Chemiepolitischer Mittagstalk 3: EDCs – wie Hormongifte unsere Gesundheit bedrohen

Am Mittwoch, 13. November findet die dritte Online-Veranstaltung statt, zu der wir Sie herzlich einladen:

Talk 3 || 13. November || 12:00-13:00 Uhr
EDCs – wie Hormongifte unsere Gesundheit bedrohen

Die Stoffgruppe der Endokrinen Disruptoren (EDCs) umfasst rund tausend Stoffe, die sich in etlichen Alltagsgegenständen befinden und in unseren Körper gelangen. Als endokrin, also hormonell wirksam werden sie bezeichnet, weil sie Hormone blockieren, schädigen oder nachahmen und so u.a. in die Organentwicklung, in den Stoffwechsel und Verhalten von Mensch und Tier eingreifen. In der Folge können verschiedene Krankheiten wie hormonbedingte Krebsarten, Fruchtbarkeits- und Entwicklungsstörungen oder neurologische Beeinträchtigungen entstehen. Auch Genderaspekte haben hier eine Bedeutung. Die Gefahr der EDCs wurde auch in der Politik erkannt, jedoch sind wir noch weit von einem umfassenden Schutz entfernt. Wie genau wollen Deutschland, die EU oder die internationale Staatengemeinschaft uns vor den EDCs schützen? Wie steht es um den Fünf-Punkte-Plan der Bundesregierung zum Schutz vor hormonell schädigenden Stoffen? Was sind die dringendsten Schritte?

Referent*innen:

  • Alexandra Caterbow, HEJ Support
  • Susanne Smolka, PAN Germany
  • Johanna Hausmann, WECF

Moderation:

  • Tom Kurz, Forum Umwelt und Entwicklung

Hier finden Sie das ausführliche Programm zur Veranstaltungsreihe sowie das Anmeldeformular.




Schutz vor hormonell schädigenden Stoffen noch immer unzureichend

Schutz vor hormonell schädigenden Chemikalien: Ein Jahr nach dem eigenen Aktionsplan – doch die Regierung bleibt untätig

Hamburg/München, 15.10.2024. Gemeinsame Pressemitteilung. Nichtregierungsorganisationen fordern mehr Engagement von der Bundesregierung bei der Umsetzung ihres Aktionsplans zum Schutz vor hormonell schädigenden Chemikalien.

Ein Jahr nach der Vorstellung des Fünf-Punkte-Plans der Bundesregierung zum Schutz vor hormonell schädigenden Chemikalien (Endokrine Disruptoren) ziehen Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen eine ernüchternde Bilanz. Trotz klarer wissenschaftlicher Warnungen und der Zusicherung, den Schutz der Bevölkerung zu verstärken, fehlt es weiterhin an konkreten Maßnahmen und ausreichender Finanzierung. Die gesundheitliche Gefährdung durch Endokrine Disruptoren, die u. a. in Alltagsprodukten wie Plastik, Kosmetika und Reinigungsmitteln enthalten sind, bleibt ungebremst.

Nichtregierungsorganisationen fordern dringendes Handeln

Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen kritisieren die Untätigkeit der Regierung scharf und beschreiben in ihrem heute veröffentlichten Papier konkrete Maßnahmen, um den Schutz der Bevölkerung und der Umwelt sicherzustellen. An jedem weiteren Tag, an dem die Bundesregierung nicht handelt, werden diese schädlichen Chemikalien weiterhin freigesetzt – das geht auf Kosten der Gesundheit heutiger und zukünftiger Generationen sowie unserer Umwelt, kritisieren die Initiatoren CHEM Trust Europe, Health and Environmental Justice Support (HEJSupport), das Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN Germany) und Women Engage for a Common Future (WECF). Die Forderungen werden bisher von 17 Organisationen unterstützt.

Bei der Ankündigung des Fünf-Punkte-Plans der Bundesregierung versprach Bundesumweltministerin Steffi Lemke einen umfassenden Schutzplan gegen hormonell schädigende Stoffe mit einem Bündel an Maßnahmen und Zielen. Von einem umfassenden Schutzplan kann aber keine Rede sein, da der Plan im Wesentlichen lediglich bestehende Maßnahmen zusammenfasst. Das reicht aber nicht aus, wie wissenschaftliche Studien zur Belastung der Bevölkerung und der Umwelt zeigen.

Forderungen an die Politik

Die unterzeichnenden Organisationen fordern die Bundesregierung dazu auf, endlich konkrete Maßnahmen umzusetzen und den Schutz vor hormonell schädigenden Chemikalien ernst zu nehmen. Zu den Forderungen gehören:

  • Reduktion der Belastung (Exposition) und/oder Phase-out von hormonell schädigenden Chemikalien in allen relevanten Produkten sowie Förderung nachhaltiger Alternativen,
  • Kennzeichnungspflicht für Produkte, die endokrine Disruptoren enthalten,
  • Aufklärungskampagnen für besonders betroffene Gruppen, wie z. B. Schwangere,
  • Beschleunigung der Regulierung von hormonell schädigenden Pestiziden und Bioziden.

Zitate

„Es reicht nicht aus, auf dem Papier in fünf Punkten grobe Absichten zu formulieren und im Anschluss die Detailplanung, den Dialog und letztlich das Handeln zu unterlassen. Dies geht an der Notwendigkeit, die Gesundheit von Bürgerinnen und Bürgern sowie wichtige natürliche Ressourcen vor diesen gefährlichen Stoffen zu schützen, gänzlich vorbei“, kritisiert Susanne Smolka von PAN Germany.

„Der Fünf-Punkte-Plan der Bundesregierung bleibt ein Papiertiger. In der Praxis fehlt es an konsequentem Handeln. Es ist alarmierend, dass die Bundesregierung trotz klarer wissenschaftlicher Beweise weiterhin zögert, wirksame Maßnahmen zum Schutz vor hormonell schädigenden Chemikalien umzusetzen. Unsere Gesundheit wird durch politische Untätigkeit gefährdet, während gefährliche Substanzen weiter unkontrolliert im Umlauf sind“, sagt Alexandra Caterbow von HEJSupport.

„Die hohe Belastung von Mensch und Umwelt mit hormonell schädigenden Stoffen zeigt, dass die aktuelle Gesetzgebung keinen ausreichenden Schutz gewährleistet. ‚Business as usual’, wie im Fünf-Punkte-Plan beschrieben, wird daran nichts ändern. Deutschland muss unter anderem zusätzliche Ressourcen bereitstellen, um Gruppen hormonell schädigender Stoffe zu identifizieren und auf EU-Ebene Beschränkungen zu erarbeiten”, fordert Antonia Reihlen von CHEM Trust Europe.

„Schwangere Frauen und Kinder zählen zu den am stärksten gefährdeten Gruppen, wenn es um die Auswirkungen hormonell schädigender Chemikalien geht. Die Untätigkeit der Politik setzt die Gesundheit sowohl der heutigen als auch der kommenden Generationen aufs Spiel. Es ist entscheidend, dass die Regierung den Fünf-Punkte Plan zu EDCs konsequent umsetzt und nicht länger passiv bleibt, denn sie hat die Pflicht, ihre Bürger*innen zu schützen”, betont Johanna Hausmann von WECF, Women Engage for a Common Future.

Hintergrund

Hormonell wirksame Chemikalien, auch als endokrine Disruptoren bekannt, kurz EDCs, sind Substanzen, die das Hormonsystem von Mensch und Tier negativ beeinflussen können. Sie sind u. a. in alltäglichen Produkten wie Plastikverpackungen, Körperpflegeprodukten, Textilien und Pestiziden enthalten und wurden mit schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen wie Unfruchtbarkeit, Entwicklungsstörungen und Krebs in Verbindung gebracht.

Kontakte

Links zu weiteren Informationen

 




Deutschland muss Zulassungen von PFAS-Pestiziden umgehend prüfen und widerrufen!

Belastung von Trinkwasser und Oberflächengewässern mit Ewigkeitschemikalien nicht länger hinnehmen.

Ein heute veröffentlichtes Rechtsgutachten kommt zu dem Ergebnis, dass Zulassungen von Pestiziden, die die Ewigkeits-Chemikalie TFA (Trifluoracetat) in die Umwelt und ins Grundwasser freisetzen, zu widerrufen sind. Das Gutachten wurde durch Global 2000 beauftragt und von dem österreichischen Rechtswissenschaftler Dr. Peter Hilpold von der Universität Innsbruck erstellt.

Laut EU-Pestizidverordnung dürfen Mitgliedstaaten ein Pflanzenschutzmittel nur dann zulassen, wenn das Pestizid oder seine Abbauprodukte die Gesundheit oder das Grundwasser nicht gefährden“, erklärt der Europarechtler Hilpold in der Pressemitteilung von Global 2000: “Wenn sich herausstellt, dass ein Abbauprodukt eines zugelassenen Pflanzenschutzmittels das Grundwasser belastet, und wenn Grund zur Annahme besteht, dass es zudem unannehmbare toxikologische Eigenschaften hat, dann erfüllt das betreffende Pflanzenschutzmittel nicht mehr die Anforderungen für eine Zulassung. In diesem Fall ist die Zulassung aufzuheben oder so zu ändern, dass eine Kontamination des Grundwassers ausgeschlossen ist.

Dass Gewässer und Trinkwasser in Europa entsprechend belastet sind, deckte eine breit angelegte Stichprobenuntersuchung auf. Das sehr persistente und mobile TFA gelangt hauptsächlich als Abbauprodukt von PFAS-Pestiziden und F-Gasen in Grund- und Oberflächengewässer. Global 2000, PAN Europe, PAN Germany und weitere Partnerorganisationen hatten Proben aus Oberflächengewässern sowie aus Trink- und Mineralwässern auf TFA untersucht und festgestellt, dass diese Ewigkeits-Chemikalie in fast allen Proben und oft in erheblichen Konzentrationen nachweisbar ist.

Zu der großflächigen Belastung von verschiedenen Wasserkörpern kommt hinzu, dass TFA offensichtlich auch eine “unannehmbare toxikologische Eigenschaft“ besitzt, wie das Gutachten ausführt. Demnach informierte bereits Anfang 2021 der Pestizidhersteller Bayer die EU-Mitgliedstaaten und die EU-Kommission über das fortpflanzungsgefährdende Potential des Pestizid-Abbauproduktes TFA. Die Chemikalie hatte im Tierexperiment schwere Missbildungen bei Föten verursacht. Zwischenzeitlich hat der Pestizid-Hersteller selbst bei der Europäischen Chemikalienagentur ECHA die Einstufung von TFA als ‘vermutlich reproduktionstoxisch beim Menschen’ beantragt. Im Juni 2024 legte die deutsche Bundesstelle für Chemikalien (BfC) bei der ECHA einen Vorschlag für die harmonisierte Gefahreneinstufung als ‘wahrscheinlich reproduktionstoxisch beim Menschen’ vor.

Besonderes Augenmerk wird im Gutachten auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gelegt. Dieser hat wiederholt die Rolle des Vorsorgeprinzips bestätigt. Darüber hinaus betont die EU-Pestizidverordnung selbst den Vorrang des Ziels, die Gesundheit und die Umwelt zu schützen, über das Ziel, die Pflanzenproduktion zu verbessern und verweist insbesondere darauf, dass neue wissenschaftliche Erkenntnisse fortlaufend eine Neubewertung der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln bedingen.

Ein Schnellcheck von PAN Germany in der BVL „Online-Datenbank Pflanzenschutzmittel“ identifiziert 30 PFAS-Pestizid-Wirkstoffe, die derzeit in einer weitaus größeren Anzahl an Mitteln in Deutschland zugelassen sind und auf landwirtschaftlichen Flächen eingesetzt werden.

PAN Germany erwartet von den deutschen Zulassungsbehörden die entsprechenden Mittelzulassungen unverzüglich zu überprüfen und diese zu widerrufen. Außerdem muss sich Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir für einen EU-weiten Ausstieg aus der Nutzung von PFAS-Pestiziden einsetzen. Dem Schutz des Grundwassers als wichtigste Trinkwasserressource für uns und zukünftige Generationen muss oberste Priorität eingeräumt werden.

Weitere Informationen:




Veranstaltungsreihe: Chemiepolitische Mittagstalks 2024

Chemiepolitische Mittagstalks – jeweils mittwochs um 12:00 Uhr
am 4. September || 9. Oktober || 13. November || 11. Dezember

Chemikalien sind überall um uns herum. Kaum ein Produkt aus unserem Alltag, kaum eine Anwendung kommt ohne sie aus. Flammschutzmittel, Weichmacher, Pestizide, Kosmetik, Plastikflasche sind nur einige Beispiele. In den letzten Jahren stieg die Aufmerksamkeit zunehmend, da die Omnipräsenz von Chemikalien in unseren Leben negative Effekte auf unsere Gesundheit und die Umwelt hat. Mittlerweile gilt die Verschmutzung der Erde als die dritte große Umweltkrise unserer Zeit, neben dem Klimawandel und dem Verlust der biologischen Vielfalt. Und das Thema wird stärker politisch adressiert:

Im September 2023 wurde in Bonn ein neues internationales Rahmenwerk zum Chemikalienmanagement beschlossen – das Global Framework on Chemicals (GFC). Es ist ein wichtiger Baustein auf internationaler Ebene, der Chemikalienbelastung zu begegnen. Auf Europäischer Ebene hatte die vergangene EU-Kommission die Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit als wichtigen Teil des Green Deals veröffentlicht und eine Schadstofffreie Umwelt zu einer Priorität erklärt. Wenn bisher auch nur wenige Bausteine der Strategie umgesetzt wurden, die ambitionierte Strategie bleibt bestehen. Und auch auf deutscher Ebene wurde u.a. mit dem Fünf-Punkte-Plan zum Schutz vor hormonell schädigenden Stoffen ein wichtiger Schritt zum besseren Schutz der Menschen vor schädlichen Chemikalien gestartet.

Mit den diesjährigen Mittagstalks wollen wir einen Einblick in aktuelle Entwicklungen in der Chemikalienpolitik geben und Umsetzungslücken identifizieren. Wir, das sind der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, European Network for Environmental Medicine, das Forum Umwelt & Entwicklung, Health and Environment Justice Support, Pestizid Aktions-Netzwerk Deutschland und Women Engage for a Common Future. Zusammen engagieren wir uns für einen besseren Schutz der Umwelt und Gesundheit vor Belastungen mit Chemikalien. Wir engagieren uns gleichermaßen im GFC-Prozess, wie auch in der Umsetzung einer ambitionierten Chemikalienpolitik auf europäischer und deutscher Ebene.

Hier finden Sie das ausführliche Programm und die Anmeldung. Es besteht die Möglichkeit, an einzelnen Terminen teilzunehmen.

  • Talk 1 || 4. September || 12:00-13:30 Uhr
    Das kleine 1×1 der Chemikalienpolitik
  • Talk 2 || 9. Oktober || 12:00-13:00 Uhr
    Das Global Framework on Chemicals – Neustart für das internationale Chemikalienmanagement?
  • Talk 3 || 13. November || 12:00-13:00 Uhr
    EDCs – Wie Hormongifte unsere Gesundheit bedrohen
  • Talk 4 || 11. Dezember || 12-13 Uhr
    Ewigkeitschemikalien – Wie wir heute die Probleme von morgen schaffen

Es laden ein (Veranstalter*innen):

Manuel Fernandez, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)

Florian Schulze, European Network for Environmental Medicine (EnvMed Network)

Tom Kurz, Forum Umwelt & Entwicklung

Alexandra Caterbow, Health and Environment Justice Support (HEJ Support)

Susan Haffmans und Susanne Smolka, Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN Germany)

Johanna Hausmann und Clara Kraske, Women Engage for a Common Future (WECF)

 




Menschen, Umwelt und Ökosysteme müssen wirksamer vor Pestizid-Abdrift geschützt werden

Hamburg, 30. Juli 2024. Pressemitteilung. Neuer Report zeigt: Trotz rechtlicher Auflagen und technischer Neuerungen, kommt es in der Folge von Pestizid-Abdrift unbeabsichtigt zu gesundheitlichen Folgen oder wirtschaftlichen und ökologischen Schäden. PAN Germany hat Meldungen von Abdrift-Fällen aus über 10 Jahren dokumentiert und analysiert. Mit dem heute veröffentlichten Bericht „Giftiger Dunst – Betroffen von Pestizid-Abdrift“ gibt PAN Germany den Betroffenen eine Stimme und fordert einen wirksameren Schutz von Menschen, Umwelt und Ökosysteme vor Pestizid-Belastungen.

Der Einsatz von Pestiziden in der konventionellen Landwirtschaft gehört zur gängigen Praxis, um Kulturpflanzen vor schädlichen Insekten und Pilzen zu schützen, aber auch unerwünschte Wildpflanzen auf den Feldern zu beseitigen. Trotz behördlicher Prüfung und Zulassung kann es beim Einsatz der chemisch-synthetischen Mittel zu ungewollten Belastungen und Schädigungen von unbeteiligten Personen, von Pflanzen und Tieren sowie zu Belastungen der Umwelt kommen. Denn abhängig von der eingesetzten Substanz, der Spritz-Technik, der Fahrgeschwindigkeit und den Wetterverhältnissen gelangt ein Teil der Pestizide beim Spritzen in die Luft. Von dort werden die Wirkstoffe auf Feldwege und andere Felder, in Gewässer und Schutzgebiete, aber auch in Siedlungen, auf Spielplätze, in private Gärten und Wohnhäuser transportiert. Ihrem Zweck nach sind die Pestizide dort ebenso wirksam und können ungewollt andere Lebewesen und sogar uns Menschen schaden.

Tamara Gripp, Referentin für Landwirtschaft und Umwelt bei PAN Germany, sagt: „Bei der Pestizid-Abdrift handelt es sich nicht um Einzelfälle. Jedes Jahr vom Frühling bis zum Herbst melden sich Menschen bei uns, die von Pestizid-Abdrift betroffen sind und in der Folge dieser Ereignisse gesundheitliche Probleme erlitten haben, Schäden an Pflanzen, Nutztieren oder Haustieren beklagen oder Schäden in der Natur beobachtet haben. Wir haben über 200 Meldungen dokumentiert.“

Mehr als 70 % aller Betroffenen, die sich an PAN Germany gewandt haben, berichten von gesundheitlichen Beeinträchtigungen nach einem Abdrift-Vorfall. Hinzu kommt, dass das Bewusstsein über mögliche Gesundheitsgefahren und die Sorge um Familienmitglieder, insbesondere Kinder, bei vielen Betroffenen zu erhöhtem Stress führt. Diese Menschen fühlen sich nicht mehr wohl in ihrem Lebensumfeld und leiden zumindest zeitweilig unter Symptomen wie Schlaflosigkeit, Unruhe und Gereiztheit.

Um das Ausmaß von Pestizid-Abdrift zu reduzieren, gelten allgemein einzuhaltende und produktspezifische Anwendungsbestimmungen und Auflagen zum Schutz der Umwelt und des Menschen. Ein wirksames Werkzeug zur Einschätzung und Regulierung von Pestizid-Ferntransport fehlt bislang. Dass es trotz der Einhaltung der geltenden Vorgaben zu Abdrift-bedingten Belastungen und gesundheitlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Schäden kommen kann, zeigen die Berichte Betroffener an PAN Germany ebenso wie Studien zur Pestizid-Belastung der Luft und öffentlicher Flächen wie Spielplätze.

Susanne Smolka, Referentin für Pestizide und Biozide bei PAN Germany sagt: „Für PAN Germany steht fest: Pestizid-Abdrift ist ein ernstzunehmendes Problem und die geltenden Vorgaben zum Schutz vor Abdrift und Ferntransport reichen nicht aus, um Menschen, Umwelt und Ökosysteme ausreichend vor Pestizid-Belastungen zu schützen. Hier erwarten wir mehr Engagement auch von Seiten der zuständigen Behörden.“

Pressekontakte:

  • Tamara Gripp, Referentin für Landwirtschaft und Umwelt, Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN Germany), Tel.: +49 (40) 399 19 10-23, E-Mail: tamara.gripp@pan-germany.org
  • Susanne Smolka, Referentin für Pestizide und Biozide, Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN Germany), Tel.: +49 (40) 399 19 10-24, E-Mail: susanne.smolke@pan-germany.org

 

 

 

Hier geht es zum PAN Germany Abdrift-Meldebogen




Online-Veranstaltung „Giftiger Dunst – Abdrift und Ferntransport von Pestiziden“

 

Wann: Dienstag, 30.07.2024, von 14:00 bis 15:00 Uhr

Wo: Online über Zoom. Bitte hier anmelden.

Anlass: Veröffentlichung des PAN Germany Reports „Giftiger Dunst – Betroffen von Pestizid-Abdrift“

Trotz Auflagen und technischer Neuerungen: Pestizidabdrift ist für viele Menschen Alltag. Das zeigt die Auswertung von Abdrift-Meldungen Betroffener. PAN Germany hat diese Meldungen in einem neuen Report ausgewertet und durch Hintergrundinformationen rundum Abdrift, Auflagen und Zuständigkeiten ergänzt. Im Rahmen der Veranstaltung wird der Bericht vorgestellt und die Themen Pestizidabdrift und Pestizidferntransport sowie Belastung der Luft mit Pestiziden diskutiert.

Hintergrund:

Im konventionellen Anbau von Obst, Gemüse und Getreide werden regelmäßig chemisch-synthetische Pestizide eingesetzt. Durch Abdrift und Ferntransport können Pestizide von ihrem Einsatzort weg und auf benachbarte Felder, aber auch in Gärten, auf Spielflächen, in Schutzgebiete oder in Gewässer gelangen.

Dass Pestizide sich über Abdrift in der Umwelt verteilen, ist bekannt. Um das Ausmaß zu reduzieren, gibt es allgemein einzuhaltende und produktspezifische Anwendungsbestimmungen und Auflagen zum Schutz der Umwelt und des Menschen. Ein wirksames Werkzeug zur Einschätzung und Regulierung von Pestizid-Ferntransport fehlt bislang. Dass Vorgaben der guten fachlichen Praxis im Pflanzenschutz nicht immer eingehalten werden und dass es auch trotz ihrer Einhaltung zu Abdrift-bedingten Belastungen oder gesundheitlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Schäden kommen kann, zeigen die Berichte Betroffener an PAN Germany ebenso wie Studien zur Pestizid-Belastung der Luft und öffentlicher Flächen wie Spielplätze.

Für PAN Germany steht fest: Die geltenden Vorgaben zum Schutz vor Abdrift und Ferntransport reichen nicht aus. Handeln ist dringend notwendig, um Menschen, Umwelt und Ökosysteme wirksamer vor Pestizid-Belastungen zu schützen.

Fachbeiträge:

Tamara Gripp, Referentin für Landwirtschaft/Umwelt bei PAN Germany, wird über die Meldungen Abdrift-Betroffener an PAN Germany berichten und den neuen Report „Giftiger Dunst – Betroffen von Pestizid-Abdrift“ vorstellen.

Dr. Maren Kruse-Plass, TIEM – Integrierte Umweltüberwachung, wird die Untersuchungen und Ergebnisse einer umfangreichen, bundesweiten Studie zur Belastung der Luft durch Pestizide vorstellen.

Anschließend laden wir zum gemeinsamen Austausch und zur Diskussion über mögliche Handlungsoptionen ein. Diese Fachveranstaltung richtet sich an Vertreter*innen der Zivilgesellschaft, Behördenvertreter*innen, Politiker*innen, Journalist*innen, Landwirt*innen und Interessierte.

Moderation:

Susan Haffmans, Referentin für Pestizide bei PAN Germany.

Link zur Anmeldung: https://zoom.us/j/91330124324

 




Glyphosat: Antrag auf Widerruf der Wiedergenehmigung abgelehnt, NGOs ziehen vor EU-Gericht

Am 26. Juni 2024 lehnte die Europäische Kommission den formellen Antrag von PAN Europe und 5 seiner Mitglieds-NGOs – darunter PAN Germany – ab, die 10-jährige Wiederzulassung von Glyphosat zu überprüfen. Die NGOs werden nun vor Gericht gehen und haben dafür ein Zeitfenster von zwei Monaten. Parallel zu diesem rechtlichen Verfahren überprüfen die EU-Mitgliedstaaten ihre nationalen Zulassungen für Glyphosat-Produkte. Trotz Genehmigung des Wirkstoffs auf EU-Ebene sind nationale Verbote glyphosathaltiger Pestizid-Produkte rechtlich möglich.

Im Januar 2024 stellten Client Earth, Générations Futures, Global2000, PAN Germany, PAN Netherlands und PAN Europe einen formellen Antrag an die EU-Kommission auf interne Überprüfung der Glyphosat-Wiedergenehmigung. Sie forderten, die Entscheidung über die Wiedergenehmigung des Herbizidwirkstoffs zu revidieren. Hierzu reichten die NGOs eine umfangreiche Dokumentation ein, die die zahlreichen Mängel in der Arbeit der beteiligten EU- Behörden darlegt. Beanstandet wurde zudem, dass die Europäische Kommission eine Reihe relevanter Datenlücken, die von der EFSA festgestellt wurden, außer Acht ließ, was nicht im Einklang mit der Pestizid-Verordnung (EG) 1107/2009 steht.

Trotz der dokumentierten erheblichen Mängel weigerte sich die Kommission, die Wiederzulassung von Glyphosat zu überprüfen und lehnte nun den entsprechenden Antrag der NGOs ab. Zu den von den NGOs dargelegten Mängeln zählen die aus ihrer Sicht fehlerhafte Bewertungen durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) bezüglich der Karzinogenität, Genotoxizität, Neurotoxizität, Störungen des Hormonsystems sowie Toxizität für Insekten und Amphibien. Sie kritisieren, dass die Ergebnisse unabhängiger wissenschaftlicher Untersuchungen systematisch ignoriert oder ihnen ein weitaus geringeres Gewicht beigemessen wurde als den teilweise jahrzehntealten Studien der Industrie. Darüber hinaus weigere sich die Kommission nach wie vor, die Toxizität einer repräsentativen Formulierung (d. h. eines Herbizids auf Glyphosatbasis) zu bewerten, um die synergistischen Effekte der Mischung aus Glyphosat und Beistoffen zu beurteilen.

Angeliki Lyssimachou, Leiterin der Abteilung Wissenschaft und Politik bei PAN Europe, sagt: „Zahlreiche Beweise zeigen eindeutig, dass Glyphosat-Pestizide Mensch und Umwelt schädigen können, was ihr Verbot nach EU-Recht rechtfertigt. Dennoch spielen die EFSA, die ECHA und die Europäische Kommission diese Fakten weiterhin herunter. Die Antwort der Kommission bestätigt ihren Unwillen, das hohe Schutzniveau, das die demokratisch legitimierte EU-Pestizidverordnung vorschreibt, wirklich einzuhalten. Wir fordern den Europäischen Gerichtshof auf, zu intervenieren und die Kommission zu zwingen, sich an ihre eigenen Regeln zu halten“.

Peter Clausing, Toxikologe bei PAN Germany sagt: „Es ist überfällig, das Mantra der Behörden, dass die Einstufung von Glyphosat als „nicht krebserregend“ auf der ausgewogenen Bewertung aller vorliegenden Beweise basiere, einer gerichtlichen Überprüfung zu unterziehen. Denn aus wissenschaftlicher Sicht ist das nicht haltbar.“

Nach der Wiedergenehmigung des Wirkstoffs durch die EU müssen die Mitgliedstaaten innerhalb von 15 Monaten eine nationale Entscheidung über die Wiederzulassung von Produkten treffen. Wie kürzlich in einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs angemahnt, dürfen die Mitgliedstaaten die Produkte nicht wieder zulassen, wenn sie Zweifel an der Sicherheit der Produkte haben. Angesichts der zahlreichen Beweise für die Schädlichkeit von Glyphosat-Pestiziden für Mensch und Umwelt sollten die Mitgliedstaaten nationale Verbote durchsetzen. Dass nationale Verbote im Einklang mit den gültigen Rechtsvorschriften stehen, zeigen ein Anfang des Jahres veröffentlichtes Rechtsgutachten der Heinrich-Böll-Stiftung (PAN Germany berichtete) sowie ein heue veröffentlichter neuer Leitfaden  von PAN Europe. PAN Europe teilte diese Informationen heute schriftlich mit den Minister*innen für Umwelt, Gesundheit und für Landwirtschaft der EU-Mitgliedsstaaten und forderte sie auf, sich der rechtswidrigen Verlängerung der nationalen Zulassungen von Herbiziden auf Glyphosatbasis zu widersetzen.

Mehr dazu: PAN Europe Press Release 27/06/2024: Glyphosate EU Commission rejects request to cancel re-approval, NGOs go to EU court

 

 




Wer Abstriche beim Schutz vor Pestizidbelastungen fordert, schadet den Beschäftigten in der Landwirtschaft und zukünftigen Generationen

Hamburg 13. Juni 2024. Pressemitteilung. Morgen, am 14. Juni, wird der Bundesrat über die Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung abstimmen und damit ein Stück weit darüber, wie verantwortungsvoll in Deutschland zukünftig Pflanzenschutz betrieben wird. Die nun zur Verabschiedung vorgelegten Änderungen der Anwendungsverordnung betreffen vor allem Auflagen für die Anwendung von Glyphosat. Andere, von PAN Germany im Februar dringend empfohlene Anpassungen in der Verordnung, haben es gar nicht erst in den Entwurf geschafft. Nun droht ein weiterer Rückschritt: Auf Initiative einiger Bundesländer, darunter Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen, wurde ein Änderungsantrag eingebracht, der u.a. die Streichung der bestehenden Glyphosat-Restriktionen in Wasserschutzgebieten vorsieht. Ignoriert wird hier offenbar die nachweislich schädigende Wirkung von Glyphosat auf die biologische Vielfalt, auf den Bodenhaushalt und die Gesundheit. 

Während Wissenschafter*innen davor warnen, dass die Kontamination von Böden und Gewässern und die Schädigung von Nützlingen durch chemisch-synthetische Pestizide der Landwirtschaft die Zukunftsperspektive raubt und langfristig die Ernährungssicherheit gefährdet und während kranke Berufskolleg*innen dafür kämpfen, dass ihre durch langjährige Pestizidanwendung verursachte Parkinson-Erkrankung im Einzelfall als Berufserkrankung anerkannt wird, fordern 30 Agrar- und Wirtschaftsverbände – darunter der Bauernverband und der Industrieverband Agrar – das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) anlässlich der anstehenden Bundesratsentscheidung auf, gleich sein komplettes Zukunftsprogramm Pflanzenschutz zurückzunehmen. Sie kritisieren die „pauschale Reduzierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln“ und fordern eine grundlegende Neuausrichtung der Pflanzenschutzpolitik.

„Pestizidreduktion ist kein Selbstzweck. Sie dient dem Schutz der Gesundheit der Beschäftigten und der Bevölkerung insgesamt, dem Schutz unserer Ressourcen vor Kontamination und dem Schutz der Umwelt und biologischen Vielfalt, die wir brauchen, um auch zukünftig noch erfolgreich Landwirtschaft betreiben zu können“ sagt Susan Haffmans, Referentin bei PAN Germany.

„Man muss sich fragen, wer hier wirklich die Interessen der Beschäftigten in der Landwirtschaft vertritt. Sie sind es doch, die in besonderem Maße Pestiziden ausgesetzt sind und die an vorderster Front auch mit solchen Pestiziden in Kontakt kommen, die von der EU als „besonders gefährlich“ eingestuft wurden und längst durch ungefährlichere Alternativen hätten ersetzt werden sollen“ sagt Dr. Peter Clausing, Toxikologe bei PAN Germany.

Das BMEL hält in seiner Zukunftsstrategie Pflanzenschutz am 30-Prozent Ökolandbau-Ziel fest. Damit setzt es aus Sicht von PAN Germany die richtigen Akzente. Welche Maßnahmen zur Umsetzung des Ziels notwendig sind, hat PAN Germany in seiner ausführlichen Stellungnahme zum Zukunftsprogramm dargelegt. PAN Germany widerspricht vehement dem Vorwurf der 30 Verbände, das Zukunftsprogramm des BMEL würde Technik, Innovation und Fortschritt ignorieren. „Für zahlreiche Innovationen im Pflanzenschutz der vergangenen Jahrzehnte war der ökologische Landbau die treibende Kraft – sowohl, was technische Innovationen im Unkrautmanagement angeht, als auch innovative Methoden zur Schädlingsabwehr wie Pheromonfallen und Züchtungen pilzwiderstandsfähiger Sorten“ so Haffmans von PAN Germany.

PAN Germany erwartet vom Bundesrat, am 14. Juni an den geltenden Glyphosat-Restriktionen festzuhalten und sich stärker dafür zu engagieren, dass Betriebe dabei unterstützt werden, auf nicht-chemische Pflanzenschutzverfahren umzusteigen.

Pressekontakte:

  • Susan Haffmans, Referentin für Pestizide, Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN Germany), Tel.: +49 157 31 56 04 017, E-Mail: susan.haffmans@pan-germany.org
  • Peter Clausing, Toxikologe, Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN Germany), Tel.: +49 176 4379 5932, peter.clausing@pan-germany.org

 Weitere Informationen:




Über 150.000 Menschen fordern Exportstopp für verbotene Pestizide

Gemeinsame Pressemitteilung von Misereor, INKOTA-netzwerk und PAN Germany

(Berlin, 5. Juni 2024) Über 150.000 Menschen fordern von den Regierungsparteien, das angekündigte Exportverbot für in Deutschland hergestellte, in der EU aber verbotene Pestizide endlich umzusetzen. Den unterzeichneten Appell „Giftexporte stoppen“ haben Misereor, das INKOTA-netzwerk und das Pestizid Aktions-Netzwerk heute an Silvia Bender, Staatssekretärin im Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung (BMEL), übergeben. Der Export von Pestiziden, die in der EU aus gesundheitlichen Gründen verboten wurden, gefährdet Menschen in den Importländern.

Obwohl die Regierungsparteien im Koalitionsvertrag ein Exportverbot für bei uns verbotene, gesundheitsgefährdende Pestizide vereinbart hatten, wird ein entsprechender Verordnungsentwurf koalitionsintern ausgebremst – und das nun schon seit einem Jahr. „Die Koalition hatte lange Zeit, offene Fragen zu klären und einen rechtssicheren Verordnungstext abzustimmen. Als einer der weltweit größten Exporteure von Pestiziden muss Deutschland Verantwortung übernehmen und den Export von Pestiziden, die Menschen nachweislich krankmachen und zum Schutz der eigenen Bevölkerung und Beschäftigten in der Landwirtschaft vom Markt genommen wurden, endlich rechtssicher unterbinden.“ sagt Susan Haffmans, Pestizidreferentin bei PAN Germany. „Vor dem Hintergrund der breiten Zustimmung der Bevölkerung sollten sich die Regierungsmitglieder endlich einigen und die Ausfuhrverordnung auf den Weg bringen“, so Haffmans.

Jährlich exportieren deutsche Unternehmen tonnenweise Pestizide, die in der EU verboten sind, nach Afrika, Asien und Lateinamerika. Dort sind viele Millionen Menschen den Giften schutzlos ausgesetzt. „Vor allem Landarbeiter*innen, Kleinbäuerinnen und -bauern leiden unter den Folgen von Pestizidvergiftungen. Die Fälle von Krebs- und Atemwegserkrankungen häufen sich und auch Missbildungen bei Neugeborenen sind keine Seltenheit“, erklärt Markus Wolter, Referent für Landwirtschaft und Welternährung bei Misereor. Menschen, die in der Nähe von Feldern oder Plantagen leben, bekommen die Folgen der Agrargifte besonders zu spüren. Pestizide belasten ihre Nahrung und das Grundwasser. „Wir fordern den gleichen Schutz vor gefährlichen Pestiziden für alle Menschen weltweit und eine deutliche Reduktion des Einsatzes“, so Wolter.

Über 150.000 Menschen fordern mit ihren Unterschriften von Landwirtschaftsminister Cem Özdemir, Justizminister Marco Buschmann und Wirtschaftsminister Robert Habeck, Verantwortung zu übernehmen und mit der angekündigten Verordnung dazu beizutragen, die menschenverachtende Praxis zu stoppen. Stellvertretend für die zahlreichen Unterstützer*innen fordert Silke Bollmohr vom INKOTA-netzwerk bei der Übergabe: „Menschenrechte müssen endlich vor Profite gestellt werden. Es ist inakzeptabel, dass trotz vorhandener innovativer Alternativen weiterhin giftige Pestizide exportiert werden. Ein ‘Weiter so wie bisher‘ schadet Menschen und Umwelt. Von den angesprochenen Ministern erwarten wir eine sofortige Durchsetzung der versprochenen Ausfuhrverbotsverordnung.“ In Frankreich und Belgien sind Exportverbote für verbotene Pestizide bereits national umgesetzt.

Weitere Informationen:

Bildmaterial von der Unterschriftenübergabe vor dem BMEL von heute: https://www.flickr.com/photos/campact/albums/72157683808780084/

https://www.inkota.de/themen/welternaehrung-landwirtschaft/pestizide/giftexporte-stoppen

https://www.misereor.de/informieren/pestizide

https://pan-germany.org/tag/export/

https://weact.campact.de/petitions/giftexporte-stoppen-4

 Ansprechpartner*innen:

  • Silke Bollmohr, INKOTA-netzwerk, Referentin für Welternährung und globale Landwirtschaft, Tel. +49 174 56 20 107, E-Mail: Bollmohr@inkota.de
  • Markus Wolter, Misereor, Referent für globale Landwirtschaft und Welternährung, Tel.: +49 151 19 78 00 45, E-Mail: wolter@misereor.de
  • Susan Haffmans, PAN Germany, Referentin für Pestizide, Tel.: +49 157 31 56 04 017, E-Mail: susan.haffmans@pan-germany.org



Weitverbreitete Wasserverschmutzung durch langlebiges Abbauprodukt von PFAS-Pestiziden

Eine von Mitgliedsorganisationen des Europäischen Pestizid Aktions-Netzwerks, darunter PAN Germany, durchgeführte gemeinsame Untersuchung von 23 Oberflächen- und sechs Grundwasserproben in zehn EU-Ländern zeigt alarmierende Werte der wenig bekannten und weitgehend unregulierten „Ewigkeitschemikalie“ TFA (Trifluoracetat). Die Belastung steht weniger im Zusammenhang mit industriellen Hotspots, sondern ist weit verbreitet, mit bemerkenswert hohen Konzentrationen in landwirtschaftlichen Gebieten.

TFA ist ein Abbauprodukt von PFAS-Pestiziden, F-Gasen und von anderen sogenannten „Ewigkeitschemikalien“ (PFAS). Die in den Wasserproben gefundenen Konzentrationen betrugen im Durchschnitt 1.180 Nanogramm pro Liter (ng/l). Dies ist 70 Mal höher als die durchschnittliche Konzentration aller anderen untersuchten PFAS zusammen, einschließlich der bekannten „Hot-Spot“-PFAS. In 23 der 29 Wasserproben (79 %) überstieg die TFA-Konzentration den in der EU-Trinkwasserrichtlinie vorgeschlagenen Grenzwert für PFAS insgesamt. Der höchste TFA-Wert konnte in der Elbe bei Hamburg mit einem Wert von 3.300 ng/l festgestellt werden.

Die Daten zeichnen ein alarmierendes Bild der weit verbreiteten Wasserverschmutzung durch eine wenig bekannte, aber sehr persistente und sehr mobile „Ewigkeitschemikalie“. Bislang wurde das PFAS-Problem vor allem als Problem hoch kontaminierter, aber lokal begrenzter Hotspots verstanden. Jetzt zeigt sich eine weitreichende Belastung mit TFA in Gewässern.

Das Umweltbundesamt (UBA) hat kürzlich PFAS-Pestizide als die wahrscheinlich wichtigste Quelle für die TFA-Wasserverschmutzung in ländlichen Gebieten identifiziert. Die EU-Pestizidverordnung schreibt vor, dass Pestizide nur dann zugelassen werden dürfen, wenn ihre Wirkstoffe und „relevanten Metabolite“ Konzentrationen von 100 ng/l im Grundwasser nicht überschreiten. TFA wurde allerdings vor über 20 Jahren als ein sog. „nicht-relevanter Metabolit“ von der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA eingestuft und ist somit bislang von allen Überwachungspflichten und -grenzwerten ausgenommen.

„Die katastrophale Entscheidung der EFSA, die Grundwasserkontamination durch TFA zu vernachlässigen, sicherte den Herstellern die Vermarktung von PFAS-Pestiziden und legte den Grundstein für die wohl größte und weitreichendste Kontamination des europäischen Oberflächen- und Grundwassers durch eine vom Menschen hergestellte Chemikalie in der Geschichte“, so Salomé Roynel, Policy Officer bei PAN Europe in der englischsprachigen Pressemitteilung.

Aber auch die EU-Wasserrahmenrichtlinie hat diese Kontamination nicht verhindert, obwohl in Artikel 4 die Mitgliedstaaten ausdrücklich aufgefordert werden, „die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um jede signifikante und anhaltende steigende Tendenz der Konzentration eines Schadstoffs, die auf die Auswirkungen menschlicher Tätigkeiten zurückzuführen ist, umzukehren“. Nach Sicht von PAN hätten diese gesetzlich geforderten „notwendigen Maßnahmen“ zweifellos ein Verbot von PFAS-Pestiziden und den so genannten F-Gasen nach sich ziehen müssen. F-Gase gelangen in Tausenden von Tonnen aus industriellen Kühlmitteln in die Atmosphäre und dann als TFA über den Regen in den globalen Wasserkreislauf.

Der Beweis für die gefährlichen Eigenschaften von TFA wurde kürzlich in einer von der Industrie in Auftrag gegebenen Tierstudie erbracht, in der TFA schwere Missbildungen bei Kaninchenbabys verursachte, deren Mütter während der Schwangerschaft TFA ausgesetzt waren. Auf Initiative Deutschlands wird die ECHA prüfen, ob TFA als reproduktionstoxisch eingestuft werden soll.

Das Ausmaß der festgestellten TFA-Kontamination erfordert rasches und entschiedenes Handeln. PAN Europe, PAN Germany und die anderen beteiligten Mitgliedsorganisationen fordern deshalb

  • ein rasches Verbot von PFAS-Pestiziden,
  • die Umsetzung der allgemeinen PFAS-Beschränkung im Rahmen der REACH-Chemikalienverordnung,
  • die Einstufung von TFA als „prioritärer Stoff“ im Rahmen der Wasserrahmenrichtlinie,
  • und ein umfassendes Monitoring mit Überwachungspflichten und Grenzwerten für TFA.

 

Bericht „TFA in Wasser -Schmutziges PFAS-Erbe unter dem Radar“

Report „TFA in Water – Dirty PFAS Legacy under the Radar”

PAN Europe Pressemitteilung (engl.)

Mehr dazu: Eine kürzlich veröffentlichte Studie von PAN Europe und Partnerorganisationen analysierte das Ausmaß an Rückständen von PFAS-Pestiziden in Lebensmitteln: PAN Germany berichtete