Deep Dive: Eintauchen in die Welt der Chemikalienpolitik

Neuer Kompass Chemikalienpolitik schafft Übersicht und regt Veränderung aus zivilgesellschaftlicher Perspektive an.

Chemikalien sind allgegenwärtig – sie finden Einsatz in allen Industriezweigen und sind aus unserem Alltag nicht weg­zudenken. Ihrem Nutzen stehen die Gefahren gegenüber: Die Belastung von Mensch und Umwelt mit chemischen Stoffen hat sich längst zum globalen Problem ausgeweitet. Die globale Verschmutzungskrise hat gravie­rende ökologische, ökonomische und gesund­heitliche Folgen. Bereits heute sind weltweit ca. 350.000 Chemikalien auf dem Markt, von denen nur wenige toxikologisch bewertet und noch weniger regu­liert sind. Prognostiziert wird ein weiterer erheblicher Anstieg der Produktion in den kommenden Jahren. Pes­tizide, Industriechemikalien und (Mikro-)Plastik belasten Böden, Gewässer und die Luft, stören Ökosysteme und bergen Risiken für die menschliche Gesundheit. Steigende Gesundheitsausgaben für chemikalienbedingte Erkrankungen und die Grenzen technischer Reinigungsmöglichkeiten werden genauso angesprochen, wie die Notwendigkeit und Möglichkeit, die politischen und regulatorischen Weichen in Richtung Transformation und Entlastung zu stellen.

Der Kompass Chemikalienpolitik beleuchtet Stoffgruppen im Fokus – wie PFAS, die sich kontinuierlich in der Umwelt und im menschlichen Körper anreichern und längst unsere Gewässer und unser Trinkwasser belasten und hormonschädliche Substanzen (endokrine Disruptoren, EDCs), die aus ver­schiedenen Chemikaliengruppen stammen und in nahezu allen Alltagsprodukten enthalten sind. Und er bietet einen kompakten Überblick, warum eine konsistente, ambi­tionierte und schützende Chemikalienpolitik notwendig ist und wie man sich dafür einsetzten kann.

Zum Download: Kompass Chemikalienpolitik

Der Kompass Chemikalienpolitik ist ein gemeinsames Policy Briefing elf zivilgesellschaftlicher Organisationen, die für das Recht auf eine giftfreie Zukunft eintreten:




Offener Brief an Bundesregierung für besseren Schutz vor hormonschädigenden Stoffen

Bereits in sehr geringen Mengen können EDCs (endocrine disrupting chemicals) in den Hormonhaushalt eingreifen. Besonders gefährdet sind Schwangere, Kinder und andere vulnerable Gruppen. Deshalb muss nach den Zielen der Europäischen Union, die Exposition gegenüber EDCs für die Bevölkerung und für die Umwelt deutlich verringert werden.

In einem gemeinsamen offenen Brief wenden sich CHEM Trust Europe e.V., Health and Environment Justice Support e.V. (HEJSupport), Women Engage for a Common Future Deutschland e.V. (WECF) und das Pestizid-Aktions-Netzwerk e.V. (PAN Germany) an die neue Bundesregierung und mahnen dringenden politischen Handlungsbedarf zum Schutz vor hormonell schädigenden Stoffen an. Mit dem Brief an die Bundesminister:innen des BMUKN, BMLEH, BMG, BMWE, BMJV, BMFSFJ und dem BMAS appellieren die Nichtregierungsorganisationen (NROs) an deren Verantwortung, tätig zu werden. Sie  erinnern an den – nach Ressortabstimmung – von der Vorgängerregierung verabschiedeten „Fünf-Punkte-Plan zum Schutz vor hormonell schädigenden Stoffen” vom November 2023, der unter anderem als nationale Maßnahme für die Weiterentwicklung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie genannt wird.

Erinnert wird zudem an den Maßnahmenkatalog des NRO-Bündnisses, der ein Jahr später im Oktober 2024  veröffentlicht wurde und Empfehlungen für die weitere Ausgestaltung des „Fünf-Punkte-Plans“ zum Schutz der Bevölkerung und der Umwelt konkretisiert:

  • Entwicklung eines verbindlichen, ausreichend finanzierten Maßnahmenplans mit klaren Zielen und Verantwortlichkeiten.
  • Keine nationalen Zulassungen mehr für EDC-haltige Biozide und Pestizide; nationale Verbote von EDCs in besonders kritischen Produkten.
  • Engagement für eine zügige Identifizierung und Regulierung von EDCs auch auf EU- Ebene, inklusive der Verdachtsstoffe.
  • Mehr Transparenz für Verbraucher:innen, gezielte Aufklärungskampagnen (besonders für Schwangere) und einfache Zugänge zu Informationen.
  • Förderung sicherer Alternativen zu EDCs, auch nicht-chemischer Verfahren, und Unterstützung entsprechender Forschung.
  • Stärkere ressortübergreifende Zusammenarbeit und Koordinierung, um einheitliches und glaubwürdiges Handeln sicherzustellen.

Lesen Sie hier den gemeinsamen offenen Brief an die Bundesministerien.

 

EDCs werden mit schwerwiegenden Gesundheitseffekten wie bestimmten Krebserkrankungen, Fortpflanzungsstörungen, neurologischen Effekten auf Intelligenz und Verhalten, chronischen Stoffwechselkrankheiten und Schädigungen des Immunsystems in Verbindung gebracht. EDCs kommen in vielen Alltagsprodukten vor und landen als Pestizidrückstände in der Umwelt und in unseren Lebensmitteln. Auch für die biologische Vielfalt und die Umwelt stellen EDCs – zum Beispiel solche aus der PFAS-Gruppe – eine ernstzunehmende Bedrohung dar. Dies ist mit erheblichen wirtschaftlichen Kosten verbunden, die in der EU auf Hunderte von Milliarden Euro pro Jahr geschätzt werden. Konkrete Maßnahmen der Bundesregierung sind insofern dringend geboten.

Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie wendete sich deshalb ebenfalls jüngst mit einem Offenen Brief an Vertreter:innen der deutschen Regierung und formulierte ihre Empfehlungen, unter anderen ein Verbot von EDCs in allen Konsumgütern  und die Unterstützung des  Vorschlags für eine universelle Beschränkung von den „Ewigkeitschemikalien“ PFAS.

In den Kernbereichen von PAN Germany – der Pestizid- und Biozidpolitik – regeln die entsprechenden EU-Verordnungen bereits seit 2009 bzw. 2012 den Ausschluss von identifizierten hormonschädlichen Wirkstoffen. Allerdings verlaufen die Identifizierung und Regulierung sehr schleppend. Es gibt immer wieder technische Verlängerungen von Wirkstoff-Genehmigungen, oft, weil die notwendigen Daten zu endokrinschädlichen Eigenschaften von den Antragstellern nicht oder unvollständig eingereicht werden. Außerdem sind – insbesondere im Biozidrecht – verschiedene Ausnahmen vom Verwendungsverbot vorgesehen, sofern keine Alternativen zur Verfügung stehen. Daher setzt sich PAN Germany für eine schnellere und konsequentere Umsetzung der Gesetzgebung ein wie z.B. eine ernsthafte vergleichende Bewertung auch von nichtchemischen Alternativen und fordert schnelle und weitergehende nationale Verbote von Pestizid- und Biozidprodukten, die EDCs enthalten.

Ein weiterer wichtiger Bereich ist die Sensibilisierung der Öffentlichkeit und die Bereitstellung von Informationen. Hier leistet PAN Germany wichtige Aufklärungsarbeit, beispielsweise mit den aktuellen Materialien zum EDC-Thema für die schulische und außerschulische Bildungsarbeit.




PAN-Bildung Aktuell: Globale Herausforderungen im Klassenzimmer

 


  🗓 Donnerstag, 17. Juli 2025      🕒 15:00–16:30 Uhr     📍Online (Zoom)


Das Webinar Globale Herausforderungen im Klassenzimmer – Landwirtschaft und Chemikalien als Bildungsthemen  ist eine fachliche Fortbildung für Lehrkräfte und Multiplikator*innen der schulischen und außerschulischen Bildung.

Im Mittelpunkt stehen zwei aktuelle Themen und die konkreten Anknüpfungspunkte für den Unterricht in den Bereichen Umweltschutz, Gesundheit, Konsum, Landwirtschaft und Nachhaltigkeit. Neben fundierten fachlichen Einblicken stellen wir praxisnahe Bildungsmaterialien zur direkten Verwendung im Unterricht und in anderen Bildungsveranstaltungen vor.

 

🔍 Das erwartet Sie:

🧪 Thema 1: Hormonell wirksame Chemikalien (EDCs) – unsichtbare Alltagsgefahren erkennen und vermeiden

Johanna Hausmann von Women Engage for a Common Future (WECF Deutschland) führt in die Problematik hormonell wirksamer Chemikalien ein – wie sie wirken, wo sie vorkommen und welche gesundheitlichen Risiken sie bergen.

Susanne Smolka, Referentin für Pestizide und Biozide bei PAN Germany, stellt das begleitende Unterrichtsmaterial Hände weg von unserem Hormonsystem! vor und zeigt, wie sich das Thema verständlich und handlungsorientiert in den Unterricht integrieren lässt.

🌾 Thema 2: Nachhaltige Landwirtschaft und faire Ernährung – Wege zur ökologischen und sozialen Gerechtigkeit

Tina Marie Jahn, Referentin für globale Landwirtschaft und Welternährung beim entwicklungspolitischen INKOTA-netzwerk, stellt das Konzept der Agrarökologie vor und beleuchtet, wie es dazu beitragen kann, die Herausforderungen im globalen Agrar- und Ernährungssystem zu lösen.

Anschließend stellt Tamara Wuttig, Referentin für Landwirtschaft und Umwelt bei PAN Germany, die Bildungsmaterialien Agrarökologie macht Schule und Mythos Pestizide vor, die den Zusammenhang zwischen Landwirtschaft, Umwelt und globaler Gerechtigkeit praxisnah aufgreifen.

 

🧰 Für wen ist das Webinar geeignet?

  • Lehrkräfte der Sekundarstufe I & II (Empfehlung ab 10. Klasse)
  • Multiplikator*innen im Bereich Umweltbildung, Globales Lernen und BNE
  • Bildungsverantwortliche in NGOs, Initiativen und Hochschulen

 

💡 Warum teilnehmen?

  • Fundiertes Fachwissen zu aktuellen Themen
  • Praxistaugliche, kostenfreie Bildungsmaterialien
  • Impulse für zeitgemäßen Unterricht und Bildungsarbeit

 

📩 Anmeldung:

https://zoom.us/meeting/register/JWVqZLI2TI-YxIcMl0RREQ

Die Teilnahme ist kostenfrei. Bitte melden Sie sich bis zum 16. Juli 2025 an.

 

 

Diese Veranstaltung wird unterstützt durch eine Förderung durch die Norddeutsche Stiftung für Umwelt und Entwicklung (NUE), Bingo! Die Umweltlotterie und die Deutsche Postcode Lotterie. Für die Inhalte der Veranstaltung ist PAN Germany allein verantwortlich.

 

 




Redebeitrag auf der BASF-Hauptversammlung am 02.05.2025

Rede von Dr. Peter Clausing vom Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany) auf der Hauptversammlung der BASF AG am 02.05.2025: 

„Sehr geehrte Damen und Herren Aktionärinnen und Aktionäre, sehr geehrte Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats.

Mein Name ist Dr. Peter Clausing vom Pestizid Aktions-Netzwerks e.V. und ich spreche als Bevollmächtigter des Dachverbandes der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. Ich bin Toxikologe und mit den Eigenschaften jenes Abbauprodukts von Pestiziden vertraut, über das ich heute sprechen werde. Es geht um Triflouracetat, oder kurz TFA, ein Abbauprodukt sogenannter PFAS-Pestizide. Die BASF hat Pestizidprodukte mit mindestens 4 PFAS-Wirkstoffen in ihrem Portfolio. Konkret geht es um die Wirkstoffe Flufenacet, Mefentrifluconazol, Picolinafen und Tritosulfuron. Zu den PFAS-Wirkstoffen gehört auch Fipronil, das in der EU verboten ist, aber von der BASF zum Beispiel in Mexiko in Pestizidprodukten angeboten wird. Abgesehen davon, dass Fipronil zur TFA-Belastung von Mensch und Umwelt beiträgt, sind Präparate mit diesem Wirkstoff in Mexiko auch für massive Bienensterben verantwortlich.

TFA ist eine so genannte Ewigkeitschemikalie und zugleich ein Stoff, der eine Gefahr für das ungeborene Leben darstellt, wobei laut Behördenunterlagen Augenmissbildungen im Vordergrund stehen. Beim zur Zeit laufenden REACH-Verfahren wurde TFA von den Behörden als Substanz der Kategorie 1B vorgeschlagen, also als „wahrscheinlich reproduktionstoxisch beim Menschen“.

Auch wenn es noch andere Emissionsquellen gibt, sind PFAS-Pestizide die vorherrschende Quelle für die Kontamination von Grund- und Trinkwasser mit TFA. Laut Europäischer Chemikalien Agentur werden in der EU pro Jahr knapp 5.500 Tonnen PFAS-Pestizide ausgebracht. Und aus dem Bericht des Umweltbundesamts von 2023 geht hervor, dass in Deutschland das Potenzial besteht, dass durch die ausgebrachten PFAS-Pestizide jährlich bis zu 521 Tonnen TFA gebildet werden. TFA ist, wie gesagt, eine so genannte Ewigkeitschemikalie. Mit anderen Worten, jedes Jahr gelangen in Deutschland bis zu 521 weitere Tonnen TFA in die Umwelt. Das erklärt den steilen Anstieg der Belastung, der über die letzten 15 Jahre festgestellt wurde. Um diese flächendeckende Kontamination von Oberflächen- und Grundwasser einzudämmen, sollten PFAS-Pestizide umgehend aus dem Verkehr gezogen werden.

Ich habe deshalb folgende Fragen:

  1. Welche Menge an PFAS-Pestiziden, also Flufenacet, Mefentrifluconazol, Picolinafen und Tritosulfuron werden von der BASF innerhalb der EU vermarktet?
  2. Hat die Unternehmensleitung angesichts der steigenden TFA-Kontamination und der damit verbundenen Gesundheitsgefahren, die Absicht, verantwortungsvoll zu handeln und die Wirkstoffe Mefentrifluconazol und Picolinafen vor Ende der derzeit laufenden Genehmigung aus dem Portfolio zu nehmen?
  3. Ist das Unternehmen bereit auf den Export von Fipronil, Flufenacet und Tritosulfuron, also Wirkstoffe, die ihre Genehmigung in der EU verloren haben bzw. demnächst verlieren werden, bzw. deren Produkte zu verzichten? Wenn nicht, sind Sie der Ansicht, dass diese Wirkstoffe in den Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas weniger zur TFA-Anreicherung als in Europa beitragen und wenn ja, warum?

Vor diesem Hintergrund fordere ich die Aktionärinnen und Aktionäre auf, Vorstand und Aufsichtsrat nicht zu entlasten und stattdessen für die Gegenanträge des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre zu stimmen!

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.“




Redebeitrag auf der Bayer-Hauptversammlung am 25.04.2025

Rede von Dr. Peter Clausing vom Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany) auf der Hauptversammlung der Bayer AG am 25.04.2025: 

„Sehr geehrte Damen und Herren Aktionärinnen und Aktionäre, sehr geehrte Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats.

Mein Name ist Peter Clausing vom Pestizid Aktions-Netzwerks e.V. und ich spreche als Bevollmächtigter der Coordination gegen BAYER-Gefahren. Ich bin promovierter Toxikologe und vertraut mit den Eigenschaften jenes Abbauprodukts von Pestiziden, über das ich heute sprechen werde. Es geht um Triflouracetat, oder kurz TFA, ein Abbauprodukt sogenannter PFAS-Pestizide, von denen Bayer Präparate von insgesamt 6 Wirkstoffen in seinem Portfolio hat. Konkret geht es um Diflufenican, Fluopicolid, Fluopyram, Isoxaflutol, Tembotrion und Trifloxystrobin. Hinzu kommt Flufenacet, ebenfalls ein Bayer-Pestizid, für das es im Juni keine Wiedergenehmigung in der EU geben wird.

TFA ist eine so genannte Ewigkeitschemikalie und zugleich ein Stoff, der eine Gefahr für das ungeborene Leben darstellt, wobei laut Behördenunterlagen Augenmissbildungen im Vordergrund stehen. Beim zur Zeit laufenden REACH-Verfahren wurde TFA von den Behörden als reproduktionstoxische Substanz der Kategorie 1B vorgeschlagen.

Auch wenn es noch andere Emissionsquellen für TFA gibt, sind PFAS-Pestizide die vorherrschende Quelle für die Kontamination von Grund- und Trinkwasser mit TFA. Laut Europäischer Chemikalien Agentur werden in der EU pro Jahr knapp 5.500 Tonnen PFAS-Pestizide ausgebracht. Und aus dem Bericht des Umweltbundesamts von 2023 geht hervor, dass in Deutschland das Potenzial besteht, dass durch die ausgebrachten PFAS-Pestizide jährlich bis zu 521 Tonnen TFA gebildet werden. TFA ist, wie gesagt, eine so genannte Ewigkeitschemikalie. Mit anderen Worten, jedes Jahr gelangen in Deutschland bis zu 521 weitere Tonnen TFA in die Umwelt. Das erklärt den steilen Anstieg der Belastung, der über die letzten 15 Jahre zum Beispiel in Wein festgestellt wurde, denn TFA in Wein ist nichts anderes als ein Abbild der beim Anbau herrschenden Umweltbelastung. Um diese flächendeckende Kontamination von Oberflächen- und Grundwasser einzudämmen, sollten PFAS-Pestizide umgehend aus dem Verkehr gezogen werden.

 

Ich habe deshalb folgende Fragen:

  1. Wie hoch ist der Anteil des Bayer-Konzerns an den nach offizieller Schätzung knapp 5.500 Tonnen PFAS-Wirkstoffen, die jährlich in der EU ausgebracht und demzufolge vermarktet werden?
  2. Für welche PFAS-Wirkstoffe – also für Fluopicolid, Fluopyram, Isoxaflutol, Tembotrion und Trifloxystrobin – hat die Unternehmensleitung die Absicht, auf einen Antrag zur Wiedergenehmigung zu verzichten? Für Flufenacet haben die Behörden Ihnen die Entscheidung ja bereits abgenommen.
  3. Im positiven Fall, d.h. bei Verzicht auf einen Wiedergenehmigungsantrag: Ist das Unternehmen auch bereit auf den Export von Präparaten mit diesen Wirkstoffen bzw. von diesen Wirkstoffen selbst zu verzichten? Wenn ja, auf welche und ab wann?

Vor diesem Hintergrund fordere ich die Aktionär:innen auf, Vorstand und Aufsichtsrat nicht zu entlasten und stattdessen für die Gegenanträge der Coordination gegen BAYER-Gefahren zu stimmen!“

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.“




Aufruf an die Bayer-Aktionär*innen, sich gegen Angriffe auf den Gesundheits- und Umweltschutz zu stemmen

Am Vortag der morgigen Bayer Jahreshauptversammlung fordern mehr als 100 Organisationen aus aller Welt die Bayer-Aktionär*innen auf, sich gegen die schädliche Lobbypolitik des Konzerns zu stemmen, mit dem dieser in Europa und den USA Gesetze und Vorschriften zum Schutz der Bevölkerung zu unterlaufen versucht. (1)

In Europa arbeitete Bayer zusammen mit dem Lobbydachverband CropLife EU massiv daran, das EU Gesetz zur Pestizidreduktion zu Fall zu bringen – leider mit Erfolg. In den USA versucht Bayer derzeit die Gesetzeslage so zu ändern, dass Betroffene zukünftig daran gehindert werden, rechtliche Schritte einzuleiten, wenn sie durch ein Bayer-Produkt geschädigt wurden.

Tausende amerikanischer Beschäftigte in der Landwirtschaft und US-Bürger*innen haben vor Gericht geklagt, weil sie an Krebserkrankungen leiden, die auf den Einsatz des Herbizids Glyphosat zurückzuführen sind. Der Wirkstoff Glyphosat ist unter anderem in dem Bayer- und früheren Monsanto-Produkt RoundUp enthalten. Entschädigungszahlungen an die 181.000 Kläger und Klägerinnen hat dem Unternehmen bereits Milliarden US Dollar gekostet. Der Bayer Konzern versucht daher, Einfluss auf US-Behörden auf nationaler und bundesstaatlicher Ebene zu nehmen mit dem Ziel, Opfer von Bayer-Produkten die Möglichkeit zu nehmen, Ansprüche zukünftig weiter geltend zu machen.

Verantwortlich für die weit verbreitete PFAS-Verschmutzung?

Bayer ist Entwickler und Hersteller vieler PFAS-Pestizide. Ein Abbauprodukt dieser „Ewigkeitschemikalien“ ist Trifluoracetat, besser bekannt als TFA. Dieses hormonell wirksame und mutmaßlich fortpflanzungsgefährdende Abbauprodukt verschmutzt Trinkwasser in großem Ausmaß. Die problematische Chemikalie wird auch von Pflanzen aufgenommen und wurde gerade in erheblichen Konzentrationen in europäischen Weinen nachgewiesen. Wir fordern: Konzerne müssen Verantwortung für ihre Produkte übernehmen. Dazu zählt auch die Verantwortung für die zum Teil gravierenden Verschmutzungen, die diese Produkte verursachen. Es geht nicht, dass Konzerne ihre wirtschaftliche Macht missbrauchen, um sich der Verantwortung für ihre Produkte zu entziehen.

(1) Offener Brief an die Bayer Aktionär*innen zum 25. April 2025.

Die Jahreshauptversammlung der Bayer-Aktionär*innen am Freitag, den 25. April kann im Internet live mitverfolgt werden (Link ist extern).




Studie zeigt alarmierenden Anstieg der Chemikalie TFA in europäischem Wein

Keine Kontamination vor 1988 – starker Anstieg seit 2010 – derzeitige Werte sehr hoch

Neue Daten zeigen einen dramatischen Konzentrationsanstieg der Chemikalie TFA (Trifluoracetat) in der Umwelt. Die Ergebnisse stellten das europäische Pestizid Aktions-Netzwerks (PAN Europe) und Partnerorganisationen heute in dem Bericht „Message from the Bottle – The Rapid Rise of TFA Contamination Across the EU“ vor. [1,2,3]

Untersucht wurden 10 ältere und 39 jüngere, in den vergangenen Jahren abgefüllte Weine aus 10 Europäischen Staaten. TFA wurde in allen jüngeren Weinen im Mittel (Median) mit 110 Mikrogramm pro Liter (µg/l) nachgewiesen. Die höchste Belastung lag bei 320 µg/l und ist damit  rund 100 Mal höher als die durchschnittlichen Konzentrationen, die in vorherigen Untersuchungen in Oberflächengewässern und in Trinkwasserproben nachgewiesen wurden.

In alten Weinen, die vor 1988 abgefüllt wurden, wurde dagegen kein TFA nachgewiesen. Seit 2010 konnte ein starker Anstieg der Kontaminationswerte beobachtet werden.

Gleichzeitig wurden die Weine auch auf Pestizidrückstände analysiert. Viele Proben zeigten mehrfache Belastungen. Gefunden wurden bis zu 8 Pestizide und Pestizidmetabolite in 94 % der konventionell erzeugten Weine. Insgesamt waren 18 unterschiedliche Pestizide nachweisbar, darunter die zwei PFAS-Fungizide, Fluopyram und Fluopicolid. Bemerkenswerterweise waren vier von fünf untersuchten Bioweinen frei von nachweisbaren Pestizidrückständen – sie enthielten jedoch alle TFA. Weine im höheren TFA-Konzentrationsbereich (Mittelwert: 176 µg/l) zeigten im Durchschnitt eine doppelt so hohe Pestizidbelastung auf wie Weine mit geringeren TFA-Werten (Mittelwert: 58 µg/l).

Helmut Burtscher-Schaden, Umweltchemiker bei GLOBAL 2000 und Initiator der Studie, beschreibt die Ergebnisse als “alarmierend in zweierlei Hinsicht“. Die hohen Werte verdeutlichen die erhebliche Bioakkumulation von TFA in Pflanzen. „Wahrscheinlich nehmen wir über unsere Ernährung wesentlich mehr TFA auf als bisher angenommen“, schlussfolgert der Experte. Noch besorgniserregender sei der starke Anstieg der Kontamination seit 2010. „Es sind dringend Maßnahmen erforderlich, um weitere TFA-Emissionen in die Umwelt zu verhindern.“, fügt er hinzu.

Andere Untersuchungen zeigten ähnliche Ergebnisse. Michael Müller, Professor für Pharmazeutische und Medizinische Chemie an der Universität Freiburg, hat bei seinen eigenen (noch unveröffentlichten) Analysen von TFA in alten und neuen Weinen ähnliche Trends beobachtet. Dabei wurde in neueren Weinen, die nach 2020 abgefüllt wurden, ein breites Spektrum an TFA-Kontaminationen von 20 bis über 300 µg/l nachgewiesen. Die niedrigsten Werte wurden in biologisch erzeugten Weinen gefunden, die von Trauben stammen, die auf Flächen angebaut wurden, auf die seit Jahrzehnten keine synthetischen Chemikalien aufgebracht wurden. Dies deute darauf hin, dass PFAS-Pestizide als direkter oder indirekter Faktor zu den hohen TFA-Belastungswerten beitragen, so Professor Müller.

Der steile Anstieg der TFA-Belastung wird auch durch einen Vergleich mit offiziellen Befunden bestätigt, die vom EU-Referenzlabor CVUA Stuttgart erhoben wurden. Die Untersuchungen aus dem Jahr 2017, die im Auftrag der Europäischen Kommission durchgeführt wurde, ist bis heute die einzige offizielle Erhebung von TFA in Lebensmitteln. Damals wiesen 27 europäische Weine eine mittlere Konzentration von 50 µg/l auf – mit einem Spitzenwert von 120 µg/l. Die aktuelle Untersuchung von PAN Europe weist dagegen einen Medianwert von 110 µg/l mit einem Spitzenwert von 320 µg/l auf.

Salomé Roynal, Politikreferentin bei PAN Europe, spricht von einem Weckruf für die EU. Substanzen, die TFA in die Umwelt freisetzen, müssten unverzüglich vom Markt genommen werden. Die nächste Gelegenheit ergäbe sich Mitte Mai, wenn die EU-Mitgliedstaaten aufgefordert seien, über den Vorschlag der Kommission abzustimmen, das PFAS-Pestizid Flutolanil – ein TFA-Emittent – nicht weiter zu genehmigen.

PAN Germany erwartet von der neuen Bundesregierung, dass sie die große Bedrohung der Umweltressourcen ernst nimmt und sofort wirksame Maßnahmen gegen die fortschreitende TFA-Anreicherung in Umwelt und Lebensmitteln initiiert. Dies bedeutet prioritär ein Verwendungsverbot für PFAS-Pestizide in Deutschland und die volle Unterstützung des PFAS-Beschränkungsvorschlags auf EU-Ebene.

 

Hintergrund

TFA (Trifluoracetat) ist das nicht weiter abbaubare Endprodukt anderer PFAS-Verbindungen, wie sie in der Kühltechnik (F-Gase) oder als Wirkstoffe in Pestiziden verwendet werden. Was die Verschmutzung des Grundwassers betrifft, so sind es vor allem PFAS-Pestizide aus der Landwirtschaft, die dazu beitragen. Laut einer Studie des Umweltbundesamtes verursachen sie einen potenziellen jährlichen Anteil von 76 % des TFA, gefolgt von TFA-Emissionen aus Regen (hauptsächlich aus fluorierten Gasen, die in Kühlsystemen verwendet werden) mit 17 % sowie Kläranlagen und Gülle mit jeweils 3 %.

Toxikologisch wurde TFA lange Zeit als weitgehend harmlos angesehen, insbesondere von PFAS-Herstellern. Eine 2021 von Pestizidherstellenden im Rahmen der REACH-Chemikalienverordnung in Auftrag gegebene Studie zu TFA ergab jedoch schwere Missbildungen bei Kaninchenföten. Seitdem steht TFA im Verdacht, ein Risiko für die menschliche Fortpflanzungsgesundheit darzustellen. Auf Initiative Deutschlands prüft die Europäische Chemikalienbehörde ECHA derzeit die Einstufung als reproduktionstoxisch 1“ für TFA.

Führende Umweltwissenschaftler:innen haben in jüngster Zeit auf die dramatische Zunahme der TFA-Kontamination im Wasserkreislauf und in der Biosphäre hingewiesen und sie als Bedrohung der planetarischen Grenzen bezeichnet.

Der aktuelle PAN-Bericht umfasste die Analyse von Weinen aus den Herkunftsländern Österreich, Belgien, Kroatien, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Ungarn Italien, Luxemburg und Spanien und erfolgte in Kooperation mit PAN Europe Mitgliedsorganisationen und Partnern, unter anderen mit PAN Germany.

 

[1] Message from the Bottle – The Rapid Rise of TFA Contamination Across the EU

[2] Flaschenpost – Der steile Anstieg der TFA-Kontamination in europäischem Wein

[3] Press Release PAN Europe

 

 

 




Verbot des hormonell schädigenden Herbizids Flufenacet beschlossen

Diesen Monat fiel auf EU-Ebene die Entscheidung, die Genehmigung für den problematischen Pestizidwirkstoff Flufenacet nicht zu verlängern. PAN Germany begrüßt diese Entscheidung als einen wichtigen Beitrag für einen besseren Gesundheits- und Umweltschutz.

Im Dezember 2024 hatte die Europäische Kommission einen Verordnungsentwurf zur Nichterneuerung der Wirkstoffgenehmigung des Herbizids Flufenacet vorgelegt [1] und diesem jetzt in der Märzsitzung des Ständigen Ausschusses für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel – kurz SCoPAFF – zugestimmt [2]. Dies ist ein Erfolg des Umwelt- und Verbraucherschutzes, für den sich auch PAN Germany mit anderen Umweltorganisationen eingesetzt hatte [3]. Allerdings wird aller Wahrscheinlichkeit nach damit die Gefahr noch nicht gebannt sein. Der Verordnungsentwurf sieht vor, dass nach Genehmigungsende für Flufenacet am 15. Juni 2025 eine einjährige Abverkaufs- und Aufbrauchsfrist im Rahmen der nationalen Mittelzulassungen ermöglicht werden soll.

Das Herbizid Flufenacet wird in Deutschland derzeit mit einer Absatzmenge von rund 682.000 Tonnen in 34 zugelassenen Mitteln im Ackerbau (Getreide) vermarktet.

Flufenacet kann das Hormonsystem von Menschen und Tieren schädigen. Das Herbizid stört die Funktion der Schilddrüsenhormone und kann u.a. die Entwicklung des Gehirns und somit neurologische Funktionen und Fähigkeiten negativ beeinflussen. Der Wirkstoff zählt zu den PFAS-Ewigkeitschemikalien und baut sich in den sehr persistenten und mobilen Metaboliten TFA (Trifluoracetat) ab. TFA wiederum kann zu Entwicklungsschäden führen. Deshalb wird TFA auf eine Gefahrenklassifizierung als R 1b Stoff – als wahrscheinlich reproduktionstoxisch beim Menschen – geprüft. TFA besitzt ein sehr hohes Potential für Grundwasserkontaminationen und wird bereits in hohen Mengen im Grundwasser sowie in Trinkwasser- und Mineralwasserproben nachgewiesen (PAN Germany berichtete bereits zu dieser Problematik).

Aufgrund dieser besonderen Umwelt- und Gesundheitsrelevanz hatte die Zulassungsbehörde BVL bereits im Herbst 2024 ein vorzeitiges Verbot flufenacethaltiger Mittel in Deutschland geprüft und das BMEL hatte ein nationales Verbot Flufenacet-haltiger Produkte ohne Abverkauffristen in Aussicht gestellt. Trotz gleichbleibender Gefahrenlage änderte die Zulassungsbehörde nach dem Ende der Ampelregierung das Vorgehen und erklärte Anfang Februar, man würde jetzt doch auf die Entscheidung aus Brüssel warten [4].

Bedeutet das für Deutschland, das auch das im Zusammenhang mit dem im Herbst 2024 diskutierten Widerruf der Produktzulassungen ohne Abverkaufs- und Aufbrauchsfristen in Deutschland hinsichtlich dieser Fristen vom Tisch ist und flufenacethaltige Mittel noch bis Juni 2026 eingesetzt werden dürfen?

PAN Germany erwartet von der neuen Bundesregierung und der Zulassungsbehörde BVL ein klares Bekenntnis zum Gesundheitsschutz und insofern den sofortigen Stopp der Mittelzulassungen ohne Aufbrauchfristen mit Ende der EU-Genehmigung am 15. Juni 2025.

Laut EU-Kommission kann eine ungefährliche – „vernachlässigbare“ – Exposition nicht sichergestellt werden. Jegliche weitere Fristverlängerung der Anwendung würde somit ein unnötiges und unakzeptables Risiko für empfindliche Gruppen wie Schwangere und Neugeborene und dies besonders im ländlichen Raum darstellen. PAN Germany mahnt an, dass Menschen nicht weiteren Spritzeinsätzen mit Flufenacet direkt oder indirekt ausgesetzt werden dürfen. Da der Metabolit TFA sich aufgrund seiner hohen Persistenz in der Umwelt akkumuliert, muss der Eintrag über Flufenacet und weiterer TFA-emittierender Pestizide auch zum Schutz unserer Trinkwasserressourcen unverzüglich beendet werden.

Mehr dazu:

[1] EU-Verordnungsentwurf für die nicht-Genehmigung des Pestizids Flufenacet

[2] PAN Europe „EU Member States agree to ban flufenacet – PAN Europe calls for immediate action on all PFAS pesticides

[3] Offener Brief „Hormonelle Schädlichkeit von Flufenacet bestätigt: 49 Umweltgruppen fordern ein sofortiges Verbot“

[4] BVL „Information zu Flufenacethaltigen Pflanzenschutzmitteln: Widerruf nach Abschluss des europäischen Verfahrens“

 

 

 

 

 




Chemiepolitische Mittagstalks 2024 – Dokumentation jetzt online

Die Chemiepolitischen Mittagstalks lieferten auch 2024 wieder prägnante Einblicke in ausgewählte Aspekte der Chemikalienpolitik. Expert*innen von PAN Germany waren an der Ausgestaltung beteiligt und gaben fachlichen Input zu drei der vier Talks. Zum Nachschauen stehen die Aufzeichnungen jetzt online bereit. Seit 2021 wird die Webinarreihe „Chemiepolitische Mittagstalks“ von der Initiative „Für das Recht auf eine giftfreie Zukunft“ ausgerichtet.

Mittagstalk #1: „Das 1×1 der Chemikalienpolitik“ vom 4. September 2024

Den Auftakt der Chemiepolitischen Mittagstalks 2024 bildete die Veranstaltung „1×1 der Chemikalienpolitik“. Innerhalb der Chemikalienpolitik gibt es einige grundlegende Konzepte und Begriffe, die regelmäßig Gegenstand von Auseinandersetzungen und Berichterstattungen sind. In der Auftaktveranstaltung gaben die Referent*innen einen Überblick über verschiedene Begriffe, Konzepte und regulatorische Rahmen der Chemikalienpolitik.

Mittagstalk #2„Das Global Framework on Chemicals“ vom 9. Oktober 2024

Die zweite Veranstaltung befasste sich mit dem Global Framework on Chemicals, welches das neue internationale Rahmenwerk für das Chemikalienmanagement darstellt. Es ersetzt den 2020 ausgelaufenen strategischen Ansatz für ein internationales Chemikalienmanagement (SAICM). Im Webinar gingen die Referent*innen auf wichtige Aspekte des Rahmenwerks ein, benannten die großen Erfolge der Verhandlungen sowie weiter bestehende Leerstellen.

Mittagstalk #3: „EDCs – Wie Hormongifte unsere Gesundheit bedrohen“ vom 13. November 2024

EDCs (endokrine Disruptoren), sogenannte Hormongifte, sind in vielen Alltagsprodukten enthalten und schädigen unser Hormonsystem und den Stoffwechsel. Von einem effektiven Schutz vor EDCs sind wir aktuell weit entfernt. Welche Maßnahmen wollen Deutschland, die EU oder die internationale Staatengemeinschaft ergreifen, um Mensch und Umwelt besser vor EDCs und ihren negativen Auswirkungen zu schützen? Mit dem Schwerpunkt auf den Fünf-Punkte-Plan der Bundesregierung zum Schutz vor hormonell schädigenden Stoffen gingen die Referent*innen im dritten Talk auf Regelungslücken und Lösungsansätze ein.

Mittagstalk #4: „Ewigkeitschemikalien – wie wir heute die Probleme von morgen schaffen“ vom 11.12.2024

Mit Ewigkeitsmaterialien ist die große und vielseitig eingesetzte Gruppe der PFAS gemeint – der per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen. Es gibt mittlerweile keinen Ort auf der Welt, an dem PFAS nicht nachgewiesen werden können. Es besteht dringender Handlungsbedarf zum Schutz der Umwelt und Gesundheit. Auf EU-Ebene wird derzeit ein PFAS-Beschränkungsvorschlag für Chemikalien diskutiert. Besorgniserregend sind auch die Funde des PFAS-Metaboliten TFA in Oberflächen-, Grund- und Trinkwasserproben. PFAS-Pestizide stellen eine Hauptquelle für diese Belastungen dar. Die Expert*innen widmen sich im 4. Mittagstalk diesen und weiteren Aspekten der Ewigkeitschemikalien PFAS.

Die Initiative „Für das Recht auf eine giftfreie Zukunft“ ist ein Zusammenschluss folgender Nichtregierungsorganisationen: Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. (BUND), European Network for Environmental Medicine (EnvMed Network), Forum Umwelt und Entwicklung, Health and Environment Justice Support e.V. (HEJSupport), Women Engage for a Common Future (WECF) und Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN Germany). Gemeinsam engagieren sich die Verbände für einen besseren Schutz der Umwelt und Gesundheit vor Chemikalienbelastungen.

Informationen zu der Veranstaltungsreihe sowie die Dokumentation aller bisherigen Chemiepolitischen Mittagstalks finden Sie unter: https://www.giftfreie-zukunft.org/mittagstalks

 

 




Schutz vor PFAS-Chemikalien vor Industrieinteressen stellen

Neun zivilgesellschaftliche Organisationen* aus den Bereichen Umwelt-, Gesundheits- und Verbraucherschutz – darunter PAN Germany – fordern in einem offenen Brief von der Bundesregierung dringende Maßnahmen zum Verbot der Ewigkeitschemikalien PFAS in Konsumgütern sowie von PFAS-Pestiziden.

PFAS-Chemikalien, auch bekannt als „Ewigkeitschemikalien“, sind Stoffe, die extrem langlebig sind. Sie reichern sich in der Umwelt und im menschlichen Körper an. PFAS können den Hormonhaushalt stören und schwerwiegende Gesundheitsprobleme wie Leberschäden, Schilddrüsenerkrankungen und Krebs verursachen.

Die Organisationen appellieren an die Bundesregierung, PFAS-Chemikalien auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse zu regulieren und bringen ihre Besorgnis gegenüber der massiven Einflussnahme seitens der Industrie zum Ausdruck. Laut einer internationalen Recherche des Forever Lobbying Projects  versucht die Chemieindustrie notwendige Regulierungen von PFAS blockieren, um eigene wirtschaftliche Vorteile zu sichern, obwohl Alternativen vielfach verfügbar sind.

Die Regulierung von PFAS-Chemikalien muss ausschließlich auf unabhängigen und wissenschaftsbasierten Empfehlungen basieren und darf sich nicht an Aussagen von Unternehmen, die ein Eigeninteresse an der Aufrechterhaltung des derzeitigen Status quo haben, orientieren.

Die weit verbreitete Verwendung von PFAS-Chemikalien hat bereits zu einer der schwersten und weiterhin anhaltenden Verschmutzungskrisen geführt, mit denen die Menschheit je konfrontiert war. Und das, obwohl es für eine große Anzahl von PFAS-Anwendungen bereits Alternativen gibt oder welche entwickelt werden: z.B. verwenden bereits viele Hersteller von Outdoor-Kleidung PFAS-freie Materialien und auch in elektronischen Anwendungen konnten bereits Alternativen eingesetzt werden.

Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass PFAS verboten werden, wie in dem auch von Deutschland eingereichten Dossier zur umfassenden Beschränkung von PFAS dargelegt, das derzeit von der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) geprüft wird.

Die NGO-Forderungen umfassen:

  1. ein umfassendes Verbot von PFAS in Konsumgütern sowie von PFAS-Pestiziden,
  2. Maßnahmen auf nationaler Ebene zum Schutz von Mensch und Umwelt und einen nationalen Aktionsplan zur Beseitigung bereits bestehender Verschmutzungen und zur Unterstützung Betroffener,
  3. Förderung sicherer Alternativen und Anreize für Unternehmen, in den schrittweisen Ausstieg aus allen PFAS-Verwendungen zu investieren.

Gemeinsamer offener Brief an die Bundesregierung „PFAS-Chemikalien auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse regulieren“

Weiterführende Informationen zu PFAS

*beteiligte Organisationen: CHEM Trust Europe e.V., Client Earth Deutschland, Deutsche Umwelthilfe, Network for Environmental Medicine (ENV MED Net), Forum Umwelt und Entwicklung, Health and Environment Justice Support e.V. (HEJ Support), Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN Germany), Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e.V. und Women Engage for a Commen Future e.V. (WECF)