Exportstopp für in der EU verbotene Pestizide schadet der europäischen Wirtschaft nicht und kommt Drittländern zugute

Hamburg/Brüssel 18.04.2024. Pressemitteilung.
Ein europäischer Ausfuhr-Stopp von in der EU verbotenen Pestiziden würde weder massiv Arbeitsplätze gefährden noch die Wirtschaft in Europa belasten. Dies ist die Schlussfolgerung eines heute veröffentlichten Berichts, der von einer Koalition zivilgesellschaftlicher Organisationen in Auftrag gegeben wurde. Ein solcher Exportstopp würde sich positiv auf die Gesundheit der Menschen und die Umwelt in den Importländern auswirken. Für die Landwirtschaft in der EU würde er den unfairen Wettbewerb beenden und EU-Bürger*innen besser vor giftigen Rückständen in importierten Lebensmitteln schützen.

Die Doppelmoral hinsichtlich gefährlicher Pestizide muss ein Ende haben. Es gibt keine Gründe, die die EU daran hindert, strenge Maßnahmen zu ergreifen. Ein Exportverbot wird sich kaum auf die EU-Wirtschaft auswirken, aber ein deutliches Zeichen gegen die Verbreitung giftiger Chemikalien in Drittländern setzen, in denen Pestizidunternehmen die laxe Gesetzgebung ausnutzen. Die EU muss jetzt handeln“, betont Rina Guadagnini, Policy Officer bei PAN Europe, im Namen der Koalitionsmitglieder.

„Der Bericht sollte auch in Deutschland ein Weckruf und Ansporn für alle politischen Entscheidungspersonen sein, die bislang den Entwurf des Agrarministeriums für eine entsprechende Verordnung blockieren.“ sagt Susan Haffmans, Referentin bei PAN Germany.

Während bestimmte Pestizide in Europa verboten sind, weil sie als zu gefährlich für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt eingestuft wurden, dürfen Unternehmen in der EU sie weiterhin herstellen und in andere Teile der Welt exportieren. Die EU versprach in ihrer Chemikalienstrategie, Maßnahmen zu ergreifen, um solche Exporte zu unterbinden. Die Industrie reagierte und schürte Ängste vor dramatischen Auswirkungen auf die EU-Wirtschaft. Doch der Bericht zeigt: die Auswirkungen auf die Wirtschaft der EU wären minimal, die positiven Auswirkungen in den Drittländern wären erheblich.

Basierend auf den Exportdaten von 2022 der wichtigsten Ausfuhrländer der EU – darunter Deutschland, Frankreich und Belgien – und den Erfahrungen mit dem französischen Ausfuhrverbot kamen die Autoren zu dem Schluss, dass ein Exportverbot in der gesamten Europäischen Union 25 Arbeitsplätze gefährdet hätte. Diese Arbeitsplätze ließen sich sehr wahrscheinlich vollständig erhalten, wenn Personal intern verlagert oder mit anderen Aufgaben betraut würde. Das Exportverbot könnte zudem Anreize für Unternehmen schaffen, in die Produktion von sichereren, nachhaltigen Alternativen zu investieren.

Die EU ist der weltweit führende Exporteur von Pestiziden. Strengere Regeln für die Ausfuhr besonders gefährlicher Pestizide hätte daher weitreichende positive Auswirkungen auf globaler Ebene. Ein Ausfuhr-Stopp von in der EU verbotenen Pestiziden würde die Exposition gegenüber hochgefährlichen Pestiziden und alle damit verbundenen Risiken für die Gesundheit von Landarbeiter*innen, der Landbevölkerung und der Umwelt verringern. Davon würden insbesondere Länder mit geringem und mittlerem Einkommen (LMIC) profitieren, in denen spezifische Vorschriften, Kontrollen und Schulungen für den Einsatz von Pestiziden häufig fehlen oder nicht umgesetzt werden, ein höherer Anteil der Bevölkerung in der Landwirtschaft arbeitet, der Anteil hochgefährlicher Pestizide hoch ist, es Kinderarbeit gibt und Schutzausrüstungen für die Arbeiter*innen nicht oder unzureichend zur Verfügung stehen.

Pressekontakte:

  • Deutsch: Dr. Peter Clausing, Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany), Tel +49 176 4379 5932, peter.clausing@pan-germany.org
  • Englisch: Angeliki Lyssimachou, PAN Europe, Tel +32 496 392 930, angeliki@pan-europe.info

Weiterführende Informationen:




UN-Versammlung stimmt für Beendigung des Einsatzes der giftigsten Pestizide der Welt

In einem historischen Schritt hat die Umweltversammlung der Vereinten Nationen (UNEA) am Freitag 1.3.24 in Nairobi dazu aufgerufen, bis 2035 auf den Einsatz der weltweit giftigsten Pestizide zu verzichten. Die UNEA Resolution on highly hazardous pesticides ist ein wichtiger Beitrag dazu, stärkere nationale und multilaterale Maßnahmen zum Ausstieg aus hochgefährlichen Pestiziden voranzutreiben.

Die als hochgefährliche Pestizide (HHP) bezeichneten Agrarchemikalien verursachen erhebliche Umweltschäden und stellen eine ernsthafte Bedrohung für die Gesundheit dar. Die Exposition gegenüber HHPs wird unter anderem mit Krebs, der Beeinträchtigung der Gehirnentwicklung bei Kindern, Fortpflanzungsschäden und Störungen des Hormonsystems in Verbindung gebracht. Der Aufruf zum Handeln der UNEA wurde von afrikanischen Ländern initiiert, wobei Äthiopien eine führende Rolle einnahm. Verterter*innen von PAN waren in Nairobi vertreten und unterstützten die Resolution nach Kräften.

PAN setzt sich seit mehr als einem Jahrzehnt für ein schrittweises Verbot von HHPs weltweit ein und wird dabei von Hunderten von Organisationen weltweit unterstützt. Basierend auf der PAN International List of Highly Hazardous Pesticides konnte das International Pollution Elimination Network (IPEN) jüngst belegen, dass die meisten hochgefährlichen Pestizide, die in wohlhabenderen Ländern verboten bzw. strenger reguliert sind, in Ländern mit mittlerem und geringem Einkommen (LMIC) noch immer weit verbreitet zum Einsatz kommen. In einigen dieser Länder sind fast 70 % der zugelassenen Pestizide HHPs, so der IPEN Bericht. Von den in der EU im Jahr 2022 insgesamt 250 verboten oder nicht genehmigten HHPs, waren in 31 der untersuchten LMICs durchschnittlich nur 25 HHPs verboten. Das bedeutet, dass in diesen Ländern mehr als zweihundert HHPs zur Verwendung zugelassen sind, die in der EU aus Umwelt-oder Gesundheitsgründen verboten wurden.

Mit der UNEA Resolution on highly hazardous pesticides gibt es innerhalb kürzester Zeit ein weiteres Bekenntnis zum Handeln gegen hochgefährlicher Pestizide auf globaler Ebene – nach der Verabschiedung verpflichtender Pestizidreduktionsziele im Globalen Biodiversitätsrahmen von Kunming-Montreal 2022 und der Festschreibung von Zielen zum Phase-out von HHPs und der Etablierung einer globalen HHP Allianz, um dies zu unterstützen, durch die Weltchemikalienkonferenz 2023 in Bonn (wir berichteten).

Damit jetzt die notwendigen Taten folgen, sind Staaten aufgerufen, sich an der HHP-Allianz zu beteiligen. Zudem bedarf es finanzieller und technischer Unterstützung für die Landwirte, Bäuerinnen und Landarbeiter, um den Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden nachhaltig und zukunftssicher durch pflanzenbauliche, mechanische und agrarökologische Alternativen zu ersetzen.

Presse-Information von PAN International und IPEN, 1.3.24: UN Environment Assembly Calls for Action to End the Use of the World’s Most Toxic Pesticides by 2035.




Chlorpyrifos: UN-Expertengremien stellen Weichen für Handelsrestriktion und Anwendungsverbot

Das Expertengremium des Rotterdamer Übereinkommens (CRC) stellte auf seiner neunzehnten Sitzung fest, dass das Insektizid Chlorpyrifos aufgrund seiner Risiken für die menschliche Gesundheit die Kriterien für eine Aufnahme in das Rotterdamer Übereinkommen erfüllt und empfahl, es in Anhang III des Übereinkommens aufzunehmen. Das Rotterdamer Übereinkommen ermächtigt die 165 Vertragsstaaten, zu entscheiden, ob sie der Einfuhr hierin gelisteter Pestizide zustimmen oder nicht. Mit der Entscheidung des Expertengremiums, das in Genf vom 3 bis 6. Oktober 2023 tagte, ist – sofern die Vertragsstaatenkonferenz dem zustimmen wird – der Weg geebnet, dass Staaten zukünftig Chlorpyrifos-Importe ablehnen können.

Auch das Expertengremium des Stockholmer Übereinkommens (POPRC), das in der Woche nach dem CRC19 tagte, befasste sich zum wiederholten Male mit dem Wirkstoff. Die Chemikalienexpert*innen aus aller Welt kamen auf ihrer 19. Sitzung zu dem Schluss, dass Chlorpyrifos aufgrund seiner weiträumigen Verbreitung in der Umwelt wahrscheinlich zu erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und/oder die Umwelt führt, so dass ein globales Vorgehen gerechtfertigt sei. Damit wurde eine weitere Hürde genommen auf dem Weg zur Aufnahme von Chlorpyrifos in die Liste des Stockholmer Übereinkommens, das ein weltweites Verbot persistenter (=langlebiger) organischer Schadstoffe (POPs) vorsieht.

Wissenschaftliche Daten belegen, dass POPs, die Umwelt und lebende Organismen stark belasten. Da diese Chemikalien in der Umwelt persistent sind, führt die fortgesetzte Verwendung von POPs zu einer anhaltenden Exposition vieler Arten, einschließlich des Menschen, über Generationen hinweg, was sowohl akute als auch chronische toxische Auswirkungen hat. Diese Auswirkungen können Tausende von Kilometern vom Einsatzort der POPs entfernt auftreten und die Menschen, die Tierwelt und die Umwelt in der Arktis und anderen abgelegenen Regionen verseuchen.

Anfang 2022 bestätigte der Expertenausschuss in seiner 17. Sitzung, dass Chlorpyrifos die Kriterien für Persistenz, Bioakkumulation, schädliche Wirkungen und weiträumigen Transport erfüllt. Chlorpyrifos ist ein Organophosphat, das für seine schädlichen Auswirkungen auf das menschliche Nervensystem bekannt ist. Chlorpyrifos blockiert das Enzym Acetylcholinesterase, das das Nervensystem benötigt, um Acetylcholin zu kontrollieren, einen der vielen Neurotransmitter, die für die Kommunikation zwischen Nervenzellen zuständig sind. Chlorpyrifos ist hochgefährlich. Beim Menschen gibt es deutliche Hinweise darauf, dass eine pränatale Exposition negative Auswirkungen auf die neuronale Entwicklung hat und u.a. zu einem verringerten Intelligenzquotienten (IQ), einem Verlust des Arbeitsgedächtnisses und zu Störungen der Aufmerksamkeit führen kann. Die Chemikalie ist bereits in mindestens 40 Ländern weltweit verboten, wie aus der konsolidierten PAN Liste der verbotenen Pestizide hervorgeht. In vielen Ländern wird Chlorpyrifos jedoch nach wie vor eingesetzt, obgleich ökologische und agrarökologische Praktiken als sicherere Alternativen zur Verfügung stehen.

Auf der POPRC18-Sitzung im vergangenen Jahr konnte der Ausschuss aufgrund der Blockade einiger Länder, die ein Eigeninteresse insbesondere an der Produktion von Chlorpyrifos haben, nicht zu einem Ergebnis kommen (PAN berichtete). Nach einem weiteren Jahr des Sammelns von Studienmaterial und intensiven Verhandlungen während der Verhandlungswoche in Rom, konnte der Ausschuss jedoch schließlich die Schlussfolgerung annehmen, dass Chlorpyrifos aufgrund seines weiträumigen Transports in der Umwelt wahrscheinlich zu erheblichen schädlichen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt führt, so dass ein globales Handeln gerechtfertigt sei.

Dies bedeutet, dass bis zur POPRC20-Sitzung im Jahr 2024 eine Bewertung des Risikomanagements erarbeitet werden muss, in der Alternativen vorgestellt sowie mögliche Auswirkungen einer Aufnahme und die Empfehlungen für die Aufnahme des Wirkstoffs in das Stockholmer Übereinkommen behandelt werden.

2025 entscheiden dann die jeweiligen Vertragsstaatenkonferenzen der Rotterdam und der Stockholm Konvention über die Empfehlungen der Expertengremien.

siehe auch PAN International Pressrelease vom 13.10.2023 (EN)




Zusagen im neuen UN Rahmenwerk für Chemikalien sollte globale Pestizid-Maßnahmen vorabtreiben

2. Oktober 2023. Presseimitteilung / Pesticide Action Network (PAN) International begrüßt die bedeutenden Vereinbarungen zur die Gründung einer Globalen Allianz zu Pestiziden und zum Ausstieg aus hochgefährlichen Pestiziden in der Landwirtschaft, die von Regierungen, dem Privatsektor und anderen Interessengruppen auf der Fünften Internationalen Konferenz zum Chemikalienmanagement (ICCM5) getroffen wurden.

Am 30. September verabschiedete die ICCM5 das Global Framework on Chemicals: For a planet free of harm from chemicals and waste“ (Für einen Planeten ohne Schäden durch Chemikalien und Abfälle), das als Nachfolgeabkommen zu SAICM, die Richtung der globalen Chemikalien- und Abfallpolitik, einschließlich Pestiziden, vorgibt. Vertreten durch regionale Zentren aus Afrika, dem asiatisch-pazifischen Raum, Lateinamerika, Europa und Nordamerika ging PAN mit starken Vorschlägen in die Verhandlungen. Dazu zählten bis 2030 die weltweit gefährlichsten Pestizide schrittweise aus der Landwirtschaft auszuschließen und die Ausfuhr von auf nationaler Ebene verbotenen Pestiziden zu untersagen.

Zum Abschluss der ICCM5 wurden u.a. die folgenden Ziele verabschiedet:

  • „Bis 2035 haben die Beteiligten wirksame Maßnahmen ergriffen, um hochgefährliche Pestizide in der Landwirtschaft auslaufen zu lassen, wenn die Risiken nicht beherrscht wurden und sicherere und erschwingliche Alternativen zur Verfügung stehen, und den Übergang zu diesen Alternativen zu fördern und sie verfügbar zu machen.“ (Zielvorgabe A7)
  • „Bis 2030 arbeiten die Regierungen darauf hin, die Ausfuhr von Chemikalien, die sie auf nationaler Ebene verboten haben, im Einklang mit ihren internationalen Verpflichtungen zu notifizieren, zu regulieren oder zu verbieten.“ (Zielvorgabe A5)

Obwohl die Beteiligten während des intersessionalen Prozesses und hier in Bonn hart gearbeitet haben, zeigt das Ergebnis der ICCM5 nach Meinung von PAN nicht die Dringlichkeit, den Ehrgeiz und das Engagement, die erforderlich sind, um der wachsende Bedrohung durch die Verschmutzung durch Chemikalien und Abfälle zu begegnen und die zunehmende Notwendigkeit, die Verschmutzung zu verhindern und Schäden für Mensch und Umwelt zu beseitigen, anzugehen.

Dennoch erkennt PAN an, dass Fortschritte erzielt wurden, auch in Bezug auf Pestizide – die Gruppe von Chemikalien, die weltweit in größten Mengen und absichtlich in die Umwelt freigesetzt werden und mit denen Hunderte von Millionen von Landwirt*innen und Landarbeit*innen direkt umgehen – von denen viele keinen Zugang zu ausreichenden Informationen haben und nur begrenzt oder gar nicht in der Lage sind, sich selbst oder ihre Familien ausreichend vor Schäden durch Pestizide zu schützen.

Wir begrüßen die von den Regierungen eingegangenen Verpflichtungen, sicherere und nachhaltigere landwirtschaftliche Praktiken, einschließlich der Agrarökologie, zu unterstützen:

  • „Bis 2030 setzen die Regierungen politische Maßnahmen und Programme, um sicherere und nachhaltigere landwirtschaftliche Praktiken, einschließlich Agrarökologie, integriertem Pflanzenschutz und der Verwendung von nicht-chemischen Alternativen, zu unterstützen, soweit dies angemessen ist.“ (Zielvorgabe D5)

Darüber hinaus ist PAN zuversichtlich, dass die Gründung einer Globalen Allianz für hochgefährliche Pestizide (HHPs) den Ausstieg aus der Verwendung dieser besonders gefährlichen Pestizide beschleunigen kann. Die Gründung einer „Global Alliance on HHP“ war ein Vorschlag der afrikanischen Region und wurde und wird von PAN nachdrücklich unterstützt. Die Allianz hat den Auftrag, Maßnahmen zu HHPs zu mobilisieren und zu koordinieren, und soll von der FAO als führender UN-Organisation zusammen mit der WHO, der ILO und dem UNEP koordiniert werden.

In einem Brief an die Präsidentin der ICCM5, Dr. Anita Breyer, forderten fast 400 zivilgesellschaftliche Organisationen aus 74 Ländern ein klares Bekenntnis zum Ausstieg aus HHPs und zur Beendigung von Doppelstandards im Handel mit Pestiziden. Wir bedauern, dass unsere Forderungen in dem neuen Rahmenwerk nur teilweise erfüllt wurden und unterstreichen, dass mehr getan werden muss, um wirksame Maßnahmen gegen Schädigungen durch Pestizide umzusetzen.

Die Zusagen, die im neuen globalen Rahmenwerk „Global Framework on Chemicals“ eingegangen wurden, sind zwar unzureichend, aber dennoch bedeutsam und sollten als Katalysator für globale Reformen in der Pestizidpolitik dienen. Nur wenn wir dem Schutz und dem Wohlergehen der Menschen und des Planeten Vorrang vor Profit-Interessen einräumen, können wir hoffen, unsere Vision eines Planeten ohne Schäden durch Pestizide zu erreichen.

 

Pressekontakt:

Tadesse Amera, Co-Coordinator, PAN International: atadesse2002@yahoo.com | +251 91 124 3030

Maïmouna Diene, Chair, PAN International; Director, PAN Africa: maimounadiene@pan-afrique.org | +221 775449689

Sarojeni Rengam, Executive Director, PAN Asia Pacific (PAN AP): sarojeni.rengam@panap.net | +60 12-974 0611

Susan Haffmans, Senior Advisor, PAN Germany:  susan.haffmans@pan-germany.org | +49 157 315 640 17

Maria Isabel Carcamo, Coordinator RAPAL Uruguay: coord@rapaluruguay.org | +598 99613193




Mehr als erwartet, weniger als notwendig – Globale Vereinbarung liefert keinen ausreichenden Schutz vor Chemikalien

Gemeinsame Pressemitteilung vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, European Network for Environmental Medicine, Forum Umwelt und Entwicklung, Health and Environment Justice Support, Pestizid Aktions-Netzwerk Deutschland und Women Engage for a Common Future

Bonn, den 30.09.2023: Trotz einiger Erfolge blieb der erhoffte Durchbruch auf der Weltchemikalienkonferenz in Bonn aus. Umweltverbände zeigen sich enttäuscht, dass das neue globale Chemikalienabkommen unter dem Titel “Global framework on chemicals – for a planet free of harm from chemicals and waste”, das heute in Bonn verabschiedet wurde, nicht die dringend benötigte Trendwende einleitet. Angesichts der rasant und unkontrolliert wachsenden Produktion und Nutzung von Chemikalien sind die Ziele der neuen Vereinbarung an zentralen Stellen zu schwach und das Instrument finanziell zu schlecht ausgestattet. Damit dürfte der Zweck, die Umwelt- und Gesundheitsschäden durch Chemikalien zu verringern, nicht erreicht werden.

Die Verbände begrüßen die Zusage Deutschlands, 20 Millionen Euro als erste Finanzierung für die Umsetzung des neuen Rahmenwerks bereitzustellen. Um jedoch der Dimension des Problems gerecht zu werden, sind mehr finanzielle Mittel erforderlich. Weitere Zusagen für Gelder anderer Industrieländer sind unabdingbar und strukturelle Änderungen notwendig. Hierzu zählt, das Verursacherprinzips (Polluter Pays Principle) umzusetzen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, das European Network for Environmental Medicine, Forum Umwelt und Entwicklung, Health and Environment Justice Support, Pestizid Aktions-Netzwerk Deutschland und Women Engage for a Common Future fordern entsprechend, endlich auch die chemische Industrie stärker in die Verantwortung zu nehmen und zur Kasse zu bitten. Mit einer Einigung auf eine Abgabe auf Primärchemikalien und der Bereitstellung dieser Gelder über einen Fonds, wie von der Afrikanischen Region und NGOs vorgeschlagen, hätte die Konferenz tatsächlich Geschichte schreiben können. Stattdessen werden die Länder im Globalen Süden mit der Verschmutzung, die Industrien und Staaten aus dem globalen Norden mit zu verantworten haben, allein gelassen.

Die Verschmutzung der Erde mit Chemikalien, Pestiziden, Plastik und Abfällen ist die dritte große Umweltkrise unserer Zeit. Die Lücke zwischen den wissenschaftlichen Erkenntnissen und dem notwendigen Handeln, um die chemische Verschmutzung einzudämmen, wird stetig größer. Die Weltchemikalienkonferenz hätte dazu beitragen können, diese Lücke zu schließen und eine Trendwende einzuleiten.

Positiv anzumerken ist das wachsende kritische Bewusstsein unter den Delegierten für die negativen Auswirkungen der steigenden Produktion und Nutzung von Chemikalien. Auch konnten Teilerfolge errungen werden:

  • Unter massivem Druck der Zivilgesellschaft konnte erreicht werden, dass hochgefährliche Pestizide künftig stärker adressiert werden. Erstmals gibt es ein globales Ziel, die Nutzung dieser besonders gefährlichen Pestizide auslaufen zu lassen und sie durch weniger gefährliche, insbesondere nicht-chemische Alternativen zu ersetzen.
  • Die beschlossene High-level Deklaration sendet ein klares Zeichen und einen eindeutigen politischen Willen. Die dort gesetzten Ambitionen finden sich aber zu wenig in der neuen Vereinbarung wieder.
  • Um der unterschiedlichen Empfindlichkeit und Belastung hinsichtlich der Geschlechter im neuen Rahmenwerk Rechnung zu tragen, wurde eine Resolution zu Gender verabschiedet. Damit wurde der Grundstein gelegt, Geschlechter-Unterschiede stärker zu berücksichtigen und somit den Schutz vieler Menschen zu verbessern.

Deutlich kritisieren die Verbände das Verhalten des Bundeskanzlers in dieser Woche. Während sich Vertreter*innen von Staaten, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Industrie in Bonn getroffen haben, um einen neuen globalen Ansatz zum Chemikalienmanagement zu verhandeln, gab der Kanzler einem Treffen  mit den Spitzen der deutschen Chemieindustrie in Berlin den Vorzug. Nach Bonn wurde lediglich eine Videobotschaft gesendet, die einseitig die Interessen der Industrie widerspiegelt. So sendet der Kanzler des Gastgeberlandes der Weltchemikalienkonferenz das Signal, die Profitinteressen einiger über den Schutz von Mensch und Umwelt vor Chemikalien auf der ganzen Welt zu stellen.

Hintergrund

Die WHO führt weltweit 2 Millionen Todesfälle auf die Auswirkungen von gefährlichen Chemikalien zurück. Jährlich gibt es fast 400 Millionen akute Pestizidvergiftungen, vor allem im globalen Süden. Allein die gesellschaftlichen Kosten der Folgen der Exposition von Blei beträgt 10% des globalen Bruttosozialprodukts. Die Produktion und Nutzung von Chemikalien hat einen Anteil von 8% der globalen Treibhausgasemissionen. Lebewesen und Ökosysteme werden durch die Exposition mit Chemikalien nachhaltig beeinträchtig, leiden unter chronischen Erkrankungen oder sterben. Auch in Europa sind Menschen, besonders Kinder und Jugendliche, stark mit Chemikalien wie Weichmacher oder Fluor Chemikalien belastet. Die Dimensionen der negativen Auswirkungen von Chemikalien auf Mensch und Umwelt sind kaum vorstellbar. Immer deutlicher wird, dass es so nicht weitergehen kann, wenn wir auch künftigen Generationen eine saubere und gesunde Umwelt hinterlassen wollen.

Bereits 2006 einigten sich Staaten und Vertreter*innen der Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Industrie darauf, die negativen Auswirkungen von Chemikalien bis 2020 drastisch zu reduzieren. Dazu wurde der Strategische Ansatz für ein internationales Chemikalienmanagement (SAICM) beschlossen. Das Ziel, bis 2020 einen nachhaltigen Umgang mit Chemikalien zu schaffen, wurde nicht erreicht. Ausschlaggebend dafür waren fehlende finanzielle Mittel, Druck seitens der Industrie und ein fehlender politischer Wille. Seit 2015 lief der Prozess zur Entwicklung eines Folgeabkommens. Bedingt durch die Corona-Pandemie geriet der Prozess ins Stocken und konnte nicht, wie geplant, 2020 abgeschlossen werden. Erst jetzt konnten die Staatengemeinschaft und weitere Stakeholder in Bonn für die Weltchemikalienkonferenz zusammenkommen und ein Folgeabkommen beschließen. Die Bundesregierung hat die Präsidentschaft in dem Prozess inne und war damit Gastgeberin für die Weltchemikalienkonferenz.

 

Kontakte

Manuel Fernandez, Bund für Umwelt und NAturschutz Deutschland;
Tel.:       +49 151-19336210
Mail:       manuel.fernandez(at)bund.net

Johanna Hausmann, Women Engage for a Common Future
Tel.:       +49 173-8010040,
Mail:      johanna.hausmann(at)wecf-consultant.org

Alexandra Caterbow, Health and Environment Justice Support
Tel.:       +49 179-5244994
Mail:      alexandra.caterbow(at)hej-support.org

Susan Haffmans, Pestizid Aktions-Netzwerk Deutschland
Tel.:       +49 157-31564017
Mail:       susan.haffmans(at)pan-germany.org

Florian Schulze, European Network for Environmental Medicine
Tel.:       +49 178-1812729,
Mail:      florian.schulze(at)envmed.org

Tom Kurz, Forum Umwelt und Entwicklung
Tel.:       +49 151-57793215
Mail:      kurz(at)forumue.de

 




Weltchemikalienkonferenz: Ehrgeizige Maßnahmen zur schrittweisen Abschaffung der gefährlichsten Pestizide der Welt angemahnt

Bonn, 25. September 2023. Pressemitteilung. 373 Organisationen der Zivilgesellschaft und indigener Völker aus 74 Ländern fordern die Staats- und Regierungschefs auf der bedeutenden internationalen Weltchemikalienkonferenz dazu auf, dringend zu handeln, um hochgefährliche Pestizide (HHP)[1] aus dem Verkehr zu ziehen. HHPs sind eine bestimmte Gruppe von Pestiziden, die der menschlichen Gesundheit und der Umwelt in besonderer Weise schaden und als zu gefährlich für den Einsatz gelten.

Der gemeinsame Appell an Regierungen und andere Akteure des Strategischen Ansatzes für ein internationales Chemikalienmanagement (SAICM) wurde bei der heutigen Eröffnung der Weltchemikalienkonferenz (ICCM5) unterbreitet. Der Appell fordert, in den neuen SAICM-Rahmen „Beyond2020“ ein ehrgeiziges Ziel für den Ausstieg aus der Verwendung von HHPs in der Landwirtschaft bis 2030 aufzunehmen. Auf der Konferenz wird die zukünftige Rahmenvereinbarung abgestimmt, die für die nächsten Jahrzehnte die Richtung der globalen Chemikalienpolitik vorgeben wird.

„Von allen Sektoren setzt der Agrarsektor systematisch und beabsichtigt die größte Menge giftiger Chemikalien – Pestizide – in die Umwelt frei, wodurch jährlich Milliarden Hektar Land verschmutzt werden und erhebliche Schäden für die biologische Vielfalt, das Klima, die Gesundheit und die Menschenrechte entstehen. Die Konferenz hat die Möglichkeit und die Verpflichtung, dieser Belastung zu begegnen und Lösungen festzuschreiben, damit die alltägliche Vergiftung endlich gestoppt wird.“, sagt Susan Haffmans, Referentin für Pestizide und Internationale Angelegenheiten bei PAN Germany.

Zu den Unterstützern des Appells zählen Organisationen aus aller Welt, die Landwirt*innen, Landarbeiter*innen, indigene Völker und ländliche Bevölkerungsgruppen vertreten, Wissenschaftler*innen und Akademiker*innen, Opfer von Pestizidvergiftungen, Verbraucher- und Menschenrechtsaktivist*innen, Umwelt- und Gesundheitsgruppen und Gewerkschaften. Gemeinsam rufen sie die Teilnehmenden an der ICCM5 dazu auf, sich für folgende Kernpunkte im neuen Regelwerk einzusetzen:

  • Die Aufnahme eins Ziels für alle Länder, die Ausfuhr von Stoffen zu untersagen, die sie auf nationaler Ebene verboten haben. Bei vielen dieser Stoffe handelt es sich um Pestizide.
  • Die Aufnahme eines Ziels für alle Länder, Strategien und Programmen zur Förderung sichererer und nachhaltigerer, nicht-chemischer Alternativen zu HHPs, umzusetzen, insbesondere von Agrarökologie.
  • Den Vorschlag von 54 afrikanischen Ländern mitzutragen, eine Globale Allianz für hochgefährliche Pestizide[2] zu gründen, die sich für den Ausstieg aus der Verwendung hochgefährlicher Pestizide einsetzt.

„Wenn die Ziele für nachhaltige Entwicklung erreicht, der ökologische Kollaps abgewendet und die Menschenrechte gewahrt werden sollen – einschließlich des Rechts auf Nahrung und des Rechts künftiger Generationen auf eine saubere und gesunde Umwelt – müssen alle zusammenarbeiten, um die gefährlichsten Pestizide der Welt zu beseitigen und sicherere agrarökologische Alternativen einzuführen und zu verbreiten“, heißt es in dem gemeinsamen Schreiben.

Die Gruppen entgegneten Befürchtungen, die Abschaffung von HHPs könne die Ernährungssicherheit gefährden, und erklärten, dass im Gegenteil die toxischen Auswirkungen von HHPs, die Ökosysteme und die Produktivität negativ beeinflussen. HHPs wurden in der Landwirtschaft in einer Reihe von Ländern schrittweise abgeschafft, ohne die landwirtschaftliche Produktivität zu beeinträchtigen. Dies wurde auch von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) anerkannt.[3] Es gibt bereits sicherere Alternativen zu synthetischen Pestiziden. Vor allem agrarökologische Ansätze haben sich als wirksame und nachhaltige Alternativen erwiesen.[4]

Jedes Jahr werden fast 400 Millionen Landwirt*innen und Landarbeiter*innen durch Pestizide vergiftet, was zu etwa 11.000 Todesfällen führt – die meisten davon ereignen sich im globalen Süden. Weil sie äußerst giftig sind, sind HHPs für eine große Zahl dieser akuten Vergiftungsfälle verantwortlich[5].

Nur ein Bruchteil der weltweit auf dem Markt befindlichen Pestizide wird über verbindliche Konventionen reguliert. Das jetzt verhandelte neue Chemikalienabkommen unter dem Dach des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) soll Lösungen erarbeiten, für die zunehmende Belastung unseres Planeten und der Gesundheit aller Menschen mit Chemikalien und Abfällen.

Kontakt für deutsche Medien: Susan Haffmans, susan.haffmans@pan-grmany.org, mobil: +49 157 315 640 17

***

[1] Highly Hazardous Pesticides (HHPs) are pesticides that present particularly high levels of acute or chronic hazards to health or the environment according to internationally accepted hazard classification systems, their listing in relevant binding international agreements or conventions, or under conditions of use in a country

[2] Die Global Alliance on HHPs ist ein freiwilliger Multi-Stakeholder-Mechanismus zum schrittweisen Ausstieg aus der Verwendung von hochgefährlicher Pestizide, der von 54 Regierungen aus der afrikanischen Region bei der ICCM5 vorgeschlagen wurde. Die Allianz soll mit der Entwicklung und Umsetzung eines globalen Aktionsplans mit klaren Zielen und Meilensteinen für den Fortschritt bei der Erreichung eines weltweiten Ausstiegs aus der Verwendung von HHPs beauftragt werden.

[3] FAO and WHO. 2019. Detoxifying agriculture and health from highly hazardous pesticides – A call for action. Rome

[4] Pesticide Action Network UK and IRET (2017). Alternatives to Highly Hazardous Pesticides; GIST Impact Report (2023). Natural Farming Through a Wide-Angle Lens.

[5] Boedeker, W., Watts, M., Clausing, P. et al. (2020) The global distribution of acute unintentional pesticide poisoning: estimations based on a systematic review. BMC Public Health.




Hochgefährliche Pestizide: Bundesregierung verschleppt Exportverbot

Gemeinsame Pressemitteilung von BUND, European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR), Heinrich-Böll-Stiftung, INKOTA-netzwerk, Misereor, PAN Germany und Rosa-Luxemburg-Stiftung

[Aachen / Berlin / Hamburg / Johannesburg, 11.9.2023] Am morgigen Dienstag jährt sich die Ankündigung des Bundeslandwirtschaftsministeriums, mittels einer Verordnung ein Exportverbot für bestimmte gesundheitsschädliche Pestizide auf den Weg zu bringen. Dabei geht es um Pestizide, die in Deutschland produziert werden, aber in der EU nicht eingesetzt werden dürfen. Tausende Tonnen bei uns verbotener Pestizide werden aktuell weiterhin ins außereuropäische Ausland exportiert. Gerade im globalen Süden stellt der Einsatz dieser teils hochgefährlichen Pestizide eine große Gefahr für Bauern und Bäuerinnen, Landarbeiter*innen, die ländliche Bevölkerung und die Umwelt dar.

Nachdem das Landwirtschaftsministerium einen Entwurf für eine entsprechende Verordnung erarbeitet hat, geht es in der Ressortabstimmung nicht voran. Um zum gesundheitlichen Schutz von Bauern und Bäuerinnen sowie Landarbeiter*innen außerhalb der EU beizutragen, fordern NGOs, Umweltverbände und politische Stiftungen alle beteiligten Ressorts auf, zusammenzuarbeiten und den vorliegenden Verordnungsentwurf in die Verbände- und Länderkonsultationen zu übergeben, damit die Verordnung schnellstmöglich in Kraft treten kann.

„Wirtschaftliche Interessen dürfen niemals Vorrang vor Gesundheit und Umweltschutz haben. Aus diesem Grund betrachten wir eine Blockade des angekündigten Pestizidexportverbots innerhalb der Bundesregierung sehr kritisch. Der Fokus muss klar auf das Wohl von Mensch und Umwelt gelegt werden“, sagt Silke Bollmohr, Referentin für globale Landwirtschaft und Welternährung vom INKOTA-netzwerk.  

„Misereor-Partnerorganisationen dokumentieren weltweit Fälle eklatanter Häufungen von schweren Erkrankungen und Todesfällen in Gegenden mit hohem Pestizideinsatz. Wir können nicht länger zulassen, dass sich nachweislich jedes Jahr 385 Millionen Menschen an Pestiziden vergiften und 11.000 sogar daran sterben, vor allem in Asien, Afrika und Lateinamerika“, erklärt Sarah Schneider, Referentin für Welternährung bei Misereor.

„Deutsche Pestizidkonzerne wie Bayer und BASF machen Profit auf Kosten von Mensch und Umwelt. Verbotene Pestizide gelangen als Rückstände in Importprodukten zum Teil auch zu uns in die Regale der Supermärkte zurück. BUND-Zierpflanzentests zeigen regelmäßig eine hohe Belastung mit gefährlichen Pestiziden ohne EU-Zulassung. Diese Doppelstandards dürfen nicht weiter toleriert werden”, fordert BUND-Pestizidexpertin Corinna Hölzel.

„Der Export hochgefährlicher Pestizide untergräbt Menschenrechte. Das deutsche Pflanzenschutzgesetz liefert die rechtliche Grundlage, um den Export bei uns verbotener Pestizide über eine Verordnung zu unterbinden. Dass dies mit EU- und Welthandelsrecht im Einklang steht, hat ein im September 2022 veröffentlichtes Rechtsgutachten belegt. Die praktische Umsetzbarkeit beweisen Belgien und Frankreich, die solche Exporte bereits gesetzlich unterbinden. Statt am Export alter, gefährlicher Wirkstoffe festzuhalten, sollte Deutschland in nicht-chemische Pflanzenschutzstrategien investieren und das Exportverbot als Innovations-Booster dahingehend nutzen“, sagt Susan Haffmans, Referentin für Pestizide und internationale Angelegenheiten bei PAN Germany.

Weiterführende Informationen

Das Rechtsgutachten „Umsetzung eines Ausfuhrverbots für bestimmte, gefährliche Pestizide aus Deutschland“ im Auftrag des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR), der Heinrich-Böll-Stiftung, des INKOTA-netzwerk, des Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany) und der Rosa-Luxemburg-Stiftung ist hier verfügbar.

Kontakte

  • Maria Bause, European Centre for Constitutional and Human Rights (ECCHR), E-Mail: bause@ecchr.eu, Telefon: +49 (0)30 69 81 97 97
  • Silke Bollmohr, INKOTA-netzwerk, E-Mail: bollmohr@inkota.de, Mobil: +49 (0)174 56 20 107
  • Susan Haffmans, Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN Germany), E-Mail: susan.haffmans@pan-germany.org, Mobil: +49 (0)157 31 56 40 17
  • Corinna Hölzel, BUND e.V., E-Mail: Hoelzel@bund.net, Mobil: +49 (0)175 44 87 69 1
  • Lena Luig, Heinrich-Böll-Stiftung, E-Mail: luig@boell.de, Telefon: +49 (0)30 28 53 43 12
  • Jan Urhahn, Rosa-Luxemburg-Stiftung, E-Mail: jan.urhahn@rosalux.org, Mobil (Whatsapp): +27 (0)79 63 89 97 6 oder (Signal und Telegram): +49 (0)176 70 61 03 81
  • Barbara Wiegard, Presse-Stelle Misereor, E-Mail: barbara.wiegard@misereor.de, Telefon: +49 (0)30 44 35 19 88

 




FAO-Generaldirektor aufgefordert, neue Amtszeit mit deutlichen Maßnahmen zum Ausstieg aus hochgefährlichen Pestiziden zu beginnen

26.07.2023. Pressemitteilung. Zum Beginn seiner neuen Amtszeit fordern 11 globale Organisationen der Zivilgesellschaft und indigener Völker den Generaldirektor der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) Qu Dongyu auf, Führung bei der schrittweisen Abschaffung hochgefährlicher Pestizide (HHP) zu übernehmen und endlich die umstrittene Partnerschaft mit der Pestizidindustrie zu beenden.

Die Wahl von Herrn Qu als FAO-Generaldirektor für eine zweite vierjährige Amtszeit fand ohne Gegenkandidaten statt und erfolgte kurz nach Veröffentlichung eines investigativen Medienbeitrags, in dem aufgedeckt wurde, dass die FAO in der ersten Amtszeit Qus Pestizide in erheblichem Umfang in mehrere Länder geliefert hatte, darunter solche, die in der EU längst verboten sind.

In einem heutigen Schreiben wiederholten die 11 Organisationen ihren Appell, die fast drei Jahre alte Vereinbarung aufzugeben, die eine engere Beziehung zwischen der UN-Organisation und der Pestizidindustrie fördern sollte. Zudem fordern die Organisationen Generaldirektor Qu auf, alle Pestizidlieferungen zu überprüfen und einzustellen. Einige der in den FAO-Lieferungen enthaltenen Pestizide, wie Paraquat und Chlorpyrifos, gelten als hochgefährlich und sind bereits in zahlreichen Ländern verboten. Zu den Herstellern der von der FAO gelieferten Pestizide gehört dem Bericht zufolge auch Syngenta-ChemChina, ein Mitglied von CropLife.

„Ihre neue Amtszeit als Generaldirektor ist eine neue Chance für die FAO zu zeigen, dass die Pestizidindustrie keinen Einfluss auf ihre Politik und Entscheidungen hat. Alle Geschäfte der FAO mit der Pestizidindustrie müssen einer größeren Transparenz und Rechenschaftspflicht unterliegen“, heißt es in dem Schreiben an Generaldirektor Qu.

Die Gruppen der unterzeichnenden Organisationen betonten, dass die bevorstehende Weltchemikalienkonferenz im September 2023 in Bonn von der FAO genutzt werden sollte, entschlossen die zurückliegende Empfehlung des FAO-Rates voranzubringen, hochgefährliche Pestizide (HHP) schrittweise aus dem Verkehr zu ziehen. Sie sehen die FAO in der Pflicht, ihrer Menschenrechtsverpflichtungen als wichtige UN-Institution nachzukommen und ihr Engagement für nachhaltige Agrarnahrungsmittelsysteme zu verstärken. Dazu, so die unterzeichnenden Organisationen, sollte die FAO die von der afrikanischen Region vorgeschlagene Bildung einer Global Alliance on HHPs als globalen Mechanismus zum Ausstieg aus HHPs unterstützen.

Susan Haffmans, PAN Germany: „Hochgiftig, krebserregend, ungeborenes Leben gefährdend – hochgefährliche Pestizide stellen eine ernsthafte Bedrohung für die Gesundheit, die ländlichen Lebensgrundlagen und die Umwelt dar. Seit Jahrzehnten weisen Experten auf die Notwendigkeit, die Machbarkeit und den Nutzen hin, diese höchst schädlichen Pestizide durch nachhaltige Alternativen zu ersetzen. Die FAO, die in letzter Zeit wegen ihrer Partnerschaft mit der Pestizidindustrie in die Kritik geraten ist, sollte jetzt handeln, um das Vertrauen und die Glaubwürdigkeit einer unabhängigen UN-Organisation wiederherzustellen, der die Landwirte wichtiger sind als die Gewinne der Unternehmen. Die FAO sollte endlich die Führung übernehmen und sich auf der bevorstehenden SAICM Weltchemikalienkonferenz ICCM5 in Deutschland und während des laufenden Verhandlungsprozesses für ehrgeizige Ziele und Maßnahmen in Bezug auf HHPs einsetzen.“

Die vorliegende Mitteilung ist eine gekürzte Übertragung aus der gemeinsamen Pressemitteilung von PAN International, in der weitere Personen aus dem Netzwerk zu Wort kommen.
PAN International Press release, 26.7.2023 “FAO Director General urged to begin new term with action to end pesticide industry partnership, phase-out Highly Hazardous Pesticides”




Veranstaltungshinweis: Workshop Toxic trade and toxic legacies

Wann: 6. April 2023 / 13 -20 Uhr

Wo: Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) Leipzig, Permoserstr. 15, Conference Centre KUBUS (Hall 1CD)

Hier geht es zum Programm und zur Anmeldung.

Der Workshop „Toxic trade and toxic legacies“ beleuchtet Auswirkungen des Einsatzes hochtoxischer Pestizide auf Mensch und Umwelt, den asymmetrischen weltweiten Handel mit Pestiziden, den Umgang mit kritischen Forschungsergebnissen und wirft einen genaueren Blick auf Brasilien, Vietnam und die EU. Dabei werden nachfolgende Fragen aufgeworfen:

  • Welchen Beitrag kann ein Forschungszentrum wie das UTZ zur wissenschaftlichen Freiheit leisten?
  • Ist der Einsatz gefährlicher Pestizide unvermeidlich, um die Ernährungssicherheit zu gewährleisten?
  • Welche Rolle spielt Deutschland als großer Pestizid-Exporteur?
  • Wie kann eine Kohärenz zwischen Handelspolitik und Gesundheits- sowie Umweltschutz erreicht werden?
  • Welche Lehren lassen sich aus den Auswirkungen des Einsatzes gefährlicher Pestizide in Vietnam ziehen?
  • Sind die derzeitigen Bemühungen zur Behebung der Schäden in Vietnam ausreichend?

Der Workshop bietet die Gelegenheit diese und weitere hochaktuelle Fragen mit Expert*innen am 6. April in Leipzig zu diskutieren. Eröffnet wird die Veranstaltung von Prof. Dr. Rolf Altenburger, Scientific Director, UFZ.

Hauptrednerin ist Prof. Dr. Larissa Mies Bombardi, die aufgrund ihrer kritischen wissenschaftlichen Arbeit zu gesundheits- und umweltschädlichen Auswirkungen des Pestizideinsatzes in Brasilien massiv bedroht wurde und am 6. April 2021 mit ihrer Familie aus Brasilien nach Europa floh.

Neben weiteren Referent*innen wird Susan Haffmans (PAN Germany) zum Thema „Doppelte Standards im Handel mit Pestiziden: aktuelle Entwicklungen auf dem Weg zu einem einheitlichen Schutzniveau“ referieren.

Das Programm zur Veranstaltung finden Sie hier.

Die Veranstaltung findet in Präsenz statt. Bitte melden Sie sich bis zum 1. April an unter www.ufz.de/pesticideworkshop.




Legal opinion on the implementation of an export ban of certain hazardous pesticides from Germany

The German government has announced it will implement an export ban on certain hazardous pesticides. A draft of the implementation policy will be presented during the spring of 2023. The goal of the export ban is to eliminate double standards in the pesticide trade. Double standards arise when active ingredients and pesticide products that are not approved or authorised in the European Union (EU) because of their environmental and health hazards or risks are nevertheless exported from Germany to countries outside the EU.

A legal opinion written by Mirka Fries (LL.M.) and Ida Westphal (Ass. Iur.) and commissioned by the European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR), the Heinrich Böll Stiftung, INKOTA netzwerk, the Pesticide Action Network Germany (PAN Germany), and the Rosa Luxemburg Stiftung examines the potential scope of such an export ban and if it could be compatible with the law of the European Union as well as the General Agreement on Tariffs and Trade (GATT) of the World Trade organization (WTO).

A German export ban – but also national export bans by other EU member states – will be particularly effective in countering double standards in the pesticide trade as long as: 1) both active ingredients and pesticide products are covered; and 2) export rights are only granted for substances that were approved or authorised as a result of a thorough assessment of their hazard levels and risks to humans and the environment under current EU regulatory framework. In this way, the same standards of health and environmental protection applicable for marketing within the EU would apply to the export of such pesticides.

The legal opinion (english version) at hand is a shortened version of the original legal opinion written in German.

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