Über 130 NGOs fordern die Durchsetzung des EU-Pestizidrechts

138 zivilgesellschaftliche Organisationen aus ganz Europa haben die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, in einem gemeinsamen offenen Brief aufgefordert, die EU-Pestizidgesetzgebung vollständig um- und durchzusetzen.

Der offene Brief folgt auf die Aufforderung der EU-Kommission zur Beteiligung an der Konsultation zum Omnibusverfahren für die Vereinfachung von Gesetzgebungen im Rahmen der Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit. Insgesamt gingen bei dieser öffentlichen Befragung 6.440 Antworten ein, davon über 90 % von EU-Bürger*innen. [1]

Mit dem Instrument des Omnibusverfahrens sollen unter anderem Vorschriften in der EU-Pestizidlegislative vereinfacht werden, um für Pestizide den Zugang zum EU-Markt zu beschleunigen. Die unterzeichnenden Organisationen warnen diesbezüglich vor einem Abbau von Schutzstandards und heben hervor, dass das Pestizidrecht derzeit nur unzureichend umgesetzt wird: Gefährliche Pestizide verbleiben jahrelang auf dem Markt und rechtliche Schlupflöcher verzögern wichtige Risikominderungsmaßnahmen zum Nachteil von Gesundheit, Wasserqualität und biologischer Vielfalt.

Sie kritisieren konkret Vorschläge der Industrie und mancher Mitgliedstaaten im Rahmen des Vereinfachungs-Omnibus, die vorsehen, Ausnahmenregelungen für den weiteren Einsatz hochgefährlicher Pestizide auszuweiten, Übergangsfristen für verbotene Stoffe zu verlängern oder die zeitliche Befristung von Genehmigungen auszuhöhlen.[2]

Deshalb, so die Forderung der NGOs, sollte die Europäische Kommission die Pestizidgesetzgebung aufrechterhalten und im Interesse der EU-Bürger*innen die vollständige Umsetzung ihrer Bestimmungen vorantreiben. Erwartet wird von der EU-Kommission, dass sie auf die Wissenschaft hört und im öffentlichen Interesse handelt. Die Gesundheit der Menschen, der Natur und künftiger Generationen hängen davon ab, ebenso wie die Entwicklung einer widerstandsfähigen landwirtschaftlichen Produktion.

Zahlreiche wissenschaftliche Erkenntnisse belegen die weit verbreitete Belastung durch Pestizidrückstände in Luft, Wasser, Boden, Lebensmitteln, von Wohnhäusern, Tieren und Menschen. Landwirt*innen und die ländlichen Gemeinden sind davon als erste betroffen und sehen sich einem erhöhten Risiko für Krebs und neurodegenerative Erkrankungen ausgesetzt, während die Pestizidbelastungen der Ökosysteme dazu wesentlich beitragen, dass unverzichtbare Insektenpopulationen für die Nahrungsmittelproduktion und die Biodiversität zunehmend geschädigt werden.

Die Eingaben von PAN Europe und PAN Germany zur Konsultation zeigen, dass die Umsetzung der Verordnung 1107/2009 über das Inverkehrbringen von Pestiziden und der Richtlinie 2009/128/EG über den nachhaltigen Einsatz von Pestiziden weit hinter den Zielen der Gesetze zurückbleibt [3, 4].

Zusammengefasst sollte die Kommission Lücken bei der Regulierung von Pestiziden schließen, anstatt neue zu schaffen. Die 138 den offenen Brief mitzeichnenden nationalen und europäischen Verbände vertreten eine breite Gruppe an Stakeholdern und Experten, darunter Gesundheits- und Umweltschutzorganisationen, Organisationen für den ökologischen und agroökologischen Landbau, Verbände des Wassersektors sowie Imkereiverbände.

Offener Brief „Call to strengthen implementation of EU Pesticide Law to protect health and the environment“, 27.10.2025 (PDF)

 

[1] Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit – Omnibus-Vereinfachungspaket

[2] Urgent need for action in the area of plant protection products – Call for a swift and effective approach; Konsultationseingabe von CropLife Europe

[3] Konsultationseingabe vom Pesticide Action Network (PAN) Europe

[4] Konsultationseingabe vom Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN) Deutschland




Deutsche Umwelthilfe klagt gegen Zulassungen von TFA-bildenden Pestiziden

Giftige Ewigkeitschemikalie im Grund- und Trinkwasser: Deutsche Umwelthilfe reicht Klagen gegen Zulassungen von TFA-bildenden Pestiziden ein

  • DUH klagt mit fachlicher Unterstützung von PAN Germany gegen Zulassungen von TFA-bildenden Pestiziden Banjo, Brodal und Luna Experience
  • TFA verschmutzt Grundwasser und gilt als fortpflanzungsgefährdend: Ewigkeitschemikalie in 78 Prozent der Grundwassermessstellen in Deutschland
  • DUH fordert von Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit die Aufhebung aller Zulassungen für TFA-bildende Pestizide

Berlin, 22.10.2025: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat mit fachlicher Unterstützung des Pesticide Action Network (PAN) drei Klagen vor dem Verwaltungsgericht Braunschweig auf Zulassungswiderruf für die Pestizide Banjo, Brodal und Luna Experience eingereicht. Die drei Pestizidmittel bilden Trifluoressigsäure (TFA), das sich im Grund- und Trinkwasser ausbreitet. Neue Studien deuten auf erhebliche Gesundheitsrisiken durch TFA hin. Messungen der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft LAWA haben bereits in 78 Prozent aller Grundwassermessstellen in Deutschland TFA nachgewiesen – teils in extrem hohen Konzentrationen. Die DUH fordert das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit auf, sämtliche Zulassungen für TFA-bildende Pestizide zu überprüfen und aufzuheben.

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Mit diesen drei Musterklagen weiten wir unser Vorgehen gegen hochgiftige Pestizide aus, die für Ewigkeitschemikalien in Grund- und Trinkwasser verantwortlich sind. Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse weisen nach, wie gefährlich TFA ist. Der Schutz unserer lebenswichtigen Wasserressourcen und damit unserer Gesundheit darf nicht weiter aufgeschoben werden. Wir erhöhen deshalb den Druck und gehen rechtlich gegen die Zulassungen der TFA-bildenden Pestizide Banjo, Brodal und Luna Experience vor – für den Schutz unserer Gesundheit und der Umwelt.“

Peter Clausing, Toxikologe, PAN Germany: „TFA ist ein extrem persistentes Abbauprodukt von PFAS-Pestiziden. In den behördlich geforderten Tierversuchen wurden Missbildungen (Fehlbildungen) bei Nachkommen beobachtet, insbesondere Augenschäden, die letztendlich zur Erblindung führen. Das Pestizidrecht verlangt, solche neuen Befunde zu berücksichtigen, was im konkreten Fall zu einem Verbot der Pestizide führen muss, für die TFA als Abbauprodukt nachgewiesen ist. Zum Schutz unserer Kinder vor lebenslangen Gesundheitsschäden und zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit sauberem Trinkwasser fordern wir, TFA-freisetzende Pestizide umgehend vom Markt zu nehmen.“

Hintergrund:
Die in Pestizidprodukten wie Banjo, Brodal und Luna Experience enthaltenen Wirkstoffe Fluazinam, Diflufenican und Fluopyram gehören zu den per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) und werden als Fungizide und Herbizide unter anderem in diversen Ackerbaukulturen und teilweise im Weinbau verwendet. Das Abbauprodukt von vielen PFAS-Pestiziden ist die Chemikalie TFA. TFA (Trifluoressigsäure) ist hochbeständig, sehr mobil und überschreitet bereits heute an zahlreichen Grundwassermessstellen den für das Grundwasser geltenden Grenzwert von 0,1 μg/l deutlich. Es gibt keine praktikablen Methoden, um TFA wieder aus der Umwelt und aus dem Trinkwasser zu entfernen. Für TFA wurde eine Einstufung als reproduktionstoxisch beantragt. Tierstudien deuten auf Fehlbildungen bei Nachkommen hin. Laut EU-Pestizidverordnung muss eine Zulassung zwingend entzogen werden, wenn Hinweise auf schädliche Auswirkungen auf Umwelt oder Gesundheit vorliegen. Zuletzt hat auch die dänische Zulassungsbehörde mehr als 20 Pflanzenschutzmittel wegen TFA-Bildung vom Markt genommen.

Zum Hintergrundpapier: https://l.duh.de/p251022

Kontakt:

  • Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer DUH 0171 3649170, resch@duh.de
  • Dr. Peter Clausing, Toxikologe, Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN Germany), 0176 43795932, peter.clausing@pan-germany.org

DUH-Newsroom:
030 2400867-20, presse@duh.de, www.duh.de




TFA-bildende Pestizide: Deutsche Umwelthilfe stellt Antrag auf Zulassungswiderruf für drei Produkte

  • DUH geht mit fachlicher Unterstützung von PAN Germany gegen Zulassungen für Produkte Banjo, Brodal und Luna Experience vor
  • Hinweise auf Bildung von Trifluoressigsäure – Ewigkeitschemikalie verschmutzt das Grundwasser und gilt als potenziell fortpflanzungsgefährdend
  • DUH fordert Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) auf, sämtliche TFA-bildenden Pestizide schnellstmöglich vom Markt zu nehmen

Berlin, 25.8.2025: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat mit fachlicher Unterstützung der deutschen Sektion des Pesticide Action Network (PAN) Anträge auf Zulassungswiderruf für die Pestizidmittel Banjo, Brodal und Luna Experience gestellt. Alle Mittel enthalten Trifluoressigsäure (TFA) bildende Wirkstoffe und tragen zu Grenzwertüberschreitungen im Grundwasser bei. Messungen haben bereits in 78 Prozent aller Grundwasserbrunnen in Deutschland TFA nachgewiesen– teils in extrem hohen Konzentrationen.

Für TFA wurde eine Einstufung als reproduktionstoxisch beantragt. Tierstudien deuten auf Fehlbildungen bei Nachkommen hin. Laut EU-Pestizidverordnung ist eine Zulassung zwingend zu entziehen, sobald Hinweise auf schädliche Auswirkungen auf Umwelt oder Gesundheit vorliegen.

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Mit unseren juristischen Verfahren gegen TFA-bildende Pestizide zwingen wir das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit zum Handeln. Es ist völlig unverantwortlich, dass die deutsche Zulassungsbehörde im Sinne der Agrochemieindustrie zulässt, dass Pestizide unser Trinkwasser mit hochpersistenten und giftigen Stoffen belasten. Jede Saison, in der diese Mittel weiter auf den Feldern landen, gefährdet die Verfügbarkeit sicheren Trinkwassers. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit muss die Zulassungen unverzüglich widerrufen.“

Peter Clausing, Toxikologe, PAN Germany: „Lange galt TFA als zwar extrem persistentes, aber toxikologisch unauffälliges Abbauprodukt. Doch im Tierversuch wurden Missbildungen (Fehlbildungen) an Nachkommen beobachtet, insbesondere mit Erblindung verbundene Augenschäden. Das Pestizidrecht sieht vor, dass solche neuen Erkenntnisse berücksichtigt werden und im konkreten Fall zu einem Verbot führen müssen. Zum Schutz unserer Kinder vor lebenslangen Gesundheitsschäden und zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit sauberem Trinkwasser fordern wir, umgehend TFA emittierende Pestizide vom Markt zu nehmen.“

 

Hintergrund:
Die in Pestizidprodukten wie Banjo, Brodal und Luna Experience enthaltenen Wirkstoffe Fluazinam, Diflufenican und Fluopyram gehören zu den per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) und werden als Fungizide und Herbizide unter anderem in diversen Ackerbaukulturen und im Weinbau verwendet. Das Abbauprodukt von PFAS-Pestiziden ist die Ewigkeitschemikalie Trifluoressigsäure (TFA). TFA ist hochbeständig, breitet sich über das Grundwasser aus und überschreitet bereits heute an zahlreichen Grundwassermessstellen den Grenzwert von 0,1 µg/l deutlich. Um TFA wieder aus der Umwelt und aus dem Trinkwasser zu entfernen, gibt es keine praktikablen Methoden. Zuletzt hat auch die dänische Zulassungsbehörde mehr als 20 Pflanzenschutzmittel wegen TFA-Bildung vom Markt genommen.

Link:
Zum Hintergrundpapier: https://l.duh.de/p250825

Kontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer DUH
0171 3649170, resch@duh.de

Dr. Peter Clausing, Toxikologe, PAN Germany
0176 43795932, peter.clausing@pan-germany.org

Dr. Caroline Douhaire, Rechtsanwältin
douhaire@geulen.de

DUH-Newsroom:
030 2400867-20, presse@duh.de, www.duh.de

 




Stoppt die ewige Belastung mit PFAS!

Gewässer- und Gesundheitsbelastungen durch PFAS-Pestizide – Dänemark handelt, Deutschland und EU unter Zugzwang  

Wir brauchen sauberes Wasser, saubere Böden und unbelastete Lebensmittel, die frei von PFAS sind und es auch in Zukunft bleiben. Doch die als Ewigkeitschemikalien bekannten PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) und das Abbauprodukt Trifluoressigsäure (TFA) belasten zunehmend zentrale Bereich unseres Lebens und unsere Nahrungsmittel. Anschaulich konnten PAN Germany, PAN Europe und zahlreiche weitere NGOs dies sichtbar machen, indem sie neuere und ältere Weine untersuchten[1]: Wie Zeitkapseln zeigten die Jahrgänge, dass die Belastung mit TFA seit Jahren zunimmt. Ergänzend zu vorausgegangenen Untersuchungen von Gewässerproben offenbaren die Ergebnisse ein ernstes und rasant wachsendes Umweltproblem, dessen Lösung keinen Aufschub erlaubt.

Was ist das Problem?

PFAS sind extrem langlebig und reichern sich in der Umwelt und in uns Menschen an. Studien belegen, dass PFAS sich längst im Blut von Kindern und Erwachsenen befinden, dass sie u.a. das Immunsystem von Kindern beeinträchtigen können[2] und mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Erwachsenen einhergehen können[3] und langkettige PFAS-Verbindungen bis zu fünf Jahre in unseren Körpern verweilen können[4]. Bereits 2020 urteilte eine repräsentative deutsche Umweltstudie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen: Kinder und Jugendliche zwischen 3 und 17 Jahren haben zu viele PFAS im Blut[5]. Auch unsere Nahrung ist zunehmend belastet: Daten aus den offiziellen nationalen Überwachungsprogrammen der EU-Mitgliedstaaten belegen, dass sich die Zahl der europäischen Obst- und Gemüsesorten, in denen PFAS-Pestizidrückstände nachgewiesen wurden, zwischen 2011 und 2021 fast verdreifacht hat. Lange galt TFA als zwar extrem persistentes, aber toxikologisch unauffälliges Abbauprodukt, doch nachdem im Tierversuch Schäden an Nachkommen beobachtet wurden, steht TFA im Verdacht, fortpflanzungsschädigend zu sein. Ein Antrag auf eine entsprechende offizielle EU-Gefahreneinstufung als reproduktionstoxisch (R 1b) wurde von Seiten der deutschen Fachbehörden gestellt und wird derzeit von der europäischen Chemikalienbehörde ECHA geprüft.

Auf EU-Ebene wurde ein Prüfprozess zur Beschränkung von PFAS-Stoffgruppen vorgeschlagen. Allerdings betrifft dieser Vorschlag nur Industriechemikalien, nicht PFAS-Pestizide. Dabei tragen PFAS-Pestizide zur Umweltbelastung mit PFAS und TFA bei. Nach Modellierung des Umweltbundesamtes ist der Einsatz von PFAS-Pestiziden auf landwirtschaftlichen Flächen sogar die relevanteste Quelle von TFA-Kontaminationen der Grundwässer[6]. 27 PFAS-Pestizid-Wirkstoffe werden derzeit in Deutschland als Bestandteile einer Vielzahl an zugelassenen Mitteln im Acker-, Obst- Gemüse und Zierpflanzenbau auf landwirtschaftlichen Flächen eingesetzt. PAN Germany fordert von den deutschen Zulassungsbehörden auf nationaler Ebene jetzt zu handeln und die entsprechenden Mittelzulassungen zu überprüfen und zu widerrufen. Zudem sollte sich die Bundesregierung für einen EU-weiten Ausstieg aus der Nutzung von PFAS-Pestiziden einsetzen. Der Gesundheitsschutz unserer Kinder und der Schutz des Grundwassers als wichtigste Trinkwasserressource für uns und zukünftige Generationen muss Priorität eingeräumt werden.

Vorbild Dänemark

Dass Nationalstaaten durchaus handeln können, zeigt Dänemark: Es hat die Zulassung für 23 Pestizidprodukte widerrufen, die PFAS-Wirkstoffe enthalten. Weitere Entscheidungen stehen an[7]. Dänemark begründete die Entscheidung u.a. mit erhöhten TFA-Konzentrationen im Grundwasser. Vorausgegangen war eine Neubewertung von sechs PFAS-Wirkstoffen durch die dänische Umweltbehörde im Jahr 2025. Hier wurden 33 Mittel identifiziert, die sechs PFAS-Wirkstoffe enthalten: Fluazinam, Fluopyram, Diflufenican, Mefentrifluconazol und Tau-Fluvalinat sowie Flonicamid (alle auch in Deutschland in zugelassenen Mitteln im Einsatz). Die Entscheidung über die Auslauffristen wurde für jedes Produkt einzeln getroffen unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit und unter Einbeziehung und Abwägung von sozioökonomischen und kommerziellen Folgen, wobei der Schutz der Umwelt, einschließlich des Grundwassers, stets hohe Priorität hatte.

EU und Deutschland müssen handeln

Die besondere Bedeutung von TFA für den Gewässerschutz zeigt sich europaweit: TFA wurde in Grundwasserproben in ganz Europa in Konzentrationen über dem gesetzlichen Grenzwert von 0,1 µg/l nachgewiesen. Die EU-Pestizidverordnung verbietet die Genehmigung von Stoffen, wenn diese oder ihre toxischen (relevanten) Metaboliten zu Konzentrationen im Grundwasser führen, die dem gesetzlichen Grenzwert überschreiten. PAN Europe sieht im derzeitigen nicht-Handeln der EU Kommission gegen die sich immer weiter akkumulierenden Kontaminationen einen Verstoß gegen ihre gesetzliche Verpflichtung zum Schutz des Grundwassers und der öffentlichen Gesundheit. Die Partnerorganisation von PAN Germany hatte die EU Kommission wiederholt aufgefordert, alle PFAS-Pestizide zu verbieten, doch es wurden bislang keine umfassenden Maßnahmen ergriffen. Als Reaktion darauf hat PAN Europe im Juli 2025 einen formellen Antrag auf interne Überprüfung gestellt[8]. Dieser verpflichtet die Kommission zu einer Antwort und ermöglicht es PAN Europe, den Fall vor den EU-Gerichtshof zu bringen, sollte die Kommission nicht handeln. Der Antrag auf interne Überprüfung umfasst 28 PFAS-Wirkstoffe, die derzeit nach dem EU-Pestizidrecht genehmigt sind und jeweils mindestens eine -CF₃-Gruppe enthalten. Ausgenommen sind Flufenacet, das mittlerweile seine Genehmigung verloren hat und Flutolanil, für das die Kommission eine Nichtverlängerung der Genehmigung vorgeschlagen hat.

Nach EU-Recht ist die Kommission gesetzlich verpflichtet, Genehmigungen zu überprüfen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, wenn die Genehmigungskriterien nicht mehr erfüllt sind, wie dies bei PFAS-Pestiziden der Fall ist (Artikel 21 und 69 der Verordnung 1107/2009). Dazu gehören auch Beschränkungen oder Verbote im Einklang mit dem Vorsorgeprinzip. Ebenso können EU-Mitgliedsstaaten Mittelzulassungen bei neuen Erkenntnissen prüfen und diese widerrufen (Artikel 44der Verordnung 1107/2009). Aktionsspielraum gäbe es somit auch für Deutschland, den von Dänemark vorgezeichneten Weg, unabhängig von der EU, einzuschlagen.

Zum Weiterlesen:

PAN Beiträge zu PFAS und TFA

UBA Beitrag PFAS-haltige Pestizide in der Landwirtschaft

Zivilgesellschaftliches Positionspapier: Für eine Welt ohne Verschmutzung durch PFAS

Quellen: 

[1] https://pan-germany.org/download/pan-studie-zu-tfa-gehalten-in-europaeischem-wein-dt-fassung/

[2] https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/studie-pfas-chemikalien-gelangen-ueber-plazenta-und-muttermilch-in-koerper-von-kindern-a-b5f8a045-fcba-4c15-bbf5-3d19761ec863

[3] https://www.dzne.de/aktuelles/pressemitteilungen/presse/ewigkeitschemikalien-pfas-im-blut-sind-allgegenwaertig-und-mit-erhoehtem-risiko-fuer-herz-kreislauf-erkrankungen-verbunden/

[4] https://www.umweltbundesamt.de/pfas-im-menschen

[5] https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/kinder-jugendliche-haben-zu-viel-pfas-im-blut

[6] https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/11850/publikationen/102_2023_texte_tfa_v2.pdf

[7] https://mim.dk/nyheder/pressemeddelelser/2025/juli/sproejtemidler-med-pfas-aktivstoffer-bliver-forbudt

[8] https://www.pan-europe.info/press-releases/2025/07/pan-europe-demands-eu-commission-act-pfas-pesticides




Offener Brief an Bundesregierung für besseren Schutz vor hormonschädigenden Stoffen

Bereits in sehr geringen Mengen können EDCs (endocrine disrupting chemicals) in den Hormonhaushalt eingreifen. Besonders gefährdet sind Schwangere, Kinder und andere vulnerable Gruppen. Deshalb muss nach den Zielen der Europäischen Union, die Exposition gegenüber EDCs für die Bevölkerung und für die Umwelt deutlich verringert werden.

In einem gemeinsamen offenen Brief wenden sich CHEM Trust Europe e.V., Health and Environment Justice Support e.V. (HEJSupport), Women Engage for a Common Future Deutschland e.V. (WECF) und das Pestizid-Aktions-Netzwerk e.V. (PAN Germany) an die neue Bundesregierung und mahnen dringenden politischen Handlungsbedarf zum Schutz vor hormonell schädigenden Stoffen an. Mit dem Brief an die Bundesminister:innen des BMUKN, BMLEH, BMG, BMWE, BMJV, BMFSFJ und dem BMAS appellieren die Nichtregierungsorganisationen (NROs) an deren Verantwortung, tätig zu werden. Sie  erinnern an den – nach Ressortabstimmung – von der Vorgängerregierung verabschiedeten „Fünf-Punkte-Plan zum Schutz vor hormonell schädigenden Stoffen” vom November 2023, der unter anderem als nationale Maßnahme für die Weiterentwicklung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie genannt wird.

Erinnert wird zudem an den Maßnahmenkatalog des NRO-Bündnisses, der ein Jahr später im Oktober 2024  veröffentlicht wurde und Empfehlungen für die weitere Ausgestaltung des „Fünf-Punkte-Plans“ zum Schutz der Bevölkerung und der Umwelt konkretisiert:

  • Entwicklung eines verbindlichen, ausreichend finanzierten Maßnahmenplans mit klaren Zielen und Verantwortlichkeiten.
  • Keine nationalen Zulassungen mehr für EDC-haltige Biozide und Pestizide; nationale Verbote von EDCs in besonders kritischen Produkten.
  • Engagement für eine zügige Identifizierung und Regulierung von EDCs auch auf EU- Ebene, inklusive der Verdachtsstoffe.
  • Mehr Transparenz für Verbraucher:innen, gezielte Aufklärungskampagnen (besonders für Schwangere) und einfache Zugänge zu Informationen.
  • Förderung sicherer Alternativen zu EDCs, auch nicht-chemischer Verfahren, und Unterstützung entsprechender Forschung.
  • Stärkere ressortübergreifende Zusammenarbeit und Koordinierung, um einheitliches und glaubwürdiges Handeln sicherzustellen.

Lesen Sie hier den gemeinsamen offenen Brief an die Bundesministerien.

 

EDCs werden mit schwerwiegenden Gesundheitseffekten wie bestimmten Krebserkrankungen, Fortpflanzungsstörungen, neurologischen Effekten auf Intelligenz und Verhalten, chronischen Stoffwechselkrankheiten und Schädigungen des Immunsystems in Verbindung gebracht. EDCs kommen in vielen Alltagsprodukten vor und landen als Pestizidrückstände in der Umwelt und in unseren Lebensmitteln. Auch für die biologische Vielfalt und die Umwelt stellen EDCs – zum Beispiel solche aus der PFAS-Gruppe – eine ernstzunehmende Bedrohung dar. Dies ist mit erheblichen wirtschaftlichen Kosten verbunden, die in der EU auf Hunderte von Milliarden Euro pro Jahr geschätzt werden. Konkrete Maßnahmen der Bundesregierung sind insofern dringend geboten.

Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie wendete sich deshalb ebenfalls jüngst mit einem Offenen Brief an Vertreter:innen der deutschen Regierung und formulierte ihre Empfehlungen, unter anderen ein Verbot von EDCs in allen Konsumgütern  und die Unterstützung des  Vorschlags für eine universelle Beschränkung von den „Ewigkeitschemikalien“ PFAS.

In den Kernbereichen von PAN Germany – der Pestizid- und Biozidpolitik – regeln die entsprechenden EU-Verordnungen bereits seit 2009 bzw. 2012 den Ausschluss von identifizierten hormonschädlichen Wirkstoffen. Allerdings verlaufen die Identifizierung und Regulierung sehr schleppend. Es gibt immer wieder technische Verlängerungen von Wirkstoff-Genehmigungen, oft, weil die notwendigen Daten zu endokrinschädlichen Eigenschaften von den Antragstellern nicht oder unvollständig eingereicht werden. Außerdem sind – insbesondere im Biozidrecht – verschiedene Ausnahmen vom Verwendungsverbot vorgesehen, sofern keine Alternativen zur Verfügung stehen. Daher setzt sich PAN Germany für eine schnellere und konsequentere Umsetzung der Gesetzgebung ein wie z.B. eine ernsthafte vergleichende Bewertung auch von nichtchemischen Alternativen und fordert schnelle und weitergehende nationale Verbote von Pestizid- und Biozidprodukten, die EDCs enthalten.

Ein weiterer wichtiger Bereich ist die Sensibilisierung der Öffentlichkeit und die Bereitstellung von Informationen. Hier leistet PAN Germany wichtige Aufklärungsarbeit, beispielsweise mit den aktuellen Materialien zum EDC-Thema für die schulische und außerschulische Bildungsarbeit.




BRSCOPs in Genf: PAN setzt sich für ein Verbot von Chlorpyrifos und eine strengere Regulierung anderer Pestizide ein

PAN-Vertreter*innen aus aller Welt setzen sich in Genf für dringende Maßnahmen gegen schädliche Pestizide wie Chlorpyrifos und Paraquat ein. Eine virtuelle Teilnahme am Side-EventAccelerating the transition from HHPs to biopesticides and agroecological alternatives “ ist möglich.

Bis zum 9. Mai versammeln sich die weltweit führenden politischen Entscheidungsträger*innen und Wissenschaftler*innen in Genf zu den Konferenzen der Vertragsparteien (COP) der Baseler, Rotterdamer und Stockholmer Konvention (BRS COPs). PAN hat Beobachter-Status und fordert von den Vertragsstaaten insbesondere dringend notwendige Maßnahmen gegen Chlorpyrifos – eines der schädlichsten Pestizide, das in vielen Regionen der Welt heute noch verwendet wird.

PAN fordert ein weltweites Verbot von Chlorpyrifos ohne Ausnahmeregelungen und zeigt: Es gibt praktikable Alternativen. Lesen Sie hier die PAN Intervention vom 28.4.2025 mit dem Appell an die Vertragsstaaten, Chlorpyrifos in Anhang A der Stockholm Konvention aufzunehmen.

Chlorpyrifos ist ein hochgiftiges Organophosphat. Es wurde bereits in über 40 Ländern verboten. Es besteht wissenschaftlicher Konsens darüber, dass Chlorpyrifos neurotoxisch ist und irreversible Hirnschäden bei Kindern verursacht. Zudem wird der Wirkstoff über Tausende von Kilometern verfrachtet und kontaminiert auf diese Weise selbst entlegenste Ökosysteme wie die Arktis. Für PAN steht fest: Es ist jetzt an der Zeit, entschlossen zu handeln und sich für die weltweites Verbot dieses Pestizids einzusetzen.

Ebenfalls im Fokus von PAN stehen Paraquat, Acetochlor, Carbosulfan und Fenthion. PAN unterstützt die Forderung nach deren Aufnahme in Anhang III der Rotterdam Konvention, um so insbesondere Ländern des Globalen Südens die Möglichkeit einzuräumen, mehr Informationen über diese Stoffe zu erhalten und informiert entscheiden zu können, ob sie Einfuhren dieser gefährlichen Pestizide in ihre Länder zulassen oder nicht.

Die Vertragsstaaten stehen in der Verantwortung, Menschen und ihre Umwelt zukünftig besser vor einigen besonders schädlichen Pestiziden zu schützen. Dass sicherere und nachhaltigere Alternativen vorhanden sind, darüber informiert PAN International auf einer extra für die BRSCOPs eingerichteten Landingpage sowie vor Ort an seinem Infostand und im Rahmen von Veranstaltungen. An dem folgenden Side-Event mit PAN Beteiligung kann virtuell teilgenommen werden: Freitag 2. Mai 14-15h30: BRS COPs side event: Accelerating the transition from HHPs to biopesticides and agroecological alternatives. Hier registrieren.

Informationen und Neuigkeiten rund um die laufende BRSCOPs stellt PAN International hier online.




Studie zeigt alarmierenden Anstieg der Chemikalie TFA in europäischem Wein

Keine Kontamination vor 1988 – starker Anstieg seit 2010 – derzeitige Werte sehr hoch

Neue Daten zeigen einen dramatischen Konzentrationsanstieg der Chemikalie TFA (Trifluoracetat) in der Umwelt. Die Ergebnisse stellten das europäische Pestizid Aktions-Netzwerks (PAN Europe) und Partnerorganisationen heute in dem Bericht „Message from the Bottle – The Rapid Rise of TFA Contamination Across the EU“ vor. [1,2,3]

Untersucht wurden 10 ältere und 39 jüngere, in den vergangenen Jahren abgefüllte Weine aus 10 Europäischen Staaten. TFA wurde in allen jüngeren Weinen im Mittel (Median) mit 110 Mikrogramm pro Liter (µg/l) nachgewiesen. Die höchste Belastung lag bei 320 µg/l und ist damit  rund 100 Mal höher als die durchschnittlichen Konzentrationen, die in vorherigen Untersuchungen in Oberflächengewässern und in Trinkwasserproben nachgewiesen wurden.

In alten Weinen, die vor 1988 abgefüllt wurden, wurde dagegen kein TFA nachgewiesen. Seit 2010 konnte ein starker Anstieg der Kontaminationswerte beobachtet werden.

Gleichzeitig wurden die Weine auch auf Pestizidrückstände analysiert. Viele Proben zeigten mehrfache Belastungen. Gefunden wurden bis zu 8 Pestizide und Pestizidmetabolite in 94 % der konventionell erzeugten Weine. Insgesamt waren 18 unterschiedliche Pestizide nachweisbar, darunter die zwei PFAS-Fungizide, Fluopyram und Fluopicolid. Bemerkenswerterweise waren vier von fünf untersuchten Bioweinen frei von nachweisbaren Pestizidrückständen – sie enthielten jedoch alle TFA. Weine im höheren TFA-Konzentrationsbereich (Mittelwert: 176 µg/l) zeigten im Durchschnitt eine doppelt so hohe Pestizidbelastung auf wie Weine mit geringeren TFA-Werten (Mittelwert: 58 µg/l).

Helmut Burtscher-Schaden, Umweltchemiker bei GLOBAL 2000 und Initiator der Studie, beschreibt die Ergebnisse als “alarmierend in zweierlei Hinsicht“. Die hohen Werte verdeutlichen die erhebliche Bioakkumulation von TFA in Pflanzen. „Wahrscheinlich nehmen wir über unsere Ernährung wesentlich mehr TFA auf als bisher angenommen“, schlussfolgert der Experte. Noch besorgniserregender sei der starke Anstieg der Kontamination seit 2010. „Es sind dringend Maßnahmen erforderlich, um weitere TFA-Emissionen in die Umwelt zu verhindern.“, fügt er hinzu.

Andere Untersuchungen zeigten ähnliche Ergebnisse. Michael Müller, Professor für Pharmazeutische und Medizinische Chemie an der Universität Freiburg, hat bei seinen eigenen (noch unveröffentlichten) Analysen von TFA in alten und neuen Weinen ähnliche Trends beobachtet. Dabei wurde in neueren Weinen, die nach 2020 abgefüllt wurden, ein breites Spektrum an TFA-Kontaminationen von 20 bis über 300 µg/l nachgewiesen. Die niedrigsten Werte wurden in biologisch erzeugten Weinen gefunden, die von Trauben stammen, die auf Flächen angebaut wurden, auf die seit Jahrzehnten keine synthetischen Chemikalien aufgebracht wurden. Dies deute darauf hin, dass PFAS-Pestizide als direkter oder indirekter Faktor zu den hohen TFA-Belastungswerten beitragen, so Professor Müller.

Der steile Anstieg der TFA-Belastung wird auch durch einen Vergleich mit offiziellen Befunden bestätigt, die vom EU-Referenzlabor CVUA Stuttgart erhoben wurden. Die Untersuchungen aus dem Jahr 2017, die im Auftrag der Europäischen Kommission durchgeführt wurde, ist bis heute die einzige offizielle Erhebung von TFA in Lebensmitteln. Damals wiesen 27 europäische Weine eine mittlere Konzentration von 50 µg/l auf – mit einem Spitzenwert von 120 µg/l. Die aktuelle Untersuchung von PAN Europe weist dagegen einen Medianwert von 110 µg/l mit einem Spitzenwert von 320 µg/l auf.

Salomé Roynal, Politikreferentin bei PAN Europe, spricht von einem Weckruf für die EU. Substanzen, die TFA in die Umwelt freisetzen, müssten unverzüglich vom Markt genommen werden. Die nächste Gelegenheit ergäbe sich Mitte Mai, wenn die EU-Mitgliedstaaten aufgefordert seien, über den Vorschlag der Kommission abzustimmen, das PFAS-Pestizid Flutolanil – ein TFA-Emittent – nicht weiter zu genehmigen.

PAN Germany erwartet von der neuen Bundesregierung, dass sie die große Bedrohung der Umweltressourcen ernst nimmt und sofort wirksame Maßnahmen gegen die fortschreitende TFA-Anreicherung in Umwelt und Lebensmitteln initiiert. Dies bedeutet prioritär ein Verwendungsverbot für PFAS-Pestizide in Deutschland und die volle Unterstützung des PFAS-Beschränkungsvorschlags auf EU-Ebene.

 

Hintergrund

TFA (Trifluoracetat) ist das nicht weiter abbaubare Endprodukt anderer PFAS-Verbindungen, wie sie in der Kühltechnik (F-Gase) oder als Wirkstoffe in Pestiziden verwendet werden. Was die Verschmutzung des Grundwassers betrifft, so sind es vor allem PFAS-Pestizide aus der Landwirtschaft, die dazu beitragen. Laut einer Studie des Umweltbundesamtes verursachen sie einen potenziellen jährlichen Anteil von 76 % des TFA, gefolgt von TFA-Emissionen aus Regen (hauptsächlich aus fluorierten Gasen, die in Kühlsystemen verwendet werden) mit 17 % sowie Kläranlagen und Gülle mit jeweils 3 %.

Toxikologisch wurde TFA lange Zeit als weitgehend harmlos angesehen, insbesondere von PFAS-Herstellern. Eine 2021 von Pestizidherstellenden im Rahmen der REACH-Chemikalienverordnung in Auftrag gegebene Studie zu TFA ergab jedoch schwere Missbildungen bei Kaninchenföten. Seitdem steht TFA im Verdacht, ein Risiko für die menschliche Fortpflanzungsgesundheit darzustellen. Auf Initiative Deutschlands prüft die Europäische Chemikalienbehörde ECHA derzeit die Einstufung als reproduktionstoxisch 1“ für TFA.

Führende Umweltwissenschaftler:innen haben in jüngster Zeit auf die dramatische Zunahme der TFA-Kontamination im Wasserkreislauf und in der Biosphäre hingewiesen und sie als Bedrohung der planetarischen Grenzen bezeichnet.

Der aktuelle PAN-Bericht umfasste die Analyse von Weinen aus den Herkunftsländern Österreich, Belgien, Kroatien, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Ungarn Italien, Luxemburg und Spanien und erfolgte in Kooperation mit PAN Europe Mitgliedsorganisationen und Partnern, unter anderen mit PAN Germany.

 

[1] Message from the Bottle – The Rapid Rise of TFA Contamination Across the EU

[2] Flaschenpost – Der steile Anstieg der TFA-Kontamination in europäischem Wein

[3] Press Release PAN Europe

 

 

 




Verbot des hormonell schädigenden Herbizids Flufenacet beschlossen

Diesen Monat fiel auf EU-Ebene die Entscheidung, die Genehmigung für den problematischen Pestizidwirkstoff Flufenacet nicht zu verlängern. PAN Germany begrüßt diese Entscheidung als einen wichtigen Beitrag für einen besseren Gesundheits- und Umweltschutz.

Im Dezember 2024 hatte die Europäische Kommission einen Verordnungsentwurf zur Nichterneuerung der Wirkstoffgenehmigung des Herbizids Flufenacet vorgelegt [1] und diesem jetzt in der Märzsitzung des Ständigen Ausschusses für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel – kurz SCoPAFF – zugestimmt [2]. Dies ist ein Erfolg des Umwelt- und Verbraucherschutzes, für den sich auch PAN Germany mit anderen Umweltorganisationen eingesetzt hatte [3]. Allerdings wird aller Wahrscheinlichkeit nach damit die Gefahr noch nicht gebannt sein. Der Verordnungsentwurf sieht vor, dass nach Genehmigungsende für Flufenacet am 15. Juni 2025 eine einjährige Abverkaufs- und Aufbrauchsfrist im Rahmen der nationalen Mittelzulassungen ermöglicht werden soll.

Das Herbizid Flufenacet wird in Deutschland derzeit mit einer Absatzmenge von rund 682.000 Tonnen in 34 zugelassenen Mitteln im Ackerbau (Getreide) vermarktet.

Flufenacet kann das Hormonsystem von Menschen und Tieren schädigen. Das Herbizid stört die Funktion der Schilddrüsenhormone und kann u.a. die Entwicklung des Gehirns und somit neurologische Funktionen und Fähigkeiten negativ beeinflussen. Der Wirkstoff zählt zu den PFAS-Ewigkeitschemikalien und baut sich in den sehr persistenten und mobilen Metaboliten TFA (Trifluoracetat) ab. TFA wiederum kann zu Entwicklungsschäden führen. Deshalb wird TFA auf eine Gefahrenklassifizierung als R 1b Stoff – als wahrscheinlich reproduktionstoxisch beim Menschen – geprüft. TFA besitzt ein sehr hohes Potential für Grundwasserkontaminationen und wird bereits in hohen Mengen im Grundwasser sowie in Trinkwasser- und Mineralwasserproben nachgewiesen (PAN Germany berichtete bereits zu dieser Problematik).

Aufgrund dieser besonderen Umwelt- und Gesundheitsrelevanz hatte die Zulassungsbehörde BVL bereits im Herbst 2024 ein vorzeitiges Verbot flufenacethaltiger Mittel in Deutschland geprüft und das BMEL hatte ein nationales Verbot Flufenacet-haltiger Produkte ohne Abverkauffristen in Aussicht gestellt. Trotz gleichbleibender Gefahrenlage änderte die Zulassungsbehörde nach dem Ende der Ampelregierung das Vorgehen und erklärte Anfang Februar, man würde jetzt doch auf die Entscheidung aus Brüssel warten [4].

Bedeutet das für Deutschland, das auch das im Zusammenhang mit dem im Herbst 2024 diskutierten Widerruf der Produktzulassungen ohne Abverkaufs- und Aufbrauchsfristen in Deutschland hinsichtlich dieser Fristen vom Tisch ist und flufenacethaltige Mittel noch bis Juni 2026 eingesetzt werden dürfen?

PAN Germany erwartet von der neuen Bundesregierung und der Zulassungsbehörde BVL ein klares Bekenntnis zum Gesundheitsschutz und insofern den sofortigen Stopp der Mittelzulassungen ohne Aufbrauchfristen mit Ende der EU-Genehmigung am 15. Juni 2025.

Laut EU-Kommission kann eine ungefährliche – „vernachlässigbare“ – Exposition nicht sichergestellt werden. Jegliche weitere Fristverlängerung der Anwendung würde somit ein unnötiges und unakzeptables Risiko für empfindliche Gruppen wie Schwangere und Neugeborene und dies besonders im ländlichen Raum darstellen. PAN Germany mahnt an, dass Menschen nicht weiteren Spritzeinsätzen mit Flufenacet direkt oder indirekt ausgesetzt werden dürfen. Da der Metabolit TFA sich aufgrund seiner hohen Persistenz in der Umwelt akkumuliert, muss der Eintrag über Flufenacet und weiterer TFA-emittierender Pestizide auch zum Schutz unserer Trinkwasserressourcen unverzüglich beendet werden.

Mehr dazu:

[1] EU-Verordnungsentwurf für die nicht-Genehmigung des Pestizids Flufenacet

[2] PAN Europe „EU Member States agree to ban flufenacet – PAN Europe calls for immediate action on all PFAS pesticides

[3] Offener Brief „Hormonelle Schädlichkeit von Flufenacet bestätigt: 49 Umweltgruppen fordern ein sofortiges Verbot“

[4] BVL „Information zu Flufenacethaltigen Pflanzenschutzmitteln: Widerruf nach Abschluss des europäischen Verfahrens“

 

 

 

 

 




Belastung von Gewässern mit PFAS-Pestiziden – Ein Verbot von Fluopyram ist überfällig

Unsere Gewässer haben vielfältige Funktionen. Sie sind Lebensräume, Lebensadern und Lieferanten unseres wichtigsten Lebensmittels: Trinkwasser. Umso besorgniserregender ist, dass europaweit Gewässer chemisch verunreinigt sind. Eine relevante Rolle hierbei spielen Belastungen durch PFAS-Pestizide. Eines dieser PFAS-Pestizide ist das weit verbreitete Fluopyram. Trotz eindeutiger Beweise für seine Schädlichkeit wurde die EU-Genehmigung für Fluopyram bis 2026 verlängert.

In Deutschland sind derzeit acht fluorypramhaltige Pestizidprodukte zur Bekämpfung von Pilzbefall in einer Vielzahl von Kulturen– u.a. in Weizen, Wein, Raps, Zuckerrüben, Möhren und Erdbeeren – zugelassen.

Als PFAS-Pestizid gehört Fluopyram zu einer Gruppe von Wirkstoffen, die aufgrund ihrer hohen Persistenz in der Umwelt als „Ewigkeitschemikalien“ bezeichnet werden. Fluopyram baut sich zu TFA ab, einem ultrakurzen PFAS, das für seine hohe Mobilität und Persistenz bekannt ist. TFA verunreinigen unser Grundwasser, Oberflächengewässer das Trinkwasser und wurde selbst in Mineralwasserproben nachgewiesen. Die Verbreitung von TFA-Belastungen ist besorgniserregend, zumal sich die Hinweise auf die Toxizität von TFA mehren. Derzeit liegt ein Vorschlag vor, TFA als reproduktionstoxisch der Kategorie 1B und als „persistent, mobil und toxisch“ (PMT) einzustufen.

Die geltende EU-Pestizidverordnung 1107/2009 gibt vor, Substanzen nicht zu genehmigen, die toxikologisch „relevante“ Metabolite produzieren, wenn diese das Grundwasser über dem gesetzlichen Grenzwert von 0,1 µg/L verunreinigen. Fluopyram erfüllt diese Bedingung eindeutig: Das von Bayer im Jahr 2021 eingereichte Dossier zeigt, dass die TFA-Konzentrationen im Grundwasser diesen Grenzwert in allen Szenarien überschreiten. Dennoch verlängerte die EU-Kommission die Zulassung von Fluopyram im Januar 2024 um weitere 2,5 Jahre.

Der falsche Umgang mit Fluopyram erinnert an den Fall von Flufenacet, einem anderen PFAS-Pestizidwirkstoff. Trotz wissenschaftlicher Beweise für seine schädlichen Auswirkungen wurde die Genehmigung von Flufenacet 11-mal und damit um 11 Jahre verlängert, bevor im Dezember 2024 ein Vorschlag für die Nichtverlängerung der Genehmigung vorgelegt wurde. Durch diese Verzögerung konnte die umfassende Wasserverschmutzung über mehrere Jahre hinweg fortgesetzt werden.

Wir können uns keine weiteren Verzögerungen beim Verbot von Fluopyram leisten. Gemeinsam mit unseren Kolleg*innen von Générations Futures in Frankreich, PAN Europe und mit zahlreichen weiteren Nichtregierungsorganisationen hat PAN Germany die Europäische Kommission in einem Brief dazu aufgefordert:

  • Fluopyram als „ernsthaftes Risiko für die menschliche Gesundheit“ in Übereinstimmung mit Artikel 69 der Verordnung 1107/2009 anzuerkennen und alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Anwendung und den Verkauf von Fluopyram und Fluopyram-Produkten zu verbieten.
  • den Widerruf der Genehmigung von Fluopyram auf der Sitzung des Ständigen Ausschusses für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel (SCoPAFF) im März 2025 vorzuschlagen.

Der Schutz der europäischen Wasserressourcen erfordert entschlossenes Handeln. Wissenschaftler*innen haben TFA als eine Bedrohung für die planetaren Grenzen identifiziert und fordern umgehende Anstrengungen zur Reduzierung der TFA-Emissionen. Das Verbot von Fluopyram ist ein notwendiger Schritt zum Schutz unserer Wasserressourcen, der öffentlichen Gesundheit und der Ökosysteme.

 

Weitere Informationen:

Brief an Generaldirektorin Sandra Gallina “Urgent call to ban the PFAS pesticide fluopyram due to its TFA emission” von, Générations Futures, Global 2000, PAN Europe, PAN Germany und weiteren NGOs, vom 31. Januar 2025

PAN Europe Blog-Beitrag “Protect Europe’s Water: Why Fluopyram Must Be Banned” 5. Februar 2024

Europäische Bevölkerung ist über Obst und Gemüse zunehmend PFAS-Pestiziden ausgesetzt

Weitverbreitete Wasserverschmutzung durch langlebiges Abbauprodukt von PFAS-Pestiziden




Umwelt-NGOs bringen Glyphosat vor den Europäischen Gerichtshof

Rechtliches Engagement für einen vorzeitigen Zulassungsstopp

Brüssel, Hamburg 11.12.2024. Gemeinsame Pressemitteilung. Gemeinsam mit dem Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN) Europe und seinen Mitgliedern – ClientEarth, Générations Futures, Global 2000 und PAN Niederlande – ficht PAN Germany heute die Zulassung von Glyphosat durch die Europäische Union vor dem Europäischen Gerichtshof an.

Die von den NGOs dem Gerichtshof vorgelegte “Klage auf Nichtigerklärung“ basiert auf einer umfassenden wissenschaftlichen und rechtlichen Analyse und benennt gravierende Mängel im Bewertungsverfahren von Glyphosat. Die NGOs belegen: Die EU-Kommission und ihre wissenschaftlichen Agenturen haben wiederholt kritische Studien, die schädliche Wirkungen von Glyphosat dokumentieren, unbegründet ausgeschlossen oder deren Ergebnisse systematisch heruntergespielt und dabei Richtlinien und internationale Standards der Risikobewertung verletzt. Hierdurch wurden Gesundheits- und Umweltrisiken systematisch unterschätzt und die Genehmigung des umstrittenen Unkrautvernichters bis 2033 erneuert.

Es ist enttäuschend, dass die Behörden das Prinzip „Alter Wein in neuen Schläuchen“ verfolgen. Im Januar wurde die EU-Kommission formell von uns aufgefordert, ihre Entscheidung, Glyphosat erneut zu genehmigen, anhand wissenschaftlicher Kriterien zu überprüfen. Was sie jedoch tat, war, die alten Argumente zu wiederholen, um vom wahren Tatbestand abzulenken und auf ihrer zweifelhaften Entscheidung zu beharren.“ erklärt Peter Clausing, Toxikologe beim Pestizid Aktions-Netzwerk Germany.

Antoine Bailleux, der Anwalt der NGO-Koalition, betont: „Es ist legitim, dass die Kommission einen gewissen Spielraum beim Risikomanagement in Zusammenhang mit der Zulassung von Wirkstoffen in Pestiziden hat. Einem solchen Ermessensspielraum sind jedoch Grenzen gesetzt. Nach ständiger Rechtsprechung muss die Risikobewertung beispielsweise den Grundsätzen der Exzellenz, Transparenz und Unabhängigkeit genügen. Wir sind der Meinung, dass die Bewertung von Glyphosat diesen Qualitätsstandards nicht gerecht geworden ist.

Angeliki Lysimachou, Leiterin des Bereichs Wissenschaft und Politik bei PAN Europe, ergänzt: „Die wissenschaftlichen Agenturen der EU beugten die Regeln, um zu dem Schluss zu kommen, dass Glyphosat sicher sei. Zahlreiche wissenschaftliche Studien, auch von der Industrie, bringen Glyphosat mit möglichen schwerwiegenden schädlichen Auswirkungen wie Krebs und neurologischen Erkrankungen, insbesondere bei Kindern, in Verbindung.

Zu den wichtigsten Argumenten in dem von den NGOs an den EuGH übermittelten Antrag auf Annullierung zählen:

  • Ignorierte Neurotoxizitätsrisiken: Dokumente zeigen, dass renommierte Wissenschafter*innen die EU-Behörden vor einem Zusammenhang zwischen Glyphosat und neurologischen Erkrankungen wie Parkinson oder Autismus, sowie vor kognitiven Defiziten bei Kindern warnten. Diese Risiken wurden im Zulassungsverfahren nicht widerlegt, da die Behörden Studien, die diese Risiken identifizierten, unberücksichtigt ließen.
  • Fehlerhafte Statistiken: Die von EU-Behörden für die Beurteilung von Krebsstudien angewendeten statistischen Verfahren entsprachen – wie schon im vorhergehenden Zulassungsverfahren – nicht den geltenden Leitlinien und führten dazu, dass die statistische Aussagekraft positiver Tumorbefunde aus Tierexperimenten fälschlich herabgestuft wurde.
  • Krebseinstufung durch WHO: Die Bewertung der EU-Behörden von Glyphosat als “nicht DNA-schädigend” und “wahrscheinlich nicht krebserregend” steht nach wie vor in ungelöstem Widerspruch zur Krebseinstufung durch die WHO-Krebsforschungsagentur IARC. Letztere sah erst kürzlich nach Überprüfung des aktuellen Stands der Forschung ihre Einstufung bestätigt und erklärte, dass eine Neubewertung derzeit nicht erforderlich sei.

Hintergrund: Im Dezember 2023 verlängerte die EU-Kommission in einer umstrittenen Entscheidung die Zulassung von Glyphosat um weitere zehn Jahre. Im Jänner 2024 hatten die NGOs bei der EU-Kommission eine interne Überprüfung der Zulassungsentscheidung von Glyphosat beantragt. Diese wurde von der Kommission zurückgewiesen. Nun legen das Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN) Europe, ClientEarth, Générations Futures, Global 2000, PAN Niederlande und PAN Germany beim EuGH eine “Klage auf Nichtigerklärung” vor. Unterstützt wird die Klage durch Organisationen wie EKO, FoodWatch, ISDE Italy und dem Umweltinstitut München.

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