Glyphosat-Wiedergenehmigung wird weiterverhandelt

Die EU Mitgliedsstaaten konnten sich am Freitag, den 13. Oktober 2023 nicht über eine Wiedergenehmigung von Glyphosat einigen. Eine dafür notwendige qualifizierte Mehrheit konnte im zuständigen Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel (SCoPAFF) nicht erreicht werden. Das ist ein wichtiger Teilerfolg! Zuvor hatte sich die EU-Kommission für eine Wiedergenehmigung des Pestizids über einen Zeitraum von 10 Jahren ausgesprochen. Nach PAN-Kenntnis stimmten Österreich, Kroatien, und Luxemburg gegen diesen Vorschlag, Deutschland, Belgien, Bulgarien, Malta, Frankreich und die Niederlande enthielten sich. Damit konnten sich die Befürworter bei den Mitgliedsstaaten nicht durchsetzen.

PAN Germany begrüßt dieses Ergebnis, zeigt sich aber auch enttäuscht von der Enthaltung Deutschlands. Schließlich hatte die Bundesregierung im Koalitionsvertrag versprochen, die Verwendung glyphosathaltiger Mittel ab 2024 zu verbieten. Ein klares Nein gegen ein „weiter so“ auf EU-Ebene wäre nicht nur im Sinne des Koalitionsvertrags gewesen, sondern auch ein deutliches Signal für die Verteidigung des Vorsorgeprinzips, angesichts der bestehenden und eingeräumten Datenlücken und Unsicherheiten bei der Risikobewertung von Glyphosat.

Nicht nur die wahrscheinliche Kanzerogenität von Glyphosat ist ein Problem (PAN berichtete wiederholt), sondern auch die erheblichen Auswirkungen auf Biodiversität und Ökosysteme, schon allein aufgrund der großen Mengen und Anwendungsflächen. Glyphosat und sein Hauptmetabolit AMPA finden sich mittlerweile faktisch überall in der Natur, selbst in Menschen und Tieren.  Obwohl seit 2009 auch Ökosysteme und Artenvielfalt im europäischen Pestizidrecht als Schutzziele verankert sind, fehlt es noch immer an harmonisierten Bewertungsverfahren. Dies räumt auch die zuständige Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA ein. Aus PAN-Sicht ist das ein Skandal. Diese Bewertungsmängel bei Glyphosat – und bei allen anderen in der EU genehmigten Pestiziden –  müssen schnellstens ausgemerzt werden und schon gar nicht darf unter solchen Bedingungen ein Totalherbizid wiedergenehmigt werden, dessen Einsatzmenge allein in Deutschland bei rund 5000 Tonnen pro Jahr liegt.

Wie geht es jetzt weiter? Die Mitgliedstaaten werden nun in den kommenden Wochen im Berufungsausschuss erneut über den Vorschlag der Kommission zur Wiedergenehmigung abzustimmen. Es wird erwartet, dass die Kommission den Vorschlag anpassen wird, möglicherweise eine verkürzte Genehmigungsdauer oder strengere Anwendungsauflagen vorschlagen wird. Sollte erneut keine qualifizierte Mehrheit zustande kommen, wird die Kommission allein entscheiden. Es bleibt also wichtig, sich weiter für ein Glyphosatverbot und für eine nachhaltigere Landwirtschaft einzusetzen.

Dass es auch ohne Totalherbizide wie Glyphosat geht, zeigen jeden Tag die Ökobetriebe und auch immer mehr konventionelle Landwirte, die integrierten Pflanzenschutz (IPM) mit  vielfältigen Fruchtfolgen und bodenschonenden Wildkrautmanagement anwenden. Hier dazu auch unsere Veranstaltungsreihe PAN Germany Mittagsdialoge: „Pestizidreduktion und Alternativen im Pflanzenschutz“.

Hier die Pressemitteilung von PAN Europe vom 13.10.2023




Zusagen im neuen UN Rahmenwerk für Chemikalien sollte globale Pestizid-Maßnahmen vorabtreiben

2. Oktober 2023. Presseimitteilung / Pesticide Action Network (PAN) International begrüßt die bedeutenden Vereinbarungen zur die Gründung einer Globalen Allianz zu Pestiziden und zum Ausstieg aus hochgefährlichen Pestiziden in der Landwirtschaft, die von Regierungen, dem Privatsektor und anderen Interessengruppen auf der Fünften Internationalen Konferenz zum Chemikalienmanagement (ICCM5) getroffen wurden.

Am 30. September verabschiedete die ICCM5 das Global Framework on Chemicals: For a planet free of harm from chemicals and waste“ (Für einen Planeten ohne Schäden durch Chemikalien und Abfälle), das als Nachfolgeabkommen zu SAICM, die Richtung der globalen Chemikalien- und Abfallpolitik, einschließlich Pestiziden, vorgibt. Vertreten durch regionale Zentren aus Afrika, dem asiatisch-pazifischen Raum, Lateinamerika, Europa und Nordamerika ging PAN mit starken Vorschlägen in die Verhandlungen. Dazu zählten bis 2030 die weltweit gefährlichsten Pestizide schrittweise aus der Landwirtschaft auszuschließen und die Ausfuhr von auf nationaler Ebene verbotenen Pestiziden zu untersagen.

Zum Abschluss der ICCM5 wurden u.a. die folgenden Ziele verabschiedet:

  • „Bis 2035 haben die Beteiligten wirksame Maßnahmen ergriffen, um hochgefährliche Pestizide in der Landwirtschaft auslaufen zu lassen, wenn die Risiken nicht beherrscht wurden und sicherere und erschwingliche Alternativen zur Verfügung stehen, und den Übergang zu diesen Alternativen zu fördern und sie verfügbar zu machen.“ (Zielvorgabe A7)
  • „Bis 2030 arbeiten die Regierungen darauf hin, die Ausfuhr von Chemikalien, die sie auf nationaler Ebene verboten haben, im Einklang mit ihren internationalen Verpflichtungen zu notifizieren, zu regulieren oder zu verbieten.“ (Zielvorgabe A5)

Obwohl die Beteiligten während des intersessionalen Prozesses und hier in Bonn hart gearbeitet haben, zeigt das Ergebnis der ICCM5 nach Meinung von PAN nicht die Dringlichkeit, den Ehrgeiz und das Engagement, die erforderlich sind, um der wachsende Bedrohung durch die Verschmutzung durch Chemikalien und Abfälle zu begegnen und die zunehmende Notwendigkeit, die Verschmutzung zu verhindern und Schäden für Mensch und Umwelt zu beseitigen, anzugehen.

Dennoch erkennt PAN an, dass Fortschritte erzielt wurden, auch in Bezug auf Pestizide – die Gruppe von Chemikalien, die weltweit in größten Mengen und absichtlich in die Umwelt freigesetzt werden und mit denen Hunderte von Millionen von Landwirt*innen und Landarbeit*innen direkt umgehen – von denen viele keinen Zugang zu ausreichenden Informationen haben und nur begrenzt oder gar nicht in der Lage sind, sich selbst oder ihre Familien ausreichend vor Schäden durch Pestizide zu schützen.

Wir begrüßen die von den Regierungen eingegangenen Verpflichtungen, sicherere und nachhaltigere landwirtschaftliche Praktiken, einschließlich der Agrarökologie, zu unterstützen:

  • „Bis 2030 setzen die Regierungen politische Maßnahmen und Programme, um sicherere und nachhaltigere landwirtschaftliche Praktiken, einschließlich Agrarökologie, integriertem Pflanzenschutz und der Verwendung von nicht-chemischen Alternativen, zu unterstützen, soweit dies angemessen ist.“ (Zielvorgabe D5)

Darüber hinaus ist PAN zuversichtlich, dass die Gründung einer Globalen Allianz für hochgefährliche Pestizide (HHPs) den Ausstieg aus der Verwendung dieser besonders gefährlichen Pestizide beschleunigen kann. Die Gründung einer „Global Alliance on HHP“ war ein Vorschlag der afrikanischen Region und wurde und wird von PAN nachdrücklich unterstützt. Die Allianz hat den Auftrag, Maßnahmen zu HHPs zu mobilisieren und zu koordinieren, und soll von der FAO als führender UN-Organisation zusammen mit der WHO, der ILO und dem UNEP koordiniert werden.

In einem Brief an die Präsidentin der ICCM5, Dr. Anita Breyer, forderten fast 400 zivilgesellschaftliche Organisationen aus 74 Ländern ein klares Bekenntnis zum Ausstieg aus HHPs und zur Beendigung von Doppelstandards im Handel mit Pestiziden. Wir bedauern, dass unsere Forderungen in dem neuen Rahmenwerk nur teilweise erfüllt wurden und unterstreichen, dass mehr getan werden muss, um wirksame Maßnahmen gegen Schädigungen durch Pestizide umzusetzen.

Die Zusagen, die im neuen globalen Rahmenwerk „Global Framework on Chemicals“ eingegangen wurden, sind zwar unzureichend, aber dennoch bedeutsam und sollten als Katalysator für globale Reformen in der Pestizidpolitik dienen. Nur wenn wir dem Schutz und dem Wohlergehen der Menschen und des Planeten Vorrang vor Profit-Interessen einräumen, können wir hoffen, unsere Vision eines Planeten ohne Schäden durch Pestizide zu erreichen.

 

Pressekontakt:

Tadesse Amera, Co-Coordinator, PAN International: atadesse2002@yahoo.com | +251 91 124 3030

Maïmouna Diene, Chair, PAN International; Director, PAN Africa: maimounadiene@pan-afrique.org | +221 775449689

Sarojeni Rengam, Executive Director, PAN Asia Pacific (PAN AP): sarojeni.rengam@panap.net | +60 12-974 0611

Susan Haffmans, Senior Advisor, PAN Germany:  susan.haffmans@pan-germany.org | +49 157 315 640 17

Maria Isabel Carcamo, Coordinator RAPAL Uruguay: coord@rapaluruguay.org | +598 99613193




Weltchemikalienkonferenz: Ehrgeizige Maßnahmen zur schrittweisen Abschaffung der gefährlichsten Pestizide der Welt angemahnt

Bonn, 25. September 2023. Pressemitteilung. 373 Organisationen der Zivilgesellschaft und indigener Völker aus 74 Ländern fordern die Staats- und Regierungschefs auf der bedeutenden internationalen Weltchemikalienkonferenz dazu auf, dringend zu handeln, um hochgefährliche Pestizide (HHP)[1] aus dem Verkehr zu ziehen. HHPs sind eine bestimmte Gruppe von Pestiziden, die der menschlichen Gesundheit und der Umwelt in besonderer Weise schaden und als zu gefährlich für den Einsatz gelten.

Der gemeinsame Appell an Regierungen und andere Akteure des Strategischen Ansatzes für ein internationales Chemikalienmanagement (SAICM) wurde bei der heutigen Eröffnung der Weltchemikalienkonferenz (ICCM5) unterbreitet. Der Appell fordert, in den neuen SAICM-Rahmen „Beyond2020“ ein ehrgeiziges Ziel für den Ausstieg aus der Verwendung von HHPs in der Landwirtschaft bis 2030 aufzunehmen. Auf der Konferenz wird die zukünftige Rahmenvereinbarung abgestimmt, die für die nächsten Jahrzehnte die Richtung der globalen Chemikalienpolitik vorgeben wird.

„Von allen Sektoren setzt der Agrarsektor systematisch und beabsichtigt die größte Menge giftiger Chemikalien – Pestizide – in die Umwelt frei, wodurch jährlich Milliarden Hektar Land verschmutzt werden und erhebliche Schäden für die biologische Vielfalt, das Klima, die Gesundheit und die Menschenrechte entstehen. Die Konferenz hat die Möglichkeit und die Verpflichtung, dieser Belastung zu begegnen und Lösungen festzuschreiben, damit die alltägliche Vergiftung endlich gestoppt wird.“, sagt Susan Haffmans, Referentin für Pestizide und Internationale Angelegenheiten bei PAN Germany.

Zu den Unterstützern des Appells zählen Organisationen aus aller Welt, die Landwirt*innen, Landarbeiter*innen, indigene Völker und ländliche Bevölkerungsgruppen vertreten, Wissenschaftler*innen und Akademiker*innen, Opfer von Pestizidvergiftungen, Verbraucher- und Menschenrechtsaktivist*innen, Umwelt- und Gesundheitsgruppen und Gewerkschaften. Gemeinsam rufen sie die Teilnehmenden an der ICCM5 dazu auf, sich für folgende Kernpunkte im neuen Regelwerk einzusetzen:

  • Die Aufnahme eins Ziels für alle Länder, die Ausfuhr von Stoffen zu untersagen, die sie auf nationaler Ebene verboten haben. Bei vielen dieser Stoffe handelt es sich um Pestizide.
  • Die Aufnahme eines Ziels für alle Länder, Strategien und Programmen zur Förderung sichererer und nachhaltigerer, nicht-chemischer Alternativen zu HHPs, umzusetzen, insbesondere von Agrarökologie.
  • Den Vorschlag von 54 afrikanischen Ländern mitzutragen, eine Globale Allianz für hochgefährliche Pestizide[2] zu gründen, die sich für den Ausstieg aus der Verwendung hochgefährlicher Pestizide einsetzt.

„Wenn die Ziele für nachhaltige Entwicklung erreicht, der ökologische Kollaps abgewendet und die Menschenrechte gewahrt werden sollen – einschließlich des Rechts auf Nahrung und des Rechts künftiger Generationen auf eine saubere und gesunde Umwelt – müssen alle zusammenarbeiten, um die gefährlichsten Pestizide der Welt zu beseitigen und sicherere agrarökologische Alternativen einzuführen und zu verbreiten“, heißt es in dem gemeinsamen Schreiben.

Die Gruppen entgegneten Befürchtungen, die Abschaffung von HHPs könne die Ernährungssicherheit gefährden, und erklärten, dass im Gegenteil die toxischen Auswirkungen von HHPs, die Ökosysteme und die Produktivität negativ beeinflussen. HHPs wurden in der Landwirtschaft in einer Reihe von Ländern schrittweise abgeschafft, ohne die landwirtschaftliche Produktivität zu beeinträchtigen. Dies wurde auch von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) anerkannt.[3] Es gibt bereits sicherere Alternativen zu synthetischen Pestiziden. Vor allem agrarökologische Ansätze haben sich als wirksame und nachhaltige Alternativen erwiesen.[4]

Jedes Jahr werden fast 400 Millionen Landwirt*innen und Landarbeiter*innen durch Pestizide vergiftet, was zu etwa 11.000 Todesfällen führt – die meisten davon ereignen sich im globalen Süden. Weil sie äußerst giftig sind, sind HHPs für eine große Zahl dieser akuten Vergiftungsfälle verantwortlich[5].

Nur ein Bruchteil der weltweit auf dem Markt befindlichen Pestizide wird über verbindliche Konventionen reguliert. Das jetzt verhandelte neue Chemikalienabkommen unter dem Dach des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) soll Lösungen erarbeiten, für die zunehmende Belastung unseres Planeten und der Gesundheit aller Menschen mit Chemikalien und Abfällen.

Kontakt für deutsche Medien: Susan Haffmans, susan.haffmans@pan-grmany.org, mobil: +49 157 315 640 17

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[1] Highly Hazardous Pesticides (HHPs) are pesticides that present particularly high levels of acute or chronic hazards to health or the environment according to internationally accepted hazard classification systems, their listing in relevant binding international agreements or conventions, or under conditions of use in a country

[2] Die Global Alliance on HHPs ist ein freiwilliger Multi-Stakeholder-Mechanismus zum schrittweisen Ausstieg aus der Verwendung von hochgefährlicher Pestizide, der von 54 Regierungen aus der afrikanischen Region bei der ICCM5 vorgeschlagen wurde. Die Allianz soll mit der Entwicklung und Umsetzung eines globalen Aktionsplans mit klaren Zielen und Meilensteinen für den Fortschritt bei der Erreichung eines weltweiten Ausstiegs aus der Verwendung von HHPs beauftragt werden.

[3] FAO and WHO. 2019. Detoxifying agriculture and health from highly hazardous pesticides – A call for action. Rome

[4] Pesticide Action Network UK and IRET (2017). Alternatives to Highly Hazardous Pesticides; GIST Impact Report (2023). Natural Farming Through a Wide-Angle Lens.

[5] Boedeker, W., Watts, M., Clausing, P. et al. (2020) The global distribution of acute unintentional pesticide poisoning: estimations based on a systematic review. BMC Public Health.




Deutsche Bahn will noch in diesem Jahr auf Glyphosat verzichten

In einer vorgestern veröffentlichten Presseinformation [1] informierte die Deutsche Bahn, dass sie noch im Laufe des Jahres 2023 komplett auf den Einsatz von Glyphosat verzichten will.

Diese Entscheidung ist zu begrüßen, wobei es wünschenswert wäre, wenn die DB zukünftig tatsächlich „auf eine ökologische Alternative zu Glyphosat setzen“ würde, so wie es der DB-Vorstandsvorsitzende, Richard Lutz, ankündigte. Wenige Zeilen darunter, in der gleichen Presseinformation, wird Verkehrsminister Wissing wie folgt zitiert: „Dass es der Deutschen Bahn möglich ist, Glyphosat durch ein neues Herbizid zu ersetzen, verdeutlicht, wie wichtig Innovation und Fortschritt für unser Land sind“ (Hervorhebung hinzugefügt). Das stellt einen Widerspruch zu den versprochenen ökologischen Alternativen dar.

In der Presseinformation wird darauf verwiesen, dass der Konzern an der Entwicklung von Electro Weeding, Mähapparaten und halbautonomen Mähraupen arbeite – Verfahren, die aber für den praktischen Einsatz noch nicht zu Verfügung stünden. Dass auf dem Gebiet pestizidfreier, mechanischer oder thermischer Verfahren für die Vegetationskontrolle am Gleis bislang so wenig passiert ist, enttäuscht. Denn bereits Mitte der 1990iger Jahre diskutierte die DB nach ihrem Diuron-Ausstieg auf mehreren Akteurskonferenzen darüber mit Anbietern solcher Alternativverfahren, mit Wasserversorgern und Umweltschutzorganisationen wie PAN Germany. Damals wurde von der DB weiter auf chemische Maßnahmen, u.a. auf Glyphosat gesetzt.

Es bleibt zu hoffen, dass jetzt nachhaltige pestizidfreie Lösungen ernsthaft umgesetzt werden. Laut DB soll unter anderem durch eine digitale Vegetationskontrolle, den Einsatz mechanisch-manueller Verfahren und die Nutzung von Pelargonsäure ein „nachhaltiges Vegetationsmanagement“ zum Tragen kommen.

Neben Pelargonsäure sind derzeit Herbizide mit drei weiteren Wirkstoffen für Gleisanlagen zugelassen, von denen hoffentlich keiner zur Anwendung kommen wird, denn der eine (Flumioxazin) ist als reproduktionstoxisch (Kategorie 2) klassifiziert und die beiden anderen (Diflufenican, Iodosulfuron) gelten als toxisch für Wasserorganismen.

Auf jeden Fall ist der Verzicht auf Glyphosat bei der DB ein wichtiger „Schritt hin zu einem vollständigen Glyphosat-Ausstieg“ – eine begrüßenswerte Bekräftigung von Seiten des Bundeslandwirtschaftsministers Cem Özdemir, der ebenfalls in der besagten Presseinformation zu Wort kommt.

[1] DB-Presseinformation vom 12. März 2023: DB besiegelt Glyphosat-Ausstieg ab 2023

 




Ackern ohne Glyphosat – Neuer Bericht zeigt, dass es für alle Anwendungen Alternativen gibt

In diesem Jahr wird die EU über die Wiederzulassung von Glyphosat entscheiden. Das Herbizid ist ein weltweiter Verkaufsschlager und gleichzeitig hochumstritten. Im Zentrum der Diskussion stehen Risiken für die menschliche Gesundheit, für eine Vielzahl von Lebewesen und die negativen Auswirkungen von Glyphosat auf die biologische Vielfalt. Europäische Bürger*innen hatten bereits 2017 per Bürgerinitiative ein EU-weites Verbot von Glyphosat gefordert. Nun gibt es ein „Kochbuch“ für die Arbeit ohne Glyphosat.

Die Bekämpfung von ungewolltem Bewuchs ist eine große Herausforderung in der Landwirtschaft, insbesondere im Acker- und Gemüseanbau. Der neue Bericht von PAN Europe in Zusammenarbeit mit der europäischen Fraktion der Grünen/EFA zeigt, dass es für alle bekannten Hauptanwendungen von Herbiziden auf Glyphosatbasis wesentlich sicherere nicht-chemische Alternativen gibt, sowohl Low- als auch Hightech-Verfahren. Der Bericht schlägt zudem Maßnahmen vor, wie der Übergang zu einer glyphosatfreien Landwirtschaft wirtschaftlich tragfähig machbar ist.

Gergely Simon, Chemikalienbeauftragter bei PAN Europe, betont: „Die Wissenschaft zeigt eindeutig: Glyphosat schädigt die Ökosysteme, einschließlich Bestäuber und nützliche Insekten, Regenwürmer und Bodenlebewesen, und verursacht direkte Schäden in der Landwirtschaft. Unser Bericht über verfügbare Alternativen zu Glyphosat liefert eine klare Botschaft: Einem Verbot dieser schädlichen chemischen Substanz steht nichts im Wege.“

Report WEED MANAGEMENT: ALTERNATIVES TO THE USE OF GLYPHOSATE

Beiträge von PAN Germany zu Glyphosat




Ausgezeichnet! Pestizidatlas erhält Sonderpreis des Salus-Medienpreises

PAN Germany, BUND und die Heinrich-Böll-Stiftung sind für den Pestizidatlas 2022 mit dem Otto Greither Sonderpreis des Salus-Medienpreises für ihre journalistische Leistung und Aufklärungsarbeit über Pestizide ausgezeichnet worden. Die Jury hatte keine einfache Aufgabe: Über 190 Beiträge wurden eingereicht, so viele wie nie zuvor.

Die Preisverleihung fand gestern im Kulturhaus in München statt. Mitglied der Jury Martina Gatzka würdigte in ihrer Laudatio alle Beteiligten an dem Pestizidatlas. Sie unterstrich die bildungspolitische Bedeutung des Altas, der das Thema Pestizide für ein breites Publikum erreichbar mache und eine wichtige Basis für eine gesellschaftliche Diskussion zu diesem Thema liefere.

„Wir freuen uns über diese Auszeichnung und Würdigung unserer Arbeit, die allen gilt, die an dem Werk mitgewirkt haben. Das sind neben den herausgebenden Organisationen, die vielen Wissenschaftler*innen, deren Studien Eingang gefunden haben, die Landwirt*innen weltweit, die alternative Wege gehen und mit ihrem Praxiswissen zeigen, wie ein „anderes Wirtschaften“ möglich ist, die Autor*innen der Kapitel, das Recherche- und Redaktionsteam sowie die Grafiker*innen und viele Menschen im Hintergrund, ohne die der Pestizidatlas nicht gelungen wäre.“ sagt Susan Haffmans von PAN Germany.

Besonders freut PAN Germany auch, dass der Pestizidatlas zur Inspiration des Instagram-Kanals nachhaltig.kritisch von Ann-Sophie Henne, Robin Jüngling und Annika Le Large diente, die für ihren Instagram Post „Der Pestizidatlas 2022“ mit dem Salus-Nachwuchspreis ausgezeichnet wurden.

  • Der Pestizidatlas informiert auf 50 Seiten in Beiträgen, Karten und Infographiken über den weltweiten Einsatz, den Handel und die Auswirkungen von Pestiziden in der Landwirtschaft
  • Mit dem Salus Medienpreis werden journalistische Leistungen ausgezeichnet, die rund um das Thema nachhaltige Zukunft das Bewusstsein für ökologische Landwirtschaft und eine klimafreundliche, gesunde Lebensweise stärken.

 

 

Videoeinspieler zur Preisverleihung © Salus Gruppe




Pesticide Atlas – englische Ausgabe jetzt erhältlich

Seit 1990 ist der weltweite Einsatz von Pestiziden um 80% gestiegen, jährlich erleiden rund 385 Millionen Menschen weltweit Pestizidvergiftungen und manche Pestizide werden mit der Luft über Tausend Kilometer weit verfrachtet.

Diese und weitere Fakten und Daten präsentiert der überarbeitete und heute in englischer Sprache veröffentlichte „Pesticide Atlas – facts and figures about toxic chemicals in agriculture“.

Der Atlas enthält Beiträge und Infographiken zum weltweiten Einsatz und Handel von Pestiziden, beschreibt die negativen Auswirkungen auf Mensch, Gesundheit und Umwelt und zeigt alternative Lösungen auf. Der englische Atlas basiert auf dem deutschsprachigen „Pestizidatlas – Daten und Fakten zu Giften in der Landwirtschaft“, der im Januar 2022 von BUND, Heinrich-Böll-Stiftung und PAN Germany veröffentlicht wurde.

Für die nun vorliegende englische Ausgabe wurde der Fokus um weitere europäische und internationale Aspekte erweitert. Herausgegeben wurde der englische Pesticide Atlas von BUND, Heinrich-Böll-Stiftung, Friends of the Earth Europe und PAN Europe.

Englische Publikation „Pesticide Atlas – facts and figures about toxic chemicals in agriculture“




Erfolg für Europäische Bürgerinitiative „Bienen und Bauern retten“!

Heute wurde die Europäische Bürgerinitiative (EBI) „Bienen und Bauern retten“ offiziell von der EU Kommission als erfolgreiche Eingabe anerkannt. Das ist ein großer Erfolg! Über eine Millionen Bürger*innen in der EU haben diese Initiative unterzeichnet.
Sehr groß war die Unterstützung aus Deutschland. PAN Germany sagt DANKE für dieses starke Votum, im Namen aller 200 Organisations- und Unterstützergruppen, die diese Initiative mitgetragen haben. Von bislang 97 EBIs haben nur 7 erfolgreich die Hürde von 1 Million Unterschriften genommen, darunter zwei gegen den Einsatz von Pestiziden, die EBI “STOP Glyphosat” im Jahr 2017 und die aktuelle.

Die EBI „Bienen und Bauern retten!“ hat drei Forderungen gegenüber der EU und den EU-Mitgliedsstaaten formuliert:

  • einen schrittweisen Ausstieg aus dem Einsatz synthetischer Pestizide zu 80% bis 2030 und zu 100% bis 2035,
  • die Wiederherstellung der biologischen Vielfalt auf landwirtschaftlich genutzten Flächen sowie
  • eine finanzielle Unterstützung für Landwirte bei der Umstellung auf agrarökologische Verfahren.

Die nächsten Schritte sind ein Gespräch der Vertreter*innen der EBI, darunter PAN Europe als Hauptorganisator, mit der EU-Kommission und die Durchführung einer Anhörung über die EBI-Forderungen im Europäischen Parlament innerhalb der nächsten drei Monate.

Mehr Statements und Hintergrundinformationen stehen in der gemeinsamen Pressemitteilung von PAN Europe und Global 2000.

 




Pesticide Paradise – PAN Europe Report verdeutlicht Versagen des EU-Pestizidrechts

Anlässlich des 60. Jahrestages der Veröffentlichung von Rachel Carsons „Silent Spring“, einem bahnbrechenden Werk, das die Entstehung der modernen Umweltbewegung begründete, präsentiert PAN Europe einen neuen Report, der das Versagen des EU-Pestizidrechts verdeutlicht und auf die Rückstandssituation in europäischem Obst hinweist. Der Report zeigt auf, dass sich die Rückstandssituation bei den gefährlichsten Pestiziden in den letzten 10 Jahren deutlich verschlechtert hat.

Diese besonders gefährlichen Pestizide werden nach der europäischen Pestizid-Verordnung als „Substitutionskandidaten“ klassifiziert. Ihre gefährlichen Eigenschaften werden mit Krebs, Fortpflanzungsschäden und anderen gesundheitlichen Beeinträchtigungen in Verbindung gebracht. Ebenso sind die meisten Substitutionskandidaten für die biologische Vielfalt und die Umwelt gefährlich [siehe PAN-Germany Pressmitteilung v. 30.06.2022].

Es ist daher leicht nachvollziehbar, warum die Gesetzgeber 2009 beschlossen, sie zugunsten von weniger gefährlichen Alternativen aus dem Verkehr zu ziehen – nur ist dies nicht geschehen: In mindestens 278 Fällen ist diese Regelung gescheitert wie der Bericht darlegt. Die Ursachen für dieses regulatorische Versagen liegt aus Sicht von PAN Europe in zwei Bereichen.

Erstens enthüllt der Bericht, dass die Europäische Kommission und die Regierungen der Mitgliedstaaten das Ziel der EU-Pestizid-Verordnung durch die Verabschiedung von Standards konterkariert haben, die das Ziel der Verordnung aushebeln. Diese Standards wurden von einem externen Gremium erarbeitet, der Europäischen und Mediterranen Pflanzenschutzorganisation (EPPO), welche keiner der für Beamte verbindlichen Transparenzanforderungen folgen muss und die von Vertreter*innen der Industrie stark beeinflusst wird.

Als Grundlage der verabschiedeten EU-Leitlinie dient das EPPO-Dokument, an deren Erstellung Unternehmen wie BASF, DuPont und Syngenta beteiligt waren und was eine interessensgeleitete Einflussnahme darauf nahelegt. Es überrascht daher nicht, dass der von der EU erstellte Leitfaden für die Regulierungsbehörden der Mitgliedsstaaten so ausgestaltet ist, dass Mittel mit Substitutionskandidaten eher weiter zugelassen werden als deren weitere Nutzung zu verbieten, obwohl weniger gefährliche Alternativen zur Verfügung stünden.

Für die zweite Ursache des Scheiterns sind die offiziellen Stellen in den Mitgliedsstaaten verantwortlich. Sie lehnen durchaus praktikable, nicht-chemische Pflanzenschutzmaßnahmen als Ersatzverfahren ab, die laut der Forschung den Einsatz von Pestiziden verringern können.

Spätestens seit 2008 wusste die Europäische Kommission vom Scheitern des Ausstiegsprogramms, ergriff aber keine wirksamen Maßnahmen um die sogenannten Substitutionskandidaten tatsächlich zu substituieren.
Die Leitlinien müssen schnellstmöglich überarbeitet und die Wirksamkeit von nicht-chemischen Alternativen anerkannt werden, fordert PAN Europe in dem Bericht. Andernfalls sei jedes neue Pestizid-Reduktionsziel der EU zum Scheitern verurteilt.

Mehr dazu:

 

 




60 Jahre Rachel Carsons Stummer Frühling. Heute startet Pestizid-Aktionsmonat

Am 27. September 1962 veröffentlichte Rachel Carson ihr berühmtes Buch „Silent Spring“. Das Buch, in dem die Biologin die schädlichen Auswirkungen der Pestizidanwendung beschrieb, gilt als wegweisend für die Umweltbewegung und als eines der einflussreichsten Sachbücher unserer Zeit. Rachel Carson gab der Welt eine wichtige Warnung mit auf den Weg. Leider wurde zu wenig darauf gehört.

„Der Stumme Frühling“ hat dazu beigetragen, dass DDT und andere hochgefährliche Pestizide in der Landwirtschaft verboten wurden. Doch den „anderen Weg“ eingeschlagen, wie die Autorin im letzten Kapitel ihres Buches beschreibt, haben wir nicht. Die FAO-Statistiken zur Pestizidverwendung zeigen deutlich, dass die Welt seit Jahr(zehnt)en mehr und mehr Pestizide einsetzt. Von echter Pestizidreduktion ist die Welt insgesamt weit entfernt, selbst in Europa, wo viele hochgefährliche Pestizide verboten wurden.

Wo bleibt ein konsequentes Umdenken und Handeln angesichts massiver Pestizid-Vergiftungen, ubiquitärer Wasserkontamination und fortschreitenden Biodiversitätsverlust? Den Rachel Carson Pestizid-Aktionsmonat begehen PAN Europe und zahlreiche Mitgliedsgruppen und Verbände mit einer Reihe von Aktivitäten und Berichten. Sie machen kritisch auf den ungesunden Einfluss der Pestizid-Industrie auf unser heutiges Landwirtschafts- und Ernährungssystem aufmerksam und hören nicht auf, deutlich zu machen: Es gibt bessere Alternativen!

Zukünftige Historiker werden sich vielleicht über unser verzerrtes Augenmaß wundern. Wie können intelligente Wesen versuchen, einige wenige unerwünschte Arten mit einer Methode zu kontrollieren, die die gesamte Umwelt verseucht und die Gefahr von Krankheit und Tod sogar für ihre eigene Art mit sich bringt? Und doch ist es genau das, was wir getan haben.“ (Rachel Carson, Der Stumme Frühling)

Der Rachel Carson Aktionsmonat gegen Pestizide wird vom PAN Europe Netzwerk mit Mitgliedsorganisationen in vielen Ländern organisiert, zusammen mit BeeLife, Birdlife, Corporate Europe Observatory, Compassion in World Farming, dem European Environmental Bureau, Friends of the Earth Europe und Good Food Good Farming. Mehr Informationen gibt es unter www.pan-europe.info, im Veranstaltungskalender und unter #SilentSpring in den sozialen Medien