Veranstaltungsreihe: Chemiepolitische Mittagstalks 2025

November 2025 | Jeden Donnerstag | 12-13 Uhr | online
6.
November | 13. November | 20. November | 27. November

Programm & Anmeldung

Chemikalien sind allgegenwärtig. Die Verschmutzung durch Chemikalien und Plastik gilt inzwischen – neben dem Klimawandel und dem Verlust der biologischen Vielfalt – als die dritte große planetare Umweltkrise. Diese drei Krisen sind nicht getrennt voneinander zu betrachten: Sie bedingen, verstärken und beschleunigen sich gegenseitig. Chemisch-synthetische Pestizide tragen hierzu bei.

Da Chemikalien über Flüsse, Meeresströmungen und atmosphärische Transporte weite Strecken zurücklegen, kennen sie keine Grenzen. Ihre Regulierung darf daher nicht an nationalen Grenzen Halt machen. Wir brauchen konsequente Regeln auf allen politischen Ebenen – von der EU bis zu einem starken internationalen Chemikalienmanagement im Rahmen des Global Framework on Chemicals (GFC).

In den chemiepolitischen Mittagstalks 2025 widmen wir uns der Frage, wie Chemikalien in der Umwelt wirken, wo sie überall nachweisbar sind und welche Konsequenzen das für Mensch und Natur hat.

Wir, das sind neben dem Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany), der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, European Network for Environmental Medicine, das Forum Umwelt & Entwicklung, Health and Environment Justice Support und Women Engage for a Common Future (WECF). Zusammen engagieren wir uns für einen besseren Schutz der Umwelt und Gesundheit vor Belastungen mit Chemikalien –international auf europäischer und deutscher Ebene.

Hier finden Sie ausführliche Informationen zu der Veranstaltungsreihe sowie zur Anmeldung. (Es ist möglich, nur an einzelnen Mittagstalks teilzunehmen.)

Die Themen der einzelnen Veranstaltungen:

  • Talk 1 | 6. November | 12:00-13:00 Uhr
    Belastete Böden – ein Umweltproblem unter unseren Füßen
  • Talk 2 | 13. November | 12:00-13:00 Uhr
    Verschmutztes Wasser – wie zunehmende Chemikalienverschmutzung unser Trinkwasser gefährdet
  • Talk 3 | 20. November | 12:00-13:00 Uhr
    Wenn die Luft zum Atmen belastet ist – Chemikalien und Luftverschmutzung
  • Talk 4 | 27. November | 12:00-13:00 Uhr
    Machen uns Chemikalien krank? Gesundheitsauswirkungen einer zunehmenden Chemikalienbelastung

Jetzt HIER anmelden.




Veranstaltungshinweis: PFAS-Pestizide – Bedrohung für Gesundheit und Umwelt

WANN: 30. Oktober 2025 von 10 – 12 Uhr

WO: im Konferenzzentrum der Heinrich-Böll-Stiftung, Schumannstr. 8, 10117 Berlin und per Livestream

PFAS, sogenannte Ewigkeitschemikalien, sind in vielen Alltagsprodukten enthalten (z. B. in Funktionskleidung, Pfannenbeschichtungen, Löschschaum) und reichern sich in Umwelt, Tieren und Menschen an. Über den Einsatz von PFAS-Pestiziden in der konventionellen Landwirtschaft gelangen diese Stoffe in die Umwelt, belasten Böden und Gewässer, und landen als Pestizidrückstände auf unseren Tellern. PFAS stellen eine massive Bedrohung für die Ökosysteme, unsere Gesundheit und die Nahrungskette dar.

Im Rahmen der Veranstaltung stellen der Toxikologe Dr. Peter Clausing und der Biochemiker und Buchautor Dr. Helmut Burtscher-Schaden die neue Studie „PFAS-Pestizide: Bedrohung für Gesundheit und Umwelt – Ewigkeitsgifte in unserer Nahrungskette“ vor, die die PFAS-Risiken für Umwelt und Verbraucher*innen analysiert sowie konkrete politische Handlungsoptionen aufzeigt.

Anschließend folgt eine Podiumsdiskussion mit:

  • Dr. Peter Clausing, Toxikologe, Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany)
  • Dr. Helmut Burtscher-Schaden, Biochemiker und Buchautor
  • Martin Häusling, MdEP Greens/EFA, Mitglied im Agrar-, Umwelt- und Gesundheitsausschuss
  • Christine Lützkendorf, Referentin Fluorierte Treibhausgase, Deutsche Umwelthilfe

Moderation: Lena Luig, Referentin Internationale Agrarpolitik, Heinrich-Böll-Stiftung

Weitere Informationen zur Veranstaltung sowie die Möglichkeit zur Anmeldung




Deutsche Umwelthilfe klagt gegen Zulassungen von TFA-bildenden Pestiziden

Giftige Ewigkeitschemikalie im Grund- und Trinkwasser: Deutsche Umwelthilfe reicht Klagen gegen Zulassungen von TFA-bildenden Pestiziden ein

  • DUH klagt mit fachlicher Unterstützung von PAN Germany gegen Zulassungen von TFA-bildenden Pestiziden Banjo, Brodal und Luna Experience
  • TFA verschmutzt Grundwasser und gilt als fortpflanzungsgefährdend: Ewigkeitschemikalie in 78 Prozent der Grundwassermessstellen in Deutschland
  • DUH fordert von Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit die Aufhebung aller Zulassungen für TFA-bildende Pestizide

Berlin, 22.10.2025: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat mit fachlicher Unterstützung des Pesticide Action Network (PAN) drei Klagen vor dem Verwaltungsgericht Braunschweig auf Zulassungswiderruf für die Pestizide Banjo, Brodal und Luna Experience eingereicht. Die drei Pestizidmittel bilden Trifluoressigsäure (TFA), das sich im Grund- und Trinkwasser ausbreitet. Neue Studien deuten auf erhebliche Gesundheitsrisiken durch TFA hin. Messungen der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft LAWA haben bereits in 78 Prozent aller Grundwassermessstellen in Deutschland TFA nachgewiesen – teils in extrem hohen Konzentrationen. Die DUH fordert das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit auf, sämtliche Zulassungen für TFA-bildende Pestizide zu überprüfen und aufzuheben.

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Mit diesen drei Musterklagen weiten wir unser Vorgehen gegen hochgiftige Pestizide aus, die für Ewigkeitschemikalien in Grund- und Trinkwasser verantwortlich sind. Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse weisen nach, wie gefährlich TFA ist. Der Schutz unserer lebenswichtigen Wasserressourcen und damit unserer Gesundheit darf nicht weiter aufgeschoben werden. Wir erhöhen deshalb den Druck und gehen rechtlich gegen die Zulassungen der TFA-bildenden Pestizide Banjo, Brodal und Luna Experience vor – für den Schutz unserer Gesundheit und der Umwelt.“

Peter Clausing, Toxikologe, PAN Germany: „TFA ist ein extrem persistentes Abbauprodukt von PFAS-Pestiziden. In den behördlich geforderten Tierversuchen wurden Missbildungen (Fehlbildungen) bei Nachkommen beobachtet, insbesondere Augenschäden, die letztendlich zur Erblindung führen. Das Pestizidrecht verlangt, solche neuen Befunde zu berücksichtigen, was im konkreten Fall zu einem Verbot der Pestizide führen muss, für die TFA als Abbauprodukt nachgewiesen ist. Zum Schutz unserer Kinder vor lebenslangen Gesundheitsschäden und zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit sauberem Trinkwasser fordern wir, TFA-freisetzende Pestizide umgehend vom Markt zu nehmen.“

Hintergrund:
Die in Pestizidprodukten wie Banjo, Brodal und Luna Experience enthaltenen Wirkstoffe Fluazinam, Diflufenican und Fluopyram gehören zu den per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) und werden als Fungizide und Herbizide unter anderem in diversen Ackerbaukulturen und teilweise im Weinbau verwendet. Das Abbauprodukt von vielen PFAS-Pestiziden ist die Chemikalie TFA. TFA (Trifluoressigsäure) ist hochbeständig, sehr mobil und überschreitet bereits heute an zahlreichen Grundwassermessstellen den für das Grundwasser geltenden Grenzwert von 0,1 μg/l deutlich. Es gibt keine praktikablen Methoden, um TFA wieder aus der Umwelt und aus dem Trinkwasser zu entfernen. Für TFA wurde eine Einstufung als reproduktionstoxisch beantragt. Tierstudien deuten auf Fehlbildungen bei Nachkommen hin. Laut EU-Pestizidverordnung muss eine Zulassung zwingend entzogen werden, wenn Hinweise auf schädliche Auswirkungen auf Umwelt oder Gesundheit vorliegen. Zuletzt hat auch die dänische Zulassungsbehörde mehr als 20 Pflanzenschutzmittel wegen TFA-Bildung vom Markt genommen.

Zum Hintergrundpapier: https://l.duh.de/p251022

Kontakt:

  • Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer DUH 0171 3649170, resch@duh.de
  • Dr. Peter Clausing, Toxikologe, Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN Germany), 0176 43795932, peter.clausing@pan-germany.org

DUH-Newsroom:
030 2400867-20, presse@duh.de, www.duh.de




Erfolgsgeschichten – Landwirtschaft ohne Pestizide

Ein neuer Bericht von PAN Europe und Friends of the Earth Europe stellt Landwirt*innen und Kommunen vor, denen es gelungen ist, den Einsatz von Pestiziden vollständig einzustellen oder auf ein Minimum zu reduzieren. Die beeindruckende und inspirierende Arbeit dieser und vieler anderer Landwirt*innen sollte die Politik dazu ermutigen, (agrar)ökologische Praktiken zu fördern und gemeinsam mit den Betrieben den Ausstieg aus dem Einsatz schädlicher Pestizide zu ermöglichen.

In einer Zeit, in der die Europäische Kommission zunehmend darauf bedacht ist, notwendige Umwelt- und Nachhaltigkeitsziele zurückzunehmen, belegen diese Beispiele, dass die Produktion von Lebensmitteln ohne gefährliche Pestizide möglich ist und bereits in ganz Europa praktiziert wird. Spannend ist auch der ergänzende Blick des Berichts auf die pestizidfreie Pflege öffentlicher Flächen in Kommunen.

Der Bericht konzentriert sich auf sechs Landwirte und zwei Städte in ganz Europa, denen es jeweils innerhalb ihrer eigenen spezifischen Systeme gelungen ist, den Einsatz von Pestiziden deutlich zu minimieren oder vollständig einzustellen. Obwohl die Systeme unterschiedlich sind, gibt es gemeinsame Elemente: Dem Fokus auf die Wiederherstellung des Bodenlebens und die Förderung der Vielfalt und der Funktionsfähigkeit des jeweiligen Ökosystems, um die Anfälligkeit für Schädlinge aktiv zu verhindern und die allgemeine Widerstandsfähigkeit der Systeme zu erhöhen.

Der Bericht macht Hoffnung – Statt immer nur aufzuzeigen was nicht geht oder angeblich nicht geht, zeigt er, wie Pestizidverzicht in der Praxis aussehen kann. Das sind hoffnungsvolle Beiträge in einer Zeit, in der die biologische Vielfalt in alarmierendem Tempo abnimmt und chemisch-synthetische Pestizide eine der Hauptursachen dafür sind.

Der Bericht zeigt: Pestizidreduzierte und ökologisch vertretbare Anbaumethoden ermöglichen ein gesundes neben- und miteinander von biologischer Vielfalt, Gesundheit und Nahrungsmittelproduktion.

Report: Farming beyond pesticides SUCCESS STORIES FROM THE FIELD




Erheben Sie Ihre Stimme für sichere Lebensmittel und eine Natur ohne giftige Pestizide

Unsere Natur und unsere Lebensmittel sind in Gefahr.

Die Europäische Kommission will wichtige Schutzmaßnahmen für die Lebensmittelsicherheit zurücknehmen – und bittet Sie um Ihre Meinung zum sogenannten „Omnibus-Vereinfachungspaket  für die Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit“.
Bis zum 14. Oktober 2025 können sich EU-Bürger*innen in einer Konsultation dazu äußern.

Nutzen Sie diese Chance und beteiligen Sie sich. Schreiben Sie Ihre Botschaft hier über das Formular auf der Seite von PAN Europe. Teilen Sie den Entscheidungsträgern mit, dass Sie gegen eine Lockerung und Abschwächung der Lebensmittel- und Pestizidgesetze sind.

Teilen Sie mit, dass der Schutz unserer Lebensmittel, Böden und Gewässer vor schädlichen Chemikalien notwendig ist.

Pestizidkonzerne und konservative Gesetzgeber haben bereits die dringend benötigte Verordnung zur Pestizid-Reduktion zu Fall gebracht. Jetzt will die EU-Kommission auch die Zulassung von Pestiziden erleichtern und höhere Grenzwerte für Pestizidrückstände in unseren Lebensmitteln zulassen.

Einige Entscheidungsträger bezeichnen dies als „Vereinfachung” oder „Bürokratieabbau”, obwohl es in Wahrheit nichts anderes ist, als der Abbau von Schutzmaßnahmen für sichere und saubere Lebensmittel. Was tatsächlich vereinfacht wird, ist die Art und Weise, wie aus dem Vergiften der Natur, des Wassers und der Menschen Profit gemacht werden kann.

Jetzt fragt die Europäische Kommission kurzfristig in einen sogenannten „Call for Evidence“ Unternehmen, Organisationen und Bürger*innen, ob die EU-Lebensmittelgesetze abgeschwächt werden sollten.

Es hat Jahrzehnte gedauert, gemeinsamen die geltenden Gesetze zum Schutz von Mensch und Natur zu erreichen. Lassen Sie nicht zu, dass diese stillschweigend rückgängig gemacht werden!

Bis zum 14. Oktober haben Sie Zeit, Ihre Stimme zu erheben – nutzen Sie diese Chance!

Ihr Beitrag wird auf der Website der Kommission veröffentlicht.

Das Websitetool wurde von einigen europäischen Nichtregierungsorganisationen erstellt und ist aufgrund der begrenzten Zeit nur in englischer Sprache verfügbar. Sie können Ihre Nachricht aber in Deutsch eingeben.

Das Tool ist so gestaltet, dass Sie schnell und einfach eine Nachricht schreiben oder einen Text erstellen können, um den Entscheidungsträgern mitzuteilen, dass Sie gegen eine Schwächung der Pestizidverordnungen und der Vorschriften für die Lebensmittelsicherheit sind.

 




Umwelt in Bedrängnis

Am 29. September war es wieder so weit – die Europäische Umweltbehörde EEA veröffentlichte den Umweltzustandsbericht. Der Bericht „Europe’s environment 2025“ belegt: Sieben der insgesamt 35 untersuchten Bereiche zeigen tendenzielle Verschlechterungen, darunter die Bereiche Zustand der Biodiversität, Belastungen von Ökosystemen und Klima sowie die chemische Belastung und menschliche Gesundheit. In allen diesen Bereichen spielen Pestizidbelastungen eine bedeutende Rolle.

Der Bericht sendet einen deutlichen Appell an die Politik, dass Europa seinen Kurs in Bezug auf seine grünen Ambitionen beibehalten und die im Rahmen des Europäischen Grünen Deals (EGD) vereinbarten Umwelt- und Klimamaßnahmen umsetzen muss, um seine langfristige Vision „ein gutes Leben innerhalb der Grenzen unseres Planeten“ zu verwirklichen.

Der Umweltzustandsbericht der EEA erscheint alle fünf Jahre. Er wendet sich an die Entscheidungsträger in Europa und an die breite Öffentlichkeit, um aufzuzeigen, welche Ziele beim Schutz der Umwelt, des Klimas und der Nachhaltigkeit erreicht wurden, welche Defizite noch bestehen und welche Kurskorrekturen erfolgen sollten. Der Web-Bericht besteht aus drei sich ergänzenden Teilen: dem Bericht „Europe′s environment and climate: knowledge for resilience, prosperity and sustainability“, 35 themenspezifischen Briefings sowie 38 Länderprofilen.

Bereits im Vorwort des neuen Berichts weist EEA-Direktorin Leena Ylä-Mononen darauf hin, dass vor dem Hintergrund von spürbarer Klimakrise, technologischem Umbruch, geopolitischer Fragmentierung und militärischen Konflikten, die Grundlagen der internationalen Zusammenarbeit und der inneren Stabilität auf die Probe gestellt wird. Als Folge sind zunehmend die Themen Sicherheit, Vorsorge und Wettbewerbsfähigkeit in den Vordergrund der strategischen Agenda Europas gerückt. Wenig wahrgenommen wird, wie eng jede dieser Prioritäten mit ökologischer Nachhaltigkeit verflochten ist. So ist Europa für seine wirtschaftliche Sicherheit in hohem Maße von natürlichen Ressourcen abhängig, die durch den Klimawandel und die Umweltzerstörung unmittelbar bedroht sind.

Insgesamt bescheinigt der Bericht wichtige Fortschritte bei der Eindämmung des Klimawandels, während die Fortschritte bei der Verringerung der Umweltverschmutzung und beim Übergang zur Kreislaufwirtschaft unterschiedlich zu bewerten sind. Die größten Herausforderungen sehen die Expert*innen in der Verringerung des Verlusts der biologischen Vielfalt, der Zerstörung der Ökosysteme sowie in der Anpassung an den sich beschleunigenden Klimawandel.

Aufgrund anhaltender Belastungen durch nicht nachhaltige Produktions- und Konsummuster, insbesondere im Lebensmittelsystem, nimmt die biologische Vielfalt in den terrestrischen, Süßwasser- und Meeresökosystemen Europas ab. Was die bisherigen Trends angeht, so wurde das Ziel der EU-Biodiversitätsstrategie für 2020, den Verlust der biologischen Vielfalt zu stoppen und umzukehren, nicht erreicht. Umweltverschmutzung ist nach wie vor ein großes Risiko für die biologische Vielfalt und die Lebensräume in allen Ökosystemen. Neben Mikroplastik verweist der Bericht als relevante Verschmutzungsquelle auf Nährstoffeinträge und Pestizide, die in der Landwirtschaft eingesetzt werden.

Nur 37 % der europäischen Oberflächengewässer wiesen 2021 einen guten oder hohen ökologischen Zustand auf und nur 30% zeigten einen guten chemischen Zustand. Die Verschlechterung der aquatischen Ökosysteme bedroht die Wasserresilienz Europas.

Die Landwirtschaft ist für die größte Belastung sowohl der Oberflächengewässer als auch des Grundwassers verantwortlich. Durch das Auswaschen von Düngemitteln und Pestiziden wird die Wasserqualität verschlechtert, was zu übermäßigem Algenwachstum, Sauerstoffmangel und dem Verlust von Wasserlebewesen führt. Viele europäische Gewässer sind mit Per- und Polyfluoralkylstoffen – PFAS – kontaminiert, die über den EU-Grenzwerten liegen. Hingewiesen wird auch auf neue ins Zentrum der Besorgnis und Aufmerksamkeit gerückte Schadstoffe, wie Trifluoracetat (TFA), dessen diffuse Quellen u.a. PFAS-Pestizide sind (PAN Germany berichtete).

Was Pestizide betrifft, so wurden zwischen 2013 und 2021 an 10 bis 25 % aller Oberflächengewässer-Messstellen, die der EEA gemeldet wurden, eine oder mehrere Pestizidsubstanzen in Konzentrationen nachgewiesen, die über ihrer Wirkungsschwelle lagen – dem Wert, ab dem die Auswirkungen des Pestizids als schädlich gelten.

Zudem hält die Kontamination von Lebens- und Futtermitteln mit Pestizidrückständen an. Die Europäische Lebensmittelbehörde, EFSA schätzt, dass etwa 2,2 % der untersuchten Lebensmittel Pestizidwerte aufweisen, die nicht sicher sind.

10 % der vorzeitigen Todesfälle in Europa sind auf die Belastung durch verschmutzte Luft, Wasser und Böden, Lärm und schädliche Chemikalien zurückzuführen. Ein großer Teil der EU-Bevölkerung weisen unsichere Mengen an giftigen Chemikalien in ihrem Körper auf.

Bezogen auf die in der Farm to Fork Strategie geforderte Pestizidreduktion beschreibt der Bericht eine Abnahme des Einsatzes chemischer Pestizide seit dem Basiszeitraum 2015–2017, betont aber auch, dass dieser Rückgang noch nicht zu einer Verringerung der Pestizidkonzentrationen in Oberflächengewässern und Böden geführt hat. Dies kann aus PAN-Sicht daran liegen, dass der zugrunde gelegte „Harmonized Risk Indicator“ (HRI1) völlig ungeeignet ist, die tatsächliche Minderung von Pestizidanwendungen adäquat abzubilden (s. Erklärvideo von Global 2000). Die Landwirtschaft und ihre Produktionskapazität hängen von Ökosystemen und deren Funktionsweise ab. Der aufgezeigte Verlust der biologischen Vielfalt und die Umweltzerstörung – wie der Rückgang der Bestäuber (teilweise aufgrund von Pestiziden) sowie die Bodendegradation – geben Anlass zur Sorge hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit, so der Bericht. Die Degradation sei vorwiegend auf bestimmte landwirtschaftliche Praktiken selbst zurückzuführen. Die Intensivierung hat zu einer Abhängigkeit von chemischen Hilfsstoffen geführt, die in die Umwelt gelangen können. Diese Praktiken führen zum Verlust von Lebensräumen und zu einem schlechten Erhaltungszustand vieler naturnaher Lebensräume in der EU.

Mit Blick auf die PAN Arbeitsziele zeigt der EEA-Zustandsbericht deutlich: Hinsichtlich des Schutzes der Umwelt vor chemischer Verschmutzung durch Pestizide, der notwendigen Pestizidreduktion und des Ausbaus agrarökologischer Anbauverfahren in der Landwirtschaft, ist noch deutlich Luft nach oben.

PAN Germany hofft, dass der Bericht nicht nur in den Umweltressorts, sondern auch von Bundeslandwirtschaftsminister Rainer und seinen Länder-Kolleg*innen aufmerksam gelesen wird und Bestrebungen zur Verschlankung und Beschleunigung der Pestizidzulassung vor dem Hintergrund des Zustands unserer Umwelt und Natur noch einmal überdacht werden. Der Umweltzustandsbericht zeigt: Wir können Erfolge erzielen, doch dazu bedarf es einer inklusiven politischen Debatte und einem politischen Willen, nachhaltigere Lösungen für die gesamte Gesellschaft und zukünftige Generationen erreichen zu wollen.

 




Stoppt die ewige Belastung mit PFAS!

Gewässer- und Gesundheitsbelastungen durch PFAS-Pestizide – Dänemark handelt, Deutschland und EU unter Zugzwang  

Wir brauchen sauberes Wasser, saubere Böden und unbelastete Lebensmittel, die frei von PFAS sind und es auch in Zukunft bleiben. Doch die als Ewigkeitschemikalien bekannten PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) und das Abbauprodukt Trifluoressigsäure (TFA) belasten zunehmend zentrale Bereich unseres Lebens und unsere Nahrungsmittel. Anschaulich konnten PAN Germany, PAN Europe und zahlreiche weitere NGOs dies sichtbar machen, indem sie neuere und ältere Weine untersuchten[1]: Wie Zeitkapseln zeigten die Jahrgänge, dass die Belastung mit TFA seit Jahren zunimmt. Ergänzend zu vorausgegangenen Untersuchungen von Gewässerproben offenbaren die Ergebnisse ein ernstes und rasant wachsendes Umweltproblem, dessen Lösung keinen Aufschub erlaubt.

Was ist das Problem?

PFAS sind extrem langlebig und reichern sich in der Umwelt und in uns Menschen an. Studien belegen, dass PFAS sich längst im Blut von Kindern und Erwachsenen befinden, dass sie u.a. das Immunsystem von Kindern beeinträchtigen können[2] und mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Erwachsenen einhergehen können[3] und langkettige PFAS-Verbindungen bis zu fünf Jahre in unseren Körpern verweilen können[4]. Bereits 2020 urteilte eine repräsentative deutsche Umweltstudie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen: Kinder und Jugendliche zwischen 3 und 17 Jahren haben zu viele PFAS im Blut[5]. Auch unsere Nahrung ist zunehmend belastet: Daten aus den offiziellen nationalen Überwachungsprogrammen der EU-Mitgliedstaaten belegen, dass sich die Zahl der europäischen Obst- und Gemüsesorten, in denen PFAS-Pestizidrückstände nachgewiesen wurden, zwischen 2011 und 2021 fast verdreifacht hat. Lange galt TFA als zwar extrem persistentes, aber toxikologisch unauffälliges Abbauprodukt, doch nachdem im Tierversuch Schäden an Nachkommen beobachtet wurden, steht TFA im Verdacht, fortpflanzungsschädigend zu sein. Ein Antrag auf eine entsprechende offizielle EU-Gefahreneinstufung als reproduktionstoxisch (R 1b) wurde von Seiten der deutschen Fachbehörden gestellt und wird derzeit von der europäischen Chemikalienbehörde ECHA geprüft.

Auf EU-Ebene wurde ein Prüfprozess zur Beschränkung von PFAS-Stoffgruppen vorgeschlagen. Allerdings betrifft dieser Vorschlag nur Industriechemikalien, nicht PFAS-Pestizide. Dabei tragen PFAS-Pestizide zur Umweltbelastung mit PFAS und TFA bei. Nach Modellierung des Umweltbundesamtes ist der Einsatz von PFAS-Pestiziden auf landwirtschaftlichen Flächen sogar die relevanteste Quelle von TFA-Kontaminationen der Grundwässer[6]. 27 PFAS-Pestizid-Wirkstoffe werden derzeit in Deutschland als Bestandteile einer Vielzahl an zugelassenen Mitteln im Acker-, Obst- Gemüse und Zierpflanzenbau auf landwirtschaftlichen Flächen eingesetzt. PAN Germany fordert von den deutschen Zulassungsbehörden auf nationaler Ebene jetzt zu handeln und die entsprechenden Mittelzulassungen zu überprüfen und zu widerrufen. Zudem sollte sich die Bundesregierung für einen EU-weiten Ausstieg aus der Nutzung von PFAS-Pestiziden einsetzen. Der Gesundheitsschutz unserer Kinder und der Schutz des Grundwassers als wichtigste Trinkwasserressource für uns und zukünftige Generationen muss Priorität eingeräumt werden.

Vorbild Dänemark

Dass Nationalstaaten durchaus handeln können, zeigt Dänemark: Es hat die Zulassung für 23 Pestizidprodukte widerrufen, die PFAS-Wirkstoffe enthalten. Weitere Entscheidungen stehen an[7]. Dänemark begründete die Entscheidung u.a. mit erhöhten TFA-Konzentrationen im Grundwasser. Vorausgegangen war eine Neubewertung von sechs PFAS-Wirkstoffen durch die dänische Umweltbehörde im Jahr 2025. Hier wurden 33 Mittel identifiziert, die sechs PFAS-Wirkstoffe enthalten: Fluazinam, Fluopyram, Diflufenican, Mefentrifluconazol und Tau-Fluvalinat sowie Flonicamid (alle auch in Deutschland in zugelassenen Mitteln im Einsatz). Die Entscheidung über die Auslauffristen wurde für jedes Produkt einzeln getroffen unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit und unter Einbeziehung und Abwägung von sozioökonomischen und kommerziellen Folgen, wobei der Schutz der Umwelt, einschließlich des Grundwassers, stets hohe Priorität hatte.

EU und Deutschland müssen handeln

Die besondere Bedeutung von TFA für den Gewässerschutz zeigt sich europaweit: TFA wurde in Grundwasserproben in ganz Europa in Konzentrationen über dem gesetzlichen Grenzwert von 0,1 µg/l nachgewiesen. Die EU-Pestizidverordnung verbietet die Genehmigung von Stoffen, wenn diese oder ihre toxischen (relevanten) Metaboliten zu Konzentrationen im Grundwasser führen, die dem gesetzlichen Grenzwert überschreiten. PAN Europe sieht im derzeitigen nicht-Handeln der EU Kommission gegen die sich immer weiter akkumulierenden Kontaminationen einen Verstoß gegen ihre gesetzliche Verpflichtung zum Schutz des Grundwassers und der öffentlichen Gesundheit. Die Partnerorganisation von PAN Germany hatte die EU Kommission wiederholt aufgefordert, alle PFAS-Pestizide zu verbieten, doch es wurden bislang keine umfassenden Maßnahmen ergriffen. Als Reaktion darauf hat PAN Europe im Juli 2025 einen formellen Antrag auf interne Überprüfung gestellt[8]. Dieser verpflichtet die Kommission zu einer Antwort und ermöglicht es PAN Europe, den Fall vor den EU-Gerichtshof zu bringen, sollte die Kommission nicht handeln. Der Antrag auf interne Überprüfung umfasst 28 PFAS-Wirkstoffe, die derzeit nach dem EU-Pestizidrecht genehmigt sind und jeweils mindestens eine -CF₃-Gruppe enthalten. Ausgenommen sind Flufenacet, das mittlerweile seine Genehmigung verloren hat und Flutolanil, für das die Kommission eine Nichtverlängerung der Genehmigung vorgeschlagen hat.

Nach EU-Recht ist die Kommission gesetzlich verpflichtet, Genehmigungen zu überprüfen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, wenn die Genehmigungskriterien nicht mehr erfüllt sind, wie dies bei PFAS-Pestiziden der Fall ist (Artikel 21 und 69 der Verordnung 1107/2009). Dazu gehören auch Beschränkungen oder Verbote im Einklang mit dem Vorsorgeprinzip. Ebenso können EU-Mitgliedsstaaten Mittelzulassungen bei neuen Erkenntnissen prüfen und diese widerrufen (Artikel 44der Verordnung 1107/2009). Aktionsspielraum gäbe es somit auch für Deutschland, den von Dänemark vorgezeichneten Weg, unabhängig von der EU, einzuschlagen.

Zum Weiterlesen:

PAN Beiträge zu PFAS und TFA

UBA Beitrag PFAS-haltige Pestizide in der Landwirtschaft

Zivilgesellschaftliches Positionspapier: Für eine Welt ohne Verschmutzung durch PFAS

Quellen: 

[1] https://pan-germany.org/download/pan-studie-zu-tfa-gehalten-in-europaeischem-wein-dt-fassung/

[2] https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/studie-pfas-chemikalien-gelangen-ueber-plazenta-und-muttermilch-in-koerper-von-kindern-a-b5f8a045-fcba-4c15-bbf5-3d19761ec863

[3] https://www.dzne.de/aktuelles/pressemitteilungen/presse/ewigkeitschemikalien-pfas-im-blut-sind-allgegenwaertig-und-mit-erhoehtem-risiko-fuer-herz-kreislauf-erkrankungen-verbunden/

[4] https://www.umweltbundesamt.de/pfas-im-menschen

[5] https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/kinder-jugendliche-haben-zu-viel-pfas-im-blut

[6] https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/11850/publikationen/102_2023_texte_tfa_v2.pdf

[7] https://mim.dk/nyheder/pressemeddelelser/2025/juli/sproejtemidler-med-pfas-aktivstoffer-bliver-forbudt

[8] https://www.pan-europe.info/press-releases/2025/07/pan-europe-demands-eu-commission-act-pfas-pesticides




Breites Bündnis fordert: Raus aus der Pestizid-Ära

Lassan/Hamburg, 22. Juli 2025. Gemeinsame Pressemitteilung von Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft e.V. (BEL) und Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN Germany).

Über 100 Organisationen und Einzelpersonen aus Bio-Branche, Wasserwirtschaft, Umweltschutz, Wissenschaft und Zivilgesellschaft fordern die Bundesregierung auf, den schrittweisen Ausstieg aus chemisch-synthetischen Pestiziden einzuleiten. In einem heute veröffentlichten Offenen Brief wenden sie sich direkt an Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer und Bundesumweltminister Carsten Schneider.

„Deutschland hat sich völkerrechtlich verpflichtet, das Risiko durch Pestizide bis 2030 deutlich zu senken – doch es fehlt eine wirksame politische Strategie zur Reduktion und zur Abkehr von dieser nicht zukunftsfähigen Praxis.“, sagt Anja Voß, Geschäftsführerin des Bündnisses für eine enkeltaugliche Landwirtschaft.
„Wir zeigen mit unserem Offenen Brief: Ein schrittweiser Ausstieg ist möglich. Und er muss jetzt beginnen.“

„Insbesondere vor der jüngst angekündigten Neuausrichtung der Pflanzenschutzmittelzulassung ist das Agrarministerium aufgerufen, die Zusagen aus dem Koalitionsvertrag einzuhalten, für transparente und wissenschaftsbasierte Verfahren zu sorgen und das Risiko beim Pflanzenschutzmitteleinsatz zu reduzieren. Verschlankungen im Zulassungsverfahren dürfen nicht zulasten der Gesundheit der Menschen in der Landwirtschaft oder unserer natürlichen Ressourcen gehen. Eine Neuausrichtung der Zulassung, die strukturell und fachlich die Umweltschutzbelange schwächt statt stärkt, ist gefährlich, denn sie gefährdet die Zukunft aller und verlagert die gesellschaftlichen Folgekosten auf unsere Kinder und Kindeskinder“, sagt Susan Haffmans von PAN Germany.

Das Bündnis formuliert sechs konkrete politische Forderungen:

  • Zulassungsverfahren reformieren – mit unabhängiger wissenschaftlicher Bewertung, modernen Prüfstandards und lückenloser Risikoanalyse
  • Einführung eines bundesweiten Luftmonitorings für Pestizide – um deren unkontrollierte Verbreitung durch die Luft zu erfassen und wirksam zu begrenzen
  • Transparenz beim Pestizideinsatz schaffen – wann, wo, was gespritzt wird öffentlich zugänglich machen.
  • Wettbewerbsverzerrung beenden – durch einen Schadensfonds für Bio-Betriebe und klare gesetzliche Regeln, um Bio besser vor Kontaminationen zu schützen.
  • Die EU-Richtlinie zur Pestizidreduktion rechtsverbindlich in nationales Recht überführen
  • Eine risikobasierte Pestizid-Abgabe einführen – um die gesellschaftlichen Folgekosten zu internalisieren und den ökologischen Umbau der Landwirtschaft zu unterstützen

Ein breiter Schulterschluss für eine enkeltaugliche Landwirtschaft
Die Unterzeichnenden fordern, dass Ernährungssicherung und der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen als politische Priorität behandelt werden.
Der aktuelle Stand der Forschung zeigt klar: Eine langfristig tragfähige Landwirtschaft erfordert eine deutliche Reduktion des Pestizideinsatzes – und eine konsequente Ausrichtung auf Gesundheit, Resilienz und Vorsorge.

Hier finden Sie den offenen Brief und die vollständige Liste der Mitzeichner. 

 

Über Das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft:
Das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft ist ein Zusammenschluss von namhaften Bio-Unternehmen sowie von zivilgesellschaftlichen Organisationen. Viele der Mitglieder zählen zu den Pionieren des ökologischen Landbaus in Deutschland. Die Mission des gemeinnützigen Bündnisses: Vitale Lebensgrundlagen für kommenden Generationen zu erhalten und sie dort, wo sie bereits beschädigt sind, wieder aufzubauen. Im Fokus stehen gefährliche chemisch-synthetische Pestizide, die auf Gemüse, Obst und Getreide ausgebracht werden und sich von dort auf dem Luftweg in ganz Deutschland ausbreiten. Mit wissenschaftlichem Sachverstand und juristischer Kompetenz kämpfen die Akteurinnen und Akteure für eine Zukunft ohne Ackergifte.

Über PAN Germany:
Das Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN Germany) ist eine gemeinnützige Organisation, die über die negativen Auswirkungen von Pestiziden einschließlich Bioziden auf die Gesundheit, die Umwelt und die biologische Vielfalt informiert und umweltfreundliche und sozial gerechte Alternativen fördert. Mitgliedsorganisationen von PAN Germany kommen aus den Bereichen Landwirtschaft, Imkerei, Gewerkschaft, Gesundheit, Umwelt und Handel. PAN Germany ist Mitgliedsgruppe von PAN Europe und Teil des internationalen Pesticide Action Network (PAN).

 

Für Rückfragen, Interviews oder weiteres Pressematerial wenden Sie sich bitte an:

Anja Voß
Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft e.V.
Geschäftsführerin
Mobil: +49 151 65660990
anja.voss@enkeltauglich.bio
www.enkeltauglich.bio

Susan Haffmans
PAN Germany
susan.haffmans@pan-germany.org
Tel. +49 (0)40 399 19 10-25
www.pan-germany.org

 

 

 

 




Offener Brief an Bundesregierung für besseren Schutz vor hormonschädigenden Stoffen

Bereits in sehr geringen Mengen können EDCs (endocrine disrupting chemicals) in den Hormonhaushalt eingreifen. Besonders gefährdet sind Schwangere, Kinder und andere vulnerable Gruppen. Deshalb muss nach den Zielen der Europäischen Union, die Exposition gegenüber EDCs für die Bevölkerung und für die Umwelt deutlich verringert werden.

In einem gemeinsamen offenen Brief wenden sich CHEM Trust Europe e.V., Health and Environment Justice Support e.V. (HEJSupport), Women Engage for a Common Future Deutschland e.V. (WECF) und das Pestizid-Aktions-Netzwerk e.V. (PAN Germany) an die neue Bundesregierung und mahnen dringenden politischen Handlungsbedarf zum Schutz vor hormonell schädigenden Stoffen an. Mit dem Brief an die Bundesminister:innen des BMUKN, BMLEH, BMG, BMWE, BMJV, BMFSFJ und dem BMAS appellieren die Nichtregierungsorganisationen (NROs) an deren Verantwortung, tätig zu werden. Sie  erinnern an den – nach Ressortabstimmung – von der Vorgängerregierung verabschiedeten „Fünf-Punkte-Plan zum Schutz vor hormonell schädigenden Stoffen” vom November 2023, der unter anderem als nationale Maßnahme für die Weiterentwicklung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie genannt wird.

Erinnert wird zudem an den Maßnahmenkatalog des NRO-Bündnisses, der ein Jahr später im Oktober 2024  veröffentlicht wurde und Empfehlungen für die weitere Ausgestaltung des „Fünf-Punkte-Plans“ zum Schutz der Bevölkerung und der Umwelt konkretisiert:

  • Entwicklung eines verbindlichen, ausreichend finanzierten Maßnahmenplans mit klaren Zielen und Verantwortlichkeiten.
  • Keine nationalen Zulassungen mehr für EDC-haltige Biozide und Pestizide; nationale Verbote von EDCs in besonders kritischen Produkten.
  • Engagement für eine zügige Identifizierung und Regulierung von EDCs auch auf EU- Ebene, inklusive der Verdachtsstoffe.
  • Mehr Transparenz für Verbraucher:innen, gezielte Aufklärungskampagnen (besonders für Schwangere) und einfache Zugänge zu Informationen.
  • Förderung sicherer Alternativen zu EDCs, auch nicht-chemischer Verfahren, und Unterstützung entsprechender Forschung.
  • Stärkere ressortübergreifende Zusammenarbeit und Koordinierung, um einheitliches und glaubwürdiges Handeln sicherzustellen.

Lesen Sie hier den gemeinsamen offenen Brief an die Bundesministerien.

 

EDCs werden mit schwerwiegenden Gesundheitseffekten wie bestimmten Krebserkrankungen, Fortpflanzungsstörungen, neurologischen Effekten auf Intelligenz und Verhalten, chronischen Stoffwechselkrankheiten und Schädigungen des Immunsystems in Verbindung gebracht. EDCs kommen in vielen Alltagsprodukten vor und landen als Pestizidrückstände in der Umwelt und in unseren Lebensmitteln. Auch für die biologische Vielfalt und die Umwelt stellen EDCs – zum Beispiel solche aus der PFAS-Gruppe – eine ernstzunehmende Bedrohung dar. Dies ist mit erheblichen wirtschaftlichen Kosten verbunden, die in der EU auf Hunderte von Milliarden Euro pro Jahr geschätzt werden. Konkrete Maßnahmen der Bundesregierung sind insofern dringend geboten.

Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie wendete sich deshalb ebenfalls jüngst mit einem Offenen Brief an Vertreter:innen der deutschen Regierung und formulierte ihre Empfehlungen, unter anderen ein Verbot von EDCs in allen Konsumgütern  und die Unterstützung des  Vorschlags für eine universelle Beschränkung von den „Ewigkeitschemikalien“ PFAS.

In den Kernbereichen von PAN Germany – der Pestizid- und Biozidpolitik – regeln die entsprechenden EU-Verordnungen bereits seit 2009 bzw. 2012 den Ausschluss von identifizierten hormonschädlichen Wirkstoffen. Allerdings verlaufen die Identifizierung und Regulierung sehr schleppend. Es gibt immer wieder technische Verlängerungen von Wirkstoff-Genehmigungen, oft, weil die notwendigen Daten zu endokrinschädlichen Eigenschaften von den Antragstellern nicht oder unvollständig eingereicht werden. Außerdem sind – insbesondere im Biozidrecht – verschiedene Ausnahmen vom Verwendungsverbot vorgesehen, sofern keine Alternativen zur Verfügung stehen. Daher setzt sich PAN Germany für eine schnellere und konsequentere Umsetzung der Gesetzgebung ein wie z.B. eine ernsthafte vergleichende Bewertung auch von nichtchemischen Alternativen und fordert schnelle und weitergehende nationale Verbote von Pestizid- und Biozidprodukten, die EDCs enthalten.

Ein weiterer wichtiger Bereich ist die Sensibilisierung der Öffentlichkeit und die Bereitstellung von Informationen. Hier leistet PAN Germany wichtige Aufklärungsarbeit, beispielsweise mit den aktuellen Materialien zum EDC-Thema für die schulische und außerschulische Bildungsarbeit.




Insektensprays & Co. – Greifen die neuen Verkaufsregeln im Handel?

Selbstbedienungsverbot für Biozidprodukte: PAN Germany und Verbraucherzentrale NRW machen den Test

Hamburg, 11.06.2025, Pressemitteilung.

Seit Anfang des Jahres gilt in deutschen Geschäften ein Selbstbedienungsverbot für Mittel zur Schädlingsbekämpfung wie Insektizide gegen Motten, Mücken oder Ameisen. Zudem müssen Kund*innen vor dem Kauf solcher und weiterer Biozidprodukte durch das Verkaufspersonal sachkundig beraten werden. Wie gut das funktioniert, haben das Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN Germany) und die Verbraucherzentrale NRW mit Stichproben in Nordrhein-Westfalen und Hamburg überprüft.

Der stationäre und der Online-Handel hatten nach Verabschiedung der „Verordnung über die Meldung und die Abgabe von Biozid-Produkten“ im August 2021 mehr als drei Jahre Zeit, um sich auf die neuen Regelungen vorzubereiten.

„Endlich gelten für die Abgabe von Schädlingsbekämpfungsmitteln die selben Schutzstandards für den Verkauf, wie sie bereits seit Jahrzehnten für Pestizidprodukte für den Garten vorgeschrieben sind“, sagt die Biozid- und Pestizidexpertin bei PAN Germany Susanne Smolka. „Die neuen Regeln zeigen Wirkung. Wir haben keine freiverkäuflichen Angebote von Motten- oder Fliegensprays mehr in den überprüften Geschäften wie Drogerien gefunden und in den Baumärkten stehen sie nun gemeinsam mit den Pestiziden im verschlossenen „Giftschrank“. Was die sachkundige Beratung anbelangt, kann allerdings mancherorts noch nachgebessert werden“, so Smolka. In den über 20 geführten Beratungsgesprächen im stationären Handel fehlten oft wichtige Informationen oder die richtigen Hinweise für den geschilderten Schädlingsfall.

Die Verordnung schreibt vor, dass Verbraucher*innen – also nicht sachkundige Personen – in einem Abgabegespräch vor dem Kauf sowohl über die sachgerechte Anwendung, Entsorgung und über mögliche Risiken der Mittel informiert werden müssen. Außerdem muss auf Vorsorgemaßnahmen zur Vermeidung sowie auf mögliche alternative Maßnahmen mit geringem Risiko zur Bekämpfung eines Schädlingsbefalls hingewiesen werden. „Wichtig ist jetzt, dass sich das neue Beratungsrecht bei den Verbraucher*innen rumspricht und sie dieses im Geschäft und beim (online-)Einkauf einfordern. Biozidprodukte wie Insektensprays enthalten Giftstoffe mit Gesundheits- und Umweltgefahren. Es lohnt also immer, nach ungefährlicheren Alternativen zu fragen“, so Smolka. Bei einem sehr starken Schädlingsbefall empfiehlt die PAN-Expertin, eine sachkundige Schädlingsbekämpfungsfirma hinzuzuziehen.

Bei den Testkäufen positiv aufgefallen sei, dass viele Online-Shops beratungspflichtige Mittel aus ihrem Sortiment genommen haben, beziehungsweise solche Produkte nur noch mit Beratung im stationären Handel zur Abholung anbieten. Ob im Netz bereitgestellte Informationsvideos anstelle eines individuellen Abgabegesprächs ausreichen, ist zu hinterfragen und muss letztlich von den für die Umsetzung der Verordnung zuständigen Behörden bewertet werden.

PAN Germany und die Verbraucherzentrale NRW betonen, dass behördliche Kontrollen zur Umsetzung der neuen Vorschriften wichtig sind und heben insbesondere die Schaffung einer zentralen Anlaufstelle für Verbraucher*innen hervor, wo diese Verstöße melden können. Beides ist wichtig, denn es geht neben der Wahrung der Verbraucherrechte um die Stärkung des Gesundheits- und Umweltschutzes.

Frei verkäuflich und ohne Beratungspflicht sind weiterhin biozidhaltige Abwehr- und Lockmittel (Repellentien) erhältlich. Kerstin Effers, Expertin für Umwelt und Gesundheitsschutz der Verbraucherzentrale NRW verweist auf diese Gesetzeslücke [ Pressemitteilung VZ NRW: „Insektenspray – beim Kauf jetzt besser beraten?“ ]. So zeige sich, dass viele Hersteller ihre Rezepturen „entschärft“ haben, um die Sprays als Repellentien ohne Beratungspflicht deklarieren zu können. Diese enthalten Wirkstoffe wie Chrysanthemenextrakt, der Insekten – Schädlinge wie Nützlinge – nicht nur abwehren, sondern auch töten kann, kritisiert die Chemikerin. Einen Vorteil hat Chysanthemenextrakt: Seine Wirkstoffe, sogenannte Pyrethrine, sind weniger stabil als die meisten synthetisch hergestellten Pyrethroide. Mit Blick auf die Umweltwirkungen sollten aus Sicht der Chemikerin auch Wirkstoffe wie Chrysanthemenextrakt, die Insekten schädigen und töten können, nicht als „Abwehrmittel“ zugelassen werden. Damit wäre der Trick der Hersteller, Insektensprays als Abwehrmittel zu verkaufen, nicht mehr möglich, unterstreicht Effers.

Pressekontakt

Susanne Smolka, PAN Germany, susanne.smolka@pan-germany.org, Tel.: 0179/6822644

 

Hintergrundinformation

Im März und April hatten Mitarbeitende der beiden Organisationen PAN Germany und VZ NRW in 17 Städten in NRW sowie in Hamburg stichprobenartig Drogerie- und Supermärkte sowie Raiffeisen-, Bau- und Gartenmärkte aufgesucht und das Angebot von Insektizid-Produkten geprüft. Positives Ergebnis: Beratungspflichtige Produkte wurden in den großen Drogerie- und Supermarktketten aus dem Sortiment genommen. In keinem der mehr als 130 besuchten Geschäfte standen solche Insektizid-Sprays einfach zur Selbstbedienung im Regal.

Schädlingsbekämpfungsmittel werden vor allem noch in Bau-, Garten- und Raiffeisenmärkten in verschlossenen „Giftschränken“ angeboten. Sie stehen nun dort an der Seite mit Pestiziden für den Garten, die oft die gleichen oder ähnliche Wirkstoffe enthalten wie Schädlingsbekämpfungsmittel für Haus und Terrasse.

Die Biozidrechts-Durchführungsverordnung (ChemBiozidDV) schreibt ein Selbstbedienungsverbot vor für Biozid-Produkte, die für die Verwendung durch die breite Öffentlichkeit nicht gestattet sind, sowie für die Produktarten „Rodentizide“, „Insektizide“, „Akarizide und Produkte gegen andere Arthropoden“ und „Antifouling-Produkte“. Für diese genannten Gruppen sowie für folgende weitere Biozid-Produktarten: „Beschichtungsschutzmittel“, „Holzschutzmittel“ und „Schutzmittel für Baumaterialien“ muss sichergestellt werden, dass vor Abschluss des Kaufvertrags ein Abgabegespräch durch eine sachkundige Person stattfindet.