EU-Parlament & Pestizide: Wer unterstützt Landwirt*innen, Verbraucher*innen und Natur?

Ihre Stimme zählt!

Die folgende Analyse zeigt die Positionen der im EU-Parlament vertretenen Fraktionen und der deutschen Parteien zu dieser Frage.

Der hohe Pestizideinsatz ist ein großes Problem in unserem derzeitigen Lebensmittelsystem, das Natur, Landwirt*innen, Verbraucher*innen und künftigen Generationen schadet und sie im Stich lässt. Um den Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden und die damit verbundenen Risiken in der EU bis 2030 um die Hälfte zu reduzieren und Menschen und Natur besser zu schützen, legte die EU Kommission einen Entwurf zur Verordnung über die nachhaltige Verwendung von Pestiziden (SUR) vor. Dieser Vorschlag wurde jedoch stark verwässert und scheiterte schließlich im November 2023 im EU Parlament. Die Forderungen von mehr als einer Million Bürger*innen nach einer drastischen Reduzierung des Pestizideinsatzes in der EU und nach Unterstützung der Landwirt*innen bei dieser Umstellung wurden somit nicht erfüllt.

Wenn die Bürger*innen am 9. Juni in ganz Europa zu den EU-Wahlen an die Urnen gehen, sollten sie sich darüber im Klaren sein, wie politische Gruppen ihre Interessen bislang vertreten haben. Aus unserer Sicht schadet die Ablehnung dringend notwendiger Maßnahmen zur Reduzierung des Pestizideinsatzes dem Wohlbefinden aller EU Bürger*innen, der Gesundheit unserer Ökosysteme, einer langfristigen Perspektive für Landwirt*innen und unserer Ernährungssicherheit.

Im Vorfeld der EU-Wahlen analysierten die Nichtregierungsorganisationen PAN Europe, Friends of the Earth Europe und Corporate Europe Observatory das Abstimmungsverhalten zum SUR-Vorschlag nach politischen Gruppierungen im EU-Parlament. Für die Auswertung wurden die Abstimmungsergebnisse der einzelnen Abgeordneten für sechs Änderungsanträge zu einer Reihe von Schlüsselaspekten des Gesetzesvorschlags ausgewählt.

Das Ergebnis: Bei allen Themen stimmte die große Mehrheit oder alle Fraktionen der christlich-demokratischen EVP, der konservativen (bis rechtsextremen) EKR und der rechtsextremen ID-Fraktion konsequent gegen die Interessen der EU Bürger*innen. Diese Fraktionen unterstützen nicht einmal eine regelmäßige unabhängige Beratung für Landwirt*innen zu Pestiziden und ihren Alternativen oder eine stärkere Reduzierung der gefährlichsten Pestizide!

Zusätzlich erfolgte eine Auswertung des Abstimmungsverhaltens der deutschen Abgeordneten bzw. Parteien im EU-Parlament zu 5 Schlüsselaspekten des Gesetzesvorschlags:

(Für eine größere Ansicht der Infografiken: Bitte mit rechter Maustaste ‚Bild vergrößern‘ oder ‚Bild in neuem Tab öffnen‘ auswählen.)

 

1. Pestizide dürfen nur als letzte Maßnahme eingesetzt werden

Der integrierte Pflanzenschutz (IPM) ist ein Instrument zur Verringerung des Pestizideinsatzes, indem präventive agronomische Maßnahmen in den Mittelpunkt der Schädlingsbekämpfung gestellt werden und chemisch-synthetische Pestizide nur als allerletzte Maßnahme eingesetzt werden. Obwohl IPM bereits durch die derzeitige EU-Richtlinie (über die nachhaltige Verwendung von Pestiziden) seit rund 10 Jahren verbindlich vorgeschrieben ist, wurde es von den Mitgliedstaaten nicht ordnungsgemäß umgesetzt. Die neue Pestizidverordnung zielte darauf ab, die kulturspezifischen IPM-Regeln zu definieren und verbindlicher zu machen, um sicherzustellen, dass IPM wirksam angewendet wird. Das Schaubild zeigt, welche deutschen Parteien für diese obligatorischen Regeln stimmten oder nicht.

 

 

 

 

 

 

 

 

2. Schutzgebiete und öffentliche Plätze besser vor Pestiziden schützen

Das vorgeschlagene neue Gesetz hätte den Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden in sensiblen Gebieten wie Naturschutzgebieten, öffentlichen Räumen, Parks und Spielplätzen verboten. Mit dieser Maßnahme sollten Bürger*innen, insbesondere gefährdete Gruppen wie Kinder und Schwangere, und unsere Ökosysteme besser geschützt werden. Das Schaubild zeigt, welche deutschen Parteien im EU-Parlament diesen wichtigen Schutz unterstützen und welche nicht.

 

 

 

 

 

 

 

 

3. Gewässer besser vor Pestiziden schützen

Die Verschmutzung von Grund- und Oberflächengewässern durch Pestizide stellt ein großes Risiko für die öffentliche Gesundheit und für die Ökosysteme dar und verursacht der Gesellschaft erhebliche Kosten. Das Schaubild zeigt, wie die deutschen Parteien im EU-Parlament für Verbesserungen im Gewässerschutz vor Pestizidverschmutzung gestimmt haben.

 

 

 

 

 

 

 

 

4. Pestizidreduktion durch jährliche unabhängige Beratung der landwirtschaftlichen Betriebe fördern

In den letzten Jahrzehnten wurde die unabhängige Offizialberatung für landwirtschaftliche Betriebe abgebaut und zum Teil durch private Dienste ersetzt, die ggf. mit Pestizidkonzernen zusammenarbeiten. Dies führt zu Interessenkonflikten. Regelmäßige unabhängige Beratung ist wichtig, um sich aus dem Griff der Pestizidindustrie zu befreien und Landwirt*innen bei der Einführung alternativer Praktiken zu unterstützen. Das Schaubild zeigt, welche deutschen Parteien sich für die Unterstützung der Landwirt*innen durch eine jährlich stattfindende unabhängige Beratung ausspricht (anstatt nur alle drei Jahre) – und welche nicht.

 

 

 

 

 

 

 

 

5. Mehr Anstrengungen zur Reduzierung der schädlichsten Pestizide

Dieses Schaubild zeigt, welche Parteien für und gegen einen Änderungsantrag gestimmt haben, der ein höheres Reduktionsziel für die gefährlichsten Pestizide vorsieht, nämlich eine Reduktion von 65 % bis 2030 anstelle von 50 %.

 

 

 

 

 

 

 

 

Methodik: Die Daten für die Infographiken basieren auf den Ergebnissen der namentlichen Abstimmungen bei der Plenarabstimmung des Europäischen Parlaments über den SUR-Vorschlag, die am 22. November in Straßburg stattfand. Die Ergebnisse wurden durch MEP watch überprüft.

Weitere Informationen bietet der PAN Europe Blog Beitrag „EU citizens asked for less pesticides. Find out which politicians listened. Make your vote count!

Eine Übersichtstabelle bietet zudem die Möglichkeit nachzusehen, wie die einzelnen Abgeordneten abgestimmt haben.




Exportstopp für in der EU verbotene Pestizide schadet der europäischen Wirtschaft nicht und kommt Drittländern zugute

Hamburg/Brüssel 18.04.2024. Pressemitteilung.
Ein europäischer Ausfuhr-Stopp von in der EU verbotenen Pestiziden würde weder massiv Arbeitsplätze gefährden noch die Wirtschaft in Europa belasten. Dies ist die Schlussfolgerung eines heute veröffentlichten Berichts, der von einer Koalition zivilgesellschaftlicher Organisationen in Auftrag gegeben wurde. Ein solcher Exportstopp würde sich positiv auf die Gesundheit der Menschen und die Umwelt in den Importländern auswirken. Für die Landwirtschaft in der EU würde er den unfairen Wettbewerb beenden und EU-Bürger*innen besser vor giftigen Rückständen in importierten Lebensmitteln schützen.

Die Doppelmoral hinsichtlich gefährlicher Pestizide muss ein Ende haben. Es gibt keine Gründe, die die EU daran hindert, strenge Maßnahmen zu ergreifen. Ein Exportverbot wird sich kaum auf die EU-Wirtschaft auswirken, aber ein deutliches Zeichen gegen die Verbreitung giftiger Chemikalien in Drittländern setzen, in denen Pestizidunternehmen die laxe Gesetzgebung ausnutzen. Die EU muss jetzt handeln“, betont Rina Guadagnini, Policy Officer bei PAN Europe, im Namen der Koalitionsmitglieder.

„Der Bericht sollte auch in Deutschland ein Weckruf und Ansporn für alle politischen Entscheidungspersonen sein, die bislang den Entwurf des Agrarministeriums für eine entsprechende Verordnung blockieren.“ sagt Susan Haffmans, Referentin bei PAN Germany.

Während bestimmte Pestizide in Europa verboten sind, weil sie als zu gefährlich für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt eingestuft wurden, dürfen Unternehmen in der EU sie weiterhin herstellen und in andere Teile der Welt exportieren. Die EU versprach in ihrer Chemikalienstrategie, Maßnahmen zu ergreifen, um solche Exporte zu unterbinden. Die Industrie reagierte und schürte Ängste vor dramatischen Auswirkungen auf die EU-Wirtschaft. Doch der Bericht zeigt: die Auswirkungen auf die Wirtschaft der EU wären minimal, die positiven Auswirkungen in den Drittländern wären erheblich.

Basierend auf den Exportdaten von 2022 der wichtigsten Ausfuhrländer der EU – darunter Deutschland, Frankreich und Belgien – und den Erfahrungen mit dem französischen Ausfuhrverbot kamen die Autoren zu dem Schluss, dass ein Exportverbot in der gesamten Europäischen Union 25 Arbeitsplätze gefährdet hätte. Diese Arbeitsplätze ließen sich sehr wahrscheinlich vollständig erhalten, wenn Personal intern verlagert oder mit anderen Aufgaben betraut würde. Das Exportverbot könnte zudem Anreize für Unternehmen schaffen, in die Produktion von sichereren, nachhaltigen Alternativen zu investieren.

Die EU ist der weltweit führende Exporteur von Pestiziden. Strengere Regeln für die Ausfuhr besonders gefährlicher Pestizide hätte daher weitreichende positive Auswirkungen auf globaler Ebene. Ein Ausfuhr-Stopp von in der EU verbotenen Pestiziden würde die Exposition gegenüber hochgefährlichen Pestiziden und alle damit verbundenen Risiken für die Gesundheit von Landarbeiter*innen, der Landbevölkerung und der Umwelt verringern. Davon würden insbesondere Länder mit geringem und mittlerem Einkommen (LMIC) profitieren, in denen spezifische Vorschriften, Kontrollen und Schulungen für den Einsatz von Pestiziden häufig fehlen oder nicht umgesetzt werden, ein höherer Anteil der Bevölkerung in der Landwirtschaft arbeitet, der Anteil hochgefährlicher Pestizide hoch ist, es Kinderarbeit gibt und Schutzausrüstungen für die Arbeiter*innen nicht oder unzureichend zur Verfügung stehen.

Pressekontakte:

  • Deutsch: Dr. Peter Clausing, Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany), Tel +49 176 4379 5932, peter.clausing@pan-germany.org
  • Englisch: Angeliki Lyssimachou, PAN Europe, Tel +32 496 392 930, angeliki@pan-europe.info

Weiterführende Informationen:




UN-Versammlung stimmt für Beendigung des Einsatzes der giftigsten Pestizide der Welt

In einem historischen Schritt hat die Umweltversammlung der Vereinten Nationen (UNEA) am Freitag 1.3.24 in Nairobi dazu aufgerufen, bis 2035 auf den Einsatz der weltweit giftigsten Pestizide zu verzichten. Die UNEA Resolution on highly hazardous pesticides ist ein wichtiger Beitrag dazu, stärkere nationale und multilaterale Maßnahmen zum Ausstieg aus hochgefährlichen Pestiziden voranzutreiben.

Die als hochgefährliche Pestizide (HHP) bezeichneten Agrarchemikalien verursachen erhebliche Umweltschäden und stellen eine ernsthafte Bedrohung für die Gesundheit dar. Die Exposition gegenüber HHPs wird unter anderem mit Krebs, der Beeinträchtigung der Gehirnentwicklung bei Kindern, Fortpflanzungsschäden und Störungen des Hormonsystems in Verbindung gebracht. Der Aufruf zum Handeln der UNEA wurde von afrikanischen Ländern initiiert, wobei Äthiopien eine führende Rolle einnahm. Verterter*innen von PAN waren in Nairobi vertreten und unterstützten die Resolution nach Kräften.

PAN setzt sich seit mehr als einem Jahrzehnt für ein schrittweises Verbot von HHPs weltweit ein und wird dabei von Hunderten von Organisationen weltweit unterstützt. Basierend auf der PAN International List of Highly Hazardous Pesticides konnte das International Pollution Elimination Network (IPEN) jüngst belegen, dass die meisten hochgefährlichen Pestizide, die in wohlhabenderen Ländern verboten bzw. strenger reguliert sind, in Ländern mit mittlerem und geringem Einkommen (LMIC) noch immer weit verbreitet zum Einsatz kommen. In einigen dieser Länder sind fast 70 % der zugelassenen Pestizide HHPs, so der IPEN Bericht. Von den in der EU im Jahr 2022 insgesamt 250 verboten oder nicht genehmigten HHPs, waren in 31 der untersuchten LMICs durchschnittlich nur 25 HHPs verboten. Das bedeutet, dass in diesen Ländern mehr als zweihundert HHPs zur Verwendung zugelassen sind, die in der EU aus Umwelt-oder Gesundheitsgründen verboten wurden.

Mit der UNEA Resolution on highly hazardous pesticides gibt es innerhalb kürzester Zeit ein weiteres Bekenntnis zum Handeln gegen hochgefährlicher Pestizide auf globaler Ebene – nach der Verabschiedung verpflichtender Pestizidreduktionsziele im Globalen Biodiversitätsrahmen von Kunming-Montreal 2022 und der Festschreibung von Zielen zum Phase-out von HHPs und der Etablierung einer globalen HHP Allianz, um dies zu unterstützen, durch die Weltchemikalienkonferenz 2023 in Bonn (wir berichteten).

Damit jetzt die notwendigen Taten folgen, sind Staaten aufgerufen, sich an der HHP-Allianz zu beteiligen. Zudem bedarf es finanzieller und technischer Unterstützung für die Landwirte, Bäuerinnen und Landarbeiter, um den Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden nachhaltig und zukunftssicher durch pflanzenbauliche, mechanische und agrarökologische Alternativen zu ersetzen.

Presse-Information von PAN International und IPEN, 1.3.24: UN Environment Assembly Calls for Action to End the Use of the World’s Most Toxic Pesticides by 2035.




Warum die Klima-COP28 der Agrarökologie Priorität einräumen muss

Heute wurde sie eröffnet: Die 28. UN-Weltklimakonferenz. Zwei Wochen lang beraten um die 200 teilnehmende Staaten in den Vereinigten Arabischen Emiraten über die Ziele, die im Pariser Klimaschutzabkommen 2015 festgelegt wurden, darüber was bisher erreicht wurde und welche Maßnahmen dringend notwendig sind, um das Ziel einer globalen Erderwärmung von maximal 1,5° Celsius noch zu erreichen. Als Beobachter mit dabei sind auch diesmal wieder hunderte von NGO-Vertreter*innen – bei der COP27 waren es gut 3000 (!).

Eine erhebliche klimarelevante Rolle spielen die Landwirtschafts- und Ernährungssysteme, die mehr als ein Drittel der globalen klimaschädlichen Emissionen verursachen. Um die globale Erwärmung im Einklang mit den Zielen des Pariser Abkommens zu begrenzen, müssen die Landwirtschaft- und Ernährungssysteme umgestaltet werden. Die Abkehr von der industriellen Landwirtschaft, die auf fossile chemische Stoffe wie synthetische Pestizide und Düngemittel angewiesen ist, ist hierfür essentiell.. Die UN-Klimakonferenz COP28 ist aufgerufen, diesen zentralen Bereich der Landwirtschafts- und Ernährungssysteme im Blick zu haben und agrarökologische, klimaschonende Anbaumethoden stärker zu fordern und zu fördern.

Dass Landwirtschaft in einer Weise betrieben werden kann, die zugleich zum Wohl der Menschen, der Natur und Umwelt ist, das Klima schützt und gleichzeitig resilient auf Klimaveränderungen reagieren kann, zeigen Biobetriebe und agrarökologisch wirtschaftende Betriebe auf der ganzen Welt. Eine Untersuchung der Technischen Universität München belegte erst Anfang des Jahres die positiven Klima- und Umweltwirkungen der ökologischen Bewirtschaftung und wie hierdurch zudem die Kosten für die Gesellschaft verringert werden.

Der Weltklimarat IPCC berichtet, dass die Einführung agrarökologischer Anbaumethoden die klimarelevanten Emissionen um 2,8 bis 4,1 Gigatonne CO2-Äquivalent (Gt CO2e) pro Jahr reduzieren könnte, was dem Umfang von bis zu 10 % der globalen energiebezogenen Emissionen bezogen auf das Jahr 2021 entspräche. Der Rat weist auch darauf hin, dass Agrarökologie dazu beiträgt, produktive und gerechte Nahrungsmittelsysteme zu erhalten, die an den bereits eingeleiteten Temperaturanstieg besser angepasst seien. Die meisten Unterzeichnerstaaten des Pariser Abkommens haben sich bereits verpflichtet, agrarökologische Anbaumethoden deutlich auszubauen, den Einsatz von chemischen Düngemitteln und Pestiziden sowie die Umweltverschmutzung erheblich zu reduzieren und hochgefährliche Pestizide in der Landwirtschaft auslaufen zu lassen. Diese Verpflichtungen wurden in ergänzenden UN-Vereinbarungen wie dem Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework und dem neuen Global Framework on Chemicals (SAICM-Nachfolgeabkommen) aufgegriffen. Die Vorteile dieser Reformen für die Gesellschaft, die biologische Vielfalt, den Klimaschutz und die Klimaanpassung sind evident.

PAN Germany unterstützt die Klima-bezogene Arbeit des PAN International Netzwerks und insbesondere die Kolleginnen und Kollegen von PAN Asien und Pazifik, die mit der Global Peoples’ Caravan for Food, Land, and Climate Justice vor Ort in Dubai sind. Gemeinsam fordern wir die Vertragsparteien des Pariser Abkommens auf, ihrer Verpflichtungen nachzukommen und Maßnahmen gegen HHPs und für Agrarökologie in ihre nationalen Klimaschutzpläne aufzunehmen.

PAN International Positionspapier „Food System Transformation at COP28 – Why agroecology must be prioritised“




Chlorpyrifos: UN-Expertengremien stellen Weichen für Handelsrestriktion und Anwendungsverbot

Das Expertengremium des Rotterdamer Übereinkommens (CRC) stellte auf seiner neunzehnten Sitzung fest, dass das Insektizid Chlorpyrifos aufgrund seiner Risiken für die menschliche Gesundheit die Kriterien für eine Aufnahme in das Rotterdamer Übereinkommen erfüllt und empfahl, es in Anhang III des Übereinkommens aufzunehmen. Das Rotterdamer Übereinkommen ermächtigt die 165 Vertragsstaaten, zu entscheiden, ob sie der Einfuhr hierin gelisteter Pestizide zustimmen oder nicht. Mit der Entscheidung des Expertengremiums, das in Genf vom 3 bis 6. Oktober 2023 tagte, ist – sofern die Vertragsstaatenkonferenz dem zustimmen wird – der Weg geebnet, dass Staaten zukünftig Chlorpyrifos-Importe ablehnen können.

Auch das Expertengremium des Stockholmer Übereinkommens (POPRC), das in der Woche nach dem CRC19 tagte, befasste sich zum wiederholten Male mit dem Wirkstoff. Die Chemikalienexpert*innen aus aller Welt kamen auf ihrer 19. Sitzung zu dem Schluss, dass Chlorpyrifos aufgrund seiner weiträumigen Verbreitung in der Umwelt wahrscheinlich zu erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und/oder die Umwelt führt, so dass ein globales Vorgehen gerechtfertigt sei. Damit wurde eine weitere Hürde genommen auf dem Weg zur Aufnahme von Chlorpyrifos in die Liste des Stockholmer Übereinkommens, das ein weltweites Verbot persistenter (=langlebiger) organischer Schadstoffe (POPs) vorsieht.

Wissenschaftliche Daten belegen, dass POPs, die Umwelt und lebende Organismen stark belasten. Da diese Chemikalien in der Umwelt persistent sind, führt die fortgesetzte Verwendung von POPs zu einer anhaltenden Exposition vieler Arten, einschließlich des Menschen, über Generationen hinweg, was sowohl akute als auch chronische toxische Auswirkungen hat. Diese Auswirkungen können Tausende von Kilometern vom Einsatzort der POPs entfernt auftreten und die Menschen, die Tierwelt und die Umwelt in der Arktis und anderen abgelegenen Regionen verseuchen.

Anfang 2022 bestätigte der Expertenausschuss in seiner 17. Sitzung, dass Chlorpyrifos die Kriterien für Persistenz, Bioakkumulation, schädliche Wirkungen und weiträumigen Transport erfüllt. Chlorpyrifos ist ein Organophosphat, das für seine schädlichen Auswirkungen auf das menschliche Nervensystem bekannt ist. Chlorpyrifos blockiert das Enzym Acetylcholinesterase, das das Nervensystem benötigt, um Acetylcholin zu kontrollieren, einen der vielen Neurotransmitter, die für die Kommunikation zwischen Nervenzellen zuständig sind. Chlorpyrifos ist hochgefährlich. Beim Menschen gibt es deutliche Hinweise darauf, dass eine pränatale Exposition negative Auswirkungen auf die neuronale Entwicklung hat und u.a. zu einem verringerten Intelligenzquotienten (IQ), einem Verlust des Arbeitsgedächtnisses und zu Störungen der Aufmerksamkeit führen kann. Die Chemikalie ist bereits in mindestens 40 Ländern weltweit verboten, wie aus der konsolidierten PAN Liste der verbotenen Pestizide hervorgeht. In vielen Ländern wird Chlorpyrifos jedoch nach wie vor eingesetzt, obgleich ökologische und agrarökologische Praktiken als sicherere Alternativen zur Verfügung stehen.

Auf der POPRC18-Sitzung im vergangenen Jahr konnte der Ausschuss aufgrund der Blockade einiger Länder, die ein Eigeninteresse insbesondere an der Produktion von Chlorpyrifos haben, nicht zu einem Ergebnis kommen (PAN berichtete). Nach einem weiteren Jahr des Sammelns von Studienmaterial und intensiven Verhandlungen während der Verhandlungswoche in Rom, konnte der Ausschuss jedoch schließlich die Schlussfolgerung annehmen, dass Chlorpyrifos aufgrund seines weiträumigen Transports in der Umwelt wahrscheinlich zu erheblichen schädlichen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt führt, so dass ein globales Handeln gerechtfertigt sei.

Dies bedeutet, dass bis zur POPRC20-Sitzung im Jahr 2024 eine Bewertung des Risikomanagements erarbeitet werden muss, in der Alternativen vorgestellt sowie mögliche Auswirkungen einer Aufnahme und die Empfehlungen für die Aufnahme des Wirkstoffs in das Stockholmer Übereinkommen behandelt werden.

2025 entscheiden dann die jeweiligen Vertragsstaatenkonferenzen der Rotterdam und der Stockholm Konvention über die Empfehlungen der Expertengremien.

siehe auch PAN International Pressrelease vom 13.10.2023 (EN)




Zusagen im neuen UN Rahmenwerk für Chemikalien sollte globale Pestizid-Maßnahmen vorabtreiben

2. Oktober 2023. Presseimitteilung / Pesticide Action Network (PAN) International begrüßt die bedeutenden Vereinbarungen zur die Gründung einer Globalen Allianz zu Pestiziden und zum Ausstieg aus hochgefährlichen Pestiziden in der Landwirtschaft, die von Regierungen, dem Privatsektor und anderen Interessengruppen auf der Fünften Internationalen Konferenz zum Chemikalienmanagement (ICCM5) getroffen wurden.

Am 30. September verabschiedete die ICCM5 das Global Framework on Chemicals: For a planet free of harm from chemicals and waste“ (Für einen Planeten ohne Schäden durch Chemikalien und Abfälle), das als Nachfolgeabkommen zu SAICM, die Richtung der globalen Chemikalien- und Abfallpolitik, einschließlich Pestiziden, vorgibt. Vertreten durch regionale Zentren aus Afrika, dem asiatisch-pazifischen Raum, Lateinamerika, Europa und Nordamerika ging PAN mit starken Vorschlägen in die Verhandlungen. Dazu zählten bis 2030 die weltweit gefährlichsten Pestizide schrittweise aus der Landwirtschaft auszuschließen und die Ausfuhr von auf nationaler Ebene verbotenen Pestiziden zu untersagen.

Zum Abschluss der ICCM5 wurden u.a. die folgenden Ziele verabschiedet:

  • „Bis 2035 haben die Beteiligten wirksame Maßnahmen ergriffen, um hochgefährliche Pestizide in der Landwirtschaft auslaufen zu lassen, wenn die Risiken nicht beherrscht wurden und sicherere und erschwingliche Alternativen zur Verfügung stehen, und den Übergang zu diesen Alternativen zu fördern und sie verfügbar zu machen.“ (Zielvorgabe A7)
  • „Bis 2030 arbeiten die Regierungen darauf hin, die Ausfuhr von Chemikalien, die sie auf nationaler Ebene verboten haben, im Einklang mit ihren internationalen Verpflichtungen zu notifizieren, zu regulieren oder zu verbieten.“ (Zielvorgabe A5)

Obwohl die Beteiligten während des intersessionalen Prozesses und hier in Bonn hart gearbeitet haben, zeigt das Ergebnis der ICCM5 nach Meinung von PAN nicht die Dringlichkeit, den Ehrgeiz und das Engagement, die erforderlich sind, um der wachsende Bedrohung durch die Verschmutzung durch Chemikalien und Abfälle zu begegnen und die zunehmende Notwendigkeit, die Verschmutzung zu verhindern und Schäden für Mensch und Umwelt zu beseitigen, anzugehen.

Dennoch erkennt PAN an, dass Fortschritte erzielt wurden, auch in Bezug auf Pestizide – die Gruppe von Chemikalien, die weltweit in größten Mengen und absichtlich in die Umwelt freigesetzt werden und mit denen Hunderte von Millionen von Landwirt*innen und Landarbeit*innen direkt umgehen – von denen viele keinen Zugang zu ausreichenden Informationen haben und nur begrenzt oder gar nicht in der Lage sind, sich selbst oder ihre Familien ausreichend vor Schäden durch Pestizide zu schützen.

Wir begrüßen die von den Regierungen eingegangenen Verpflichtungen, sicherere und nachhaltigere landwirtschaftliche Praktiken, einschließlich der Agrarökologie, zu unterstützen:

  • „Bis 2030 setzen die Regierungen politische Maßnahmen und Programme, um sicherere und nachhaltigere landwirtschaftliche Praktiken, einschließlich Agrarökologie, integriertem Pflanzenschutz und der Verwendung von nicht-chemischen Alternativen, zu unterstützen, soweit dies angemessen ist.“ (Zielvorgabe D5)

Darüber hinaus ist PAN zuversichtlich, dass die Gründung einer Globalen Allianz für hochgefährliche Pestizide (HHPs) den Ausstieg aus der Verwendung dieser besonders gefährlichen Pestizide beschleunigen kann. Die Gründung einer „Global Alliance on HHP“ war ein Vorschlag der afrikanischen Region und wurde und wird von PAN nachdrücklich unterstützt. Die Allianz hat den Auftrag, Maßnahmen zu HHPs zu mobilisieren und zu koordinieren, und soll von der FAO als führender UN-Organisation zusammen mit der WHO, der ILO und dem UNEP koordiniert werden.

In einem Brief an die Präsidentin der ICCM5, Dr. Anita Breyer, forderten fast 400 zivilgesellschaftliche Organisationen aus 74 Ländern ein klares Bekenntnis zum Ausstieg aus HHPs und zur Beendigung von Doppelstandards im Handel mit Pestiziden. Wir bedauern, dass unsere Forderungen in dem neuen Rahmenwerk nur teilweise erfüllt wurden und unterstreichen, dass mehr getan werden muss, um wirksame Maßnahmen gegen Schädigungen durch Pestizide umzusetzen.

Die Zusagen, die im neuen globalen Rahmenwerk „Global Framework on Chemicals“ eingegangen wurden, sind zwar unzureichend, aber dennoch bedeutsam und sollten als Katalysator für globale Reformen in der Pestizidpolitik dienen. Nur wenn wir dem Schutz und dem Wohlergehen der Menschen und des Planeten Vorrang vor Profit-Interessen einräumen, können wir hoffen, unsere Vision eines Planeten ohne Schäden durch Pestizide zu erreichen.

 

Pressekontakt:

Tadesse Amera, Co-Coordinator, PAN International: atadesse2002@yahoo.com | +251 91 124 3030

Maïmouna Diene, Chair, PAN International; Director, PAN Africa: maimounadiene@pan-afrique.org | +221 775449689

Sarojeni Rengam, Executive Director, PAN Asia Pacific (PAN AP): sarojeni.rengam@panap.net | +60 12-974 0611

Susan Haffmans, Senior Advisor, PAN Germany:  susan.haffmans@pan-germany.org | +49 157 315 640 17

Maria Isabel Carcamo, Coordinator RAPAL Uruguay: coord@rapaluruguay.org | +598 99613193




Weltchemikalienkonferenz: Ehrgeizige Maßnahmen zur schrittweisen Abschaffung der gefährlichsten Pestizide der Welt angemahnt

Bonn, 25. September 2023. Pressemitteilung. 373 Organisationen der Zivilgesellschaft und indigener Völker aus 74 Ländern fordern die Staats- und Regierungschefs auf der bedeutenden internationalen Weltchemikalienkonferenz dazu auf, dringend zu handeln, um hochgefährliche Pestizide (HHP)[1] aus dem Verkehr zu ziehen. HHPs sind eine bestimmte Gruppe von Pestiziden, die der menschlichen Gesundheit und der Umwelt in besonderer Weise schaden und als zu gefährlich für den Einsatz gelten.

Der gemeinsame Appell an Regierungen und andere Akteure des Strategischen Ansatzes für ein internationales Chemikalienmanagement (SAICM) wurde bei der heutigen Eröffnung der Weltchemikalienkonferenz (ICCM5) unterbreitet. Der Appell fordert, in den neuen SAICM-Rahmen „Beyond2020“ ein ehrgeiziges Ziel für den Ausstieg aus der Verwendung von HHPs in der Landwirtschaft bis 2030 aufzunehmen. Auf der Konferenz wird die zukünftige Rahmenvereinbarung abgestimmt, die für die nächsten Jahrzehnte die Richtung der globalen Chemikalienpolitik vorgeben wird.

„Von allen Sektoren setzt der Agrarsektor systematisch und beabsichtigt die größte Menge giftiger Chemikalien – Pestizide – in die Umwelt frei, wodurch jährlich Milliarden Hektar Land verschmutzt werden und erhebliche Schäden für die biologische Vielfalt, das Klima, die Gesundheit und die Menschenrechte entstehen. Die Konferenz hat die Möglichkeit und die Verpflichtung, dieser Belastung zu begegnen und Lösungen festzuschreiben, damit die alltägliche Vergiftung endlich gestoppt wird.“, sagt Susan Haffmans, Referentin für Pestizide und Internationale Angelegenheiten bei PAN Germany.

Zu den Unterstützern des Appells zählen Organisationen aus aller Welt, die Landwirt*innen, Landarbeiter*innen, indigene Völker und ländliche Bevölkerungsgruppen vertreten, Wissenschaftler*innen und Akademiker*innen, Opfer von Pestizidvergiftungen, Verbraucher- und Menschenrechtsaktivist*innen, Umwelt- und Gesundheitsgruppen und Gewerkschaften. Gemeinsam rufen sie die Teilnehmenden an der ICCM5 dazu auf, sich für folgende Kernpunkte im neuen Regelwerk einzusetzen:

  • Die Aufnahme eins Ziels für alle Länder, die Ausfuhr von Stoffen zu untersagen, die sie auf nationaler Ebene verboten haben. Bei vielen dieser Stoffe handelt es sich um Pestizide.
  • Die Aufnahme eines Ziels für alle Länder, Strategien und Programmen zur Förderung sichererer und nachhaltigerer, nicht-chemischer Alternativen zu HHPs, umzusetzen, insbesondere von Agrarökologie.
  • Den Vorschlag von 54 afrikanischen Ländern mitzutragen, eine Globale Allianz für hochgefährliche Pestizide[2] zu gründen, die sich für den Ausstieg aus der Verwendung hochgefährlicher Pestizide einsetzt.

„Wenn die Ziele für nachhaltige Entwicklung erreicht, der ökologische Kollaps abgewendet und die Menschenrechte gewahrt werden sollen – einschließlich des Rechts auf Nahrung und des Rechts künftiger Generationen auf eine saubere und gesunde Umwelt – müssen alle zusammenarbeiten, um die gefährlichsten Pestizide der Welt zu beseitigen und sicherere agrarökologische Alternativen einzuführen und zu verbreiten“, heißt es in dem gemeinsamen Schreiben.

Die Gruppen entgegneten Befürchtungen, die Abschaffung von HHPs könne die Ernährungssicherheit gefährden, und erklärten, dass im Gegenteil die toxischen Auswirkungen von HHPs, die Ökosysteme und die Produktivität negativ beeinflussen. HHPs wurden in der Landwirtschaft in einer Reihe von Ländern schrittweise abgeschafft, ohne die landwirtschaftliche Produktivität zu beeinträchtigen. Dies wurde auch von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) anerkannt.[3] Es gibt bereits sicherere Alternativen zu synthetischen Pestiziden. Vor allem agrarökologische Ansätze haben sich als wirksame und nachhaltige Alternativen erwiesen.[4]

Jedes Jahr werden fast 400 Millionen Landwirt*innen und Landarbeiter*innen durch Pestizide vergiftet, was zu etwa 11.000 Todesfällen führt – die meisten davon ereignen sich im globalen Süden. Weil sie äußerst giftig sind, sind HHPs für eine große Zahl dieser akuten Vergiftungsfälle verantwortlich[5].

Nur ein Bruchteil der weltweit auf dem Markt befindlichen Pestizide wird über verbindliche Konventionen reguliert. Das jetzt verhandelte neue Chemikalienabkommen unter dem Dach des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) soll Lösungen erarbeiten, für die zunehmende Belastung unseres Planeten und der Gesundheit aller Menschen mit Chemikalien und Abfällen.

Kontakt für deutsche Medien: Susan Haffmans, susan.haffmans@pan-grmany.org, mobil: +49 157 315 640 17

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[1] Highly Hazardous Pesticides (HHPs) are pesticides that present particularly high levels of acute or chronic hazards to health or the environment according to internationally accepted hazard classification systems, their listing in relevant binding international agreements or conventions, or under conditions of use in a country

[2] Die Global Alliance on HHPs ist ein freiwilliger Multi-Stakeholder-Mechanismus zum schrittweisen Ausstieg aus der Verwendung von hochgefährlicher Pestizide, der von 54 Regierungen aus der afrikanischen Region bei der ICCM5 vorgeschlagen wurde. Die Allianz soll mit der Entwicklung und Umsetzung eines globalen Aktionsplans mit klaren Zielen und Meilensteinen für den Fortschritt bei der Erreichung eines weltweiten Ausstiegs aus der Verwendung von HHPs beauftragt werden.

[3] FAO and WHO. 2019. Detoxifying agriculture and health from highly hazardous pesticides – A call for action. Rome

[4] Pesticide Action Network UK and IRET (2017). Alternatives to Highly Hazardous Pesticides; GIST Impact Report (2023). Natural Farming Through a Wide-Angle Lens.

[5] Boedeker, W., Watts, M., Clausing, P. et al. (2020) The global distribution of acute unintentional pesticide poisoning: estimations based on a systematic review. BMC Public Health.




Zeit für Glaubwürdigkeit und Kohärenz: PAN International Briefing zur Weltchemikalienkonferenz ICCM5

Vom 25.-29.9. werden Delegierte und Stakeholder aus aller Welt auf der Weltchemikalienkonferenz in Bonn ein neues Chemikalienabkommen beschließen, das den Rahmen für einen verantwortungsvollen Umgang mit Chemikalien und Abfällen für die kommenden Jahre setzen wird mit dem Ziel, Menschen und ihre Umwelt endlich besser vor chemischer Belastungen zu schützen. Pestizide gehören zu den Chemikalien, die weltweit Gesundheit, Umwelt und Menschenrechte gefährden und für die die Verhandlungen ebenfalls geeignete Zeile festsetzen müssen.

Das Pesticide Action Network International (PAN) hebt für den agrarischen Bereich insbesondere drei Ziele als notwendig hervor, die im Rahmen des SAICM Beyond 2020 Framework, dem neuen politischen Instrument: Zu den kritischen Zielen gehören das Ziel A7, hochgefährliche Pestizide (HHPs) in der Landwirtschaft bis 2030 auslaufen zu lassen, das Ziel A5, den Export national verbotener Stoffe zu untersagen, und das Ziel D5, das einen Übergang zu nicht-chemischen Alternativen zu Pestiziden in der Landwirtschaft vorgibt.

Damit die Konferenz als Erfolg gewertet und die wichtigsten Ziele umgesetzt werden können, müssen sich die Regierungen zudem auf eine Globale Allianz gegen hochgefährliche Pestizide einigen, die von allen 54 Staaten der UN-Afrika-Gruppe vorgeschlagen und von Ländern in anderen UN-Regionen unterstützt wird.

Das PAN International Briefing Zeit für Glaubwürdigkeit und Kohärenz ist verfügbar in Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch




NGOs fordern Ursula von der Leyen auf, die Green-Deal-Verpflichtung zum Export verbotener Chemikalien einzuhalten

BRÜSSEL/Hamburg, 12. September 2023.

85 Gesellschafts- und Umweltorganisationen fordern Ursula von der Leyen und die Europäische Kommission auf, die im Rahmen des Europäischen Green Deals eingegangene Verpflichtung einzuhalten und dafür zu sorgen, dass gefährliche Chemikalien, die in der EU verboten sind, nicht mehr für den Export produziert werden [1].

Kommissionsbeamte haben Campaigner und Industrielobbyisten darüber informiert, dass die Kommission beschlossen habe, vor dem Ende ihrer Amtszeit keinen Legislativvorschlag vorzulegen. Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius sagte jedoch am Montagabend vor dem Umweltausschuss des Europäischen Parlaments (ENVI), er hoffe, dass „wenn der Ehrgeiz noch da ist, [die Kommission] in der Lage sein wird, ihn in diesem Mandat vorzuschlagen“, und beantwortete damit eine Frage zu verbotenen Chemikalien. [2]

Eoin Dubsky, Kampagnenleiter bei Ekō, sagte: „Präsidentin von der Leyen, Vizepräsident Šefčovič und Kommissar Sinkevičius müssen ihren Teams und der Welt klarmachen, was vor sich geht, um Giftexporte zu stoppen. Hat die Kommission noch vor, in dieser Amtszeit mit gutem Beispiel voranzugehen, oder geht sie die letzte Runde im Schritttempo an?“

Angeliki Lysimachou, Leiterin des Bereichs Wissenschaft und Politik bei PAN Europe, fügte hinzu: „Die Kehrtwende der Kommission ist völlig inakzeptabel. Unternehmen erzielen Gewinne, indem sie verbotene Pestizide, die für die Verwendung in Europa als zu gefährlich gelten, an Drittländer verkaufen und deren laxe Umwelt- und Gesundheitsvorschriften ausnutzen. Diese Doppelmoral ist eine kriminelle Praxis, und die Kehrtwende der Kommission zeigt, dass sie es versäumt hat, den Menschen- und Umweltrechten Vorrang vor privaten Profiten einzuräumen.“

„Die EU riskiert, ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren, wenn sie sich nicht an ihre Versprechen hält, gegen diese Giftexporte vorzugehen. Es ist jetzt an der Zeit, mutige Schritte zum Schutz der Menschen und ihrer Umwelt zu unternehmen und nicht zurückzuweichen. Alle Menschen haben das Recht auf eine gesunde Umwelt und körperliche Unversehrtheit – unabhängig davon, ob sie EU-Bürger*innen sind oder in Drittländern leben. Ein Zögern der EU sendet eine fatale Botschaft an die Hunderte von Millionen Menschen, die weltweit unter Pestizid-Vergiftungen leiden“, so Susan Haffmans, Referentin für Pestizide bei PAN Germany.

267.000 Menschen haben inzwischen eine Petition für ein Exportverbot unterzeichnet, und mehr als 2.400 EU-Bürger haben sich an der öffentlichen Konsultation Anfang des Jahres beteiligt [3].

Die EU hat eine der strengsten Gesetzgebungen der Welt für Pestizide. Doch giftige Chemikalien, die in der Union wegen ihrer Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt verboten sind, werden immer noch in andere, oft ärmere Länder exportiert, was verheerende Folgen hat.

Diese gefährlichen Chemikalien schaden nicht nur Menschen und Ökosystemen außerhalb der EU, sondern gelangen auch in Form von Rückständen in importierte Lebensmittel nach Europa.

Mehr als 326 zivilgesellschaftliche Organisationen aus der ganzen Welt, Institutionen und Gewerkschaften haben im Dezember 2022 eine gemeinsame Erklärung an die Europäische Kommission gerichtet, in der sie ein Verbot der Ausfuhr von gefährlichen Chemikalien fordern, die in der EU verboten sind. [4]

Englisches Original dieser Pressemitteilung

 

Pressekontakte:
Eoin Dubsky, eoin@eko.org Phone: +31 641 636 410
Angeliki Lysimachou, angeliki@pan-europe.info +32 2318 6255
Susan Haffmans, susan.haffmans@pan-germany.org, +49 157 315 640 17

Notes:
[1] Open letter of 12 September 2023 https://s3.amazonaws.com/s3.sumofus.org/pdf/Letter_to_Commission_Protesting_Export_Ban_Delay_-_12_September_2023.pdf

[2] Video recording of Environment Commissioner at 20:51 minutes of 11 September 2023 https://multimedia.europarl.europa.eu/en/webstreaming/envi-committee-meeting_20230911-2000-COMMITTEE-ENVI

[3] Petition to Environment Commissioner, started November 2022 https://actions.eko.org/a/outlaw-exports-of-banned-chemicals

[4] Joint Statement by 326 civil society organisations, December 2022 https://eeb.org/wp-content/uploads/2022/11/Joint-statement_EU-exports_1-december-2022.pdf




Zivilgesellschaftliche Vorbereitungskonferenz zur Weltchemikalienkonferenz am 22.09.2023 in Bonn

Vom 25. Bis 29. September findet in Bonn die Weltchemikalienkonferenz – die ICCM5 – statt, bei der ein neues Abkommen für das internationale Chemikalienmanagement beschlossen werden soll. Bereits in der Woche davor beginnen wir mit den Vorbereitungen. Als deutsche NGOs, die zu dem Thema arbeiten, organisieren wir eine zivilgesellschaftliche Vorbereitungskonferenz am 22. September mit einer High-Level Paneldiskussion, Workshops und einer Fishbowl Diskussion über unsere künftigen Arbeiten.

Diese halbtägige Konferenz bietet der Zivilgesellschaft und ihren Unterstützer*innen eine zusätzliche Gelegenheit zum Gedankenaustausch und zur Formulierung unserer Positionen im Vorfeld der Weltchemikalienkonferenz. Gemeinsam schaffen wir einen entscheidenden Impuls für die weitere Zusammenarbeit. Machen Sie mit und helfen Sie dabei, diese Veranstaltung zu einem zusätzlichen Ansporn für die folgende Verhandlungswoche zu machen und unterstützen Sie unseren gemeinsamen Kampf für ein ambitioniertes Abkommen zum internationalen Chemikalienmanagement.

Hier geht es zum Programm

Die zivilgesellschaftliche Konferenz startet am 22. September um 15 Uhr und schließt am Abend mit einem gemeinsamen Essen. Hiermit möchten wir Interessierte herzlich zu dieser Konferenz einladen.

Die Konferenz wird ausschließlich in Präsenz und auf Englisch stattfinden. Eine vorherige Registriergung ist notwendig.

Die Veranstaltung findet in den Räumen des Bundesministeriums für Umwelt (Adresse: Robert-Schumann-Platz 3, 53175 Bonn) statt. Der Eintritt ist frei.

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Die zivilgesellschaftliche Konferenz wird organisiert von:
BUND, European Network for Environmental Medicine, Forum Umwelt und Entwicklung, HEJSupport, Pestizid Aktions-Netzwerk und Women Engage for a Common Future. 

Wir freuen uns auf Sie!