Ratgeber: Beim Einkauf Biozide meiden
Empfehlungen für die nachhaltige Beschaffung in Kommunen, Einrichtungen und Betrieben
Empfehlungen für die nachhaltige Beschaffung in Kommunen, Einrichtungen und Betrieben
[Berlin / Hamburg, den 28.10.2020] Mit einem heute veröffentlichten Brief an Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) fordern die Entwicklungsorganisation INKOTA und das Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany) gemeinsam mit 58 weiteren Nichtregierungsorganisationen ein Exportverbot von in der EU verbotenen Pestiziden. Mit dieser Forderung schließen sie an jüngste Entwicklungen in der Schweiz und in Frankreich an, die Exportverbote bereits auf den Weg gebracht haben. Auch die EU-Kommission hat mit der kürzlich vorgestellten Chemikalienstrategie die Weichen hin zu einem Exportstopp für verbotene Pestizide gestellt.
„Während die EU-Kommission ein Pestizidexportverbot vorschlägt und auch unsere Nachbarn Frankreich und die Schweiz Exportstopps einführen, schaut die Bundesregierung tatenlos zu“, sagt Lena Luig, Referentin für globale Landwirtschaft und Welternährung bei INKOTA. „Dabei trägt sie mit den Pestizidgiganten Bayer und BASF im Land eine besondere, globale Verantwortung.“ Bayer ist aktuell der zweitgrößte und BASF der drittgrößte Pestizidkonzern der Welt.
Mehrere aktuelle Recherchen haben enthüllt, dass deutsche Pestizidhersteller in großem Maßstab Pestizide in Ländern außerhalb der EU vermarkten, die aufgrund ihrer Gefährlichkeit für Mensch und Umwelt in der EU nicht eingesetzt werden dürfen. „Die Doppelstandards im Pestizidhandel gehen auf Kosten der Gesundheit von Millionen von Menschen in Lateinamerika, Asien und Afrika. Vergiftungen und chronische Erkrankungen in der ländlichen Bevölkerung sind die Kehrseite dieser Geschäftspraktiken“, sagt Dr. Peter Clausing, Toxikologe von PAN Germany. „Wissenschaftliche Daten belegen, dass global alljährlich hunderte Millionen Menschen unbeabsichtigt von Vergiftungen durch Pestizide betroffen sind. Welches Leid damit verbunden ist, lässt sich nicht in Zahlen ausdrücken.“
PAN Germany, INKOTA und weitere 58 Initiativen und Nichtregierungsorganisationen fordern deshalb: Bundesministerin Klöckner und Bundesminister Altmaier müssen auch in Deutschland ein Gesetz auf den Weg bringen, das den Export von in der EU verbotenen Pestiziden untersagt. Außerdem sollen sie die deutsche EU-Ratspräsidentschaft nutzen, um eine EU-weite Regulierung voranzubringen. Diese Forderung wird auch von einer stetig wachsenden Anzahl an Bürger*innen unterstützt, die bislang die Petition „Giftexporte stoppen“ unterzeichnet haben.
Zum Hintergrund:
In Frankreich verbietet das Gesetz Nr. 2018-938 (EGalim-Gesetz) ab dem 01.01.2022 die Produktion, Lagerung und den Handel mit Pestiziden, die Wirkstoffe enthalten, die aufgrund des Schutzes der Gesundheit für Mensch und Tier oder der Umwelt in der EU nicht genehmigt sind. Der Schweizer Bundesrat hat am 14.10.2020 ein Exportverbot für fünf in der Schweiz aufgrund ihrer Risiken verbotener Pestizidwirkstoffe beschlossen. Der ebenfalls am 14.10.2020 veröffentlichte Entwurf der Chemikalienstrategie der Europäischen Kommission enthält das Bekenntnis, den Export von in der EU verbotenen gefährlichen Chemikalien künftig zu unterbinden und hierfür, wenn nötig, die relevante Gesetzgebung zu ändern. Außerdem kommt ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages vom 3.3.2020 zu dem Schluss, dass auch in Deutschland die Voraussetzungen für ähnliche Beschränkungen gegeben sind.
Weitere Informationen:
Offener Brief an Bundesministerin Julia Klöckner und Bundesminister Peter Altmaier für ein gesetzliches Verbot des Exports von in der EU verbotenen Pestiziden
Kampagne „Giftexporte stoppen“ von INKOTA und PAN Germany
Studie „Giftige Exporte. Ausfuhr hochgefährlicher Pestizide von Deutschland in die Welt“ von PAN Germany (September 2019): https://pan-germany.org/download/giftige-exporte-ausfuhr-hochgefaehrlicher-pestizide-von-deutschland-in-die-welt/
Studie „Gefährliche Pestizide von Bayer und BASF – ein globales Geschäft mit Doppelstandards“ von INKOTA, MISEREOR, der Rosa-Luxemburg-Stiftung und weiteren (April 2020): www.inkota.de/studie-bayer-basf
Pressekontakte:
Lena Luig, INKOTA, E-Mail: luig@inkota.de, Mobil: 01577 154 8063
Peter Clausing, PAN Germany, E-Mail: peter.clausing@pan-germany.org, Mobil: 0176 4379 5932
Der offene Brief wird getragen von:
Afrique-Europe-Interact, Agrarkoordination, Aktion Agrar, Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt e.V., Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Aurelia Stiftung, Biokreis e.V., Bioland, Biopark e.V., Buenavita e.V., Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN), Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft e.V., Christliche Initiative Romero e.V., Coordination gegen BAYER-Gefahren, CorA Netzwerk für Unternehmensverantwortung, Dachverband der kritischen Aktionärinnen und Aktionäre, Deutsche Umwelthilfe, Die freien Bäcker, Ernährungsrat Frankfurt, Ernährungsrat Leipzig, Ernährungsrat München, Ernährungsrat Regensburg, Ernährungsrat Rhein-Kreis Neuss, European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR), Fairtrade Deutschland, FIAN Deutschland, Foodwatch, Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika (FDCL), Forum Fairer Handel, Gen-ethisches Netzwerk e.V., GEPA, Gesellschaft für bedrohte Völker e.V., Greenpeace, GRÜNE LIGA, Infostelle Peru, Initiative Mexiko (INIMEX), INKOTA-netzwerk e.V., Institute for Agriculture and Trade Policy (IATP) Europe, Interessengemeinschaft gentechnikfreie Lebensmittel und Landwirtschaft e.V., Katholische Landjugendbewegung Deutschlands (KLJB) e.V., Landwende, México via Berlín e.V., Misereor, NaturFreunde Deutschlands, Naturland, Oxfam Deutschland, PAN Germany, Partner Südmexikos e.V., Powershift, Selbsthilfeverein für Umweltgeschädigte e.V., Slow Food Deutschland, Stadtbienen, Stiftung Asienhaus, Südwind Institut, Umweltinstitut München, Vamos e.V., Verein für gerechten Welthandel München e.V., Weltladen-Dachverband e.V., World Future Council, Zapapres e.V.
[Berlin / Hamburg, den 28.10.2020] Mit einem heute veröffentlichten Brief an Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) fordern die Entwicklungsorganisation INKOTA und das Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany) gemeinsam mit 58 weiteren Nichtregierungsorganisationen ein Exportverbot von in der EU verbotenen Pestiziden. Mit dieser Forderung schließen sie an jüngste Entwicklungen in der Schweiz und in Frankreich an, die Exportverbote bereits auf den Weg gebracht haben. Auch die EU-Kommission hat mit der kürzlich vorgestellten Chemikalienstrategie die Weichen hin zu einem Exportstopp für verbotene Pestizide gestellt.
Hinweis auf eine Online-Veranstaltung:
Unter dem Titel „Pestizide & Co – Notwendiger Pflanzenschutz oder Umwelt- und Gesundheitsgefahr?“ lädt die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften zu einer Online-Veranstaltung ein. Interessierte Teilnehmer*innen können sich hier anmelden.
Am 3. November tauschen Gegner und Befürworter des Einsatzes von Pestiziden Ihre Argumente aus. Nach Impulsreferaten von Peter Clausing (PAN Germany) und Martin Schäfer (BASF), findet eine Podiumsdiskussion statt, an der zwei weitere Expert*innen beteiligt sind.
Alle Informationen zur Online-Veranstaltung und die Möglichkeit zur Anmeldung finden Sie hier.
Angesichts der Datenlage war ein Verbot des Pestizids Mancozeb längst überfällig. Seit 2016 verzögerte sich die Wiederbewertung dieses hochproblematischen Wirkstoffs. Nun hat der Ständige Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel (ScoPAFF) in seiner Oktobersitzung mit einer qualifizierten Mehrheit die weitere Verwendung des gefährlichen Fungizids in der Europäischen Union untersagt. Das Verwendungsverbot ist ein wichtiger Schritt für einen besseren Gesundheits- und Umweltschutz und ist ein Erfolg für das Pestizid Aktions-Netzwerk, das sich seit langem für ein Verbot von Mancozeb eingesetzt hat.
Vor allem aufgrund der Toxizität seines Hauptmetaboliten Ethylenthioharnstoff (ETU) wurde Mancozeb im März 2019 von der Europäischen Chemikalienbehörde (ECHA) als reproduktionstoxische Substanz der Kategorie 1B eingestuft. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) kam darüber hinaus zu der Schlussfolgerung, dass der Wirkstoff die Schilddrüse schädigt und Schilddrüsentumore hervorrufen kann und stufte die Substanz deshalb als hormonschädlich für den Menschen und wahrscheinlich hormonschädlich für die Umwelt ein. Insgesamt identifizierte die EFSA sechs „critical areas of concern“ – eine Anzahl von Bedenken für eine Wiedergenehmigung, die zuvor für kein anderes Pestizid vergeben wurde.
Mit Mancozeb ist nun der erste Pestizidwirkstoff mit hormonschädlicher Eigenschaft gemäß der Verordnung 2018/1659/EU reguliert. Die Verordnung trat im November 2018 in Kraft und regelt ein einheitliches Verfahren zur Identifizierung von endokrinen Disruptoren (EDs) im europäischen Pestizidrecht. EDs unterliegen aufgrund ihrer Gefährlichkeit einem Ausschlussverfahren. Vom in Kraft treten des Rechtstextes bis zu dieser ersten Wirkstoffregulierung sind knapp zwei Jahre vergangen. Mit Blick auf die möglichen Gesundheits- und Umweltschäden, die hormonschädliche Substanzen anrichten können, ist dieses Schneckentempo aus Sicht von PAN Germany inakzeptabel.
Mehr dazu:
EFSA (2019): Peer review of the pesticide risk assessment of the active substance mancozeb
PAN Europe (2020): Factsheet Mancozeb
Angesichts der Datenlage war ein Verbot des Pestizids Mancozeb längst überfällig. Seit 2016 verzögerte sich die Wiederbewertung dieses hochproblematischen Wirkstoffs. Nun hat der Ständige Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel (ScoPAFF) in seiner Oktobersitzung mit einer qualifizierten Mehrheit die weitere Verwendung des gefährlichen Fungizids in der Europäischen Union untersagt. Das Verwendungsverbot ist ein wichtiger Schritt für einen besseren Gesundheits- und Umweltschutz und ist ein Erfolg für das Pestizid Aktions-Netzwerk, das sich seit langem für ein Verbot von Mancozeb eingesetzt hat.
Vor allem aufgrund der Toxizität seines Hauptmetaboliten Ethylenthioharnstoff (ETU) wurde Mancozeb im März 2019 von der Europäischen Chemikalienbehörde (ECHA) als reproduktionstoxische Substanz der Kategorie 1B eingestuft. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) kam darüber hinaus zu der Schlussfolgerung, dass der Wirkstoff die Schilddrüse schädigt und Schilddrüsentumore hervorrufen kann und stufte die Substanz deshalb als hormonschädlich für den Menschen und wahrscheinlich hormonschädlich für die Umwelt ein. Insgesamt identifizierte die EFSA sechs „critical areas of concern“ – eine Anzahl von Bedenken für eine Wiedergenehmigung, die zuvor für kein anderes Pestizid vergeben wurde.
Mit Mancozeb ist nun der erste Pestizidwirkstoff mit hormonschädlicher Eigenschaft gemäß der Verordnung 2018/1659/EU reguliert. Die Verordnung trat im November 2018 in Kraft und regelt ein einheitliches Verfahren zur Identifizierung von endokrinen Disruptoren (EDs) im europäischen Pestizidrecht. EDs unterliegen aufgrund ihrer Gefährlichkeit einem Ausschlussverfahren. Vom in Kraft treten des Rechtstextes bis zu dieser ersten Wirkstoffregulierung sind knapp zwei Jahre vergangen. Mit Blick auf die möglichen Gesundheits- und Umweltschäden, die hormonschädliche Substanzen anrichten können, ist dieses Schneckentempo aus Sicht von PAN Germany inakzeptabel.
Mehr dazu:
EFSA (2019): Peer review of the pesticide risk assessment of the active substance mancozeb
PAN Europe (2020): Factsheet Mancozeb
Das Thema Pestizid-Abdrift und Belastung der Luft mit Pestiziden hat in der jüngsten Zeit erheblich an öffentlicher und medialer Aufmerksamkeit gewonnen. PAN Germany setzt sich für einen besseren Schutz von Mensch und Natur vor Pestizid-Abdrift ein.
In seiner am 28.9.2020 veröffentlichten Mitteilung Nr. 045/2020 zu Abdrift befasst sich das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und unter anderem mit dem Bericht von P. Clausing (2020) „Baumrinden-Monitoring der Pestizid-Belastung über die Luft: eine toxikologische Bewertung“. Die BfR-Mitteilung enthält eine Reihe an Kritikpunkten, die bei Leser*innen ohne Vorkenntnisse den falschen Eindruck erzeugen können, dass der Bericht von Clausing (2020) fehlerhaft sei. Hierauf nimmt eine Stellungnahme von Dr. Peter Clausing, PAN Germany und dem Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft Bezug.
Die EU-Pestizidverordnung (EC 1107/2009) gilt als eine der strengsten der Welt. Doch sie ist nicht streng genug, um sicherzustellen, dass verbotene Pestizide nicht in unsere Nahrung landen. Dies bestätigen neueste Untersuchungsergebnisse von PAN Europe.
PAN Germany Pestizid-Brief 2 – 2020
Basierend auf den offiziellen Rückstandsdaten der EU-Überwachung von Pestizidrückständen in Lebensmitteln konnte PAN Europe zeigen, dass 74 Pestizide, deren Verwendung in der EU aus Gesundheits- und Umweltschutzgründen verboten wurde, als Rückstände in 5811 Lebensmittelproben (6,2% aller getesteten Proben) gefunden wurden, wobei es sich in der Mehrzahl um pflanzliche Produkte (75,2%) handelte. Mehrfachbelastungen von bis zu 8 verschiedenen verbotenen Pestiziden wurden u.a. in Tees, Kräutern und Früchten nachgewiesen. In Europa verkaufte exotische Früchte wie Guaven (85%), Goji-Beeren (55%), Brotfrüchte (42%) und Cherimoyas (40%) stehen an der Spitze der Liste pflanzlicher Lebensmittel, die mit verbotenen Pestiziden belastet sind, gefolgt von Tees (37%), Pfefferkörnern (29%) und Korianderblättern (25%).
Auch das Gesamtbild der Pestizidrückstände in Lebensmitteln ist sehr besorgniserregend, da bei zwei Dritteln (68,7%) aller untersuchten Früchte Pestizidrückstände festgestellt wurden, und die Hälfte davon Mehrfachrückstände aufweisen (51,6%). Bei importierten Lebensmitteln liegen die Rückstände deutlich höher, als bei in der EU angebauten Lebensmitteln. Trotz der Vorgaben des EU-Rechts (EC 396/2005) werden die Auswirkungen von Pestizidmischungen in Lebensmitteln auf die menschliche Gesundheit von den Überwachungsbehörden nicht bewertet, so dass Verbraucher*innen vor der Exposition gegenüber diesen Chemikalien nicht geschützt sind.
Viele der in unseren Lebensmitteln nachgewiesenen verbotenen Pestizide können in der EU hergestellt worden sein. Denn obgleich ihre Anwendung in der EU verboten ist, dürfen Firmen in der EU diese Pestizide produzieren und exportieren. Auch Unternehmen in Deutschland profitieren von diesen Doppelstandards und nutzen auf diese Weise schwächere Gesetzgebungen in Drittländern aus, wie die Studie „Giftige Exporte“ von PAN Germany zeigen konnte. Eine neue Studie von Public Eye und Greenpeace Unearthed konnte belegen, dass 41 verbotene Pestizide von EU-Mitgliedstaaten in Drittländer exportiert werden. PAN Europe konnte nun zeigen, dass 22 von diesen ausgeführten, bei uns aus gutem Grund verbotenen Pestiziden, über Rückstände in Lebensmitteln zurück in die EU kommen.
Die Auswirkungen gefährlicher Pestizid, auf die menschliche Gesundheit und die biologische Vielfalt sind global. Ein wichtiger erster Schritt der EU auf dem Weg zu der in der Farm to Fork Strategie festgesetzten Übergang zu einem nachhaltigen Ernährungs- und Landwirtschaftssystem sollte sein, die Produktion und den Export verbotener Pestizide zu unterbinden und einen Null-Toleranz-Ansatz für solche Rückstände in Lebensmitteln einführen.
PAN Germany engagiert sich in Deutschland für ein gesetzliches Verbot des Exports verbotener Pestizide und unterstützt PAN Europe in der Forderung nach einer EU-weiten Regelung.
(Susan Haffmans)
Hintergrundinformationen:
PAN Europe (2020): BANNED AND HAZARDOUS PESTICIDES IN EUROPEAN FOOD
Public Eye (2020): Verbotene Pestizide: Die giftige Doppelmoral der Europäischen Union
PAN Germany (2019): Giftige Exporte. Die Ausfuhr hochgefährlicher Pestizide von Deutschland in die Welt.
The European Green Deal, published in December 2019, reinstates the need „to ensure a toxic-free environment“. It commits to place action against our daily exposure to endocrine disrupting chemicals (EDCs) at the core of the EU policy agenda, with plans to rapidly make regulations on EDCs reflect scientific evidence. This commitment is coming after years of the European Commission delaying its delivery of an updated European strategy on EDCs.
Das Vergiftungsdrama im indischen Yavatmal im Jahr 2017 ist nicht vergessen. Hunderte Baumwollbäuer*innen erlittenen damals nach dem Versprühen von Pestiziden teils schwere Vergiftungen. Behördliche Dokumente zeigen nun die Rolle des Syngenta-Pestizids „Polo“ in dieser Tragödie. Die Polizei ordnete 98 erlittene Vergiftungen, darunter zwei mit Todesfolge, der Verwendung von „Polo“ zu. 51 betroffene Familien reichen deshalb heute Beschwerde beim Schweizer Kontaktpunkt der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ein. Sie werden dabei von PAN India, PAN Asia Pacific (PANNA), der Maharashtra Association of Pesticide Poisoned Persons (MAPPP), dem in Deutschland ansässigen European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) und der Schweizer NGO Public Eye unterstützt. „Polo“ enthält den Wirkstoff Diafenthiuron, der in der Schweiz aus Gründen des Umwelt- oder Gesundheitsschutzes verboten ist und auch in der EU nicht eingesetzt werden darf. Die Hintergründe der Vergiftungswelle von 2017 sind in den Berichten von PAN India und Public Eye dokumentiert.
Sarojeni Rengam, Geschäftsführende Direktorin von PAN Asia Pacific (PANAP) sagt hierzu: „Aus den Dokumenten geht klar hervor, dass das Pestizid „Polo“ von Syngenta in Yavatmal, Indien, in großem Umfang Vergiftungen verursacht hat. Viele der Vergiftungsopfer mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden, berichteten von vorübergehender Blindheit oder waren mehrere Tage lang bewusstlos. Einige litten auch an Atembeschwerden und Muskelschmerzen. Yavatmal ist nur ein Fall von vielen. Überall in Indien leiden Bäuerinnen und Bauern unter Pestizidvergiftungen. Wir reichen bei der OECD eine Beschwerde gegen Syngenta wegen der Vergiftungen ein, die durch das Produkt POLO verursacht wurden. Mit dieser Aktion wollen wir gegen die Verantwortungslosigkeit der europäischen Pestizidkonzerne vorgehen, unabhängig davon, wo sie tätig sind.“
Syngenta ist nicht der einzige Konzern in Europa, der Doppelstandards im Pestizid-Handel ausnutzt. Auch Firmen in Deutschland machen Gewinne mit Pestiziden, die in der EU aufgrund von Gefahren und Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt nicht genehmigt bzw. verboten sind, wie Berichte von PAN Germany und Public Eye zeigen konnten.
Erst im Juli dieses Jahres kritisierten führende Expert*innen des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen aufs schärfste die gängige Praxis wohlhabender Staaten, ihre verbotenen giftigen Chemikalien in ärmere Länder zu exportieren und forderten von EU- und OECD-Staaten eine Abkehr von dieser menschenrechtswidrigen Praxis. Der Vergiftungsfall von Yavatmal veranschaulicht auf traurige Weise, dass es die, von der Industrie nach wie vor gepredigte, „sichere Anwendung“ hochgefährlicher Pestizide unter Armutsbedingungen nicht gibt und er zeigt, wie dringend es rechtsverbindlicher Regelungen gegen Doppelstandards im Pestizidhandel bedarf. PAN Germany setzt sich in einer gemeinsamen Kampagne mit dem INKOTA Netzwerk für ein Gesetz gegen diese Doppelstandards ein.
Die amtlichen Dokumente aus Indien liefern auch Hinweise auf zwei Todesfälle im Zusammenhang mit Polo. Parallel zur OECD-Beschwerde wurde mit den Hinterbliebenen der beiden Todesopfer sowie mit einem Vergiftungs-Überlebenden eine auf der Produktehaftung basierende Schadensersatzklage in Basel eingereicht.
Weitere Informationen und Hintergründe zu der Beschwerde gegen Syngenta finden Sie in der gemeinsamen Presseerklärung des ECCHR, Public Eye, PAN Asia Pacific und PAN India.
Kontakt:
Ms. Sarojeni Rengam, PAN Asia Pacific, sarojeni.rengam@panap.net
Susan Haffmans, PAN Germany, susan.haffmans@pan-germany.org