „Eine landschaftsweite Verbreitung der Substanz erscheint auf Grund der noch nicht geklärten Auswirkungen auf die Trinkwasserressourcen äußerst bedenklich“, so die Umweltwissenschaftler in der Pressemitteilung der Universität. 

Die Studie und die Forschenden um Professor Carsten Brühl liefern wichtige Daten und wissenschaftliche Belege für die ubiquitäre Verbreitung von Pestiziden auf lebensnotwendige Umweltressourcen wie Böden und Gewässer und die Natur insgesamt. Die Studienergebnisse erscheinen zu einem Zeitpunkt, da es umweltrelevante Themen politisch schwer haben. Es ist zu hoffen, dass insbesondere die politischen Vertreter*innen, die jetzt in den Koalitionsgesprächen die politischen und finanziellen Weichen für die kommenden vier Jahre stellen, die Ergebnisse dieser Studie als Mahnung und Leitschnur nehmen, insbesondere wenn sie über Umweltschutzstandards, über ihr Engagement zum nicht-chemischen Pflanzenschutz, zu PFAS-Verboten und Unterstützungen für den Ökolandbau beraten.

Weiterlesen / Vertiefen:

(1) RTPU Presseerklärung 12. März 2025: Nicht nur auf Feldern: Flächendeckende Pestizidbelastung am Oberrhein von der Ebene bis in Höhenlagen nachgewiesen

(2) Studie, die im Fachmagazin Communications Earth & Environment erschienen: Mauser, K.M., Wolfram, J., Spaak, J.W. et al. Current-use pesticides in vegetation, topsoil and water reveal contaminated landscapes of the Upper Rhine Valley, Germany. Commun Earth Environ 6, 166 (2025). https://doi.org/10.1038/s43247-025-02118-2

PAN Germany zu PFAS: https://pan-germany.org/tag/pfas/

PAN Germany: Schutzgebiete vor Pestiziden schützen

PAN Germany. Giftiger Dunst – Betroffen von Pestizid-Abdrift




Klar, frisch, rein? Wasserverschmutzung durch Pestizide und was alle dagegen tun können

Das neue Faltblatt des Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. gibt einen Überblick über die Pestizid-Belastung von Gewässern und zeigt auf, was dies für unser Trinkwasser bedeutet und wie wir die Situation verbessern können.

Unsere Gesundheit und die Gesundheit aller Lebewesen ist davon abhängig, dass sauberes Wasser verfügbar ist. Geltende Auflagen beim Ausbringen von Pestiziden verhindern nicht, dass in Bächen, Flüssen, Seen, im Meer, Grundwasser und Regen Pestizide nachweisbar sind. Zunehmend Sorgen bereiten insbesondere Belastungen mit PFAS-Pestiziden und ihrem Abbauprodukt TFA, die wegen ihrer extremen Langlebigkeit zur Gruppe der „Ewigkeitschemikalien“ zählen. Sie gefährden unsere Gesundheit und Ökosysteme.

In seiner aktualisierten Auflage des Wasser-Faltblatts „Pestizide: Eine Gefahr für Wasserlebewesen und für unser Trinkwasser“ informiert PAN Germany kurz und verständlich über die Belastungssituation und zeigt: Es gibt wirksame Maßnahmen, unsere Gewässer und unser Trinkwasser nachhaltig vor Pestizideinträgen zu schützen. Dabei legt das Faltblatt Wert darauf, dass alle einen Beitrag leisten können.

Das Faltblatt behandelt ein hochaktuelles Thema: In diesem Monat veröffentlichte die Europäische Kommission mehrere Berichte zum Zustand unserer Gewässer. Ihr Fazit: In den letzten Jahren konnte der Zustand der EU-Gewässer verbessert werden. Doch in wichtigen Bereichen sind weitere Anstrengungen erforderlich. Hierzu zählt auch der chemische Zustand unserer Gewässer. Nur 26.8% der Gewässer erreichen den angestrebten guten chemischen Zustand.

Das PAN Germany Faltblatt: Pestizide: Eine Gefahr für Wasserlebewesen und für unser Trinkwasser steht kostenlos als Download bereit oder kann als Papierversion bestellt werden – per Email an info@pan-germany.org.

Weitere Informationen zum Thema:

Kontakt:




Chemiepolitische Mittagstalks 2024 – Dokumentation jetzt online

Die Chemiepolitischen Mittagstalks lieferten auch 2024 wieder prägnante Einblicke in ausgewählte Aspekte der Chemikalienpolitik. Expert*innen von PAN Germany waren an der Ausgestaltung beteiligt und gaben fachlichen Input zu drei der vier Talks. Zum Nachschauen stehen die Aufzeichnungen jetzt online bereit. Seit 2021 wird die Webinarreihe „Chemiepolitische Mittagstalks“ von der Initiative „Für das Recht auf eine giftfreie Zukunft“ ausgerichtet.

Mittagstalk #1: „Das 1×1 der Chemikalienpolitik“ vom 4. September 2024

Den Auftakt der Chemiepolitischen Mittagstalks 2024 bildete die Veranstaltung „1×1 der Chemikalienpolitik“. Innerhalb der Chemikalienpolitik gibt es einige grundlegende Konzepte und Begriffe, die regelmäßig Gegenstand von Auseinandersetzungen und Berichterstattungen sind. In der Auftaktveranstaltung gaben die Referent*innen einen Überblick über verschiedene Begriffe, Konzepte und regulatorische Rahmen der Chemikalienpolitik.

Mittagstalk #2„Das Global Framework on Chemicals“ vom 9. Oktober 2024

Die zweite Veranstaltung befasste sich mit dem Global Framework on Chemicals, welches das neue internationale Rahmenwerk für das Chemikalienmanagement darstellt. Es ersetzt den 2020 ausgelaufenen strategischen Ansatz für ein internationales Chemikalienmanagement (SAICM). Im Webinar gingen die Referent*innen auf wichtige Aspekte des Rahmenwerks ein, benannten die großen Erfolge der Verhandlungen sowie weiter bestehende Leerstellen.

Mittagstalk #3: „EDCs – Wie Hormongifte unsere Gesundheit bedrohen“ vom 13. November 2024

EDCs (endokrine Disruptoren), sogenannte Hormongifte, sind in vielen Alltagsprodukten enthalten und schädigen unser Hormonsystem und den Stoffwechsel. Von einem effektiven Schutz vor EDCs sind wir aktuell weit entfernt. Welche Maßnahmen wollen Deutschland, die EU oder die internationale Staatengemeinschaft ergreifen, um Mensch und Umwelt besser vor EDCs und ihren negativen Auswirkungen zu schützen? Mit dem Schwerpunkt auf den Fünf-Punkte-Plan der Bundesregierung zum Schutz vor hormonell schädigenden Stoffen gingen die Referent*innen im dritten Talk auf Regelungslücken und Lösungsansätze ein.

Mittagstalk #4: „Ewigkeitschemikalien – wie wir heute die Probleme von morgen schaffen“ vom 11.12.2024

Mit Ewigkeitsmaterialien ist die große und vielseitig eingesetzte Gruppe der PFAS gemeint – der per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen. Es gibt mittlerweile keinen Ort auf der Welt, an dem PFAS nicht nachgewiesen werden können. Es besteht dringender Handlungsbedarf zum Schutz der Umwelt und Gesundheit. Auf EU-Ebene wird derzeit ein PFAS-Beschränkungsvorschlag für Chemikalien diskutiert. Besorgniserregend sind auch die Funde des PFAS-Metaboliten TFA in Oberflächen-, Grund- und Trinkwasserproben. PFAS-Pestizide stellen eine Hauptquelle für diese Belastungen dar. Die Expert*innen widmen sich im 4. Mittagstalk diesen und weiteren Aspekten der Ewigkeitschemikalien PFAS.

Die Initiative „Für das Recht auf eine giftfreie Zukunft“ ist ein Zusammenschluss folgender Nichtregierungsorganisationen: Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. (BUND), European Network for Environmental Medicine (EnvMed Network), Forum Umwelt und Entwicklung, Health and Environment Justice Support e.V. (HEJSupport), Women Engage for a Common Future (WECF) und Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN Germany). Gemeinsam engagieren sich die Verbände für einen besseren Schutz der Umwelt und Gesundheit vor Chemikalienbelastungen.

Informationen zu der Veranstaltungsreihe sowie die Dokumentation aller bisherigen Chemiepolitischen Mittagstalks finden Sie unter: https://www.giftfreie-zukunft.org/mittagstalks

 

 




85 Organisationen zeigen der EU, wie der Pestizidausstieg gelingen kann

Trotz der dokumentierten Schädigung der biologischen Vielfalt, der Verschmutzung unserer Gewässer und Böden und verursachter Gesundheitsschäden durch Pestizide, hat es die Europäische Union bisher versäumt, ihr Ziel zu erreichen, den Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden in relevantem Umfang zu reduzieren.

Obwohl die Richtlinie zur nachhaltigen Verwendung von Pestiziden (Sustainable Use Directive, SUD) seit 2009 dieses Ziel vorgibt, sind der Verkauf und der Einsatz von Pestiziden in Europa nicht zurückgegangen.

Mit dem Green Deal und der Farm to Fork-Strategie hat sich die Europäische Kommission dazu verpflichtet, zum einen den Gesamtverbrauch und die Risiken chemischer Pestizide um 50 % zu reduzieren und zum anderen den Einsatz der gefährlichsten Pestizide bis 2030 zu halbieren. Die wichtigste Initiative zur Erreichung dieser Ziele durch die rechtssicherere Verankerung in eine Verordnung (SUR-Vorschlag), wurde jedoch im Februar 2024 von der EU Kommission aufgegeben.

Mehr als eine Million EU-Bürger*innen haben im Rahmen der erfolgreichen Europäischen Bürgerinitiative (EBI) „Bienen und Bauern retten!“ den Ausstieg aus der Verwendung von chemischen Pestiziden gefordert. Sie warten noch immer auf eine Antwort der Europäischen Kommission. Auch die EBI „Stopp Glyphosat“, verschiedene Eurobarometer-Umfragen, eine aktuelle IPSOS-Umfrage und die Konferenz über die Zukunft Europas zeigen die überwältigende Unterstützung der Europäer*innen für eine deutliche Reduzierung des Pestizideinsatzes. Erst im Herbst 2024 hatten in weniger als drei Monaten mehr als eine Viertelmillionen Europäer*innen eine Petition unterzeichnet, in der die EU Kommission aufgefordert wird, der Reduzierung des Pestizideinsatzes Priorität einzuräumen.

Auch wenn der SUR-Vorschlag durch die Kommission zurückgezogen wurde – ein „weiter so“ beim Einsatz umwelt- und gesundheitsgefährlicher Pestizide ist keine Option: 85 Organisationen, darunter Umwelt-, Gesundheits- und Menschenrechtsorganisationen sowie landwirtschaftliche Gewerkschaften haben einen Fahrplan für den schrittweisen Ausstieg aus dem Einsatz von chemischen Pestiziden ausgearbeitet (Zusammenfassung und Vollversion). Darin sind die wichtigsten Forderungen für eine Pestizidreduktion dargelegt, darunter die wirksame Umsetzung der geltenden Rechtsvorschriften zur Pestizidanwendung (SUD-Richtlinie) und zur Zulassung von Pestiziden (EU Verordnung 1107/2009).

Der gemeinsame Fahrplan wurde im Vorfeld der Entwicklung einer Vision für die künftige Landwirtschaft durch die EU Kommission veröffentlicht und der Kommission unterbreitet.

Mehr dazu: Press Release PAN Europe: The time for delay is over: EU must phase out pesticides and build sustainable food systems, 23.01.2025