Verbot des hormonell schädigenden Herbizids Flufenacet beschlossen
Diesen Monat fiel auf EU-Ebene die Entscheidung, die Genehmigung für den problematischen Pestizidwirkstoff Flufenacet nicht zu verlängern. PAN Germany begrüßt diese Entscheidung als einen wichtigen Beitrag für einen besseren Gesundheits- und Umweltschutz.
Im Dezember 2024 hatte die Europäische Kommission einen Verordnungsentwurf zur Nichterneuerung der Wirkstoffgenehmigung des Herbizids Flufenacet vorgelegt [1] und diesem jetzt in der Märzsitzung des Ständigen Ausschusses für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel – kurz SCoPAFF – zugestimmt [2]. Dies ist ein Erfolg des Umwelt- und Verbraucherschutzes, für den sich auch PAN Germany mit anderen Umweltorganisationen eingesetzt hatte [3]. Allerdings wird aller Wahrscheinlichkeit nach damit die Gefahr noch nicht gebannt sein. Der Verordnungsentwurf sieht vor, dass nach Genehmigungsende für Flufenacet am 15. Juni 2025 eine einjährige Abverkaufs- und Aufbrauchsfrist im Rahmen der nationalen Mittelzulassungen ermöglicht werden soll.
Das Herbizid Flufenacet wird in Deutschland derzeit mit einer Absatzmenge von rund 682.000 Tonnen in 34 zugelassenen Mitteln im Ackerbau (Getreide) vermarktet.
Flufenacet kann das Hormonsystem von Menschen und Tieren schädigen. Das Herbizid stört die Funktion der Schilddrüsenhormone und kann u.a. die Entwicklung des Gehirns und somit neurologische Funktionen und Fähigkeiten negativ beeinflussen. Der Wirkstoff zählt zu den PFAS-Ewigkeitschemikalien und baut sich in den sehr persistenten und mobilen Metaboliten TFA (Trifluoracetat) ab. TFA wiederum kann zu Entwicklungsschäden führen. Deshalb wird TFA auf eine Gefahrenklassifizierung als R 1b Stoff – als wahrscheinlich reproduktionstoxisch beim Menschen – geprüft. TFA besitzt ein sehr hohes Potential für Grundwasserkontaminationen und wird bereits in hohen Mengen im Grundwasser sowie in Trinkwasser- und Mineralwasserproben nachgewiesen (PAN Germany berichtete bereits zu dieser Problematik).
Aufgrund dieser besonderen Umwelt- und Gesundheitsrelevanz hatte die Zulassungsbehörde BVL bereits im Herbst 2024 ein vorzeitiges Verbot flufenacethaltiger Mittel in Deutschland geprüft und das BMEL hatte ein nationales Verbot Flufenacet-haltiger Produkte ohne Abverkauffristen in Aussicht gestellt. Trotz gleichbleibender Gefahrenlage änderte die Zulassungsbehörde nach dem Ende der Ampelregierung das Vorgehen und erklärte Anfang Februar, man würde jetzt doch auf die Entscheidung aus Brüssel warten [4].
Bedeutet das für Deutschland, das auch das im Zusammenhang mit dem im Herbst 2024 diskutierten Widerruf der Produktzulassungen ohne Abverkaufs- und Aufbrauchsfristen in Deutschland hinsichtlich dieser Fristen vom Tisch ist und flufenacethaltige Mittel noch bis Juni 2026 eingesetzt werden dürfen?
PAN Germany erwartet von der neuen Bundesregierung und der Zulassungsbehörde BVL ein klares Bekenntnis zum Gesundheitsschutz und insofern den sofortigen Stopp der Mittelzulassungen ohne Aufbrauchfristen mit Ende der EU-Genehmigung am 15. Juni 2025.
Laut EU-Kommission kann eine ungefährliche – „vernachlässigbare“ – Exposition nicht sichergestellt werden. Jegliche weitere Fristverlängerung der Anwendung würde somit ein unnötiges und unakzeptables Risiko für empfindliche Gruppen wie Schwangere und Neugeborene und dies besonders im ländlichen Raum darstellen. PAN Germany mahnt an, dass Menschen nicht weiteren Spritzeinsätzen mit Flufenacet direkt oder indirekt ausgesetzt werden dürfen. Da der Metabolit TFA sich aufgrund seiner hohen Persistenz in der Umwelt akkumuliert, muss der Eintrag über Flufenacet und weiterer TFA-emittierender Pestizide auch zum Schutz unserer Trinkwasserressourcen unverzüglich beendet werden.
Mehr dazu:
[1] EU-Verordnungsentwurf für die nicht-Genehmigung des Pestizids Flufenacet
[2] PAN Europe „EU Member States agree to ban flufenacet – PAN Europe calls for immediate action on all PFAS pesticides“
[3] Offener Brief „Hormonelle Schädlichkeit von Flufenacet bestätigt: 49 Umweltgruppen fordern ein sofortiges Verbot“