Neue Studie: Pestizide in unseren Schlafzimmern

Pestizide, die in ländlichen Gebieten eingesetzt werden, gelangen durch Abdrift bzw. über die Luft weit über die Felder hinaus in Gärten und Wohngebiete. Die neue Studie “Pesticides In Our Bedroom“ wurde von der Europäischen Bürgerinitiative „Bienen und Bauern retten“ initiiert, um auf diesen relevanten Belastungsweg aufmerksam zu machen.
Dafür wurden exemplarisch Hausstaubproben aus Schlafzimmern von Anwohner*innen landwirtschaftlich genutzter Gebiete aus vielen Mitgliedstaaten entnommen. Der jeweilige Haushalt befand sich weniger als 100 m entfernt von einer landwirtschaftlich intensiv genutzten Fläche. Die Proben wurden in einem Speziallabor in Frankreich auf Rückstände von insgesamt 30 Pestiziden untersucht, die in der EU häufig verwendet werden. Die Studie wirft ein erschreckendes Schlaglicht auf die Belastung von Menschen in ländlichen Regionen.

Sämtliche Proben waren mit Pestiziden belastet.
In allen 21 Proben der teilnehmenden Mitgliedsländer konnten Pestizide nachgewiesen werden.
Im Durchschnitt war der beprobte Hausstaub mit 8 Pestiziden kontaminiert. Der höchste Wert wurde dabei in Belgien mit 23 Pestiziden (in einer Probe) festgestellt, gefolgt von Italien mit 13 und den Niederlanden mit 12 Pestiziden.
Es konnten Pestizide nachgewiesen werden, die nach Einschätzung der EU-Behörden in Verdacht stehen, krebserregend zu sein oder hormonell wirksame und fortpflanzungsschädliche Eigenschaften zu besitzen.
Die Studie zeigt, dass viele Menschen EU-weit auch in ihren Wohnungen täglich verschiedenen Pestiziden in unterschiedlichen Konzentrationen und Gemischen ausgesetzt sind.

Die Ergebnisse sind ein weiterer Weckruf dafür, dass synthetische Pestizide dringend durch gesundheits- und umweltschonendere, nicht-chemische Alternativen ersetzt werden müssen. Daher setzt sich die Europäische Bürgerinitiative (EBI) „Bienen und Bauern retten“ für eine pestizidfreie Landwirtschaft in der EU ein. Ziel der EBI ist es, konkrete Maßnahmen auf EU-Ebene in Gang zu setzen, um die Verwendung synthetischer Pestizide in der EU innerhalb von 15 Jahren schrittweise einzustellen, die biologische Vielfalt auf landwirtschaftlichen Flächen wiederherzustellen und bei diesem Transformationsprozess die Landwirte zu unterstützen. Hierfür müssen EU-weit 1.000 000 Stimmen gesammelt werden, damit die Initiative erfolgreich ist.


Bis zum 30. September 2021 ist noch Zeit, um die Forderungen der EU Bürgerinitiative
zu unterstützen und online zu unterzeichnen:

 „Bienen und Bauern retten
für eine gesunde Landwirtschaft und zum Wohl von Landwirt*innen und unserer Umwelt!

 

 

Weitere Informationen:




Breites Bündnis fordert Pestizid-Ausstieg

Den Ausstieg aus der Anwendung chemisch-synthetischer Pestizide bis 2035 sowie ein Verbot der für die Gesundheit und Umwelt schädlichsten Pestizide innerhalb der nächsten 5 Jahre fordert heute ein Bündnis von mehr als 100 Bio-Unternehmen, Umweltschutzorganisationen, Wasserwirtschaftsverbände und Wissenschaftler*innen in einem offenen Brief an die Bundestagskandidat*innen zur Bundestagswahl 2021 von CDU/CSU, SPD, Grüne, FDP und Linke. Zu den Unterzeichnern des Briefes gehören neben dem Initiator, dem Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft, unter anderen auch das Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany).

Zum besseren Schutz von Mensch und Umwelt vor Pestizid-Einsätzen in der Landwirtschaft fordern die Unterzeichner*innen des offenen Briefes außerdem, dass sich die künftigen Bundestagsabgeordneten für Verbesserungen bei der Risikoabschätzung im Rahmen der Pestizidregulierung einsetzen. Betont werden insbesondere die Defizite bei der Berücksichtigung von Umwelt- und Gesundheitsrisiken durch den Ferntransport von Pestiziden über die Luft sowie von Kombinationswirkungen mehrerer Pestizide. Eine weitere wichtige Forderung der Verbände an die zukünftigen Bundestagsabgeordneten ist, sich für die Einführung einer Pestizid-Abgabe ab dem Jahr 2022 stark zu machen. Die Pestizid-Abgabe wurde jüngst in einer, u.a. von PAN Germany unterstützten, wissenschaftlichen Studie als ein sehr wirksames Lenkungsinstrument für das Ziel einer deutlichen Pestizidreduktion identifiziert (s. PAN-Beitrag). Der Einsatz von Pestiziden führt durch die Belastung von Mensch und Umwelt zu hohen Folgekosten für die Gesellschaft. Daher ist der schrittweise Ausstieg aus chemisch-synthetischen Pestiziden für einen Wandel hin zu einer sozialgerechten, ökologischen und klimafreundlichen Land- und Ernährungswirtschaft unerlässlich.

Hier finden Sie den offenen Brief an die Kandidat*innen der Bundestagwahl 2021:
„Breites Bündnis fordert: Steigen Sie ein in den Ausstieg aus der Anwendung von chemisch-synthetischen Pestiziden!“

 

 




Offener Brief an die Kandidat*innen der Bundestagwahl 2021

Offener Brief an die Wahlkandidat*innen aller demokratischen Fraktionen zur Deutschen Bundestagwahl 2021:
„Breites Bündnis fordert: Steigen Sie ein in den Ausstieg aus der Anwendung von chemisch-synthetischen Pestiziden!




Pestizidabdrift: Antworten auf häufig gestellte Fragen

Immer wieder melden sich betroffene Menschen bei PAN Germany und berichten über gesundheitliche Beeinträchtigungen, über Schäden an Wild- oder Gartenpflanzen und über das Gefühl, der Pestizidabdrift hilflos ausgeliefert zu sein. Zur Beantwortung häufig gestellter Fragen und als Hilfestellung hat PAN Germany wichtige Informationen zu Abdrift in diesem Dokument zusammengetragen.




PAN-Bildungsmaterialien jetzt im Portal Globales Lernen verfügbar

Themen wie Klimawandel, Artenschwund und der Bezug zur industriellen Landwirtschaft sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Konkrete Veränderungen sind politisch und gesellschaftlich gefordert. Eine Herausforderung ist es, diese sozial verträglich zu gestalten.

Alternativen zur chemie-intensiven Landwirtschaft und ressourcenverschwendenden Lebensmittelindustrie bestehen und müssen stärker in den Fokus gerückt werden. Bäuer*innen, Landarbeiter*innen, regionale Verarbeiter*innen und Vermarkter*innen beweisen tagtäglich, dass die Prinzipien und Praktiken der Agrarökologie keine Utopien sind.

Hier sieht PAN Germany dringenden Handlungsbedarf. Dafür sollten die Probleme und mögliche Lösungsansätze auch stärker im Bildungsbereich thematisiert werden.

Zur Unterstützung der Bildungsarbeit bietet PAN Germany daher die Schulmaterialien Agrarökologie macht Schule an, die vom Bildungsportal Globales Lernen geprüft und jetzt dauerhaft in das Bildungsprogramm aufgenommen wurden.

 

Das Portal Globales Lernen der Eine Welt Internet Konferenz (EWIK) ist das zentrale deutschsprachige Internetangebot zum Globalen Lernen und zur Bildung für nachhaltige Entwicklung. Zum Angebot gehören kostenlose Unterrichtsmaterialien zum Download, Informationen zu Aktionen und Kampagnen, Veranstaltungen, Methodenhandbücher und vieles mehr.

Darüber hinaus werden unter dem Titel „Im Fokus“ Dossiers zu verschiedenen Schwerpunktthemen erstellt, u.a. zu den Themen Fridays for Future, Sustainable Development Goals (SDGs) und Digitalisierung. Bei EWIK sind über 110 kooperierende Institutionen und Organisationen zusammengeschlossen, die entwicklungspolitische Bildung und Globales Lernen im Internet fördern.

Wir freuen uns, dass die PAN-Unterrichtsmaterialien Agrarökologie macht Schule in das Bildungsangebot des Portals aufgenommen wurde und damit eine noch größere Bekanntheit erfahren werden. Gerne möchten wir Lehrende und Bildungsinteressierte auch auf die weiteren Bildungsangebote und Informationen des Portals Globales Lernen hinweisen.

 




NGOs fordern besseren Bienenschutz

Am 28./29. Juni 2021 werden Vertreter*innen der EU-Mitgliedsstaaten darüber entscheiden, wie wichtig den Regierungen der Schutz von Bienen und anderen Bestäubern vor Pestiziden sind. In der Ratssitzung für Landwirtschaft und Fischerei soll über die sogenannten „Specific Protection Goals“ (SPGs) abgestimmt werden. Das sind Bewertungskriterien, die im Rahmen der Risikoabschätzung bei der Pestizidzulassung herangezogen werden, um zu entscheiden, ob die Schäden, die ein Pestizid gegenüber Bestäuberinsekten verursacht, noch akzeptabel sind oder nicht.

Die Debatte ist nicht neu. Bereits 2013 lag ein fertiges „Bee Guidance Document“ vor. Damals standen die Zeichen für den Bienenschutz gut. So empfahlen die Experten aus den Mitgliedsstaaten, dass bei Honigbienen ein nicht akzeptabler Schaden auftritt, wenn über 7 % der Bienen in einer Kolonie aufgrund einer Pestizidexposition getötet werden. Allerdings wurde das Dokument zunächst über Jahre zurückgehalten, um es dann gänzlich zu verwerfen.

Nun also der nächste Versuch, eine Einigung in der EU darüber zu erlangen, wie stark oder schwach der Schutz für Honigbienen und andere Bestäuber zukünftig vor Pestizidschäden sein soll. Im Vorfeld sickerte durch, dass eine nicht unerhebliche Zahl an Mitgliedsstaaten den Schutz für Honigbienen deutlich senken wollen. So sollen in einer Honigbienenkolonie 25 % aller Bienen durch ein Pestizid getötet werden dürfen und der Wirkstoff, bzw. Mittel würde dennoch eine Zulassung erhalten.

Dagegen laufen Umwelt-, Naturschutz- und Imkerverbände Sturm. Unter Koordination von BeeLife wenden sich insgesamt 34 Organisationen mit einem Offenen Brief im Vorfeld der Ratssitzung an die Kommissionspräsidentin Von der Leyen und den portugiesischen Ratsvorsitzenden Premierminister Costa und fordern, dass die Wirkschwelle für Honigbienen bei maximal 7 % und am besten bei einem noch niedrigeren Wert festgelegt wird, damit die Kolonien eine reale Chance haben, sich wieder von einer Pestizidvergiftung zu erholen.
PAN Germany hat den Offenen Brief mitgezeichnet.




Umwelt in Not! Neue Studie bestätigt: Die Risiken von Pestizid-Gemischen auf unseren Äckern wird systematisch unterschätzt

Erst ein Herbizid, dann ein Insektizid, später ein Fungizid – beim Anbau von Äpfeln, Wein, Gemüse oder Getreide werden im Laufe einer Saison unterschiedliche Pestizide versprüht, oft nacheinander, manchmal auch in Tankmischungen. Das Zulassungsverfahren, das unter anderem die Risiken dieser Spitzmittel auf die Umwlt und die biologische Vielfalt überprüfen soll, bewertet allerdings jeden Wirkstoff für sich. Schon lange ist jedoch bekannt, dass sich der Effekt mancher Pestizide nicht nur erhöht, sondern potenziert, wenn sie zusammenwirken. Doch wie verschiedene Mittel einer Spritzfolge zusammenwirken, wird vorher in der Zulassung nicht überprüft. So bleiben Kombinationswirkungen von Pestiziden auf die Umwelt oft unentdeckt. Dies muss sich ändern, so das Fazit einer neuen Studie, die im Auftrag des Umweltbundesamtes durchgeführt wurde.

Das europäische Pflanzenschutzrecht gibt vor, dass Pestizidanwendungen „keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt“ haben dürfen (Verordnung EG 1107/2009). Um die Auswirkungen auf die Umwelt vor einer Mittelzulassung abzuschätzen, gibt es Testverfahren. Doch nun zeigt sich, dass diese Verfahren unzureichend sind und sie die tatsächlichen Risiken für die Umwelt systematisch unterschätzen. Die traurige Konsequenz zeigt sich auch an rückläufigen Beständen von Wildpflanzen, Wildbienen, Käfern und Vögeln in der Agrarlandschaft.

Die aktuelle Studie, die das Helmholtzzentrum für Umweltforschung (UFZ) und die RWTH Aachen im Auftrag des Umweltbundesamtes durchgeführt haben, werteten fast 900 Datensätze aus landwirtschaftlichen Betrieben zur Anwendung von sogenannten Pflanzenschutzmitteln in 12 verschiedenen Hauptkulturen aus. Das Ergebnis: Das Gesamtrisiko der Pestizid-Anwendungen ist in einer Saison im Durchschnitt doppelt bis maximal fünfmal höher als das höchste Einzel-Wirkstoff-Risiko der Spritzfolge.

Auch eine Erkenntnis aus der Studie: Anhand von Modellen ließ sich zeigen, dass Schäden an Regenwurmpopulationen durch Pestizide über die Spritzsaison hinaus bis zum darauffolgenden Jahr bestehen bleiben. Hier deutet sich an, dass sich Tier- und Pflanzenpopulationen in der Zeit, in der keine Pestizide gespritzt werden, nicht ausreichend erholen können und folglich die Populationen über längere Zeit immer stärker geschädigt werden.

Die Wissenschaftler*innen betonen die Notwendigkeit, die risikoverstärkende Wirkung von Tankmischungen und Spritzfolgen bereits in der Risikoabschätzung im Zuge der Zulassungsprüfung mit zu berücksichtigen. Wie das erfolgen kann, dazu macht die Studie Vorschläge.

Den Abschlussbericht zu der Studie finden Sie hier.

Ein zusammenfassender Artikel zu den Ergebnissen der Studie, ist hier zu finden.




Mitmachen und noch mehr Bienenfreund*innen in Deutschland finden!

Heute ist Weltbienentag! Wir alle sind auf Bienen und andere bestäubende Insekten angewiesen. Sie tragen zur Sicherung unserer Ernährung und zum Erhalt der Artenvielfalt bei. Dennoch wird nicht genug für ihren Schutz getan. Fast 35 Prozent der Bestäubungsinsekten, insbesondere Bienen und Schmetterlinge sind vom Aussterben bedroht. Pestizide tragen erheblich zu diesem Verlust bei. Zeit dies zu ändern!

Schon fast 600.000 Unterzeichner*innen unterstützen die Europäische Bürgerinitiative (EBI) “Bienen und Bauern retten– das ist toll! Vielleicht sind Sie / bist Du bereits dabei. Noch weitere 400.000 Unterschriften werden benötigt, damit die EBI wirksam wird und die Politik handeln muss. Hier brauchen wir Deine / Eure / Ihre Unterstützung.

Wie können Sie / wie könnt Ihr helfen?
Mache Deine Familie, Freund*innen und Nachbar*innen auch zu Bienenfreund*innen. Motiviere sie, die Europäische Bürgerinitiative ebenfalls zu unterzeichnen.
Teile diese Nachricht oder drucke ganz einfach Unterschriftenlisten aus und verteile diese. Gemeinsam können wir das schaffen!

In dem Aktions-Material findet sich zum Weltbienentag ein Anschreiben mit Unterschriftenformular. Einfach ausdrucken, Kontaktdaten eintragen, unterschreiben und ab in den Briefkasten. Noch mehr Menschen erreichen? Organisiere eigene Unterschriftenaktionen im Familien- und Freundeskreis oder wirf die Ausdrucke in die Briefkästen der Nachbarschaft. So können trotz Abstandsregeln Unterschriften gesammelt werden. Die zurückerhaltenen Unterschriftenlisten einfach gesammelt an uns zurückschicken.
Jetzt das Material für die Aktion “Freund*innen & Nachbar*innen” herunterladen und aktiv werden!
Lasst uns gemeinsam handeln gegen den Einsatz von Pestiziden in der EU und für Bienen und Bestäuber!




Pestizidabgabe – Einpreisen von Umweltkosten dringend gefordert

Um endlich eine spürbare Pestizidreduktion zu erwirken, wie jetzt auch von der Europäischen Kommission im Green Deal gefordert, braucht es ein Set an Maßnahmen. Eine klug gestaltete Pestizidabgabe kann als finanzielles Lenkungsinstrument wesentlich zur Pestizidreduktion beitragen.

Eine heute veröffentlichte neue Studie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) und des Pestizidexperten Lars Neumeister hat hierzu verschiedene Modelle analysiert und zeigt, wie sich eine effiziente Pestizidabgabe in Deutschland erreichen lässt. Mehr als ein Dutzend NGOs – darunter PAN Germany – unterstützen im Bündnis mit der GLS Bank diese Studie. In der gemeinsamen Pressekonferenz bekräftigten die Verbände ihre Forderung nach einer Pestizid-Abgabe als einen wichtigen Impuls für eine Agrarwende.

Je nach Abgabe-Modell ließe sich langfristig – so die Berechnungen in der Studie – der Absatz bei Pestiziden um bis zu rund 50% reduzieren, bei den aus ökologischer Sicht hoch problematischen Herbiziden wäre sogar eine Reduktion von bis zu 78% möglich. Das Ziel der EU Kommission in der Farm-to-Fork-Strategie des Green Deals, die eingesetzte Pestizidmenge bis 2030 um 50% zu senken, würde damit in greifbarer Nähe rücken.

Die Studie vergleicht vier Abgabe-Modelle und deren Wirksamkeit hinsichtlich ihrer jeweiligen Lenkungs- und Finanzierungsfunktion. PAN Germany favorisiert das von den Autoren vorgestellte „modifiziertes UFZ-Modell“ einer risikobasierten Abgabe, denn damit würden insbesondere auch nachteilige Auswirkungen auf Artenvielfalt und Ökosysteme mit eingepreist. Die Internalisierung sogenannter externer Kosten ist eine wichtige, längst überfällige politische Maßnahme (Stichwort „Verursacherprinzip“). Momentan zahlt jede/jeder von uns den Preis, für Jahrzehnte des chemie-intensiven Anbaus u.a. in Form von Steuern, Wasserpreisen und Krankenkassenbeiträgen.

Die neue Studie zeigt: eine gut gemachte Pestizidabgabe hat eine positive Lenkungs- und Finanzierungsfunktion: Sie führt dazu, dass sich besonders gefährliche Pestizide verteuern, weniger nachgefragt werden und so die Umwelt entlastet wird. Und sie erwirtschaftet Gelder, die für die Förderungen und Unterstützung nachhaltiger, nicht-chemischer Anbauverfahren ausgegeben werden können. So kann eine Entlohnung und Honorierung solcher landwirtschaftlichen Betriebe erfolgen, die sich in besonderer Weise für die Umwelt und Gesundheit engagieren und weiter gehen auf dem Weg hin zu pestizid-freien Anbauverfahren.

Das europäische Pestizidrecht von 2009 sieht die Mitgliedsstaaten in der Verpflichtung, Maßnahmen wie solche finanziellen Lenkungsinstrumente zu etablieren, um die Abhängigkeit der Landwirtschaft vom chemischen Pflanzenschutz zu verringern. PAN Germany erwartet von der nächsten Bundesregierung, hier aktiv zu werden und eine entsprechende risikobasierte Pestizidabgabe einzuführen.

Mehr dazu:

Gemeinsame Pressemitteilung vom 23. März 2021

Link zur Studie „Wirkung verschiedener Abgabenkonzepte zur Reduktion des Pestizideinsatzes in Deutschland – eine Simulationsanalyse“




Insektenschutzprogramm vollständig umsetzen – JETZT!

Um dem bedrohlichen Schwund an Insektenpopulationen entgegenzutreten, verabschiedete die Bundesregierung im September 2019 das Aktionsprogramm Insektenschutz (APIS). Nach Verzögerungen und Dissens zwischen den befassten Ministerien, liegt das Insektenschutzpaket nun in Form von drei Gesetzesentwürfen dem Bundeskabinett zur Abstimmung vor. Die Kabinettsitzung am 10. Februar 2021 ist wohl die letzte Chance für eine Beschlussfassung, um die Insektenschutzmaßnahmen noch in dieser Legislaturperiode auf den Weg zu bringen und das Versprechen des Koalitionsvertrags von 2018 umzusetzen, die Umwelt für kommende Generationen zu bewahren, den Schutz der biologischen Vielfalt voranzubringen und das Insektensterben umfassend zu bekämpfen.

Es wäre mehr als ein Versagen dieser Bundesregierung, wenn dies nicht gelänge, denn weitere Verzögerungen sind nicht hinnehmbar, weder mit Blick auf die Dringlichkeit die Artenvielfalt besser zu schützen, noch mit Blick auf eine wünschenswerte nachhaltige landwirtschaftliche Produktion, die essentiell von Bestäubern, Nützlingen und Bodenfruchtbarkeit abhängt.

PAN Germany hat für alle drei Teilaspekte Stellungnahmen erarbeitet, die Verbesserungsvorschläge enthalten mit Blick auf notwendige Maßnahmen zur Minderung negativer Auswirkungen des Pestizid- und Biozideinsatzes.

PAN Stellungnahme zum Änderungs-Entwurf der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung

PAN Germanys zentrale Forderung ist, dass die Ziele und Maßnahmen des APIS adäquat umgesetzt werden. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) weicht in seinem Entwurf zur Änderung der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung bereits getroffene Vereinbarungen u.a. durch zahlreiche Ausnahmeregelungen soweit wieder auf, dass eine Wirksamkeit der vorgeschlagenen Anwendungsbeschränkungen von Pestiziden angezweifelt werden muss. Relevante Elemente des APIS, wie die notwendige Kompensation bei Anwendung biodiversitätsschädigender Pestizide (der sog. „Refugialflächenansatz“), wurden schlicht ignoriert. Um die Ziele eines besseren Insekten- und Biodiversitätsschutzes zu erreichen, müssen aus PAN-Sicht die vorgeschlagenen Regelungen des BMEL ergänzt und deutlich verbessert werden sowie die Vorgaben des EU-Pestizidrechts endlich wirksam implementiert werden. Dies beinhaltet u.a. strengere Einschränkungen der Pestizid-Anwendungen und spezifische Anwendungsverbote in allen Schutzgebieten, auf öffentlichen Flächen und im Haus- und Kleingarten sowie an den Ufern auch kleinerer Gewässer. Zudem fehlt ein klarer Fahrplan hin zur verbindlichen Beendigung aller Anwendungen glyphosathaltiger Mittel bis zum 31. Dezember 2023. [1]

PAN Stellungnahme zum Entwurf für ein Insektenschutzgesetz

PAN Germany begrüßt den Entwurf des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) für ein Insektenschutzgesetz mit dem u.a. ein Verbot biodiversitätsschädigender Pestizide und Biozide in Schutzgebieten umgesetzt werden soll. Nachbesserungen sieht PAN Germany hier insbesondere darin, bestimmte Biozid-Produkttypen ergänzend unter das Anwendungsverbot in Schutzgebieten zu stellen (Rodentizide, Fassaden-/Bautenschutz-Anstriche, Antifouling-Anstriche). Zudem plädiert PAN Germany für mehr Transparenz bei Ausnahmeregelungen für den Pestizideinsatz in Schutzgebieten. [2]

PAN Stellungnahme zum Entwurf für eine Biozid-Durchführungsverordnung

Sehr begrüßt wird von PAN Germany der Entwurf einer Biozid-Durchführungsverordnung, um die Abgabe von Biozid-Produkten insbesondere an ungeschulte Personen und beim Onlinehandel strenger und für Verbraucher*innen sicherer zu gestalten. Damit wird eine große Regulierungslücke geschlossen. PAN plädiert für Ergänzungen beim Selbstbedienungsverbot sowie für mehr Sachkunde bzw. mehr Schulung für den Handel und für professionelle Anwender*innen, um Vorsorge und biozidfreie Verfahren im Sinne der Integrierten Schädlingsbekämpfung den Vorrang vor dem Einsatz chemisch-synthetischer Biozide zu geben. [3]

 

 

[1] PAN Germany Stellungnahme zum Änderungsentwurf der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung vom 05.02.2021

[2] PAN Germany Stellungnahme zum Referententwurf für ein Insektenschutzgesetz vom 19.10.2020

[3] PAN Germany Stellungnahme zum Referentenentwurf der Biozid-Durchführungsverordnung (ChemBiozidDV), 12.10.2020