Fällt die EU-Pestizidreduktion?

In einer gemeinsamen Pressekonferenz der Europäischen Bürgerinitiative Bienen und Bauern retten (EBI) und dem europäischen Bio-Dachverband Organics Europe wurden die Attacken gegen die derzeit verhandelte Verordnung zur Umsetzung europäischer Pestizidreduktionsziele scharf kritisiert.

Der Vorschlag von einer Gruppe von Mitgliedsstaaten, eine zweite Folgenabschätzung aufgrund des Krieges in der Ukraine durchzuführen, könnte das vorzeitige Ende des Gesetzgebungsverfahrens bedeuten, warnten die beteiligten Gruppen aus Bio-Bewegung, Wissenschaft, Bäuer:innen und Zivilgesellschaft auf der gut besuchten virtuellen Pressekonferenz.

Nach dem Kommissionsentwurf der „Regulation on Sustainable Use of Plant Protection Products“ (SUR) sollen unter anderem der Einsatz und das Risiko von Pestiziden um 50 Prozent bis 2030 reduziert, empfindliche Gebiete und Personengruppen besser vor Pestizidbelastungen geschützt und umweltschonendere Verfahren im Rahmen des Integrierten Pflanzenschutzmanagements etabliert werden.

Nun droht eine Verschleppung, wenn nicht sogar das Aus des Gesetzgebungsverfahrens in der aktuellen Legislaturperiode der EU Kommission. Die Entscheidung für eine weitere Folgenabschätzung könnte bereits diesen Samstag fallen. PAN Germany, Partner der EBI,  begrüßt ausdrücklich die klare Haltung Deutschlands gegen diesen Versuch einer weiteren Verzögerung bei den Verhandlungen zur SUR.

Mehr dazu in der gemeinsamen Presseerklärung von ECI, Global 2000 und IFOAM Organics Europe, inklusive einem ausführlichem Presse Briefing.




1 Million EU-Bürger*innen fordern von der EU-Kommission: Rettet Bienen und Bauern

Am Freitag, den 25. November 2022, überbrachten Vertreter*innen der Europäischen Bürgerinitiative „Bienen und Bauern retten“ offiziell die Botschaft von 1,1 Mio. EU-Bürger*innen an EU Vizepräsidentin Jourová und EU Kommissar Kyriakides: Wir wollen ein Ende des chemisch-synthetischen Pflanzenschutzes! Um die biologische Vielfalt wiederherzustellen und die Gesundheit der Bürger*innen zu schützen, muss der Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden bis 2030 stark reduziert und bis 2035 vollständig beendet werden. Landwirt*innen müssen dabei unterstützen und müssen dabei unterstützt werden, diese Ziele zu erreichen. EU Kommission und EU Parlament sind nun in die Pflicht genommen, sich mit den Forderungen der erfolgreichen Europäischen Bürgerinitiative zu befassen. Dies geschieht zu einem wichtigen Zeitpunkt, da der Verordnungsentwurf der EU Kommission zur Pestizidreduktion „SUR“ von der Agrarindustrie und einigen EU-Mitgliedstaaten im EU Rat heftig angegriffen wird.

Der regelmäßige und weitverbreitete Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden belastet Böden und Gewässer, ist Treiber des Artenverlusts und kann zu Vergiftungen mit zum Teil schwerwiegenden Folgen für Anwender*innen, Anrainer*innen und Konsument*innen führen. Ohne gesunde Böden, sauberes Wasser und Artenvielfalt ist eine nachhaltige Landbewirtschaftung und zukünftige Ernährungssicherung nicht möglich.

Über 1 Million EU Bürger*innen unterstützen die Europäische Bürgerinitiative „Bienen und Bauern retten“ und befürworten eine giftfreie Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion, die nicht vom Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide abhängig ist. Ihre Kernforderungen sind:

  1. Ein schrittweiser Ausstieg aus der Verwendung synthetischer Pestizide: Bis 2030 soll der Einsatz von synthetischen Pestiziden in der EU-Landwirtschaft schrittweise um 80% reduziert werden. Bis 2035 soll die Landwirtschaft in der gesamten EU ohne synthetische Pestizide arbeiten.
  2. Maßnahmen zur Wiederherstellung der biologischen Vielfalt: Lebensräume sollen wiederhergestellt werden und landwirtschaftliche Flächen sollen zu einem Vektor für die Wiederherstellung der biologischen Vielfalt werden.
  3. Unterstützung für Landwirt*innen: Die Landwirt*innen müssen bei der notwendigen Umstellung auf Agrarökologie unterstützt werden. Kleine, vielfältige und nachhaltige landwirtschaftliche Betriebe sind zu fördern, der ökologische Landbau und die Forschung im Bereich der pestizid- und gentechnikfreien Landwirtschaft wird unterstützt.

Die Europäische Bürgerinitiative „Biene und Bauern retten“ wurde von Organisationen der Zivilgesellschaft aus verschiedenen Ländern der EU organisiert. In allen EU Mitgliedsstaaten wurden Unterschriften mit den erforderlichen Daten gesammelt, zehn Länder haben die von der EU festgelegte Mindestschwelle erreicht, und die Gesamtanzahl der gültigen Unterschriften wurde erreicht, um die Initiative zu einem offiziellen Antrag auf der Tagesordnung der EU Kommission und des EU Parlaments zu machen. Nach der offiziellen Bestätigung der erfolgreichen Bürgerinitiative muss die EU Kommission nun eine förmliche Stellungnahme dazu geben. Für Januar 2023 wird eine offizielle Anhörung im EU Parlament erwartet.

Offizielle Pressemitteilung der Organisator*innen der ECI vom 28.11.2022




Ausgezeichnet! Pestizidatlas erhält Sonderpreis des Salus-Medienpreises

PAN Germany, BUND und die Heinrich-Böll-Stiftung sind für den Pestizidatlas 2022 mit dem Otto Greither Sonderpreis des Salus-Medienpreises für ihre journalistische Leistung und Aufklärungsarbeit über Pestizide ausgezeichnet worden. Die Jury hatte keine einfache Aufgabe: Über 190 Beiträge wurden eingereicht, so viele wie nie zuvor.

Die Preisverleihung fand gestern im Kulturhaus in München statt. Mitglied der Jury Martina Gatzka würdigte in ihrer Laudatio alle Beteiligten an dem Pestizidatlas. Sie unterstrich die bildungspolitische Bedeutung des Altas, der das Thema Pestizide für ein breites Publikum erreichbar mache und eine wichtige Basis für eine gesellschaftliche Diskussion zu diesem Thema liefere.

„Wir freuen uns über diese Auszeichnung und Würdigung unserer Arbeit, die allen gilt, die an dem Werk mitgewirkt haben. Das sind neben den herausgebenden Organisationen, die vielen Wissenschaftler*innen, deren Studien Eingang gefunden haben, die Landwirt*innen weltweit, die alternative Wege gehen und mit ihrem Praxiswissen zeigen, wie ein „anderes Wirtschaften“ möglich ist, die Autor*innen der Kapitel, das Recherche- und Redaktionsteam sowie die Grafiker*innen und viele Menschen im Hintergrund, ohne die der Pestizidatlas nicht gelungen wäre.“ sagt Susan Haffmans von PAN Germany.

Besonders freut PAN Germany auch, dass der Pestizidatlas zur Inspiration des Instagram-Kanals nachhaltig.kritisch von Ann-Sophie Henne, Robin Jüngling und Annika Le Large diente, die für ihren Instagram Post „Der Pestizidatlas 2022“ mit dem Salus-Nachwuchspreis ausgezeichnet wurden.

  • Der Pestizidatlas informiert auf 50 Seiten in Beiträgen, Karten und Infographiken über den weltweiten Einsatz, den Handel und die Auswirkungen von Pestiziden in der Landwirtschaft
  • Mit dem Salus Medienpreis werden journalistische Leistungen ausgezeichnet, die rund um das Thema nachhaltige Zukunft das Bewusstsein für ökologische Landwirtschaft und eine klimafreundliche, gesunde Lebensweise stärken.

 

 

Videoeinspieler zur Preisverleihung © Salus Gruppe




Pesticide Atlas – englische Ausgabe jetzt erhältlich

Seit 1990 ist der weltweite Einsatz von Pestiziden um 80% gestiegen, jährlich erleiden rund 385 Millionen Menschen weltweit Pestizidvergiftungen und manche Pestizide werden mit der Luft über Tausend Kilometer weit verfrachtet.

Diese und weitere Fakten und Daten präsentiert der überarbeitete und heute in englischer Sprache veröffentlichte „Pesticide Atlas – facts and figures about toxic chemicals in agriculture“.

Der Atlas enthält Beiträge und Infographiken zum weltweiten Einsatz und Handel von Pestiziden, beschreibt die negativen Auswirkungen auf Mensch, Gesundheit und Umwelt und zeigt alternative Lösungen auf. Der englische Atlas basiert auf dem deutschsprachigen „Pestizidatlas – Daten und Fakten zu Giften in der Landwirtschaft“, der im Januar 2022 von BUND, Heinrich-Böll-Stiftung und PAN Germany veröffentlicht wurde.

Für die nun vorliegende englische Ausgabe wurde der Fokus um weitere europäische und internationale Aspekte erweitert. Herausgegeben wurde der englische Pesticide Atlas von BUND, Heinrich-Böll-Stiftung, Friends of the Earth Europe und PAN Europe.

Englische Publikation „Pesticide Atlas – facts and figures about toxic chemicals in agriculture“




Erfolg für Europäische Bürgerinitiative „Bienen und Bauern retten“!

Heute wurde die Europäische Bürgerinitiative (EBI) „Bienen und Bauern retten“ offiziell von der EU Kommission als erfolgreiche Eingabe anerkannt. Das ist ein großer Erfolg! Über eine Millionen Bürger*innen in der EU haben diese Initiative unterzeichnet.
Sehr groß war die Unterstützung aus Deutschland. PAN Germany sagt DANKE für dieses starke Votum, im Namen aller 200 Organisations- und Unterstützergruppen, die diese Initiative mitgetragen haben. Von bislang 97 EBIs haben nur 7 erfolgreich die Hürde von 1 Million Unterschriften genommen, darunter zwei gegen den Einsatz von Pestiziden, die EBI “STOP Glyphosat” im Jahr 2017 und die aktuelle.

Die EBI „Bienen und Bauern retten!“ hat drei Forderungen gegenüber der EU und den EU-Mitgliedsstaaten formuliert:

  • einen schrittweisen Ausstieg aus dem Einsatz synthetischer Pestizide zu 80% bis 2030 und zu 100% bis 2035,
  • die Wiederherstellung der biologischen Vielfalt auf landwirtschaftlich genutzten Flächen sowie
  • eine finanzielle Unterstützung für Landwirte bei der Umstellung auf agrarökologische Verfahren.

Die nächsten Schritte sind ein Gespräch der Vertreter*innen der EBI, darunter PAN Europe als Hauptorganisator, mit der EU-Kommission und die Durchführung einer Anhörung über die EBI-Forderungen im Europäischen Parlament innerhalb der nächsten drei Monate.

Mehr Statements und Hintergrundinformationen stehen in der gemeinsamen Pressemitteilung von PAN Europe und Global 2000.

 




Maßnahmen zum Schutz gefährdeter Bevölkerungsgruppen vor Pestizidbelastungen reichen nicht aus

Hamburg, 4. Oktober 2022. Pressemitteilung. Eine neue Studie, die in der italienischen Provinz Bozen-Südtirol durchgeführt wurde, zeigt, dass trotz der von den lokalen Behörden ergriffenen Maßnahmen zur Verringerung der Pestizidbelastung immer noch synthetische Pestizide, die der menschlichen Gesundheit und der Umwelt schaden können, auf Kinderspielplätzen und Schulhöfen nachgewiesen werden.

Die Studie [1,2], eine Zusammenarbeit von Experten der Health and Environment Alliance (HEAL), des Pesticide Action Network (PAN) Europe, PAN Germany und der Universität für Bodenkultur in Wien (BOKU), wurde in einer der wichtigsten europäischen Anbauregionen für Äpfel und Wein durchgeführt. Die Forscher untersuchten die offiziellen Daten von 306 Grasproben, die zwischen 2014 und 2020 auf 88 nicht landwirtschaftlich genutzten öffentlichen Flächen wie Kinderspielplätzen und Schulhöfen gesammelt wurden.

Die Ergebnisse zeigen, dass die bestehenden lokalen Maßnahmen zur Verringerung der Pestizidabdrift in der Region nicht wirksam genug sind, um die Pestizidexposition in öffentlichen Räumen zu verhindern. Zu diesen Maßnahmen gehören Warnschilder und Einschränkungen der Pestizidausbringung in Bezug auf Tageszeit und Entfernung [3].

Die wichtigsten Ergebnisse:

  • Trotz eines leichten Rückgangs der gemessenen Pestizidrückstände zwischen 2014 und 2020 konnten an 73 % der beprobten Standorte immer noch Rückstände von mindestens einem Pestizid nachgewiesen werden, und im Jahr 2020 wurden an 27 % der Standorte Mehrfachrückstände gefunden.
  • Fluazinam, ein Fungizid, das im Verdacht vorgeburtliche Schäden zu verursachen, und das in Tierversuchen mit Krebs in Verbindung gebracht wurde, wurde an 74 % der kontaminierten Standorte nachgewiesen. Andere bedenkliche Pestizide wurden ebenfalls häufig nachgewiesen, so das Fungizid Captan (60 %) und das Insektizid Phosmet (49 %).
  • Der prozentuale Anteil der Rückstände von Pestiziden, die als schädigend für die menschliche Fortpflanzung klassifiziert sind, ist deutlich gestiegen, und zwar von 21 % im Jahr 2014 auf 88 % im Jahr 2020. Der Prozentsatz der Rückstände von Pestiziden mit spezifischer Organtoxizität, stieg ebenfalls von 0 % im Jahr 2014 auf 21 % im Jahr 2020 [4].
  • Der Prozentsatz der Stoffe mit Potenzial zur Hormonschädigung (89 %) oder zur Verursachung von Krebs (45 %), blieb während des Untersuchungszeitraums unverändert.
  • Würden diese Konzentrationen von Pestizidrückständen in lokal angebauten Lebensmitteln gefunden, so lägen sie um ein Vielfaches über den Werten, die in der EU als sicher für den Verzehr gelten.
  • Der Prozentsatz der nachgewiesenen Pestizidrückstände mit akuter Toxizität für Honigbienen blieb während des gesamten Untersuchungszeitraums hoch.

Diese Ergebnisse stützen sich auf eine frühere Studie, in der Pestizidrückstände in Entfernungen zwischen 5 und 600 Metern von den landwirtschaftlichen Standorten, an denen sie ursprünglich eingesetzt wurden, nachgewiesen wurden [2].

„Eine konsequente Überwachung ist unabdingbar, um die Effizienz von Minderungs-maßnahmen und die Verringerung potenzieller Risiken für Mensch und Umwelt durch gefährliche Pestizide zu gewährleisten“, betont Dr. Caroline Linhart, Hauptautorin der Studie.

In der Europäischen Union werden bei der Risikobewertung von Pestiziden Vorhersagemodelle verwendet, um deren Verteilung in der Umwelt abzuschätzen. Diese Modelle berücksichtigen jedoch keine Daten aus der Praxis.

„Unsere Daten zeigen, dass die offiziellen Risikobewertungen die tatsächliche Exposition von Nicht-Zielorganismen, einschließlich des Menschen, gegenüber Pestiziden zu unterschätzen scheinen. Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass das, was wir in dieser Studie gezeigt haben, höchstwahrscheinlich die Situation in anderen Regionen mit intensiver Apfel- und Weinproduktion in Europa und weltweit widerspiegelt“, erklärt Professor Johann Zaller, Mitautor von der Universität für Bodenkultur in Wien (BOKU).

„Die Daten deuten darauf hin, dass es in Regionen mit geringem Abstand zwischen Hausgärten und intensiv behandelten Flächen wie Obstplantagen immer wieder zur Kontamination der Gärten und des dort angebauten Obstes und Gemüses kommt. Das EU-Pestizidrecht von 2009 schreibt vor, alle als besonders gefährlich eingestuften Pestizide („Substitutionskandidaten“) durch weniger gefährliche, am besten durch nicht-chemische Verfahren zu ersetzen. Die Befunde zeigen die Dringlichkeit, diese Regelung endlich umzusetzen“, sagt Mitautor Dr. Peter Clausing, Toxikologe und wissenschaftlicher Berater des Pestizid Aktions-Netzwerks (PAN Germany).

Die Ergebnisse der Studie kommen kurz nachdem die Europäische Kommission einen Entwurf für eine neue Verordnung über den nachhaltigen Einsatz von Pestiziden (SUR) veröffentlicht hat. Darin werden rechtsverbindliche Reduktionsziele festgelegt, um den Einsatz von Pestiziden in allen EU-Mitgliedsstaaten bis 2030 zu halbieren, insbesondere von solchen, die bekanntermaßen gesundheitsgefährdend sind. Der Vorschlag zielt auch darauf ab, den Einsatz von Pestiziden in allen „sensiblen“ Gebieten, die von der Allgemeinheit genutzt werden oder von ökologischer Bedeutung sind, sowie in einem Umkreis von drei Metern zu verbieten.

Interessanterweise sind mehrere dieser vorgeschlagenen EU-weiten Maßnahmen weniger streng als die der Landesregierung von Bozen-Südtirol, wo Pestizide mit gefährlichen Eigenschaften nicht in Bereichen eingesetzt werden dürfen, die von der Allgemeinheit und von Kindern genutzt werden, und auch nicht in einem Umkreis von 30 Metern von ihnen.

„Unsere Studie zeigt, dass regionale Maßnahmen zur Verringerung der Pestizidbelastung, selbst wenn sie strenger sind als die von der EU-Kommission vorgeschlagenen, einfach nicht ausreichen, um die Exposition von Kindern und der Allgemeinheit gegenüber Substanzen zu verhindern, die das Potenzial haben, Krebs zu verursachen oder die Fortpflanzung zu schädigen. Eine drastischere Reduzierung aller Pestizide und eine deutliche Ausweitung der vorgeschlagenen Pufferzonen auf mindestens 50 Meter sind dringend erforderlich, um die Gesundheit zu schützen“, erklärt Dr. Angeliki Lyssimachou, Senior Science Policy Officer bei HEAL und Mitautorin der Studie.

Kontakt zu den Autor*innen:

Quellen:

  1. Pesticide drift mitigation measures appear to reduce contamination of non-agricultural areas, but hazards to humans and the environment remain’, Science of the Total Environment volume 854 (2022) https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0048969722059137
  2. Die neue Studie baut auf früheren Untersuchungen auf, die sich mit Pestizidrückständen in Abhängigkeit vom Anwendungsort in Südtirol befasst haben: ‘Pesticide contamination and associated risk factors at public playgrounds near intensively managed apple and wine orchards’, Environmental Science Europe Volume 31 (2019) https://enveurope.springeropen.com/articles/10.1186/s12302-019-0206-0
  3. Im Fall von Bozen-Südtirol hat die Regierung 2014 damit begonnen, zusätzliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor der Exposition gegenüber Pestiziden einzuführen. Dazu gehört eine 30-Meter-Pufferzone für Pestizide der Kategorie „hochgefährlich“ für Gesundheit und Umwelt, wenn sie in der Nähe von öffentlichen Flächen, die von Kindern und der Allgemeinheit besucht werden, zum Einsatz kommen. Nur bei zusätzlichen Schutzmaßnahmen (z. B. Barrieren in Form von Bäumen oder Hecken), kann der Abstand auf fünf oder zehn Meter Pufferzonen reduziert werden.
  4. Die Tabellen der Publikation stehen hier zur Verfügung: https://ars.els-cdn.com/content/image/1-s2.0-S0048969722059137-ga1_lrg.jpg

 




Pesticide Paradise – PAN Europe Report verdeutlicht Versagen des EU-Pestizidrechts

Anlässlich des 60. Jahrestages der Veröffentlichung von Rachel Carsons „Silent Spring“, einem bahnbrechenden Werk, das die Entstehung der modernen Umweltbewegung begründete, präsentiert PAN Europe einen neuen Report, der das Versagen des EU-Pestizidrechts verdeutlicht und auf die Rückstandssituation in europäischem Obst hinweist. Der Report zeigt auf, dass sich die Rückstandssituation bei den gefährlichsten Pestiziden in den letzten 10 Jahren deutlich verschlechtert hat.

Diese besonders gefährlichen Pestizide werden nach der europäischen Pestizid-Verordnung als „Substitutionskandidaten“ klassifiziert. Ihre gefährlichen Eigenschaften werden mit Krebs, Fortpflanzungsschäden und anderen gesundheitlichen Beeinträchtigungen in Verbindung gebracht. Ebenso sind die meisten Substitutionskandidaten für die biologische Vielfalt und die Umwelt gefährlich [siehe PAN-Germany Pressmitteilung v. 30.06.2022].

Es ist daher leicht nachvollziehbar, warum die Gesetzgeber 2009 beschlossen, sie zugunsten von weniger gefährlichen Alternativen aus dem Verkehr zu ziehen – nur ist dies nicht geschehen: In mindestens 278 Fällen ist diese Regelung gescheitert wie der Bericht darlegt. Die Ursachen für dieses regulatorische Versagen liegt aus Sicht von PAN Europe in zwei Bereichen.

Erstens enthüllt der Bericht, dass die Europäische Kommission und die Regierungen der Mitgliedstaaten das Ziel der EU-Pestizid-Verordnung durch die Verabschiedung von Standards konterkariert haben, die das Ziel der Verordnung aushebeln. Diese Standards wurden von einem externen Gremium erarbeitet, der Europäischen und Mediterranen Pflanzenschutzorganisation (EPPO), welche keiner der für Beamte verbindlichen Transparenzanforderungen folgen muss und die von Vertreter*innen der Industrie stark beeinflusst wird.

Als Grundlage der verabschiedeten EU-Leitlinie dient das EPPO-Dokument, an deren Erstellung Unternehmen wie BASF, DuPont und Syngenta beteiligt waren und was eine interessensgeleitete Einflussnahme darauf nahelegt. Es überrascht daher nicht, dass der von der EU erstellte Leitfaden für die Regulierungsbehörden der Mitgliedsstaaten so ausgestaltet ist, dass Mittel mit Substitutionskandidaten eher weiter zugelassen werden als deren weitere Nutzung zu verbieten, obwohl weniger gefährliche Alternativen zur Verfügung stünden.

Für die zweite Ursache des Scheiterns sind die offiziellen Stellen in den Mitgliedsstaaten verantwortlich. Sie lehnen durchaus praktikable, nicht-chemische Pflanzenschutzmaßnahmen als Ersatzverfahren ab, die laut der Forschung den Einsatz von Pestiziden verringern können.

Spätestens seit 2008 wusste die Europäische Kommission vom Scheitern des Ausstiegsprogramms, ergriff aber keine wirksamen Maßnahmen um die sogenannten Substitutionskandidaten tatsächlich zu substituieren.
Die Leitlinien müssen schnellstmöglich überarbeitet und die Wirksamkeit von nicht-chemischen Alternativen anerkannt werden, fordert PAN Europe in dem Bericht. Andernfalls sei jedes neue Pestizid-Reduktionsziel der EU zum Scheitern verurteilt.

Mehr dazu:

 

 




60 Jahre Rachel Carsons Stummer Frühling. Heute startet Pestizid-Aktionsmonat

Am 27. September 1962 veröffentlichte Rachel Carson ihr berühmtes Buch „Silent Spring“. Das Buch, in dem die Biologin die schädlichen Auswirkungen der Pestizidanwendung beschrieb, gilt als wegweisend für die Umweltbewegung und als eines der einflussreichsten Sachbücher unserer Zeit. Rachel Carson gab der Welt eine wichtige Warnung mit auf den Weg. Leider wurde zu wenig darauf gehört.

„Der Stumme Frühling“ hat dazu beigetragen, dass DDT und andere hochgefährliche Pestizide in der Landwirtschaft verboten wurden. Doch den „anderen Weg“ eingeschlagen, wie die Autorin im letzten Kapitel ihres Buches beschreibt, haben wir nicht. Die FAO-Statistiken zur Pestizidverwendung zeigen deutlich, dass die Welt seit Jahr(zehnt)en mehr und mehr Pestizide einsetzt. Von echter Pestizidreduktion ist die Welt insgesamt weit entfernt, selbst in Europa, wo viele hochgefährliche Pestizide verboten wurden.

Wo bleibt ein konsequentes Umdenken und Handeln angesichts massiver Pestizid-Vergiftungen, ubiquitärer Wasserkontamination und fortschreitenden Biodiversitätsverlust? Den Rachel Carson Pestizid-Aktionsmonat begehen PAN Europe und zahlreiche Mitgliedsgruppen und Verbände mit einer Reihe von Aktivitäten und Berichten. Sie machen kritisch auf den ungesunden Einfluss der Pestizid-Industrie auf unser heutiges Landwirtschafts- und Ernährungssystem aufmerksam und hören nicht auf, deutlich zu machen: Es gibt bessere Alternativen!

Zukünftige Historiker werden sich vielleicht über unser verzerrtes Augenmaß wundern. Wie können intelligente Wesen versuchen, einige wenige unerwünschte Arten mit einer Methode zu kontrollieren, die die gesamte Umwelt verseucht und die Gefahr von Krankheit und Tod sogar für ihre eigene Art mit sich bringt? Und doch ist es genau das, was wir getan haben.“ (Rachel Carson, Der Stumme Frühling)

Der Rachel Carson Aktionsmonat gegen Pestizide wird vom PAN Europe Netzwerk mit Mitgliedsorganisationen in vielen Ländern organisiert, zusammen mit BeeLife, Birdlife, Corporate Europe Observatory, Compassion in World Farming, dem European Environmental Bureau, Friends of the Earth Europe und Good Food Good Farming. Mehr Informationen gibt es unter www.pan-europe.info, im Veranstaltungskalender und unter #SilentSpring in den sozialen Medien




Unsere Position zum Kommissionsentwurf zur neuen EU-Pestizidverordnung (SUR)

Die EU hat einen Vorschlag für eine neue Verordnung zur Reduzierung und nachhaltigen Verwendung von Pestiziden (Sustainable Use Regulation – SUR) vorgelegt. Dieses EU-Gesetz wird den Umgang mit Pestiziden in allen EU-Mitgliedsländern für viele Jahre regeln und kann ein echter Wendepunkt sein.

Gestern, am 19.09.22, endete die öffentliche Konsultation, an der sich alle EU-Bürger*innen beteiligen konnten. Wir bedanken uns bei allen, die sich an der Konsultation beteiligt und sich für mehr Umweltschutz und klare Pestizidreduktionsziele eingesetzt haben. Die  EUKommission wird nun die Eingaben auswerten und bei der weiteren Ausarbeitung des Verordnungsentwurfs berücksichtigen.

Auch PAN Germany hat sich an der Konsultation beteiligt und sich mit seiner Position klar für eine Pestizid-Reduktion und für eine Transformation in der Landwirtschaft stark gemacht, mehr Transparenz und mehr Klarheit beim Integrierten Pflanzenschutz sowie mehr Förderung von Agrarökologie und ökologischem Landbau eingefordert.

PAN Germany wird sich weiter im Gesetzgebungsprozess engagieren und für eine gesunde Welt für alle streiten.

Die ausführliche PAN Germany Position ist hier zu lesen.




EILIG – Beteiligung an Konsultation zu neuer EU-Pestizidverordnung nur noch bis 19.09.2022 möglich

Helfen Sie mit, eine Landwirtschaft zu schaffen, die nicht von chemisch-synthetischen Pestiziden dominiert wird, die die Gesundheit besser schützt, die biologische Vielfalt unterstützt und mit der Natur arbeitet, anstatt gegen sie.

Die EU hat einen Vorschlag für eine neue Verordnung zur Reduzierung und Verwendung von Pestiziden vorgelegt. Dieses Gesetz wird den Umgang mit Pestiziden für viele Jahre regeln und kann ein echter Wendepunkt sein, bedarf aus unserer Sicht aber noch einiger Verbesserungen.

In der laufenden öffentlichen Konsultation dominieren aktuell die Pestizid-Befürworter die Kommentare. Dabei stehen viele Menschen in Deutschland hinter dem Ziel einer Pestizidreduktion in der Landwirtschaft. Die Beteiligung von mehr Menschen, die sich gegen den Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden und für mehr agrarökologische Verfahren und Bioanbau aussprechen, ist deshalb dringend erforderlich.

Unterstützen Sie unser Anliegen und machen Sie bis zum 19. September 2022 mit!
Als EU-Bürgerin und -Bürger können Sie Ihre Meinung in der öffentlichen Konsultation kundtun.

PAN Europe hat ein Tool entwickelt, das Ihnen die Teilnahme erleichtert und Argumentationshilfen in deutscher Sprache bietet. Die Registrierung ist einfach, erfolgt sicher und direkt auf der EU-Konsultations-Website und es gibt die Möglichkeit anonym teilzunehmen.

Beteiligen Sie sich an der öffentlichen Konsultation zur neuen EU-Pestizidverordnung noch bis 19. September 2022!