Europäische Bürgerinitiative „Bienen und Bauern retten!“ erreicht eine Million Unterschriften – Teilnahme noch bis Donnerstag möglich

PRESSEMITTEILUNG

Europäische Bürgerinitiative „Bienen und Bauern retten!“ erreicht eine Million Unterschriften – Teilnahme noch bis Donnerstag (30.09.2021) möglich.

Die Europäische Bürgerinitiative (EBI) „Bienen und Bauern retten!“ steht kurz vor einem historischen Erfolg: Mehr als eine Million Menschen haben die von einem europäischen Bündnis aus über 220 Organisationen getragene Initiative unterzeichnet. Sie fordert unter anderem einen EU-weiten Ausstieg aus der Anwendung chemisch-synthetischer Pestizide bis spätestens 2035. Die Initiative betont, dass bis einschließlich Donnerstag trotzdem noch weiter Unterschriften gesammelt werden müssen, um ungültige Unterschriften ausgleichen zu können.

Berlin, 29.09.2021 | Großer Jubel bei den Initiator:innen: Mehr als eine Million Menschen aus ganz Europa haben die Europäische Bürgerinitiative (EBI) „Bienen und Bauern retten!“ (engl.: „Save bees and farmers!“) unterzeichnet. Darüber hinaus konnte die erforderliche Mindestanzahl an Unterschriften in zehn EU-Mitgliedsstaaten erreicht werden: In Deutschland, Belgien, Österreich, Frankreich, Spanien, den Niederlanden, Dänemark, Ungarn, Lettland und Rumänien. Erforderlich für den Erfolg der Initiative wäre das Erreichen der Mindestanzahl in lediglich sieben Ländern gewesen. Sollten die nationalen Behörden mindestens eine Million Unterschriften für gültig erklären, gilt die EBI als erfolgreich. Dann müssen die Europäische Kommission und das Europaparlament die Forderungen der Initiative auf die Tagesordnung setzen.

Um den Erfolg wirklich abzusichern, muss das europaweite Bündnis hinter der Kampagne aber etwa 1,2 Millionen Unterschriften zusammenbekommen. Wie die Erfahrung mit bisherigen EBIs zeigt, ist mit einem gewissen Prozentsatz an ungültigen Unterschriften zu rechnen. Das Bündnis sammelt deshalb noch bis einschließlich Donnerstag, den 30. September, 23:59 Uhr weiter Unterschriften auf ihrer Webseite.

Die deutschen Organisationen im Trägerkreis der EBI zeigen sich über die Entwicklung hocherfreut:

Veronika Feicht, Referentin für Agrarpolitik beim Umweltinstitut München:

„Zwei Tage vor Ablauf der offiziellen Frist können wir einen unglaublichen Erfolg verbuchen: Mehr als eine Million Menschen unterstützen unsere Europäische Bürgerinitiative für eine bessere Landwirtschaft, und das trotz der massiven Einschränkungen durch die Coronakrise. Hier zeigt sich, wie sehr sich die Menschen in Europa ein Umsteuern in der Agrarpolitik wünschen. Die europaweite Bewegung für eine echte Agrarwende, in der sich unzählige lokale und regionale Anti-Pestizid-Initiativen zusammengeschlossen haben, ist nicht mehr aufzuhalten. Über eine Million Menschen von Madrid bis Riga, von Bukarest bis Dublin wollen keine chemisch-synthetischen Pestizide mehr, sondern eine Landwirtschaftspolitik, die Artenvielfalt, Klima und kleinbäuerliche Strukturen schützt.“

Thomas Radetzki, Vorstand der Aurelia Stiftung:

“Bienen und Bauernhöfe sind gleichermaßen bedrohte Spezies in unserer Agrarlandschaft. Eine Million Menschen aus ganz Europa stemmen sich nun gegen das Insektensterben und den dramatischen Rückgang der bäuerlichen Betriebe. Die Hälfte der Unterschriften kommt dabei aus Deutschland. Das ist auch ein klarer agrarpolitischer Arbeitsauftrag für die künftige Bundesregierung: Sie muss die Agrarwende jetzt ernsthaft anpacken und Bäuerinnen und Bauern dabei unterstützen, eine pestizidfreie und bienenfreundliche Landwirtschaft umzusetzen.”

Olaf Bandt, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND):

„Über eine Million EU-Bürgerinnen und -Bürger wollen das Artensterben nicht länger hinnehmen. Sie fordern von der Politik eine sozial-ökologische Landwirtschaft und einen Ausstieg aus chemisch-synthetischen Pestiziden. Die neue deutsche Bundesregierung ist jetzt national und EU-weit in der Pflicht, ein ambitioniertes Pestizidreduktionsprogramm umzusetzen.“

Susanne Smolka, Referentin für Pestizide / Biozide beim Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN Germany):

„Die stark schwindende Artenvielfalt, unsere belasteten Gewässer und Böden können sich nur erholen und im Zeichen der Klimakrise widerstandsfähiger werden, wenn endlich die ökologische Transformation der Landwirtschaft gelingt. Die Abkehr vom Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide und die Förderung von agrarökologischen Verfahren ist dabei ein sehr wichtiger Schritt. Die Europäische Bürgerinitiative fordert aber auch, die Landwirtinnen und Landwirte auf diesem Weg nicht allein zu lassen, sondern sie vielfältig und wirkungsvoll bei dieser Transformation zu unterstützen. Die EBI macht deutlich, dass viele Menschen endlich mehr Verantwortung und Taten von den Entscheidungsträgern in Brüssel und in Berlin erwarten, um ein nachhaltiges und zukunftsorientiertes Landwirtschaftssystem zu entwickeln.“

Prof. Dr. Kai Niebert, Präsident des Deutschen Naturschutzrings (DNR):

„Mehr als eine Million Unterschriften für die Europäische Bürgerinitiative senden eine klare Botschaft: Wir brauchen in Europa und in Deutschland eine Transformation der Landwirtschaft – und das sofort. Die Tatsache, dass die meisten Unterschriften von deutschen Bürgerinnen und Bürgern kommen, gibt der künftigen Bundesregierung den Auftrag, das Thema Landwirtschaft in den anstehenden Koalitionsverhandlungen ernst zu nehmen und Lösungswege für die Biodiversitäts- und Klimakrise zu finden. Sowohl die Forderungen der EBI als auch die Ergebnisse der Zukunftskommission Landwirtschaft zeigen auf, was zu tun ist. Nun liegt es in der Verantwortung der Politik, diese Herausforderungen umgehend anzugehen.“

Die Forderungen von “Bienen und Bauern retten!”

Mit der Europäischen Bürgerinitiative “Bienen und Bauern retten!” kommen Menschen aus der ganzen EU zusammen, um die europäische Agrarpolitik grundlegend zu verändern. Die Bürgerinitiative streitet für eine radikale Abkehr von der industriellen Landwirtschaft und für eine bäuerliche, vielfältige und gesunde Landwirtschaft in Europa.

Ihre Kernforderungen sind:

  1. Ein schrittweiser Ausstieg aus synthetischen Pestiziden.
    Der Einsatz von synthetischen Pestiziden soll bis 2030 um 80 Prozent reduziert werden. Bis 2035 soll die EU komplett aus der Nutzung der Ackergifte aussteigen.
  1. Maßnahmen zur Erholung der Biodiversität.
    Biotopflächen in landwirtschaftlichen Flächen sollen wiederbelebt und Produktionsmethoden so gestaltet werden, dass die Landwirtschaft wieder einen Beitrag zur Förderung der Artenvielfalt leistet.
  1. Unterstützung der Bäuerinnen und Bauern.
    Die Europäische Agrarpolitik soll reformiert werden. Kleinteilige, vielfältige und nachhaltige landwirtschaftliche Strukturen sollen bevorzugt, der Ökolandbau ausgeweitet sowie die Forschung zu pestizid- und gentechnikfreiem Anbau gefördert werden.

Pressemitteilung: Europäische Bürgerinitiative „Bienen und Bauern retten!“ erreicht eine Million Unterschriften (Download)

Mehr Infos unter: www.BienenUndBauernRetten.eu

 Ihr Ansprechpartner:

Florian Amrhein (Leitung Presse- & Öffentlichkeitsarbeit bei der Aurelia Stiftung):
florian.amrhein@aurelia-stiftung.de  •  Mobil: +49 (0)176 34 51 52 07




Europäische Bürgerinitiative „Bienen und Bauern retten!“ erreicht eine Million Unterschriften

Gemeinsame Pressemitteilung:
Europäische Bürgerinitiative „Bienen und Bauern retten!“ erreicht eine Million Unterschriften – Teilnahme noch bis Donnerstag (30.09.2021) möglich.

Die Europäische Bürgerinitiative (EBI) „Bienen und Bauern retten!“ steht kurz vor einem historischen Erfolg: Mehr als eine Million Menschen haben die von einem europäischen Bündnis aus über 220 Organisationen getragene Initiative unterzeichnet. Sie fordert unter anderem einen EU-weiten Ausstieg aus der Anwendung chemisch-synthetischer Pestizide bis spätestens 2035. Die Initiative betont, dass bis einschließlich Donnerstag trotzdem noch weiter Unterschriften gesammelt werden müssen, um ungültige Unterschriften ausgleichen zu können.

 




Neue Studie: Pestizide in unseren Schlafzimmern

Pestizide, die in ländlichen Gebieten eingesetzt werden, gelangen durch Abdrift bzw. über die Luft weit über die Felder hinaus in Gärten und Wohngebiete. Die neue Studie “Pesticides In Our Bedroom“ wurde von der Europäischen Bürgerinitiative „Bienen und Bauern retten“ initiiert, um auf diesen relevanten Belastungsweg aufmerksam zu machen.
Dafür wurden exemplarisch Hausstaubproben aus Schlafzimmern von Anwohner*innen landwirtschaftlich genutzter Gebiete aus vielen Mitgliedstaaten entnommen. Der jeweilige Haushalt befand sich weniger als 100 m entfernt von einer landwirtschaftlich intensiv genutzten Fläche. Die Proben wurden in einem Speziallabor in Frankreich auf Rückstände von insgesamt 30 Pestiziden untersucht, die in der EU häufig verwendet werden. Die Studie wirft ein erschreckendes Schlaglicht auf die Belastung von Menschen in ländlichen Regionen.

Sämtliche Proben waren mit Pestiziden belastet.
In allen 21 Proben der teilnehmenden Mitgliedsländer konnten Pestizide nachgewiesen werden.
Im Durchschnitt war der beprobte Hausstaub mit 8 Pestiziden kontaminiert. Der höchste Wert wurde dabei in Belgien mit 23 Pestiziden (in einer Probe) festgestellt, gefolgt von Italien mit 13 und den Niederlanden mit 12 Pestiziden.
Es konnten Pestizide nachgewiesen werden, die nach Einschätzung der EU-Behörden in Verdacht stehen, krebserregend zu sein oder hormonell wirksame und fortpflanzungsschädliche Eigenschaften zu besitzen.
Die Studie zeigt, dass viele Menschen EU-weit auch in ihren Wohnungen täglich verschiedenen Pestiziden in unterschiedlichen Konzentrationen und Gemischen ausgesetzt sind.

Die Ergebnisse sind ein weiterer Weckruf dafür, dass synthetische Pestizide dringend durch gesundheits- und umweltschonendere, nicht-chemische Alternativen ersetzt werden müssen. Daher setzt sich die Europäische Bürgerinitiative (EBI) „Bienen und Bauern retten“ für eine pestizidfreie Landwirtschaft in der EU ein. Ziel der EBI ist es, konkrete Maßnahmen auf EU-Ebene in Gang zu setzen, um die Verwendung synthetischer Pestizide in der EU innerhalb von 15 Jahren schrittweise einzustellen, die biologische Vielfalt auf landwirtschaftlichen Flächen wiederherzustellen und bei diesem Transformationsprozess die Landwirte zu unterstützen. Hierfür müssen EU-weit 1.000 000 Stimmen gesammelt werden, damit die Initiative erfolgreich ist.


Bis zum 30. September 2021 ist noch Zeit, um die Forderungen der EU Bürgerinitiative
zu unterstützen und online zu unterzeichnen:

 „Bienen und Bauern retten
für eine gesunde Landwirtschaft und zum Wohl von Landwirt*innen und unserer Umwelt!

 

 

Weitere Informationen:




Breites Bündnis fordert Pestizid-Ausstieg

Den Ausstieg aus der Anwendung chemisch-synthetischer Pestizide bis 2035 sowie ein Verbot der für die Gesundheit und Umwelt schädlichsten Pestizide innerhalb der nächsten 5 Jahre fordert heute ein Bündnis von mehr als 100 Bio-Unternehmen, Umweltschutzorganisationen, Wasserwirtschaftsverbände und Wissenschaftler*innen in einem offenen Brief an die Bundestagskandidat*innen zur Bundestagswahl 2021 von CDU/CSU, SPD, Grüne, FDP und Linke. Zu den Unterzeichnern des Briefes gehören neben dem Initiator, dem Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft, unter anderen auch das Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany).

Zum besseren Schutz von Mensch und Umwelt vor Pestizid-Einsätzen in der Landwirtschaft fordern die Unterzeichner*innen des offenen Briefes außerdem, dass sich die künftigen Bundestagsabgeordneten für Verbesserungen bei der Risikoabschätzung im Rahmen der Pestizidregulierung einsetzen. Betont werden insbesondere die Defizite bei der Berücksichtigung von Umwelt- und Gesundheitsrisiken durch den Ferntransport von Pestiziden über die Luft sowie von Kombinationswirkungen mehrerer Pestizide. Eine weitere wichtige Forderung der Verbände an die zukünftigen Bundestagsabgeordneten ist, sich für die Einführung einer Pestizid-Abgabe ab dem Jahr 2022 stark zu machen. Die Pestizid-Abgabe wurde jüngst in einer, u.a. von PAN Germany unterstützten, wissenschaftlichen Studie als ein sehr wirksames Lenkungsinstrument für das Ziel einer deutlichen Pestizidreduktion identifiziert (s. PAN-Beitrag). Der Einsatz von Pestiziden führt durch die Belastung von Mensch und Umwelt zu hohen Folgekosten für die Gesellschaft. Daher ist der schrittweise Ausstieg aus chemisch-synthetischen Pestiziden für einen Wandel hin zu einer sozialgerechten, ökologischen und klimafreundlichen Land- und Ernährungswirtschaft unerlässlich.

Hier finden Sie den offenen Brief an die Kandidat*innen der Bundestagwahl 2021:
„Breites Bündnis fordert: Steigen Sie ein in den Ausstieg aus der Anwendung von chemisch-synthetischen Pestiziden!“

 

 




Webinar: „Nein!“ zu Pestiziden auf unseren Spielplätzen, in Schulen und anderen sensiblen Bereichen

Webinar am  Mittwoch, den  30. Juni, 14.00 bis 15.30 Uhr

Das Webinar findet auf Einladung der EU-Abgeordneten Sarah Wiener (Greens/EFA), Jytte Guteland (S&D) und Martin Hojsik (Renew Europe) in Kooperation mit den zivilgesellschaftlichen Organisationen PAN Europe, HEAL und CRIN statt. In der Veranstaltung wird der Frage nachgegangen, wie Kinder zukünftig besser vor dem Kontakt mit Pestiziden geschützt werden und wie Kinderrechte gestärkt werden können.

Diskutiert werden die Möglichkeiten für einen besseren Schutz der Kinder, die sich aus der neuen EU-Kinderrechtsstrategie ergeben und wie die bevorstehende Überarbeitung der Pestizid-Rahmenrichtlinie für die nachhaltige Verwendung von Pestiziden (Sustainable Use Directive) und die angekündigten Verpflichtungen aus der „Farm to Fork“-Strategie genutzt werden können, um einen wirksamen Schutz vor der Belastung durch gefährliche Pestizide zu gewährleisten.

Das Webinar wird in Englisch mit deutscher Verdolmetschung durchgeführt.

Hier geht es zum Programm

Bitte benutzen Sie diesen Link, um sich zu registrieren:
https://us02web.zoom.us/webinar/register/WN_QBwS0UWMS4OUeCZguYT76A

Hintergrundinformationen zum Thema Belastung von Spielplätzen mit Pestiziden finden Sie u.a. auf der PAN-Themenseite „Abdrift“.




EU-Rat darft sich nicht gegen die Beendigung von Pestizid-Doppelstandards bei Pestizidrückständen in Lebensmitteln stellen

Das Europäische Parlament hat im Rahmen der Diskussionen über die Gemeinsame Agrarpolitik dafür gestimmt, den Import von solchen Lebensmitteln zu stoppen, die Rückstände von Pestiziden enthalten, die in der EU entweder aus Gründen der menschlichen Gesundheit oder aus Gründen des Umweltschutzes verboten wurden – letzteres ist derzeit noch nicht durch EU-Recht vorgeschrieben – und einen entsprechenden Vorschlag in die Trilog-Verhandlungen um die gemeinsame Agrarpolitik eingebracht.

NGOs, darunter PAN Germany, und die Europäischen Kommission setz(t)en sich dafür ein, dass es bei importierten Lebensmitteln keine Doppelstandards geben darf, d.h. dass es für importierte Lebensmittel keine weniger strengen Standards für die Handelspartner außerhalb der EU geben darf, als sie für die europäischen Produzenten gelten. Nachdem der Europäische Rat wiederholt die Zielsetzung der Farm to Fork-Strategie, Pestizid-Importtoleranzen auch unter Berücksichtigung von Umweltaspekten zu prüfen unterstützte, rückt er nun in den Verhandlungen um die gemeinsame Agrarpolitik (GAP-Trilog) davon ab.

Indem sich der Rat der Überarbeitung der sogenannten Import-Toleranzen widersetzt, gibt er seine Zustimmung dazu, die Landwirt*innen in der EU einem unfairen Wettbewerb auszusetzen und die Verbraucher*innen mit Lebensmitteln zu versorgen, deren Herstellung die Umwelt und die Artenvielfalt im Ursprungsland gefährdet hat. PAN Germany, PAN Europe und andere engagierte NGOs fordern den EU Rat und die in ihm vertretenen Mitgliedsstaaten auf, ihre Blockadehaltung aufzugeben und dem Gesetzesvorschlag des EU-Parlaments in der anstehenden nächsten Verhandlungsrunde zuzustimmen.

Mehr Informationen finden Sie in der PAN Europe Pressemitteilung vom 22.6.21 How the Council is trying to backtrack on EU commitment to end pesticides double-residues standards in food




Klöckner und Altmaier müssen endlich handeln: Mehr als 177 000 Menschen fordern „Giftexporte stoppen!“

Gemeinsame Pressemitteilung von INKOTA-netzwerk und PAN Germany

[Berlin, 22. Juni 2021] Über 177 000 Unterschriften für einen Exportstopp verbotener Pestizide haben das INKOTA-netzwerk und PAN Germany heute an das Bundeministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) übergeben. Der Export von Pestiziden, die in der EU aus gutem Grund verboten sind, gefährdet die Gesundheit von Menschen im globalen Süden sowie die Umwelt massiv. Die Unterzeichner*innen fordern, dass das Exportgeschäft mit hochgefährlichen Ackergiften gesetzlich verboten wird. Mit einer Aktion vor dem Auswärtigen Amt machten die Initiator*innen der Kampagne anlässlich des Außenwirtschaftstags der Agrar- und Ernährungswirtschaft auf die gravierenden Folgen der Pestizidexporte aufmerksam.

„Deutschen Exportinteressen dürfen nicht auf Kosten der Gesundheit von Landarbeiter*innen und Umwelt in anderen Ländern durchgesetzt werden. Zuzulassen, dass die ländliche Bevölkerung in Afrika oder Asien diesen Risiken ausgesetzt wird, ist menschenverachtend.“, so Wiebke Beushausen, Agrarexpertin der entwicklungspolitischen Organisation INKOTA-netzwerk. „Es ist so als wären die Menschen dort weniger wert als Europäer*innen, Menschen zweiter Klasse. Die Bundesregierung handelt grob fahrlässig, wenn sie weiterhin die Ausfuhr von Pestiziden erlaubt, die hierzulande zu Recht verboten sind.“

„Agrarministerin Klöckner kann nach § 25 des deutschen Pflanzenschutzgesetzes den Export von hier verbotenen hochgefährlichen Pestiziden per Verordnung stoppen. Länder wie Frankreich und die Schweiz haben es vorgemacht. Doch bislang bleibt die deutsche Landwirtschaftsministerin untätig – und dass angesichts der Tatsache, dass jährlich 385 Millionen Menschen akute Pestizidvergiftungen erleiden.“ sagt Susan Haffmans, Referentin beim Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN Germany). „Die Menschen in Deutschland wollen eine Regierung, die ihren menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten nachkommt und einen verbindlichen Exportstopp für verbotene Pestizide umsetzt“.

Bereits im letzten Jahr bestätigte der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages, dass die rechtliche Voraussetzung für ein gesetzliches Verbot des Exports hochgefährlicher Pestizide in Deutschland gegeben ist. Über 177 000 Bürger*innen und 60 Organisationen der Zivilgesellschaft fordern Agrarministerin Julia Klöckner und Wirtschaftsminister Peter Altmaier zum Handeln auf und verlangen von der Bundesregierung, ein solches Exportverbot endlich zu beschließen. Stellvertretend für die zahlreichen Unterstützer*innen bekräftigt Wiebke Beushausen bei der Übergabe die gemeinsame Forderung: „Um Landarbeiter*innen vor Pestizidvergiftungen zu schützen und Umweltschäden zu verhindern, brauchen wir dringend ein Exportstopp verbotener Pestizide. Statt zu handeln hat Frau Klöckner bislang weggesehen. Von den Verantwortlichen der kommenden Legislaturperiode erwarten wir mehr Verantwortung und die Durchsetzung eines entsprechenden Gesetzes.“

 

Weitere Informationen:

Bildmaterial zur Foto-Aktion vor dem Auswärtigen Amt: http://bit.ly/pressefotos-uebergabe-giftexporte

https://www.inkota.de/themen/welternaehrung-landwirtschaft/pestizide/giftexporte-stoppen

https://pan-germany.org/pestizide-uebersicht/giftexporte-stoppen/

http://www.bit.ly/doppelstandards-und-ackergifte

https://pan-germany.org/pestizide/zivilgesellschaftliches-buendnis-fordert-exportstopp-fuer-verbotene-pestizide/

Ansprechpartner*innen:

  • Susan Haffmans, PAN Germany, Referentin für Pestizide,
    Tel.: 0157 31 56 04 017, E-Mail: susan.haffmans@pan-germany.org
  • Wiebke Beushausen, INKOTA-netzwerk, Projektmitarbeiterin für Welternährung und globale Landwirtschaft,
    Tel. 0176 58 95 12 63, E-Mail: beushausen@inkota.de



NGOs fordern besseren Bienenschutz

Am 28./29. Juni 2021 werden Vertreter*innen der EU-Mitgliedsstaaten darüber entscheiden, wie wichtig den Regierungen der Schutz von Bienen und anderen Bestäubern vor Pestiziden sind. In der Ratssitzung für Landwirtschaft und Fischerei soll über die sogenannten „Specific Protection Goals“ (SPGs) abgestimmt werden. Das sind Bewertungskriterien, die im Rahmen der Risikoabschätzung bei der Pestizidzulassung herangezogen werden, um zu entscheiden, ob die Schäden, die ein Pestizid gegenüber Bestäuberinsekten verursacht, noch akzeptabel sind oder nicht.

Die Debatte ist nicht neu. Bereits 2013 lag ein fertiges „Bee Guidance Document“ vor. Damals standen die Zeichen für den Bienenschutz gut. So empfahlen die Experten aus den Mitgliedsstaaten, dass bei Honigbienen ein nicht akzeptabler Schaden auftritt, wenn über 7 % der Bienen in einer Kolonie aufgrund einer Pestizidexposition getötet werden. Allerdings wurde das Dokument zunächst über Jahre zurückgehalten, um es dann gänzlich zu verwerfen.

Nun also der nächste Versuch, eine Einigung in der EU darüber zu erlangen, wie stark oder schwach der Schutz für Honigbienen und andere Bestäuber zukünftig vor Pestizidschäden sein soll. Im Vorfeld sickerte durch, dass eine nicht unerhebliche Zahl an Mitgliedsstaaten den Schutz für Honigbienen deutlich senken wollen. So sollen in einer Honigbienenkolonie 25 % aller Bienen durch ein Pestizid getötet werden dürfen und der Wirkstoff, bzw. Mittel würde dennoch eine Zulassung erhalten.

Dagegen laufen Umwelt-, Naturschutz- und Imkerverbände Sturm. Unter Koordination von BeeLife wenden sich insgesamt 34 Organisationen mit einem Offenen Brief im Vorfeld der Ratssitzung an die Kommissionspräsidentin Von der Leyen und den portugiesischen Ratsvorsitzenden Premierminister Costa und fordern, dass die Wirkschwelle für Honigbienen bei maximal 7 % und am besten bei einem noch niedrigeren Wert festgelegt wird, damit die Kolonien eine reale Chance haben, sich wieder von einer Pestizidvergiftung zu erholen.
PAN Germany hat den Offenen Brief mitgezeichnet.




Umwelt in Not! Neue Studie bestätigt: Die Risiken von Pestizid-Gemischen auf unseren Äckern wird systematisch unterschätzt

Erst ein Herbizid, dann ein Insektizid, später ein Fungizid – beim Anbau von Äpfeln, Wein, Gemüse oder Getreide werden im Laufe einer Saison unterschiedliche Pestizide versprüht, oft nacheinander, manchmal auch in Tankmischungen. Das Zulassungsverfahren, das unter anderem die Risiken dieser Spitzmittel auf die Umwlt und die biologische Vielfalt überprüfen soll, bewertet allerdings jeden Wirkstoff für sich. Schon lange ist jedoch bekannt, dass sich der Effekt mancher Pestizide nicht nur erhöht, sondern potenziert, wenn sie zusammenwirken. Doch wie verschiedene Mittel einer Spritzfolge zusammenwirken, wird vorher in der Zulassung nicht überprüft. So bleiben Kombinationswirkungen von Pestiziden auf die Umwelt oft unentdeckt. Dies muss sich ändern, so das Fazit einer neuen Studie, die im Auftrag des Umweltbundesamtes durchgeführt wurde.

Das europäische Pflanzenschutzrecht gibt vor, dass Pestizidanwendungen „keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt“ haben dürfen (Verordnung EG 1107/2009). Um die Auswirkungen auf die Umwelt vor einer Mittelzulassung abzuschätzen, gibt es Testverfahren. Doch nun zeigt sich, dass diese Verfahren unzureichend sind und sie die tatsächlichen Risiken für die Umwelt systematisch unterschätzen. Die traurige Konsequenz zeigt sich auch an rückläufigen Beständen von Wildpflanzen, Wildbienen, Käfern und Vögeln in der Agrarlandschaft.

Die aktuelle Studie, die das Helmholtzzentrum für Umweltforschung (UFZ) und die RWTH Aachen im Auftrag des Umweltbundesamtes durchgeführt haben, werteten fast 900 Datensätze aus landwirtschaftlichen Betrieben zur Anwendung von sogenannten Pflanzenschutzmitteln in 12 verschiedenen Hauptkulturen aus. Das Ergebnis: Das Gesamtrisiko der Pestizid-Anwendungen ist in einer Saison im Durchschnitt doppelt bis maximal fünfmal höher als das höchste Einzel-Wirkstoff-Risiko der Spritzfolge.

Auch eine Erkenntnis aus der Studie: Anhand von Modellen ließ sich zeigen, dass Schäden an Regenwurmpopulationen durch Pestizide über die Spritzsaison hinaus bis zum darauffolgenden Jahr bestehen bleiben. Hier deutet sich an, dass sich Tier- und Pflanzenpopulationen in der Zeit, in der keine Pestizide gespritzt werden, nicht ausreichend erholen können und folglich die Populationen über längere Zeit immer stärker geschädigt werden.

Die Wissenschaftler*innen betonen die Notwendigkeit, die risikoverstärkende Wirkung von Tankmischungen und Spritzfolgen bereits in der Risikoabschätzung im Zuge der Zulassungsprüfung mit zu berücksichtigen. Wie das erfolgen kann, dazu macht die Studie Vorschläge.

Den Abschlussbericht zu der Studie finden Sie hier.

Ein zusammenfassender Artikel zu den Ergebnissen der Studie, ist hier zu finden.




Übermächtige Konzerne entflechten

Übermächtige Konzerne dominieren weite Teile unserer Wirtschaft und kontrollieren für die Gesellschaft wichtige Märkte vom Agar- und Lebensmittelsektor bis zum Digital- oder Finanzsektor. Aufgrund ihrer Macht können Konzerne sich ökonomische Vorteile verschaffen und die Politik in ihrem Sinne beeinflussen. Diese Konzentration von Macht schadet der Demokratie und dem Gemeinwohl. 27 zivilgesellschaftliche Organisationen fordern ein einem heute veröffentlichten Statement ein entschiedenes Vorgehen gegen diese zunehmende Monopolisierung der Märkte. Sie rufen den Bundestag und EU-Institutionen auf, Gesetze auf den Weg bringen, damit Kartellbehörden zukünftig in schwerwiegenden Fällen übermächtige Konzerne entflechten können.