Alzchem in zunehmender Kritik wegen des Exports von in der EU verbotenen gefährlichen Pestiziden

Pressemitteilung zur Alzchem Hauptversammlung 2025

  • Unverantwortliche Exporte von Dormex und Cyanamid zur Verwendung in der Landwirtschaft müssen sofort eingestellt werden
  • Alzchem erfüllt eigenes Versprechen der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht in Übereinstimmung mit den UN-Standards nicht
  • Schwerkranke Bäuerin spricht auf Aktionärsversammlung

7. Mai 2025. Der Chemiekonzern Alzchem sieht sich auf seiner morgigen Hauptversammlung scharfer Kritik ausgesetzt, weil er weiterhin Pestizide exportiert und vermarktet, die für den Einsatz in der Europäischen Union als zu gefährlich gelten. Zivilgesellschaftliche Organisationen aus Südafrika (Women on Farms Project) und Deutschland (PAN Germany, INKOTA-Netzwerk) und der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre Deutschland fordern ein Ende des Exports und des schädlichen Einsatzes des Produkts Dormex, insbesondere in Südafrika.

Alzchem exportiert weiterhin das Pestizid Cyanamid, das als krebserregend und fortpflanzungsgefährdend eingestuft ist. Es wurde in der EU vom Markt genommen, weil es nachweislich erhebliche Gesundheitsrisiken, insbesondere für Landwirt*innen, in sich birgt. Alzchem exportiert weiterhin Cyanamid und Dormex in großen Mengen. Dormex wird in Ländern wie Südafrika in erheblichem Umfang eingesetzt. Landarbeiter*innen berichten von Anwendungen ohne ausreichende Schulung, bei fehlender Schutzausrüstung und daraus resultierenden Gesundheitsschäden für die Beschäftigten, was einen klaren Verstoß gegen die Vorschriften zum Arbeits- und Gesundheitsschutz darstellt.

Am 6. Mai 2025  zogen Landarbeiterinnen und Bewohnerinnen zum Büro von Philagro, dem autorisierten Vertriebspartner von Alzchem in Südafrika, in Somerset West, um ein an Andreas Niedermaier, CEO der Alzchem Group AG, gerichtetes Memorandum zu übergeben. Am 8. Mai wird Dina Ndleleni – eine ehemalige Landarbeiterin und heutige Aktivistin bei Women on Farms Project, deren Gesundheit durch den Kontakt mit Dormex irreversibel geschädigt wurde -auf der online durchgeführten Alzchem-Hauptversammlung erneut die Forderung der Landarbeiterinnen nach einem Ende der Doppelstandards im Pestizidhandel stellen.

Dina Ndleleni, ehemalige Landarbeiterin, kritisiert: „Im Juli 2022 wurde ich während meiner Arbeit beim Tafeltraubenproduzenten Mooigezicht Estates mit Dormex vergiftet. Dies hat sich auf alle Aspekte meines Lebens ausgewirkt. Meine Lunge wurde so geschädigt, dass ich meinen Arbeitsplatz und mein Einkommen verlor, weil ich arbeitsunfähig war. In den sieben Jahren, in denen ich auf der Farm gearbeitet habe, habe ich weder eine persönliche Schutzausrüstung (PSA) noch eine Schulung oder Informationen über die verwendeten Pestizide erhalten. Ich fordere nun Gerechtigkeit und eine Entschädigung für meine verlorene Beschäftigung und mein Einkommen sowie für die dauerhaften Gesundheitsschäden, die ich erlitten habe. Ich bitte Alzchem, den Vorfall meiner Dormex-Vergiftung auf dem Weingut Mooigezicht in De Doorns zu untersuchen. Ich bitte Alzchem, mir dabei zu helfen, den entsprechenden Farmbesitzer  wegen fahrlässiger Verwendung von Dormex zur Verantwortung zu ziehen.“

Die Exportpraxis von Alzchem widerspricht international anerkannten Richtlinien wie den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (UNGPs), die Alzchem ausdrücklich zu befolgen behauptet. Alzchem erwähnt zwar die Durchführung von Schulungen, es gibt jedoch keine ausreichenden Belege dafür, dass diese Schulungen in allen Regionen, in denen seine gefährlichen Produkte verkauft werden, umfassend, regelmäßig oder effektiv sind. Die primäre Verantwortung des lokalen Arbeitgebers für die Sicherheit der Arbeitnehmer*innen entbindet Alzchem nicht von seinen eigenen menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten, insbesondere von der Notwendigkeit präventiver Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Verwendung seiner Produkte.

Dr. Peter Clausing von PAN Germany fordert: „Die Behauptung von Alzchem, Dormex sei sicher in der Anwendung, ist völlig inakzeptabel. Nach Angaben der europäischen Behörden wird der zulässige Grenzwert für Anwender*innen selbst mit persönlicher Schutzausrüstung um mehr als das 60-fache überschritten. Es ist überfällig, alle Exporte von Dormex und Cyanamid für landwirtschaftliche Zwecke einzustellen. Wir fordern AlzChem auf, in den Exportregionen proaktiv auf sicherere Alternativen umzusteigen.“

Silke Bollmohr vom INKOTA-Netzwerk fordert: „Der Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit muss Vorrang vor dem Profit haben.Dormex wird aus wirtschaftlicher Zweckmäßigkeit eingesetzt – nicht aus der Not heraus. Viele Weinbaubetriebe beweisen bereits, dass ein erfolgreicher Anbau auch ohne Dormex möglich ist, zum Beispiel durch den Anbau von Rebsorten, die von Natur aus an milde Winter angepasst sind.“

Link zum Gegenantrag der Vereinigung Ethischer Aktionäre Deutschland: https://www.kritischeaktionaere.de/alzchem/export-und-vermarktung-von-gesundheitsschaedlichen-und-in-der-eu-verbotenen-pestiziden-unser-gegenantrag/

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Teure Pestizide, gesündere Umwelt, stabile Ernten – Studie zeigt effektiven Hebel zur Reduktion

Studie identifiziert Ursachen für geringen Pestizideinsatz 2023 / Marktbasierte Anreize können Pestizidreduktion nachhaltig unterstützen

Berlin, Hamburg, 19.03.2025. Gemeinsame Pressemitteilung. Werden Pestizide teurer, werden sie deutlich seltener eingesetzt. Der reduzierte Pestizideinsatz führt dabei nicht zu geringeren Ernten. Das zeigt eine aktuelle Analyse der offiziellen Absatzdaten, die im Auftrag von Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft, BUND, Deutsche Umwelthilfe (DUH), DNR, foodwatch, Greenpeace, NABU und PAN Germany durchgeführt wurde. Die Analyse untersucht die Ursachen für den starken Rückgang des Absatzes an Pestiziden in Deutschland im Jahr 2023 und wertet relevante Absatz-, Witterungs- und Nutzungs-Daten der vergangenen 20 Jahre aus.

Im Vergleich zum Vorjahr erreichten die Absatzmengen für Pestizide 2023 ein Rekordtief. So wurden in Deutschland rund 20 Prozent weniger Pestizide abgesetzt. Verantwortlich für diese Reduktion war der Anstieg der Preise für Pflanzenschutzmittel um 20 Prozent im Vergleich zur Vorsaison. Andere potenzielle Einflussfaktoren für einen solchen Rückgang, wie niedrige Preise für landwirtschaftliche Produkte, Dürren oder die Ausdehnung von Brachen, konnte die Analyse als Ursachen ausschließen.

Studienautor und Pestizidexperte Lars Neumeister erklärt: „Das Jahr 2023 hat eindrucksvoll gezeigt, dass es ein erhebliches Einsparpotenzial beim Pestizideinsatz gibt, ohne Ernten zu gefährden. Die Analyse bestätigt, dass eine Erhöhung der Pestizidpreise den Verbrauch von Pestiziden signifikant senkt. Dies ist ein starkes Argument für die Einführung einer risikobasierten Pestizidabgabe, die die Belastung für Mensch und Umwelt dauerhaft zu reduzieren. Unsere europäischen Nachbarn, wie etwa Dänemark, setzen eine solche Abgabe bereits erfolgreich um.”

Das Verbändebündnis spricht sich für eine risikobasierte Pestizidabgabe aus. Diese könnte ein unbürokratischer und zielgerichteter Anreiz für die Landwirtinnen und Landwirte sein, den Pestizideinsatz nachhaltig zu verringern. Die Einnahmen einer solchen Abgabe könnten zweckgebunden in die Förderung der Betriebe fließen, die den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduzieren oder ganz darauf verzichten. So würden beispielsweise durch pestizidfreien Getreide- und Maisanbau gleichzeitig die Biodiversität geschützt und negative Auswirkungen auf Umwelt, Klima und Gesundheit reduziert. Dies hätte den Effekt einer „doppelte Dividende für die Natur“, so die Verbände. Positive Erfahrungen aus europäischen Nachbarländern seien bereits vorhanden – etwa Dänemark, Frankreich, Norwegen oder Schweden.

Historisch niedriger Pestizideinsatz trotz hoher Niederschläge

Das Jahr 2023 war ein außergewöhnlich niederschlagsreiches Jahr – mit rund 900 mm Regen die zweithöchste Niederschlagsmenge der letzten 20 Jahre. Hohe Feuchtigkeit begünstigt in der Regel das Wachstum von Unkräutern sowie pilzliche Schaderreger, was oft zu einem verstärkten Pestizideinsatz führt. Dennoch erreichten die Absatzmengen für Pestizide 2023 ein historisches Tief.

Besonders stark reduzierte sich der Einsatz von Fungiziden sowie von Molluskiziden gegen Schnecken. Insbesondere in großen Flächenkulturen, wie Getreide und Mais, gab es erhebliche Einsparungen. In den vorangegangenen Jahrzehnten bewegte sich der Pestizidabsatz konstant auf dem Niveau von rund 30.000 Tonnen Wirkstoff pro Jahr, 2023 lag er mit 25.295 Tonnen deutlich darunter. Der Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide ist ein Hauptgrund für den Verlust an Biodiversität.

Methodischer Hintergrund

Die Analyse basiert auf den Inlands-Absatzdaten für Pestizide von 2002 bis 2023. Neben Verkaufszahlen wurden wirtschaftliche und meteorologische Faktoren untersucht, um deren Einfluss auf den Pestizidverbrauch zu bewerten. Dabei wurden offizielle Statistiken, Marktpreise sowie agrarwirtschaftliche Berichte ausgewertet.

Die vollständige Studie finden Sie hier.

Für Rückfragen:




Klar, frisch, rein? Wasserverschmutzung durch Pestizide und was alle dagegen tun können

Das neue Faltblatt des Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. gibt einen Überblick über die Pestizid-Belastung von Gewässern und zeigt auf, was dies für unser Trinkwasser bedeutet und wie wir die Situation verbessern können.

Unsere Gesundheit und die Gesundheit aller Lebewesen ist davon abhängig, dass sauberes Wasser verfügbar ist. Geltende Auflagen beim Ausbringen von Pestiziden verhindern nicht, dass in Bächen, Flüssen, Seen, im Meer, Grundwasser und Regen Pestizide nachweisbar sind. Zunehmend Sorgen bereiten insbesondere Belastungen mit PFAS-Pestiziden und ihrem Abbauprodukt TFA, die wegen ihrer extremen Langlebigkeit zur Gruppe der „Ewigkeitschemikalien“ zählen. Sie gefährden unsere Gesundheit und Ökosysteme.

In seiner aktualisierten Auflage des Wasser-Faltblatts „Pestizide: Eine Gefahr für Wasserlebewesen und für unser Trinkwasser“ informiert PAN Germany kurz und verständlich über die Belastungssituation und zeigt: Es gibt wirksame Maßnahmen, unsere Gewässer und unser Trinkwasser nachhaltig vor Pestizideinträgen zu schützen. Dabei legt das Faltblatt Wert darauf, dass alle einen Beitrag leisten können.

Das Faltblatt behandelt ein hochaktuelles Thema: In diesem Monat veröffentlichte die Europäische Kommission mehrere Berichte zum Zustand unserer Gewässer. Ihr Fazit: In den letzten Jahren konnte der Zustand der EU-Gewässer verbessert werden. Doch in wichtigen Bereichen sind weitere Anstrengungen erforderlich. Hierzu zählt auch der chemische Zustand unserer Gewässer. Nur 26.8% der Gewässer erreichen den angestrebten guten chemischen Zustand.

Das PAN Germany Faltblatt: Pestizide: Eine Gefahr für Wasserlebewesen und für unser Trinkwasser steht kostenlos als Download bereit oder kann als Papierversion bestellt werden – per Email an info@pan-germany.org.

Weitere Informationen zum Thema:

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Profitinteressen statt Schutz von Mensch und Umwelt: Organisationen prangern VCI wegen PFAS-Lobbyarbeit an

Frankfurt am Main, 29.01.2025: Mit einer Protestaktion vor der Zentrale des Verbands der Chemischen Industrie (VCI) in Frankfurt haben zehn* Umwelt-, Gesundheits- und Verbraucherschutzorganisationen auf die gefährliche Lobbyarbeit der Chemischen Industrie aufmerksam gemacht.

Nur um mit gefährlichen PFAS weiterhin Geld zu verdienen, nutzt die Chemieindustrie bei ihrer Einflussnahme auf Politiker*innen falsche Behauptungen. Auf diese Weise beeinflusst sie politische Entscheidungen zugunsten der Profitinteressen weniger Firmen. Das verhindert systematisch den Schutz aller Menschen und unserer Umwelt “ kritisieren die Organisationen.

Laut einer internationalen Recherche des Forever Lobbying Projects blockiert die Chemieindustrie notwendige Regulierungen von PFAS, um eigene wirtschaftliche Vorteile zu sichern, obwohl Alternativen vielfach verfügbar sind.

Besonders im Fokus stehen PFAS-Chemikalien, auch bekannt als „Ewigkeitschemikalien“. Diese Stoffe sind extrem langlebig, nicht natürlich abbaubar und reichern sich in der Umwelt und im menschlichen Körper an. PFAS können unseren Hormonhaushalt stören und schwerwiegende Gesundheitsprobleme wie Leberschäden, Schilddrüsenerkrankungen und Krebs verursachen.

Bei einer Protestaktion vor der VCI Zentrale in Frankfurt am Main forderten die Organisationen ein differenziertes, aber umfassendes Verbot von PFAS, strikte Kontrollen der Chemieindustrie und transparente politische Prozesse. Das Bündnis von Umwelt-, Gesundheits- und Verbraucherschutzorganisationen setzt damit ein klares Zeichen gegen die Priorisierung einzelner Industrieinteressen vor dem Gemeinwohl.

Weitere Informationen finden Sie im Anhang.

Kontakt:

* beteiligte Organisationen:
BUND, CHEM Trust, Client Earth, Deutsche Umwelthilfe, Env Med Network, Forum Umwelt und Entwicklung, HEJ Support, Verbraucherzentrale NRW, WECF & PAN Germany




Globales Netzwerk veröffentlicht relevante Instrumente für den weltweiten Ausstieg aus hochgefährlichen Pestiziden

Das Internationale Pesticide Action Network (PAN) hat heute die neuen Updates zweier relevanter Listen veröffentlicht: Die Liste der hochgefährlichen Pestizide (HHP) und die konsolidierte Liste der verbotenen Pestizide. Damit leistet das Netzwerk einen wichtigen Beitrag zur Erreichung des globalen Ziels, hochgefährliche Pestizide weltweit abzuschaffen. Ein sogenanntes Phase-out von HHPs hatten zuletzt die Umweltversammlung der Vereinten Nationen (UNEA) in ihrer Resolution über hochgefährliche Pestizide sowie die kürzlich verabschiedete Globale Rahmenvereinbarung über Chemikalien (GFC) „Für eine Welt ohne Schäden durch Chemikalien und Abfälle“ gefordert.

Die PAN HHP-Liste bietet einen transparenten Überblick über Pestizidwirkstoffe, die die gemeinsam von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Welternährungsorganisation (FAO) festgelegten HHP-Kriterien und einige ergänzende Kriterien erfüllen, die vom globalen PAN-Netzwerk festgelegt wurden und in der Liste erläutert sind. Die konsolidierte Liste der verbotenen Pestizide enthält länderspezifische Informationen über Pestizidwirkstoffe, die auf nationaler Ebene verboten sind.

Die Liste der verbotenen Pestizide führt insgesamt 568 verschiedene Pestizidwirkstoffe auf, die in einem oder mehreren Ländern der Welt verboten sind. Bei den meisten dieser verbotenen Pestizide handelt es sich um hochgefährliche Pestizide. Dies zeigt, dass die Verwendung von HHP in vielen Ländern bereits schrittweise eingestellt wird. Trotz bereits erzielter Fortschritte sind alle Länder aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, um hochgefährliche Pestizide zu verbieten, insbesondere in Asien, Afrika und Lateinamerika, wo die Menschen am meisten unter ihrem Einsatz leiden und wo die meisten dieser Pestizide verwendet werden.

Zu den hochgefährlichen Pestiziden zählen solche, die akut extrem giftig sind, die Krebs verursachen, die Fruchtbarkeit schädigen oder Kinder im Mutterleib schädigen können oder die unter Anwendungsbedingungen schwerwiegende Gesundheits- und Umweltschäden bewirken.

„Die beiden wichtigen Listen, die PAN-International veröffentlicht hat, sind eine große Unterstützung für Afrikas Engagement, HHPs aus der Region und darüber hinaus zu verbannen.“ sagt Dr. Tadesse Amera, Direktor von PAN Äthiopien und Co-Koordinator von PAN International.

„Wir rufen alle am Pestizidhandel Beteiligten auf, ihre Verantwortung wahrzunehmen und zum Ausstieg aus der Nutzung hochgefährlicher Pestizide beizutragen und nicht-chemische Alternativen zu fördern. Die Werkzeuge zur Identifizierung von hochgefährlichen Pestiziden stehen zur Verfügung und Erfahrungen, wie ein Ersatz von HHPs erfolgen kann, ist in zahlreichen Ländern vorhanden. Die Zeit der Ausreden, nicht handeln zu können, ist vorbei.“ sagt Susan Haffmans, Referentin bei PAN Germany und Vorsitzende von PAN International.

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Umwelt-NGOs bringen Glyphosat vor den Europäischen Gerichtshof

Rechtliches Engagement für einen vorzeitigen Zulassungsstopp

Brüssel, Hamburg 11.12.2024. Gemeinsame Pressemitteilung. Gemeinsam mit dem Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN) Europe und seinen Mitgliedern – ClientEarth, Générations Futures, Global 2000 und PAN Niederlande – ficht PAN Germany heute die Zulassung von Glyphosat durch die Europäische Union vor dem Europäischen Gerichtshof an.

Die von den NGOs dem Gerichtshof vorgelegte “Klage auf Nichtigerklärung“ basiert auf einer umfassenden wissenschaftlichen und rechtlichen Analyse und benennt gravierende Mängel im Bewertungsverfahren von Glyphosat. Die NGOs belegen: Die EU-Kommission und ihre wissenschaftlichen Agenturen haben wiederholt kritische Studien, die schädliche Wirkungen von Glyphosat dokumentieren, unbegründet ausgeschlossen oder deren Ergebnisse systematisch heruntergespielt und dabei Richtlinien und internationale Standards der Risikobewertung verletzt. Hierdurch wurden Gesundheits- und Umweltrisiken systematisch unterschätzt und die Genehmigung des umstrittenen Unkrautvernichters bis 2033 erneuert.

Es ist enttäuschend, dass die Behörden das Prinzip „Alter Wein in neuen Schläuchen“ verfolgen. Im Januar wurde die EU-Kommission formell von uns aufgefordert, ihre Entscheidung, Glyphosat erneut zu genehmigen, anhand wissenschaftlicher Kriterien zu überprüfen. Was sie jedoch tat, war, die alten Argumente zu wiederholen, um vom wahren Tatbestand abzulenken und auf ihrer zweifelhaften Entscheidung zu beharren.“ erklärt Peter Clausing, Toxikologe beim Pestizid Aktions-Netzwerk Germany.

Antoine Bailleux, der Anwalt der NGO-Koalition, betont: „Es ist legitim, dass die Kommission einen gewissen Spielraum beim Risikomanagement in Zusammenhang mit der Zulassung von Wirkstoffen in Pestiziden hat. Einem solchen Ermessensspielraum sind jedoch Grenzen gesetzt. Nach ständiger Rechtsprechung muss die Risikobewertung beispielsweise den Grundsätzen der Exzellenz, Transparenz und Unabhängigkeit genügen. Wir sind der Meinung, dass die Bewertung von Glyphosat diesen Qualitätsstandards nicht gerecht geworden ist.

Angeliki Lysimachou, Leiterin des Bereichs Wissenschaft und Politik bei PAN Europe, ergänzt: „Die wissenschaftlichen Agenturen der EU beugten die Regeln, um zu dem Schluss zu kommen, dass Glyphosat sicher sei. Zahlreiche wissenschaftliche Studien, auch von der Industrie, bringen Glyphosat mit möglichen schwerwiegenden schädlichen Auswirkungen wie Krebs und neurologischen Erkrankungen, insbesondere bei Kindern, in Verbindung.

Zu den wichtigsten Argumenten in dem von den NGOs an den EuGH übermittelten Antrag auf Annullierung zählen:

  • Ignorierte Neurotoxizitätsrisiken: Dokumente zeigen, dass renommierte Wissenschafter*innen die EU-Behörden vor einem Zusammenhang zwischen Glyphosat und neurologischen Erkrankungen wie Parkinson oder Autismus, sowie vor kognitiven Defiziten bei Kindern warnten. Diese Risiken wurden im Zulassungsverfahren nicht widerlegt, da die Behörden Studien, die diese Risiken identifizierten, unberücksichtigt ließen.
  • Fehlerhafte Statistiken: Die von EU-Behörden für die Beurteilung von Krebsstudien angewendeten statistischen Verfahren entsprachen – wie schon im vorhergehenden Zulassungsverfahren – nicht den geltenden Leitlinien und führten dazu, dass die statistische Aussagekraft positiver Tumorbefunde aus Tierexperimenten fälschlich herabgestuft wurde.
  • Krebseinstufung durch WHO: Die Bewertung der EU-Behörden von Glyphosat als “nicht DNA-schädigend” und “wahrscheinlich nicht krebserregend” steht nach wie vor in ungelöstem Widerspruch zur Krebseinstufung durch die WHO-Krebsforschungsagentur IARC. Letztere sah erst kürzlich nach Überprüfung des aktuellen Stands der Forschung ihre Einstufung bestätigt und erklärte, dass eine Neubewertung derzeit nicht erforderlich sei.

Hintergrund: Im Dezember 2023 verlängerte die EU-Kommission in einer umstrittenen Entscheidung die Zulassung von Glyphosat um weitere zehn Jahre. Im Jänner 2024 hatten die NGOs bei der EU-Kommission eine interne Überprüfung der Zulassungsentscheidung von Glyphosat beantragt. Diese wurde von der Kommission zurückgewiesen. Nun legen das Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN) Europe, ClientEarth, Générations Futures, Global 2000, PAN Niederlande und PAN Germany beim EuGH eine “Klage auf Nichtigerklärung” vor. Unterstützt wird die Klage durch Organisationen wie EKO, FoodWatch, ISDE Italy und dem Umweltinstitut München.

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Schutz vor hormonell schädigenden Stoffen noch immer unzureichend

Schutz vor hormonell schädigenden Chemikalien: Ein Jahr nach dem eigenen Aktionsplan – doch die Regierung bleibt untätig

Hamburg/München, 15.10.2024. Gemeinsame Pressemitteilung. Nichtregierungsorganisationen fordern mehr Engagement von der Bundesregierung bei der Umsetzung ihres Aktionsplans zum Schutz vor hormonell schädigenden Chemikalien.

Ein Jahr nach der Vorstellung des Fünf-Punkte-Plans der Bundesregierung zum Schutz vor hormonell schädigenden Chemikalien (Endokrine Disruptoren) ziehen Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen eine ernüchternde Bilanz. Trotz klarer wissenschaftlicher Warnungen und der Zusicherung, den Schutz der Bevölkerung zu verstärken, fehlt es weiterhin an konkreten Maßnahmen und ausreichender Finanzierung. Die gesundheitliche Gefährdung durch Endokrine Disruptoren, die u. a. in Alltagsprodukten wie Plastik, Kosmetika und Reinigungsmitteln enthalten sind, bleibt ungebremst.

Nichtregierungsorganisationen fordern dringendes Handeln

Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen kritisieren die Untätigkeit der Regierung scharf und beschreiben in ihrem heute veröffentlichten Papier konkrete Maßnahmen, um den Schutz der Bevölkerung und der Umwelt sicherzustellen. An jedem weiteren Tag, an dem die Bundesregierung nicht handelt, werden diese schädlichen Chemikalien weiterhin freigesetzt – das geht auf Kosten der Gesundheit heutiger und zukünftiger Generationen sowie unserer Umwelt, kritisieren die Initiatoren CHEM Trust Europe, Health and Environmental Justice Support (HEJSupport), das Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN Germany) und Women Engage for a Common Future (WECF). Die Forderungen werden bisher von 17 Organisationen unterstützt.

Bei der Ankündigung des Fünf-Punkte-Plans der Bundesregierung versprach Bundesumweltministerin Steffi Lemke einen umfassenden Schutzplan gegen hormonell schädigende Stoffe mit einem Bündel an Maßnahmen und Zielen. Von einem umfassenden Schutzplan kann aber keine Rede sein, da der Plan im Wesentlichen lediglich bestehende Maßnahmen zusammenfasst. Das reicht aber nicht aus, wie wissenschaftliche Studien zur Belastung der Bevölkerung und der Umwelt zeigen.

Forderungen an die Politik

Die unterzeichnenden Organisationen fordern die Bundesregierung dazu auf, endlich konkrete Maßnahmen umzusetzen und den Schutz vor hormonell schädigenden Chemikalien ernst zu nehmen. Zu den Forderungen gehören:

  • Reduktion der Belastung (Exposition) und/oder Phase-out von hormonell schädigenden Chemikalien in allen relevanten Produkten sowie Förderung nachhaltiger Alternativen,
  • Kennzeichnungspflicht für Produkte, die endokrine Disruptoren enthalten,
  • Aufklärungskampagnen für besonders betroffene Gruppen, wie z. B. Schwangere,
  • Beschleunigung der Regulierung von hormonell schädigenden Pestiziden und Bioziden.

Zitate

„Es reicht nicht aus, auf dem Papier in fünf Punkten grobe Absichten zu formulieren und im Anschluss die Detailplanung, den Dialog und letztlich das Handeln zu unterlassen. Dies geht an der Notwendigkeit, die Gesundheit von Bürgerinnen und Bürgern sowie wichtige natürliche Ressourcen vor diesen gefährlichen Stoffen zu schützen, gänzlich vorbei“, kritisiert Susanne Smolka von PAN Germany.

„Der Fünf-Punkte-Plan der Bundesregierung bleibt ein Papiertiger. In der Praxis fehlt es an konsequentem Handeln. Es ist alarmierend, dass die Bundesregierung trotz klarer wissenschaftlicher Beweise weiterhin zögert, wirksame Maßnahmen zum Schutz vor hormonell schädigenden Chemikalien umzusetzen. Unsere Gesundheit wird durch politische Untätigkeit gefährdet, während gefährliche Substanzen weiter unkontrolliert im Umlauf sind“, sagt Alexandra Caterbow von HEJSupport.

„Die hohe Belastung von Mensch und Umwelt mit hormonell schädigenden Stoffen zeigt, dass die aktuelle Gesetzgebung keinen ausreichenden Schutz gewährleistet. ‚Business as usual’, wie im Fünf-Punkte-Plan beschrieben, wird daran nichts ändern. Deutschland muss unter anderem zusätzliche Ressourcen bereitstellen, um Gruppen hormonell schädigender Stoffe zu identifizieren und auf EU-Ebene Beschränkungen zu erarbeiten”, fordert Antonia Reihlen von CHEM Trust Europe.

„Schwangere Frauen und Kinder zählen zu den am stärksten gefährdeten Gruppen, wenn es um die Auswirkungen hormonell schädigender Chemikalien geht. Die Untätigkeit der Politik setzt die Gesundheit sowohl der heutigen als auch der kommenden Generationen aufs Spiel. Es ist entscheidend, dass die Regierung den Fünf-Punkte Plan zu EDCs konsequent umsetzt und nicht länger passiv bleibt, denn sie hat die Pflicht, ihre Bürger*innen zu schützen”, betont Johanna Hausmann von WECF, Women Engage for a Common Future.

Hintergrund

Hormonell wirksame Chemikalien, auch als endokrine Disruptoren bekannt, kurz EDCs, sind Substanzen, die das Hormonsystem von Mensch und Tier negativ beeinflussen können. Sie sind u. a. in alltäglichen Produkten wie Plastikverpackungen, Körperpflegeprodukten, Textilien und Pestiziden enthalten und wurden mit schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen wie Unfruchtbarkeit, Entwicklungsstörungen und Krebs in Verbindung gebracht.

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Zukunftsprogramm Pflanzenschutz – Gut gemeint aber unzureichend

[Hamburg, 4.9.2024] Heute stellte Landwirtschaftsminister Cem Özdemir das Zukunftsprogramm Pflanzenschutz des BMEL vor. Aus Sicht von PAN Germany fehlt es dem „Zukunftsprogramm Pflanzenschutz“ an Klarheit und Verbindlichkeit. Bei PAN Germany überwiegen bei einer ersten Bewertung die Zweifel, dass das Programm die notwendigen Impulse in Richtung Pestizidreduktion und nachhaltige Pflanzenschutzverfahren geben kann.

„Das Programm sollte schnellstmöglich Klarheit hinsichtlich der Finanzierung von Maßnahmen sowie der gewählten Indikatoren zur Erfolgskontrolle schaffen. Zudem erwarten wir Nachbesserungen beim Schutz der Biodiversität auf Agrarflächen und zum Schutz unseres wichtigsten Lebensmittels, dem Trinkwasser. Hier schließen wir uns der bei der Programmvorstellung geäußerten Kritik von Seiten der Wasserversorger und der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser an, dass insbesondere der Trinkwasserschutz – anders als noch im Entwurf – nicht mehr berücksichtigt wird, obgleich die Regierung sich im Koalitionsvertrag dazu verpflichtet hat.“, sagt Susanne Smolka, Referentin für Pestizide und Biozide beim PAN Germany.

„Wir wiederholen an dieser Stelle: Pestizidreduktion ist kein Selbstzweck. Sie dient dem Schutz der Gesundheit der Beschäftigten und der Bevölkerung insgesamt, dem Schutz unserer Ressourcen vor Kontamination und dem Schutz der Umwelt und biologischen Vielfalt, die wir brauchen, um auch zukünftig noch erfolgreich Landwirtschaft betreiben zu können. Auch vor dem Hintergrund internationaler Verpflichtungen – Stichwort Biodiversitätskonvention – muss Deutschland in Sachen Pestizidreduktion liefern.“ sagt Susan Haffmans, Referentin für Pestizide und Internationales bei PAN Germany.

Positiv merkt PAN Germany an, dass das Programm an den Reduktionszielen der Farm-to-Fork Strategie von minus 50 Prozent für chemisch-synthetische Pestizide bis 2030 festhält. Auch, dass eine Evaluierung des Progammerfolgs und mögliche Nachjustierung geplant sind, ist gut.

Mehr dazu:

BMEL Zukunftsprogramm Pflanzenschutz

PAN-Stellungnahme als Diskussionsgrundlage zum „Zukunftsprogramm Pflanzenschutz“, 03.05.2024

PAN PM 13 Juni 2024: Wer Abstriche beim Schutz vor Pestizidbelastungen fordert, schadet den Beschäftigten in der Landwirtschaft und zukünftigen Generationen

Gemeinsame Presseerklärung: Zukunftsprogramm ohne Zukunft? Verbände fordern: Pestizidreduktion wirksam angehen!

Ein Zukunftsprogramm ohne Zukunft? – Offener Brief an Bundesagrarminister Cem Özdemir zum Vorschlagsentwurf eines Zukunftsprogramms Pflanzenschutz des BMEL. 3. Mai 2024

 

PAN-Pressekontakt:

Susanne Smolka, Referentin für Pestizide und Biozide, Susanne.smolka[a]pan-germany.org, +49(0)40 399 19 10-24

Susan Haffmans, Referentin für Pestizide und Internationales, susan.haffmans[at]pan-germany.org, +49(0)40 399 19 10-25




Menschen, Umwelt und Ökosysteme müssen wirksamer vor Pestizid-Abdrift geschützt werden

Hamburg, 30. Juli 2024. Pressemitteilung. Neuer Report zeigt: Trotz rechtlicher Auflagen und technischer Neuerungen, kommt es in der Folge von Pestizid-Abdrift unbeabsichtigt zu gesundheitlichen Folgen oder wirtschaftlichen und ökologischen Schäden. PAN Germany hat Meldungen von Abdrift-Fällen aus über 10 Jahren dokumentiert und analysiert. Mit dem heute veröffentlichten Bericht „Giftiger Dunst – Betroffen von Pestizid-Abdrift“ gibt PAN Germany den Betroffenen eine Stimme und fordert einen wirksameren Schutz von Menschen, Umwelt und Ökosysteme vor Pestizid-Belastungen.

Der Einsatz von Pestiziden in der konventionellen Landwirtschaft gehört zur gängigen Praxis, um Kulturpflanzen vor schädlichen Insekten und Pilzen zu schützen, aber auch unerwünschte Wildpflanzen auf den Feldern zu beseitigen. Trotz behördlicher Prüfung und Zulassung kann es beim Einsatz der chemisch-synthetischen Mittel zu ungewollten Belastungen und Schädigungen von unbeteiligten Personen, von Pflanzen und Tieren sowie zu Belastungen der Umwelt kommen. Denn abhängig von der eingesetzten Substanz, der Spritz-Technik, der Fahrgeschwindigkeit und den Wetterverhältnissen gelangt ein Teil der Pestizide beim Spritzen in die Luft. Von dort werden die Wirkstoffe auf Feldwege und andere Felder, in Gewässer und Schutzgebiete, aber auch in Siedlungen, auf Spielplätze, in private Gärten und Wohnhäuser transportiert. Ihrem Zweck nach sind die Pestizide dort ebenso wirksam und können ungewollt andere Lebewesen und sogar uns Menschen schaden.

Tamara Gripp, Referentin für Landwirtschaft und Umwelt bei PAN Germany, sagt: „Bei der Pestizid-Abdrift handelt es sich nicht um Einzelfälle. Jedes Jahr vom Frühling bis zum Herbst melden sich Menschen bei uns, die von Pestizid-Abdrift betroffen sind und in der Folge dieser Ereignisse gesundheitliche Probleme erlitten haben, Schäden an Pflanzen, Nutztieren oder Haustieren beklagen oder Schäden in der Natur beobachtet haben. Wir haben über 200 Meldungen dokumentiert.“

Mehr als 70 % aller Betroffenen, die sich an PAN Germany gewandt haben, berichten von gesundheitlichen Beeinträchtigungen nach einem Abdrift-Vorfall. Hinzu kommt, dass das Bewusstsein über mögliche Gesundheitsgefahren und die Sorge um Familienmitglieder, insbesondere Kinder, bei vielen Betroffenen zu erhöhtem Stress führt. Diese Menschen fühlen sich nicht mehr wohl in ihrem Lebensumfeld und leiden zumindest zeitweilig unter Symptomen wie Schlaflosigkeit, Unruhe und Gereiztheit.

Um das Ausmaß von Pestizid-Abdrift zu reduzieren, gelten allgemein einzuhaltende und produktspezifische Anwendungsbestimmungen und Auflagen zum Schutz der Umwelt und des Menschen. Ein wirksames Werkzeug zur Einschätzung und Regulierung von Pestizid-Ferntransport fehlt bislang. Dass es trotz der Einhaltung der geltenden Vorgaben zu Abdrift-bedingten Belastungen und gesundheitlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Schäden kommen kann, zeigen die Berichte Betroffener an PAN Germany ebenso wie Studien zur Pestizid-Belastung der Luft und öffentlicher Flächen wie Spielplätze.

Susanne Smolka, Referentin für Pestizide und Biozide bei PAN Germany sagt: „Für PAN Germany steht fest: Pestizid-Abdrift ist ein ernstzunehmendes Problem und die geltenden Vorgaben zum Schutz vor Abdrift und Ferntransport reichen nicht aus, um Menschen, Umwelt und Ökosysteme ausreichend vor Pestizid-Belastungen zu schützen. Hier erwarten wir mehr Engagement auch von Seiten der zuständigen Behörden.“

Pressekontakte:

  • Tamara Gripp, Referentin für Landwirtschaft und Umwelt, Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN Germany), Tel.: +49 (40) 399 19 10-23, E-Mail: tamara.gripp@pan-germany.org
  • Susanne Smolka, Referentin für Pestizide und Biozide, Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN Germany), Tel.: +49 (40) 399 19 10-24, E-Mail: susanne.smolke@pan-germany.org

 

 

 

Hier geht es zum PAN Germany Abdrift-Meldebogen




Wer Abstriche beim Schutz vor Pestizidbelastungen fordert, schadet den Beschäftigten in der Landwirtschaft und zukünftigen Generationen

Hamburg 13. Juni 2024. Pressemitteilung. Morgen, am 14. Juni, wird der Bundesrat über die Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung abstimmen und damit ein Stück weit darüber, wie verantwortungsvoll in Deutschland zukünftig Pflanzenschutz betrieben wird. Die nun zur Verabschiedung vorgelegten Änderungen der Anwendungsverordnung betreffen vor allem Auflagen für die Anwendung von Glyphosat. Andere, von PAN Germany im Februar dringend empfohlene Anpassungen in der Verordnung, haben es gar nicht erst in den Entwurf geschafft. Nun droht ein weiterer Rückschritt: Auf Initiative einiger Bundesländer, darunter Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen, wurde ein Änderungsantrag eingebracht, der u.a. die Streichung der bestehenden Glyphosat-Restriktionen in Wasserschutzgebieten vorsieht. Ignoriert wird hier offenbar die nachweislich schädigende Wirkung von Glyphosat auf die biologische Vielfalt, auf den Bodenhaushalt und die Gesundheit. 

Während Wissenschafter*innen davor warnen, dass die Kontamination von Böden und Gewässern und die Schädigung von Nützlingen durch chemisch-synthetische Pestizide der Landwirtschaft die Zukunftsperspektive raubt und langfristig die Ernährungssicherheit gefährdet und während kranke Berufskolleg*innen dafür kämpfen, dass ihre durch langjährige Pestizidanwendung verursachte Parkinson-Erkrankung im Einzelfall als Berufserkrankung anerkannt wird, fordern 30 Agrar- und Wirtschaftsverbände – darunter der Bauernverband und der Industrieverband Agrar – das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) anlässlich der anstehenden Bundesratsentscheidung auf, gleich sein komplettes Zukunftsprogramm Pflanzenschutz zurückzunehmen. Sie kritisieren die „pauschale Reduzierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln“ und fordern eine grundlegende Neuausrichtung der Pflanzenschutzpolitik.

„Pestizidreduktion ist kein Selbstzweck. Sie dient dem Schutz der Gesundheit der Beschäftigten und der Bevölkerung insgesamt, dem Schutz unserer Ressourcen vor Kontamination und dem Schutz der Umwelt und biologischen Vielfalt, die wir brauchen, um auch zukünftig noch erfolgreich Landwirtschaft betreiben zu können“ sagt Susan Haffmans, Referentin bei PAN Germany.

„Man muss sich fragen, wer hier wirklich die Interessen der Beschäftigten in der Landwirtschaft vertritt. Sie sind es doch, die in besonderem Maße Pestiziden ausgesetzt sind und die an vorderster Front auch mit solchen Pestiziden in Kontakt kommen, die von der EU als „besonders gefährlich“ eingestuft wurden und längst durch ungefährlichere Alternativen hätten ersetzt werden sollen“ sagt Dr. Peter Clausing, Toxikologe bei PAN Germany.

Das BMEL hält in seiner Zukunftsstrategie Pflanzenschutz am 30-Prozent Ökolandbau-Ziel fest. Damit setzt es aus Sicht von PAN Germany die richtigen Akzente. Welche Maßnahmen zur Umsetzung des Ziels notwendig sind, hat PAN Germany in seiner ausführlichen Stellungnahme zum Zukunftsprogramm dargelegt. PAN Germany widerspricht vehement dem Vorwurf der 30 Verbände, das Zukunftsprogramm des BMEL würde Technik, Innovation und Fortschritt ignorieren. „Für zahlreiche Innovationen im Pflanzenschutz der vergangenen Jahrzehnte war der ökologische Landbau die treibende Kraft – sowohl, was technische Innovationen im Unkrautmanagement angeht, als auch innovative Methoden zur Schädlingsabwehr wie Pheromonfallen und Züchtungen pilzwiderstandsfähiger Sorten“ so Haffmans von PAN Germany.

PAN Germany erwartet vom Bundesrat, am 14. Juni an den geltenden Glyphosat-Restriktionen festzuhalten und sich stärker dafür zu engagieren, dass Betriebe dabei unterstützt werden, auf nicht-chemische Pflanzenschutzverfahren umzusteigen.

Pressekontakte:

  • Susan Haffmans, Referentin für Pestizide, Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN Germany), Tel.: +49 157 31 56 04 017, E-Mail: susan.haffmans@pan-germany.org
  • Peter Clausing, Toxikologe, Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN Germany), Tel.: +49 176 4379 5932, peter.clausing@pan-germany.org

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