Pressekonferenz: Pestizidatlas – Daten und Fakten über Gifte in der Landwirtschaft

Heinrich-Böll-Stiftung, BUND und PAN Germany laden ein:

Termin:
Pressekonferenz zur Vorstellung „Pestizidatlas – Daten und Fakten über Gifte in der Landwirtschaft“

Datum/Zeit:
Mittwoch, 12. Januar 2022
10:30 Uhr

Ort:
Hybrid: Präsenz-PK (2G plus FFP2) und Zoom
Heinrich-Böll-Stiftung, Großer Saal 1-2, Schumannstr. 8, 10117 Berlin

Achtung: Akkreditierung für Präsenz und Zoom-Teilnahme erforderlich.

Mehrere Plätze für TV/Radio/Foto stehen gesondert zur Verfügung.
Vor Ort begrenzte Plätze aufgrund von Abstandsregelung, FFP2 Mund-Nasenschutz erforderlich! Akkreditierten Zoom-Teilnehmer:innen senden wir den Zugangslink rechtzeitig vor Beginn der PK zu und vermitteln auch gerne Interviews mit Podium und unseren Expert*innen.

mit:
Barbara Unmüßig, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung
Olaf Bandt
, BUND-Vorsitzender
Doris Günther,
Vorstand von PAN Germany

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleg*innen,

wir laden Sie herzlich zur Vorstellung des „Pestizidatlas 2022 – Daten und Fakten über Gifte in der Landwirtschaft“, herausgegeben von der Heinrich-Böll-Stiftung, dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und dem Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany) ein.

Im Bier und im Honig, auf Obst und Gemüse, im Gras auf Spielplätzen und sogar im Urin oder in der Luft – überall lassen sich mittlerweile Spuren von Pestiziden aus der Landwirtschaft nachweisen, in Deutschland, Argentinien oder Kenia. Weltweit steigt der Pestizideinsatz Jahr für Jahr. Dabei verfestigt sich die wissenschaftliche Erkenntnis, dass sich Pestizide negativ auf die menschliche Gesundheit auswirken, massiv Insekten und Pflanzen schädigen und Gewässer kontaminieren.

Ambitionslos hat die Politik das Thema viel zu lange weitestgehend ignoriert. Nun fordert die EU eine Halbierung des Pestizideinsatzes bis 2030. Eine europäische Bürgerinitiative geht weiter und fordert den vollständigen Ausstieg der europäischen Landwirtschaft aus der Nutzung chemischer Pestizide.

Mit unserem Pestizidatlas 2022 liefern wir Daten und Fakten rund um die bisherigen und aktuellsten Entwicklungen, Zusammenhänge und Folgen des weltweiten Pestizidhandels und -einsatzes in der Landwirtschaft und möchten damit zu einer lebendigen und informierten öffentlichen Debatte zur zukünftigen Gestaltung der Landwirtschaft beitragen.

Zur Vorstellung des Pestizidatlas laden wir Sie herzlich ein. Über eine Anmeldung unter presse@bund.net, presse@boell.de oder presse@pan-germany.org freuen wir uns.

Eine zeitgerechte Print- oder Online-Produktion unterstützen wir gern. Bitte sprechen Sie uns an. Der Atlas, Bilder und Grafiken stehen regulär ab Mittwoch, 12.01.2022, 10.30 Uhr, unter www.boell.de/pestizidatlas/, www.bund.net/pestizidatlas und www.pan-germany.org/pestizidatlas zum Download bereit.

Mit freundlichen Grüßen
Birgit Wulff, Michael Alvarez und Daniel Jahn

Kontakt:




Neue Erkenntnisse zur Kanzerogenität von Glyphosat

Die Kontroverse über die Kanzerogenität von Glyphosat und Herbiziden auf Basis von Glyphosat (Glyphosate-Based Herbicides – GBHs) hält an. Während die Krebsagentur der Weltgesundheitsagentur (IARC) 2015 Glyphosat/GBH als „wahrscheinlich krebserregend“ für Menschen einstufte[1], vertreten die meisten Regulierungsbehörden die Auffassung, dass dem Wirkstoff nur ein geringes oder gar kein Krebsrisiko innewohnt. Eine der Schlüsselfragen in diesem Zusammenhang ist, ob es einen Wirkungsmechanismus gibt, der die Verursachung von Krebs durch Glyphosat erklären kann. Der wichtigste generelle Mechanismus bei der Verursachung von Krebs durch Chemikalien ist eine Schädigung des Erbguts, wodurch es zu unkontrollierter Zellvermehrung und damit zur Entstehung von Tumoren kommen kann.

Eine in diesem Monat im Fachmagazin Agrochemicals veröffentlichte Studie überprüfte die seit 2016 erschienenen Publikationen zur Erbgutschädigung durch Glyphosat und GBHs. Die von Charles Benbrook, Robin Mesnage und William Sawyer durchgeführte Analyse zeigt, dass in 24 der 33 Studien mit Glyphosat und 56 der 61 Studien mit GBH eine Erbgutschädigung nachgewiesen wurde. Außerdem wurden in sieben epidemiologischen Studien (Untersuchung von Glyphosat-exponierten Menschen im Vergleich zu einer Kontrollpopulation) erbgutschädigende Effekte festgestellt. Die Autoren vertreten die Ansicht, dass die Schlussfolgerung der Behörden, Glyphosat und GBHs seien nicht erbgutschädigend, unhaltbar ist[2].

Hintergrund der Befassung ist die Entscheidung eines Bundesberufungsgerichts in den USA, das 2022 die Glyphosat-Bewertung der U.S.-Umweltbehörde (EPA) annullierte und die EPA aufforderte, die alten Daten zu überprüfen und neue Daten in ihre bevorstehende, möglicherweise endgültige Entscheidung über die erneute Zulassung von Glyphosat/GBH einzubeziehen.

Die US-Umweltbehörde EPA stufte Glyphosat 1991 als „nicht wahrscheinlich“ krebserregend ein[3]. Eine Entscheidung, die in Behördenberichten aus den Jahren 2017 und 2020 bekräftigt wurde. Die behördliche Anerkennung des Potenzials zur Erbgutschädigung durch Glyphosat hätte erhebliche Auswirkungen auf die Bewertung von Glyphosat als „nicht (bzw. nicht wahrscheinlich) krebserregend“.

Auch die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) schlussfolgerte im Rahmen des laufenden Wiedergenehmigungsverfahren von Glyphosat im Juni 2022, dass weder Beweise für eine Erbgutschädigung noch für die Erzeugung von Krebs durch Glyphosat vorlägen. Eine von unabhängigen Wissenschaftler*innen durchgeführte Analyse der behördlichen Bewertung zeigte, dass erneut das gehäufte Auftreten von Krebs in sämtlichen Mäuse- und mehreren Rattenstudien, mit ähnlich verzerrten Argumenten begründet wurde, wie in der vorangegangenen Bewertung im Jahr 2017. Nachzulesen ist dies in dem gemeinsamen Bericht von HEAL und PAN Germany[4]. Die Behauptung, Glyphosat sei nicht erbgutschädigend, ist ein Grundpfeiler der behördlichen Argumentation. Insofern ist die Publikation von Charles Benbrook und seinen Kollegen ein wichtiger Beitrag zur korrekten Beurteilung der Situation. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass nach EU-Recht eine Einstufung als „wahrscheinlich erbgutschädigend beim Menschen“ ein Glyphosatverbot zur Folge haben müsste.

Quelle: Benbrook, C.; Mesnage, R.; Sawyer, W. Genotoxicity Assays Published since 2016 Shed New Light on the Oncogenic Potential of Glyphosate-Based Herbicides. Agrochemicals 2023, 2, 47–68. https://doi.org/10.3390/agrochemicals2010005

[1] https://www.iarc.who.int/featured-news/media-centre-iarc-news-glyphosate/

[2] https://www.mdpi.com/2813-3145/2/1/5

[3] https://www.iarc.who.int/featured-news/media-centre-iarc-news-glyphosate/

[4] https://pan-germany.org/download/heal-report-how-the-eu-risks-greenlighting-a-pesticide-linked-to-cancer/




Kein ausreichender Schutz vor Hormongiften:

Mitgliedstaaten stimmen für Kriterien-Vorschlag der EU-Kommission zur Identifizierung von hormonschädigenden Chemikalien

Gemeinsame Stellungnahme von PAN Germany, WECF (Women Engage for a Common Future), HEJSupport BUND, Umweltinstitut München Coordination gegen Bayer Gefahren und SumOfUs

Die Vertreter der europäischen Mitgliedsstaaten des EU-Pestizidausschusses haben gestern die Kriterien angenommen, die in Zukunft für die Identifizierung hormoneller Schadstoffe (oder endokrine Disruptoren, kurz EDCs) verwendet werden sollen.

Das Stoppt-Hormongifte-Bündnis der deutschen Nichtregierungsorganisationen PAN Germany, WECF (Women Engage for a Common Future), HEJSupport BUND, Umweltinstitut München Coordination gegen Bayer Gefahren und SumOfUs kritisiert diese Entscheidung scharf: „Die jetzt verabschiedeten Kriterien sind völlig unzulänglich. Viele Hormongifte können nun einfach „wegdefiniert“ werden und bleiben damit ungeregelt. Jetzt liegt es am EU-Parlament, diese Kriterien abzulehnen. Wir fordern zudem die deutsche Bundesregierung dringend auf, umzudenken und umfangreiche nationale Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung und Umwelt vorzunehmen.“

Vor der Abstimmung warnten drei hoch angesehene internationale endokrinologische Gesellschaften vor den Mängeln der vorgeschlagenen Kriterien und drängten die Mitgliedsstaaten, sie in ihrer jetzigen Fassung nicht anzunehmen. (1) Mittlerweile haben über 458.000 Menschen in ganz Europa, davon alleine mehr als 111.000 in Deutschland, eine Petition unterzeichnet, in der die Mitgliedsstaaten aufgefordert wurden, den Vorschlag der EU-Kommission abzulehnen. (2)

Die Umwelt- und Gesundheitsverbände halten die Kriterien für mangelhaft und ungeeignet, ihre Hauptkritikpunkte sind:

  • Die Beweislast ist zu hoch und macht die Identifizierung von Stoffen als hormonell wirksam sehr schwierig oder gar unmöglich und zusätzlich unnötig langwierig
  • Die Ausnahmeregelungen für bestimmte Pestizide und Biozide, die gezielt hormonell wirken sollen, ist nicht vereinbar mit den Zielen der EU-Pestizid- und Biozidgesetzgebung,
  • Die Kriterien widersprechen den EU-Verpflichtungen aus dem 7. Umweltaktionsprogramm, nach dem die Belastung von Mensch und Umwelt mit hormonellen Schadstoffen reduziert werden soll. (3)

Die völlig unakzeptable Ausnahmeregelung, nach der Pestizid-Substanzen die gezielt hormonell wirken sollen, von der Erfassung als endokrine Substanzen und damit von einem Verbot ausgeschlossen werden sollen, wurde von der deutschen Bundesregierung eingebracht. Dies öffnet Tür und Tor für den Gebrauch von Hormongiften und ist nicht mir der EU-Pestizid- und Biozidgesetzgebung vereinbar.

Durch die gestrige Entscheidung wird es auch weiterhin bei einem Anstieg der hormonbedingten Krankheiten wie z.B. Brustkrebs, Hodenkrebs, Diabetes oder Unfruchtbarkeit bleiben. Dies hat erhebliche Kosten für das öffentliche Gesundheitssystem und die Gesellschaft zur Folge. Schätzungen ergaben, dass Krankheiten, die im Zusammenhang mit Hormongiften stehen, in der Europäischen Union Kosten von 163 Milliarden pro Jahr verursachen. (4)

Das NGO-Bündnis fordert die Bundesregierung dringend auf, dem französischen Beispiel zu folgen und einen nationalen Aktionsplan zum Schutz vor Hormongiften zu verabschieden. Er sollte umfangreiche Aufklärungsmaßnahmen für die Bevölkerung enthalten, vor allem für besonders betroffene Gruppen wie z.B. Schwangere. Hormongifte sollten in Produkten, wo immer möglich, auf nationaler Ebene verboten werden. Außerdem sollten Pestizide und Biozide, die EDCs enthalten, in Deutschland nicht erlaubt sein. Des Weiteren ist unabhängige Forschungsförderung zu EDCs dringend notwendig.

(1) Siehe http://bit.ly/2t914p5.
Die Endocrine Society und z.B. Krankenkassen in Europa haben ihre Bedenken gegenüber dem Kriterien Vorschlag der EU Kommission geäußert.
Siehe beispielsweise: https://www.endocrine.org/news-room/current-press-releases/european-commissions-revised-proposal-limits-ability-to-protect-public-from-edcs ; http://aim-mutual.org/press-release/aim-publishes-declaration-on-edcs/
(2) EU-weite Petition : https://actions.sumofus.org/a/eu-endocrine-disruptors
Gemeinsame Petition „Hormongifte stoppen!“ der deutschen NGO Koalition:
Umweltinstitut München: https://www.umweltinstitut.org/mitmach-aktionen/hormongifte-stoppen.html
BUND: https://aktion.bund.net/hormongifte-stoppen
SumOfUs: https://actions.sumofus.org/a/hormongifte-stoppen
(3) http://www.documents.clientearth.org/wp-content/uploads/library/2017-02-14-the-criteria-to-identify-endocrine-disruptors-implications-beyond-pesticides-and-biocide-disrupted-criteria-coll-en.pdf
(4) Burden of Disease and Costs of Exposure to Endocrine-Disrupting Chemicals in the European Union: an updated analysis, https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27003928

Kontakte:
Susanne Smolka (PAN Germany): susanne.smolka@pan-germany.org, Tel 040 3991910-24
Johanna Hausmann (WECF Deutschland): johanna.hausmann@wecf.eu, Tel 0173 8010040
Alexandra Caterbow (HEJSupport): alexandra.caterbow@hej-support.org, Tel +49 179 5244994
Ulrike Kallee (BUND): Ulrike.kallee@bund.net, Tel +49 30 27586 422
Christine Vogt (Umweltinstitut München): cv@umweltinstitut.org, Tel 089 30774924
Wiebke Schröder (SumOfUs): wiebke@sumofus.org, Tel 0163 1617155

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Neuer Bericht offenbart: Beweise für den Zusammenhang zwischen Glyphosat und Krebs in laufender EU-Bewertung verworfen

PRESSEMITTEILUNG
[Brüssel/Hamburg, 8. Juni 2022]
Wissenschaftliche Beweise für die krebserregende Wirkung von Glyphosat wurden bei der Bewertung des Wirkstoffs durch die zuständige europäische Fachbehörde nicht berücksichtigt. Zu diesem Schluss kommt ein heute veröffentlichter Bericht von HEAL (Health and Environment Alliance), der unter Mitwirkung von PAN Germany verfasst wurde. [1]

Die in dem Bericht aufgezeigten schwerwiegenden wissenschaftlichen Mängel und Verzerrungen bei der Auslegung von internationalen und EU-Standards stellen aus Sicht von HEAL und PAN Germany die Gültigkeit der behördlichen Glyphosat-Bewertung und die vorläufigen Schlussfolgerungen in Frage. Der Bericht warnt davor, dass die Nichtanerkennung des karzinogenen Potenzials von Glyphosat dem europäischen Kampf gegen Krebs zum Nachteil gereichen würde.

Als die beauftragten Behörden von vier EU-Mitgliedstaaten im laufenden Wiedergenehmigungsverfahren mit der Neubewertung von Glyphosat begannen, hat HEAL, unterstützt von PAN Germany, die elf Krebsstudien an Ratten und Mäusen, die von den Pestizidunternehmen 2019 als Teil des Antragsdossiers eingereicht wurden, genau analysiert. Unterstützt von zwei Experten, wurde das Auftreten statistisch signifikant erhöhter Tumorinzidenzen in einer Häufigkeit ermittelt, die die Einstufung von Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend“ durch die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) eindeutig unterstützt [2]. Nach dem EU-Pestizidgesetz [3] müssen Stoffe, die die Kriterien für die Einstufung als „vermutlich krebserregend beim Menschen“ (Kategorie 1B) erfüllen, vom EU-Markt genommen werden.

Prof. Christopher Portier, ein unabhängiger Experte für die Analyse und Interpretation von umweltbezogenen Gesundheitsdaten, spezialisiert auf Karzinogenität, sagte: „Bösartige Lymphome, Nieren- und Lebertumore, Keratoacanthome und weitere Krebstypen – es steht außer Frage, dass Glyphosat Krebs verursacht. In zehn der elf Tierstudien, die Teil des Dossiers zur Wiederzulassung von Glyphosat waren, haben die Tiere Tumore entwickelt. Unabhängig davon, wie man es betrachtet, gibt es mehr als genug Beweise für die Karzinogenität, und diese Beweise erfüllen die Kriterien für die Einstufung von Glyphosat als Stoff, bei dem ein krebserregendes Potenzial für den Menschen angenommen werden muss.“

Dennoch haben die behördliche Bewertungsgruppe für Glyphosat der EU-Mitgliedsländer (AGG) und der Ausschuss für Risikobewertung (RAC) der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) öffentlich erklärt, dass die Beweise, um Glyphosat als krebserregend einzustufen, nicht ausreichten [4]. Alle Hinweise auf Ungereimtheiten in der Vorgehensweise der Behörden bei der Bewertung, die von HEAL zusammen mit unabhängigen Wissenschaftlern und anderen zivilgesellschaftlichen Gruppen während der Diskussionen des RAC der ECHA vorgebracht wurden, wurden bisher ungerechtfertigt verworfen [5].

Dr. Peter Clausing von PAN Germany, Toxikologe und Mitverfasser des Berichts, sagte: „Tiere, die Glyphosat ausgesetzt waren, entwickelten im Vergleich zu ihrer nicht exponierten Kontrollgruppe signifikant häufiger Tumore, ein Effekt, der sowohl nach internationalen als auch nach europäischen Richtlinien als Beweis für Karzinogenität gilt, insbesondere wenn dieser Befund – wie im Fall von Glyphosat – durch zusätzliche Belege unterstützt wird. Die EU-Risikobewerter haben jedoch diese Tumorbefunde missachtet und die zusätzlichen Belege aus ihrer Analyse ausgeschlossen, um zu schlussfolgern, dass die beobachteten Effekte zufällig seien.“

Dr. Angeliki Lyssimachou, Senior Science Policy Officer bei HEAL und Mitverfasserin des Berichts, sagte: „Die wissenschaftlichen Beweise dafür, dass Glyphosat Krebs verursachen kann und daher gefährlich für die menschliche Gesundheit ist, häufen sich – aber die EU-Bewertung stützt sich weiterhin hauptsächlich auf die Argumente der Industrie, was dazu führt, dass schädliche chemische Substanzen wie Glyphosat als für die Vermarktung sicher betrachtet werden. Die EU-Institutionen und die Mitgliedstaaten dürfen sich bei ihren Entscheidungen nicht länger auf diese dysfunktionale wissenschaftliche Bewertung stützen. Die Mission der EU, den Krebs zu besiegen, beginnt hier und jetzt mit einem Verbot von Glyphosat.“

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), die für die weitere Risikobewertung von Glyphosat als Pestizid zuständig ist, hat eine erhebliche Verzögerung bei der Veröffentlichung ihres Bewertungsergebnisses angekündigt [5]. Dies bedeutet eine einjährige Verlängerung der Glyphosat-Genehmigung über den derzeitigen Genehmigungszeitraum hinaus, so dass gefährdete Gruppen weiterhin dem schädlichen Pestizid ausgesetzt sein werden. Auf der Grundlage der Bewertung von ECHA und EFSA werden dann die Europäische Kommission und die EU-Mitgliedstaaten eine Entscheidung über die von der Industrie beantragte 15-jährige Verlängerung der Genehmigung für Glyphosat treffen.

Pressekontakt:

  • Dr. Peter Clausing, Toxikologe bei PAN Germany, peter.clausing@pan-germany.org, +49 176 4379 5932

1. https://pan-germany.org/download/heal-report-how-the-eu-risks-greenlighting-a-pesticide-linked-to-cancer/
2. https://www.iarc.who.int/featured-news/media-centre-iarc-news-glyphosate/
3. Regulation (EC) No 1107/2009 of the European Parliament and of the Council of 21 October 2009 concerning the placing of plant protection products on the market and repealing Council Directives 79/117/EEC and 91/414/EEC; Annex II, section 3.6 ‘Impact on human health’
4. https://www.env-health.org/ominous-first-step-in-eu-renewal-process-of-glyphosate-4-member-states-suggest-no-risk-for-human-health-heal-comment/
5. https://www.env-health.org/health-and-environmental-groups-raise-alarms-over-eu-chemicals-agencys-failure-to-classify-glyphosate-as-a-carcinogen-for-human-health/
6. https://www.efsa.europa.eu/en/news/glyphosate-efsa-and-echa-update-timelines-assessments

 




Mit Vielfalt und Solidarität durch die Krise

PAN Germany Pestizid-Brief 1 – 2020

Die letzten Monate haben uns auf besonders eindrückliche Weise vor Augen geführt, wie wichtig unser PAN-Motto „Eine gesunde Welt für alle“ tatsächlich ist. Seit Monaten behaupten sich die Menschen überall auf der Welt in der Covid-19-Krise und versuchen, mit der Pandemie und ihren Folgen zurechtzukommen. Während in einigen Ländern schrittweise Lockerungen der Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen umgesetzt werden und die Menschen wieder ein Stück Normalität erleben, schränken in anderen Regionen hohe Infektions- und Todeszahlen das Berufs- und Alltagsleben weiterhin ein. Wir alle haben unterschiedliche Erfahrungen in der Krise gemacht. Angesichts des Leids, das wir weltweit gesehen haben, sind wir voller Trauer. Doch wir sind auch beeindruckt von der großen Hilfsbereitschaft und Solidarität von Menschen überall auf der Welt.

Gegenseitige Hilfe rund um die Welt

Auch innerhalb unseres PAN-Netzwerks unterstützen wir uns gegenseitig. Unsere Partner*innen von PAN Asien & Pazifik (PANAP) helfen, die Folgen der Krise für die Ernährungssouveränität und Existenz von Millionen von Menschen in besonders betroffenen Gemeinschaften abzumildern. Sie machen sich unter anderem für die von der Krise und dem Lockdown besonders betroffenen Landarbeiter*innen stark und fordern die Einhaltung von Arbeitsrechten auch für Wanderarbeiter*innen. Im Rahmen ihrer gestarteten COVID-19-Kampagne „Food and Rights Talk“ hat PANAP zahlreiche Interviews geführt und zugehört, wie es den Menschen in den ländlichen Regionen in Asien in der Krise tatsächlich geht und wie ihre Situation ist, in Bezug auf Ernährungssicherheit und Menschenrechte.

In Afrika haben tausende Bio-Baumwollbäuer*innen Geld für Saatgut eingesetzt und Monate hart dafür gearbeitet, beste Baumwolle zu produzieren ohne schädliche Pestizide einzusetzen. Nun suchen unsere afrikanischen und englischen Kolleg*innen gemeinsam nach Lösungen für die Bäuer*innen und ihre Familien, die von unterbrochenen Lieferketten in der Textilbrache in Folge der Pandemie betroffen sind und unterstützen sie dabei, statt Baumwolle zu exportieren, Lebensmittel anzubauen und dafür lokale Märkte zu finden. Genau hierfür setzt sich auch PAN Afrika ein und sensibilisiert die Staaten Westafrikas für die Notwendigkeit eines widerstandsfähigen Ernährungssystems – insbesondere angesichts der Pandemie. Dabei unterstützen z.B. unsere Kolleg*innen in Senegal Landwirt*innen darin, widerstandsfähige, nachhaltigere Anbauverfahren umzusetzen, die gleichzeitig eine Steigerung der Produktion ermöglichen und so dazu beitragen, das Einkommen der Bäuerinnen und Bauern zu verbessern.

Agrarökologie stärkt die Widerstandsfähigkeit des Ernährungssystems

Es ist längst bekannt, dass agrarökologische Anbauweisen widerstandsfähiger auf Klimaveränderungen reagieren. Nun beweisen vielfältige Anbausysteme – wie der biologische Baumwollanbau, in dem Baumwolle in vielfältiger Fruchtfolge mit anderen Kulturpflanzen wie Hibiskus, Fonio, Cashew und Sesam abgebaut wird – auch angesichts der Covid-19 Krise, in der Absatzmärkte für bestimmte Güter plötzlich weggebrochen sind, größere Widerstandsfähigkeit.

Angesichts unterbrochener Lieferketten setzt sich PAN Lateinamerika (RAPAL) für die Förderung lokaler und agrarökologischer Nahrungsmittel-Produktion ein, indem sie das Wissen hierüber über Radioprogramme, Videos, Plakate, Webinare, Informations- Materialien und über Telefon-Schaltungen verbreitet. Hierzu zählt auch die Konzeption einer Reihe von Video-Workshops, um den urbanen Anbau von Nahrungsmitteln sowie die Eigenproduktion von Saatgut zu fördern.

Unsere Partner*innen von PAN Nord-Amerika (PANNA) setzen sich derweil dafür ein, dass Notgelder tatsächlich bei den Farmer*innen ankommen und nicht bei den großen Agrarkonzernen versickern. Sie arbeiten gemeinsam mit Partnern daran, Investitionen in resilientere Lebensmittelsysteme zu fördern, die die Förderung gesunder Böden genauso einschließen, wie die lokale Produktion von Lebensmitteln. Zudem  macht PANNA auf die besondere Betroffenheit landwirtschaftlicher Hilfskräfte in der Pandemie aufmerksam und setzt sich dafür ein, die systemischen Ungerechtigkeiten, die in unserem Nahrungsmittel- und Landwirtschaftssystem verankert sind, abzubauen.

Ein nicht-nachhaltiges, ungerechtes System

Ob in Amerika, Asien oder Europa – überall auf der Welt hat die Covid19-Pandemie die Schwachstellen unseres industriellen Ernährungssystems bloßgestellt. Das System der industriellen Tierhaltung wird schon lange wegen der schlechten Tierhaltungsbedingungen und der großen Mengen eingesetzter Arzneimittel kritisiert. Nun steht es, mit seinen riesigen Schlachthöfen, in denen im Akkord Tiere gekeult und zerlegt werden, auch wegen besonders hoher Infektionsraten bei den meinst prekär beschäftigten und schlecht untergebrachten Beschäftigten – ob in Deutschland in Nordrhein-Westfalen oder in den USA in Minnesota – im Fokus der Öffentlichkeit.

Andere Beschäftigte, die bislang kaum von der Gesellschaft bemerkt wurden, wie Wanderarbeiter*innen und landwirtschaftliche Hilfskräfte, wurden in der Krise plötzlich bzw. endlich als „systemrelevante Arbeitskräfte“ erkannt. Die Krise hat offenbart, wie schlecht wir mit diesen Arbeiter*innen umgehen, die oft ohne Verträge, ohne soziale Sicherung, häufig in Kontakt mit hochgefährlichen Pestiziden, unterbezahlt und ebenfalls schlecht untergebracht auf den Feldern und in den Plantagen und Gewächshäusern der Welt für unser aller Ernährung hart arbeiten. Vieles soll sich nun ändern. Als Vertreter*innen der Zivilgesellschaft engagieren wir bei PAN uns dafür, unseren Beitrag zu leisten, damit ein gerechteres Landwirtschaft- und Ernährungssystem Wirklichkeit wird.

Hierzu gehört, dass wir uns im PAN Netzwerk dagegen stemmen, dass die Pandemie ausgenutzt wird, um notwendige Reformen im Umweltschutz, im Biodiversitätsschutz und in der Agrarpolitik hinauszuzögern, zu verwässern oder gänzlich in Frage zu stellen.

Die Zukunft gestalten

RAPAL arbeitet aktiv daran, die Einfuhr neuer transgener Nutzpflanzen nach Chile zu blockieren und stemmt sich gegen eine Senkung von Importzöllen auf Pestizide in Argentinien. PANNA kämpft gegen die Zurücknahme wichtiger Pestizidvorschriften in den USA. Im gesamten Netzwerk unterstützen wir unsere Kolleg*innen von PAN UK in ihren Bemühungen, sicherzustellen, dass die britische Pestizidgesetzgebung nach dem „Brexit“ nicht gänzlich verwässert wird.

Gemeinsam mit unseren Partner*innen von PAN Indien freuen wir uns über die Ankündigung, dass 27 hochgefährlichen Pestiziden (HHPs) in dem Land verboten werden sollen. Hier in Europa engagieren wir uns im Verbund mit zahlreichen europäischen Partnerorganisationen und Unterstützer*innen in der Europäischen Bürgerinitiative „Bienen und Bauern retten“ und setzen uns dafür ein, dass die EU einen Wandel einleitet – weg vom Pestizideinsatz und hin zu agrarökologischen Anbauverfahren – und dabei die Landwirt*innen begleitet und unterstützt. Alle EU-Bürger*innen können dies mit ihrer Stimme einfordern: www.savebeesandfarmers.eu/deu/.

Die europäische Farm-to-Fork-Strategie für nachhaltige Lebensmittelsysteme und die neue EU-Biodiversitätsstrategie lassen uns hoffen. Sie verfolgt die Ziele, den Einsatz chemischer Pestizide und das damit verbundene Risiko bis 2030 um 50 % zu reduzieren, gefährlichere Pestizide um 50 % zu verringern und durch agroökologische Verfahren zu ersetzen sowie den Anteil ökologisch bewirtschafteter Flächen in der EU bis 2030 auf 25 % landwirtschaftlicher Nutzflächen zu erhöhen. Nun wird es darauf ankommen, dass entsprechende Maßnahmen beschlossen und tatsächlich umgesetzt werden.

Egal ob im Norden, Süden, Osten oder Westen – wir brauchen dringend den Wandel weg von der Abhängigkeit von chemisch-synthetischen Pestiziden hin zu vielfältigeren Anbausystemen, um nachfolgenden Generationen eine Umwelt zu hinterlassen, die nicht krankmacht und in der es genüg Vielfalt gibt, um gute Ernten zu erzielen und gut leben zu können.

(Susan Haffmans)

Der Artikel ist auch auf English verfügbar im PANNA-Blog unter dem Titel „A healthy world for all“




Historischer Sieg im Roundup-Krebsfall – Monsanto muss 289 Mio US-Dollar zahlen

In der vorigen Woche verurteilte ein Gericht in San Francisco Monsanto zur Zahlung von 289 Millionen US-Dollar als Schadensersatz bzw. Schmerzensgeld.
Das Geld soll dem an Lymphdrüsenkrebs erkrankten Dewayne Johnson, Hausmeister eines Schulbezirks in Kalifornien, gezahlt werden, der über Jahre Roundup in dem von Monsanto vermittelten Glauben verwendete, dass das Pflanzengift harmlos sei.

Während zur Zeit in den USA rund 4.000 ähnliche Fälle gegen Monsanto verhandelt werden, war Dewayne Johnson der erste, der Klage einreichte. Außerdem drängte das Gericht aufgrund des fortgeschrittenen Zustands seiner Kreberkranung auf ein schnelles Urteil. Trotzdem zog sich der Prozess monatelang hin. Wie zu erwarten war, kündigte Monsanto an, gegen das Urteil Berufung einzulegen. (Quelle https://www.theguardian.com/business/2018/aug/10/monsanto-trial-cancer-dewayne-johnson-ruling)

Die juristische Situation in Europa ist anders als in den USA. Es gibt bislang keine bzw. kaum Möglichkeiten zur Einreichung von Sammelklagen. So weit PAN Germany bekannt ist, gibt es nur einen einzigen Fall in Frankreich, bei dem ein Mutter gegen Monsanto wegen der vorgeburtlichen Schäden ihres Sohnes geklagt hat. Dieser Fall ist gerichtlich noch nicht entschieden. Die Mutter des Jungen, Sabine Grataloup, ist auch auf dem Monsanto-Tribunal aufgetreten (https://vimeo.com/channels/mtde/page:7)

Weitere Informationen zu dem Fall:
PAN Nordamerika Statement
BAYER-Aktie bricht nach dem Urteil um 14 Prozent ein

 




Dringender Handlungsbedarf in der Tierproduktion um Antibiotikaresistenzen zu stoppen

Hamburg, 23.11.2022. Pressemitteilung. Antibiotika zur Behandlung von Infektionen sind aus der modernen Medizin nicht wegzudenken. Aber die zunehmende Entwicklung und Verbreitung von Antibiotikaresistenzen sind ein Problem mit nicht absehbarem Ausmaß. Anlässlich der europäischen Antibiotika Woche 2022 warnt PAN Germany, die Bedeutung des regelmäßigen Einsatzes von Antibiotika in der Tierproduktion nicht zu unterschätzen, und mahnt, dem „One-Health“-Ansatz Rechnung zu tragen, um die Pandemie der Antibiotikaresistenz erfolgreich zu bekämpfen.

Infektionen mit antibiotikaresistenten Keimen bei Menschen und die damit in Verbindung gebrachten Todesfälle nehmen deutlich zu. Das Robert-Koch-Institut (RKI) warnt bereits vor einer „schleichende Pandemie“.[1] Laut dem Institut für Health Metrics und Evaluation (IHME) sind rund 1,3 Millionen Todesfälle jährlich direkt auf antimikrobielle Resistenzen zurückzuführen, davon knapp 9.700 Todesfälle pro Jahr in Deutschland.

Wenn Antibiotika bei der Aufzucht und Mast von lebensmittelliefernden Tieren zum Einsatz kommen, können sie entlang ihres gesamten Lebenszyklus – von der Produktion, über den Einsatz, bis hin zur Entsorgung –  in die Umwelt gelangen. In freien Aquakulturen gehen bis zu 75 % der eingesetzten Antibiotika in die Umgebung verloren.[2] Wirkstoffrückstände können sich in Pflanzen und Nichtzieltieren anreichern, negative Wirkungen auf Ökosysteme haben und Gewässer und Lebensmittel, einschließlich Trinkwasser, kontaminieren. Da jede antimikrobielle Dosis die Resistenzentwicklung fördert, tragen Tier-Antibiotika in der Umwelt ebenfalls dazu bei, dass sich antimikrobielle Resistenzen schneller entwickeln und verbreiten.

Der Einsatz von Antimikrobiotika wie Antibiotika gehört heute zur gängigen Praxis in der Behandlung von Infektionen bei Nutztieren. Allerdings werden Arzneimittel in der Tierproduktion auch missbräuchlich eingesetzt, um wirtschaftliche Praktiken aufrechtzuerhalten, die Profit über Umwelt, menschliche Gesundheit und Tierwohl stellen. Stress durch wenig Platz und Bewegungsmangel, unangemessene Futtermittel, Hochleistungsansprüche, frühes Absetzen der Jungtiere und mangelnde Hygiene können nachweislich die Gesundheit der Nutztiere negativ beeinflussen. Tamara Gripp, Referentin für Landwirtschaft und Umwelt bei PAN Germany, sagt dazu: „Es ist jetzt an der Zeit, ein gesundheitsorientiertes System in der Tierproduktion zu schaffen, das Tierwohl und Gesunderhaltung in den Vordergrund stellt und eine verantwortungsvolle Reduktion des Antibiotikaeinsatzes ermöglicht. Das ist im Sinne der Ziele der EU „Farm to Fork“-Strategie (vom Hof auf den Tisch), ein faires, gesundes und umweltfreundliches Lebensmittelsystem zu erreichen, und im Sinne des One-Health-Ansatzes für einen gemeinsamen Kampf gegen Antibiotikaresistenz.“

Der gemeinsam von PAN Germany und Healthcare without harm (HCWH) Europe Anfang des Jahres veröffentlichte Bericht „Tierarzneimittel in der europäischen Lebensmittelproduktion: Perspektiven für die Umwelt, die öffentliche Gesundheit und den Tierschutz“ zeigt Tendenzen beim Einsatz von Tierarzneimitteln, verdeutlicht die Auswirkungen von Tierarzneimitteln auf Umwelt, öffentliche Gesundheit und Tierwohl und stellt die wichtigsten rechtlichen Änderungen bei der Verwendung von Tierarzneimitteln durch den neuen EU-Rechtsrahmen für Tierarzneimittel vor.[3] Zudem gibt der Bericht Empfehlungen für den Lebensmittelsektor für ein gesundheitsorientiertes System und eine verantwortungsvolle Verwendung von Tierarzneimitteln.

Kontakt:

Tamara Gripp, MSc. Environmental Management
Referentin Landwirtschaft / Umwelt (Advisor Agriculture / Environment)

E-Mail: tamara.gripp@pan-germany.org

[1] Pressemitteilung RKI (18.10.2022) https://www.rki.de/DE/Content/Service/Presse/Pressemitteilungen/2022/06_2022.html

[2] Grigorakis, K. et al. (2011) Aquaculture effects on environmental and public welfare. www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0045653511008344

[3] PAN Germany & HCWH Europe (2022) Tierarzneimittel in der europäischen Lebensmittelproduktion: Perspektiven für die Umwelt, die öffentliche Gesundheit und den Tierschutz. https://pan-germany.org/download/bericht-tierarzneimittel-in-der-europaeischen-lebensmittelproduktion/




A victory for future generations – European governments ban brain-harming pesticides chlorpyrifos and chlorpyrifos-methyl

6 December 2019, Brussels. Common press release. Representatives from the European Member States in the EU Committee on Plants, Animals, Food and Feed (SCOPAFF) today voted to ban the neurotoxic pesticides chlorpyrifos and chlorpyrifos-methyl from the EU market, a historic move that has been applauded by health and environment groups [1].

Genon K. Jensen, Executive Director of the Health and Environment Alliance (HEAL), said: “The ban of both forms of chlorpyrifos is a major win for the healthy development of today’s children and future generations. While we can’t take away the decades of exposure to these substances and the associated neurodevelopmental impacts, the new Commission can make sure this doesn’t continue to happen with other substances by committing to decreasing Europe’s dependency on pesticides and addressing remaining loopholes in evaluation processes.”

Angeliki Lyssimachou, Science Policy Officer at Pesticide Action Network Europe, said: “Today, we congratulate the Commission and Member States for putting human health, particularly that of our children, above industry interests and private profit. It took an overwhelming amount of evidence – showing that chlorpyrifos insecticides may cause brain toxicity in children – for the European Commission to propose a ban; Member States voting against it would had left European citizens in complete despair.”

Nabil Berbour, Campaign Manager at SumOfUs, said: This is a major win for the health of European citizens who are more and more concerned by dangerous pesticides they find on their plates. We hope EU decision-makers take note of this huge concern and will go above and beyond to reduce the EU’s dependency on toxic pesticides. The EU is the largest single market in the world and the most powerful trading power, so we hope this ban will pave the way to other bans elsewhere in the world. SumOfUs members will continue to fight for this.

In two recent statements, the European Food Safety Agency (EFSA) concluded that chlorpyrifos and chlorpyrifos-methyl have no possible safety limit and do not meet the human health criteria for renewal on the European market [2]. The EFSA statements rightfully triggered the European Commission to propose a non-renewal for both substances in which they classify the pesticides as potentially damaging for unborn children [3].

Simultaneously over 220,548 citizens backed a campaign calling on EU governments to ban chlorpyrifos in all its forms, launched by SumOfUs, the Health and Environment Alliance (HEAL), Pesticide Action Network (PAN) Europe, Générations Futures, Ecologistas en Acción, and PAN Germany [4].

Background:

Chlorpyrifos is among the most commonly used pesticides in Europe and its residues are often present in fruits, vegetables, cereals and dairy products, as well as drinking water. Exposure to chlorpyrifos, even in small doses, is dangerous and has been linked to neurodevelopmental disorders in children such as increased risk of autism, working memory loss, ADHD and decreased IQ. Children are especially at risk because their brains are still developing. Many studies point at chlorpyrifos as an endocrine disruptor chemical (EDC), while it has also been associated with metabolic disturbances, breast and lung cancers, and male infertility [5]. Exposure to chlorpyrifos has been shown to cause damage to DNA.

Although less documented, the chemical chlorpyrifos-methyl is very similar in structure to chlorpyrifos and like its sibling, it has potential to damage DNA. Furthermore, both forms of chlorpyrifos share the same epidemiological evidence for neurodevelopmental toxicity.

Contacts:

Natacha Cingotti, Senior Health and Chemicals Policy Officer at the Health and Environment Alliance (HEAL), natacha@env-health.org, +32 (0) 492 94 88 98

Angeliki Lyssimachou, Science Policy Officer at Pesticide Action Network Europe, angeliki@pan-europe.org, +32 496 39 29 30

Nabil Berbour, Campaign Manager at SumOfUs, nabil@sumofus.org, +33 (0)7 56 82 06 55

Notes to editor:

[1] Today, at the meeting of the Standing Committee on Plants, Animals, Food and Feed (PAFF Committee), Member States representatives voted on two draft Implementing Regulations proposing to not renew the approvals of chlorpyrifos and chlorpyrifos-methyl. For both substances, a qualified majority was reached.

[2] EFSA, “Chlorpyrifos: assessment identifies human health effects”, 2nd August 2019 http://www.efsa.europa.eu/en/press/news/chlorpyrifos-assessment-identifies-human-health-effects  and related civil society reaction https://www.env-health.org/efsa-ackonwledge-chlorpyrifos-harm-2/ ;

EFSA, Updated statement on the available outcomes of the human health assessment in the context of the pesticides peer review of the active substance chlorpyrifos-methyl”, 26th November 2019, https://efsa.onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.2903/j.efsa.2019.5908

[3] Draft Commission Implementing Regulation concerning the non-renewal of the approval of the active substance chlorpyrifos and Draft Commission Implementing Regulation concerning the non-renewal of the approval of the active substance chlorpyrifos-methyl

[4] Over 220,548 citizens backed a campaign calling on EU governments to ban chlorpyrifos in all its forms, launched by SumOfUs, the Health and Environment Alliance (HEAL), Pesticide Action Network (PAN) Europe, Générations Futures, Ecologistas en Acción, and PAN Germany [5]. The petition is available in EnglishGermanSpanish and French.

[5] https://www.env-health.org/wp-content/uploads/2018/08/August-2018-HEAL-Generations-Futures-PAN-E-PAN-DE-Chlorpyrifos-Factsheet-web.pdf




Europäische Chemikalien Strategie ohne Abstriche verabschieden!

Neue Publikation kritisiert Angriff auf den Entwurf der EU-Kommission

PAN Germany Pestizid-Brief 1 – 2023

Vor mehr als zwei Jahren, im Oktober 2020 veröffentlichte die EU-Kommission ihren Entwurf einer Chemikalienstrategie, kurz CSS (für Chemicals Strategy for Sustainability), die dem Leitbild einer giftfreien Umwelt folgt und bestrebt ist, „die Umwelt und die menschliche Gesundheit, insbesondere die von gefährdeten Gruppen“ besser zu schützen. Dieser fortschrittliche Entwurf, der unter anderem ein Exportverbot für in der EU verbotene Chemikalien und einen besseren Schutz vor hormonschädlichen Substanzen vorsieht, wartet nach wie vor auf seine Umsetzung in geltendes EU-Recht.

Stattdessen häufen sich die Angriffe auf den CSS-Entwurf, der auch eine Stärkung des „gefahrenbasierten“ Ansatzes enthält, also ein Verbot von Substanzen aufgrund ihrer Stoffeigenschaften, ohne die Möglichkeit, diese mittels unangemessener Risikobewertung zu verharmlosen. Der gefahrenbasierte Ansatz ist bereits Teil der EU-Pestizidzulassungsverordnung (EC 1107/2009)[1], wird allerdings auch dort immer wieder nur halbherzig angewendet.[2] Dieser Ansatz ist eine Einschätzung der Stoffeigenschaften einer Chemikalie. Wenn das Gefahrenpotenzial zu groß ist, zum Beispiel wenn der Stoff als „wahrscheinlich krebserregend beim Menschen“ eingestuft wird, würde ein Verbot erfolgen. Die Gegner dieses Ansatzes möchten den Stoff über eine Risikobewertung dann ggf. trotzdem genehmigen können.

Eine der Attacken auf die CSS kam vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Diese Behörde, gegen die – daran sei erinnert – im Zuge des damaligen Wiedergenehmigungsverfahrens für Glyphosat im März 2016 Strafanzeige wegen wissenschaftlichen Betrugs erstattet wurde,[3] stellte die Wissenschaftlichkeit des CSS-Ansatzes in Frage. In einem Gastkommentar in der Fachzeitschrift Archives of Toxicology erhoben Mitarbeiter des BfR schwere Anschuldigungen gegen die EU-Kommission.[4] In Ihrer Schlussfolgerung mahnen die Autoren des Beitrags, dass der „wissenschaftliche Diskussionsprozess nicht allein auf der Grundlage von Behauptungen funktionieren“ könne, und beschuldigen die EU-Kommission, ungerechtfertigte Ansichten und Ängste zu schüren, was zur „Erosion der wissenschaftlichen Glaubwürdigkeit der Behörden“ führen würde. Dabei übergeht das BfR geflissentlich seinen eigenen Beitrag zur Erosion der wissenschaftlichen Glaubwürdigkeit der Behörden in Form der Verbreitung falscher Argumente, die nur allzu durchschaubar waren.[5]

In einer im Januar 2023 veröffentlichten Analyse[6] unterzogen Prof. Erik Millstone (Universität Sussex, UK) und Dr. Peter Clausing (PAN Germany) den Gastkommentar der BfR-Mitarbeiter einer kritischen Analyse. Ihre Analyse kommt zu dem Schluss, dass sich das BfR auf „Wissenschaftlichkeit“ beruft und sich zugleich mit seinen eigenen Argumenten weit von der selbst eingeforderten Wissenschaftlichkeit entfernt. Eine wesentliche Kritik von Millstone & Clausing ist, dass die BfR-Autoren wertebasierte Urteile als objektive wissenschaftliche „Wahrheiten“ präsentieren, statt deutlich zu machen, dass sich die von ihnen vertretenen Ansichten im Grenzbereich von Politik und Wissenschaft befinden und mithin eine starke subjektive Komponente enthalten. Diese Art der Vernebelung durch das BfR ist nicht neu. So hat das BfR im Jahr 2016, im Zuge der damaligen Glyphosat-Diskussion, durch eine Vermischung von Risiko (Risk) und Gefahr (Hazard) in der Öffentlichkeit Verwirrung gestiftet. Der Einladung sich auf die „mehrfach von ihm selbst eingeforderte sachliche, wissenschaftsbasierte Diskussion“ einzulassen, ist die Behörde nicht gefolgt.[7]

Die Analyse von Millstone & Clausing unterzieht zudem die vom BfR aufgestellten Behauptungen einer kritischen Prüfung, dass in den Bereichen der regulatorischen Stoffbewertung zur Hormonschädigung, Reproduktionstoxizität und Chemikalien-Cocktails alles in bester Ordnung sei. So demonstriert zum Beispiel ein Blick in die EU-Statistik zum Auftreten von Organmissbildungen bei Neugeborenen, dass die Behauptung der BfR-Autoren falsch ist, dass sich an der Häufigkeit solcher Fälle in den letzten 40 Jahren nichts geändert hätte.[8] Tatsächlich sind solche Missbildungen häufiger geworden. Ganz unberücksichtigt lässt das BfR die Frage, ob ein besseres Chemikalien- bzw. Pestizidmanagement im Verlauf von vier Jahrzehnten die Zahl von 200 Fällen pro 10.000 Neugeborenen nicht sogar hätte verringern müssen. Wenn es stimmt, dass „… Institutionen, wie das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), eine jahrzehntelange Erfahrung in der praktischen Anwendung und Weiterentwicklung der Prinzipien und Methoden der Wissenschaft der regulatorischen Risikobewertung für den Gesundheitsschutzes in der EU (haben)“[9], sollte man eine solche Reduktion eigentlich erwarten können.

Der Angriff durch das BfR ist nicht die einzige Attacke gegen die CSS. Auch die Industrie selbst macht mobil, wie ein vor wenigen Wochen durchgeführtes Webinar mit dem Thema „Two Years Later: How Has the Chemicals Strategy for Sustainability Changed REACH and CLP Regulations?” deutlich macht.[10] Es gibt also gute Gründe, die weitere Entwicklung wachsam zu verfolgen und sich dafür einzusetzen, dass der CSS-Entwurf einerseits nicht verwässert und andererseits möglichst bald in geltendes Recht überführt wird.

Die Publikation ist auch in englischer Sprache erhältlich.

(Dr. Peter Clausing)

[1] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32009R1107&from=de

[2] https://pan-germany.org/pestizide/neuer-bericht-zeigt-bewertung-von-krebseffekten-bei-4-von-10-pestiziden-fehlerhaft/

[3] https://www.global2000.at/news/glyphosat-zulassungsbeh%C3%B6rde-informierte-falsch

[4] https://doi.org/10.1007/s00204-021-03091-3

[5] vgl. Clausing, P. (2017): Krebsgefahr durch Glyphosat: Der „Weight of Evidence Approach“ des BfR.   Umwelt – Hygiene – Arbeitsmedizin 22 (1): 27 – 34.

[6] https://doi.org/10.1017/err.2022.41

[7] https://archiv.pan-germany.org/pan-germany.org_180405/www.pan-germany.org/download/The_Carcinogenic_Hazard_of_Glyphosate.pdf

[8] https://eu-rd-platform.jrc.ec.europa.eu/eurocat/eurocat-data/prevalence_en, zusammengefasst in Tabelle 1 von https://doi.org/10.1017/err.2022.41

[9] https://doi.org/10.1007/s00204-021-03091-3, Seite 259 (eigene Übersetzung)

[10] https://www.reachblog.com/2022/12/register-now-webinar-two-years-later-how-has-the-chemicals-strategy-for-sustainability-changed-reach-and-clp-regulations/




Der Kampf gegen gefährliche Chemikalien braucht mehr als Symbolpolitik

Im Vorfeld des Berlin Forums für Chemikalien und Nachhaltigkeit ziehen Umwelt- und Entwicklungsverbände eine kritische Bilanz der Arbeit der Bundesregierung. Sie hat wichtige Hausaufgaben in der Chemikalienpolitik unerledigt gelassen.

Berlin, 5. Juli 2021: Die Bundesregierung hat die Chemikalienpolitik vernachlässigt. Sie hat damit in Kauf genommen, dass die Gesundheit von Menschen weiterhin gefährdet, die Klimakrise angeheizt und der Verlust der Artenvielfalt beschleunigt wird.

Zu diesem Urteil kommt ein Bündnis aus den fünf Umwelt- und Entwicklungsverbänden BUND, Forum Umwelt und Entwicklung, HejSupport, PAN Germany und WECF. Es fordert die künftige Bundesregierung auf, den Schutz von Mensch, Artenvielfalt und Klima endlich ernst zu nehmen und sich in Deutschland, in der EU und weltweit aktiv für eine giftfreie Zukunft mit weniger Chemikalien und einem nachhaltigen Umbau der Chemieindustrie einzusetzen. Dies ist dringend notwendig: Noch immer sterben weltweit jährlich mehr als 1,6 Mio. Menschen durch Chemikalien. Noch immer wird für Herstellung und Transport von Chemikalien und Produkten knapp ein Drittel der verbrauchten Energie benötigt. Noch immer werden Ökosysteme durch den Rohstoffabbau und die Freisetzung gefährlicher Stoffe zerstört. Schadstoffe und Pestizide sind eine Hauptursache für die Umwelt- und Gesundheitskrise unserer Zeit.

Die jetzige Bundesregierung hat viele Möglichkeiten zu handeln verstreichen lassen. Obwohl Deutschland der Chemiestandort Nr. 1 in Europa ist, wurde Chemikalienpolitik weder im Koalitionsvertrag noch während der EU-Ratspräsidentschaft adressiert. Dabei ist die Bundesregierung als Vorsitzende des so genannten „Strategischen Ansatzes zum internationalen Chemikalienmanagement“ (SAICM) in der Pflicht, die Weichen für eine Erneuerung des Abkommens zu stellen.

SAICM sollte dazu beizutragen, die Folgen von Chemikalien und Abfällen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt bis 2020 zu minimieren. Dieses Ziel wurde nicht erreicht. Weltweit mangelt es an Problemwahrnehmung und politischem Handlungswillen. Im Juli 2021 wollte die Staatengemeinschaft in Bonn auf einer internationalen Konferenz zur Chemikaliensicherheit beschließen, wie es mit SAICM nach 2020 weitergeht. Statt der wegen Corona verschobenen Konferenz veranstaltet die Bundesregierung nun am 7. und 8. Juli das virtuelle Berlin Forum für Chemikalien und Nachhaltigkeit. Das u.a. mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und António Guterres, Generalsekretär der Vereinten Nationen, hochrangig besetzte Forum soll über Wege für einen nachhaltigen Umgang mit Chemikalien diskutieren.

Das NGO-Bündnis erwartet von dem Forum nicht nur schöne Worte und Symbolik, sondern konkrete Zusagen, um bis spätestens 2030 die negativen Folgen von Produktion und Verwendung von Chemikalien und Abfällen für Mensch, Artenvielfalt und Klima zu minimieren. Verbände in Deutschland und weltweit haben Forderungen mit konkreten Maßnahmen zum Schutz vor giftigen Chemikalien aufgestellt, die sofort umgesetzt werden könnten.

„Das Ziel, die Belastung des Menschen und der Umwelt durch Produktion und Freisetzung gefährlicher Stoffe bis 2020 nachhaltig zu reduzieren, ist nicht annähernd erreicht worden“, erklärt Manuel Fernandez, Chemikalienexperte vom BUND. Ohne ein grundlegendes Umsteuern im Chemiesektor seien auch die Klima- und Artenschutzziele der UN-Agenda 2030 zum Scheitern verurteilt.  „Die Chemieindustrie darf als größter Stromverbraucher und drittgrößter Emittent von Kohlendioxid die Klimakrise nicht weiter verschärfen. Die Folgen tragen die Allgemeinheit und die Natur“, so Fernández. „Das muss sich schnell ändern. In der EU bietet die neue EU-Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit hierfür eine Chance. Die Bundesregierung ist aufgefordert, beim nachhaltigen Umbau der Chemieindustrie mit gutem Beispiel voranzugehen.“

Auch Pestizide zählen zu den weltweit gehandelten Chemikalien. „Jährlich erleiden rund 385 Millionen Menschen ungewollt Pestizidvergiftungen. Pestizide machen zudem einen erheblichen Anteil an stofflichen Belastungen von Gewässern, Lebensmitteln und am Schwund der Biodiversität aus“, erläutert Susan Haffmans vom Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany). „Insbesondere hochgefährliche Pestizide sind eine weltweite Bedrohung. Deutschland kann und sollte damit beginnen, Doppelstandards im Pestizidhandel abzubauen und den Export von in der EU verbotenen hochgefährlichen Pestizide gesetzlich unterbinden. Zudem sollten endlich die Beschlüsse der vierten Internationalen Chemikalien Konferenz von 2015 umgesetzt werden, HHPs in der Landwirtschaft schrittweise durch nicht-chemische Alternativen wie Agrarökologie zu ersetzen.“

Johanna Hausmann von Women Engage for a Common Future führt weiter aus: „Nur ein Bruchteil der bis zu 350.000 Chemikalien auf dem Weltmarkt sind reguliert. Sie vergiften unsere Umwelt und unsere Gesundheit. Die Wissenschaft bestätigt die krankmachende Wirkung vieler Chemikalien und bringt sie u.a. in Zusammenhang mit der Zunahme von Krebs, Fruchtbarkeitsstörungen und neurologischen Erkrankungen. Schwangere, Frauen, Kinder und sozial schwächere Bevölkerungsgruppen sind dabei besonders betroffen – in Deutschland und weltweit. Frauen reichern Schadstoffe stärker an. In der Schwangerschaft gelangen diese an den Fötus und gefährden künftige Generationen. Der Schutz vor bedenklichen Chemikalien muss eine wichtige Aufgabe der künftigen Bunderegierung werden. Gender- und sozioökonomische Aspekte müssen dabei eine wichtige Rolle spielen.“

Tom Kurz vom Forum Umwelt und Entwicklung ergänzt: „Die Untätigkeit der internationalen Staatengemeinschaft und der Bundesregierung machen uns krank und werden auch noch kommende Generationen belasten. Es ist nicht möglich, unbedenklich einkaufen zu gehen und davon auszugehen nicht vergiftet zu werden. Hormonschädliche Substanzen in Kosmetik, Pestizide in der Luft und in unserem Essen, PFAS in Verpackungen und Weichmacher im Spielzeug: überall sind wir gefährlichen Stoffen ausgesetzt.“

Alexandra Caterbow von der Gesundheits- und Umweltorganisation HEJSupport fasst zusammen: „Der Stellenwert der Chemiepolitik in der Politik der Bundesregierung spiegelt nicht die Dringlichkeit wider, die wir der Vergiftung unseres Planeten und unserer Körper beimessen sollten. Wir brauchen dringend verbindliche Zusagen aus der Politik, die auch im nächsten Koalitionsvertrag verankert sein müssen. Mehr Maßnahmen auf nationaler, EU und internationaler Ebene müssen von der neuen Regierung angeschoben und unterstützt werden, sonst werden z.B. weiterhin unsere Flüsse kontaminiert sein und Babys mit Schadstoffen im Körper geboren.“

Weiterführende Informationen

Informationen der NGOs zum Thema internationales Chemikalienmanagement finden Sie auf der gemeinsamen Webseite unter https://www.giftfreie-zukunft.org/ sowie zum Download unter

https://www.giftfreie-zukunft.org/aktuell/presse-berlin-forum (verfügbar ab 5. Juli)

Zum Vorbereitungsprozess für die Chemikalienkonferenz in Bonn unter http://saicm.org/.

Zum Berlin Forum für Chemikalien und Nachhaltigkeit
https://www.bmu.de/berlin-forum-fuer-chemikalien-und-nachhaltigkeit/#c59688

Kontakte

Alexandra Caterbow, HEJSupport, alexandra.caterbow@hej-support.org, Tel. 0179/52 44 994

Johanna Hausmann, Women Engage for a Common Future (WECF), johanna.hausmann@wecf-consultant.org, Tel. 089/2323938-19, 0173/80 10 04 0

Manuel Fernandez, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Manuel.Fernandez@bund.net,
Tel. 0151/19 33 62 10

Susan Haffmans, Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany), mailto:susan.haffmans@pan-germany.org, Tel. 040 399 19 10-25

Wolfgang Obenland, Forum Umwelt & Entwicklung, obenland@forumue.de, Tel. 030/678 1775 907