Europäisches Tierarzneimittelrecht

Nachbesserungen zum Schutz von Umwelt und Gesundheit vor Antibiotika-Belastungen dringend notwendig

Presseinformation.

Hamburg, 28. Februar 2018. Derzeit wird das europäische Tierarzneimittelrecht überarbeitet. Ziel ist u.a. die Eindämmung der Risiken der Verbreitung von Antibiotikaresistenz. PAN Germany sieht erheblichen Nachbesserungsbedarf, um die Umwelt und die menschliche Gesundheit besser zu schützen.

Infektionskrankheiten können aufgrund resistenter Krankheitskeime immer häufiger nicht erfolgreich mit Antibiotika bekämpft werden. Dies ist zum weltweiten Problem geworden. Der Einsatz von Antibiotika in der intensiven Nutztierhaltung begünstigt die Resistenzentwicklung sowie die Ausbreitung resistenter Keime. Doch nicht nur die menschliche Gesundheit wird gefährdet: Auch die Umwelt ist zunehmend mit Antibiotika belastet und resistente Keime werden über die Umwelt verbreitet.

Dass Belastungen der Umwelt nicht nur ein Problem in Ländern sind, in denen Pharmazeutika unter unzureichenden Umwelt-Auflagen hergestellt werden, wurde vielen Menschen in Deutschland spätestens Anfang des Monats bewusst, als der NDR die Rechercheergebnisse (1) zweier Journalisten veröffentlichte, die multi-resistente Erreger in Bächen und Badeseen in Norddeutschland nachgewiesen hatten. Sie wiesen unter anderem Colistin-Resistenzen nach. Das Antibiotikum Colistin wird nach wie vor in Tierställen eingesetzt, obwohl die Weltgesundheitsorganisation den Wirkstoff im vergangenen Jahr in die Kategorie der Reserve-Antibiotika eingeordnet hat, die unbedingt für die Behandlung schwerer, mit anderen Antibiotika aufgrund von Resistenzen nicht mehr zu bekämpfenden Infektionskrankheiten bei Menschen benötigt werden.

„Wir appellieren an die Verantwortlichen von EU-Parlament, -Rat und -Kommission, die jetzt über das neue Tierarzneimittelgesetz beraten, Antibiotika mit höchster Priorität für den Menschen endlich aus der tierärztlichen Verwendung zu nehmen. Zudem müssen verbindliche Maßnahmen für eine bessere Überwachung des Umweltvorkommens von Arzneimitteln festgeschrieben werden und auch Alt-Arzneimittel einer umfassenden Umweltüberprüfung unterzogen werden“ fordert Susan Haffmans, Referentin für Tierarzneimittel von PAN Germany.

Aus Sicht von PAN Germany wird der Tatsache, dass Antibiotika-Resistenzen auch über die Umwelt verbreitet werden, nach wie vor zu wenig Beachtung geschenkt. Eine Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes, wie sie nach Meinung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) Priorität hat, würde auch die Umwelt entlasten.

In dem Hintergrundpapier „Antibiotika in der Tierhaltung“ hat PAN Germany Informationen zum Thema zusammengestellt: http://www.pan-germany.org/download/tierarzneimittel/Antibiotika_in_der_Tierhaltung.pdf. Das Hintergrundpapier ist seit heute auch in Englisch verfügbar: http://www.pan-germany.org/download/veterinary_pharmaceuticals/Antibiotics_in_Livestock_Farming.pdf

(336 Wörter, 2926 Zeichen)

Kontakt:
Susan Haffmans, Tel: +49 40 399 19 10 0, E-Mail: susan.haffmans(at)pan-germany.org

Anmerkungen
(1) https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/Gefaehrliche-Keime-in-Baechen-Fluessen-und-Seen,keime302.html

 




Aquakultur und Umweltschutz

PAN Germany Pestizid-Brief 1 – 2018

Mit dem Potenzial zur Erholung der überfischten Wildfischbestände und gleichzeitig zur Ernährungssicherung künftiger Generationen beizutragen, hat der Wirtschaftssektor Aquakultur weltweit an Bedeutung gewonnen. Aber im Hinblick auf den Einsatz von chemischen Substanzen wie Antibiotika, Antiparasitika und Antifoulings in der Fischzucht stellt sich die Frage, wie nachhaltig die Produktion von Aquakulturerzeugnissen wirklich ist und welche Umweltrisiken wir dafür in Kauf nehmen. Das PAN Germany Hintergrundpapier „Aquakultur im Überblick – Umweltbelastungen durch Arzneimittel und Antifoulings, wirtschaftliche Bedeutung und Fragen der Ernährungssicherung“ (1) stellt die typischen Haltungssysteme und die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Aquakultursektors in Deutschland und der EU vor. Einen besonderen Fokus legt das Hintergrundpapier dabei auf die Umweltrisiken durch den Einsatz von Arzneimitteln und Antifoulings sowie auf Möglichkeiten, diese Risiken zu reduzieren.

Aquakultur und Umweltbelastungen

Die intensive Nutzung natürlicher Ressourcen und der Eingriff in aquatische Ökosysteme bergen erhebliche Umweltrisiken. Insbesondere bei offenen Aquakulturanlagen, die in natürliche Gewässer eingebettet sind, können negative Auswirkungen auf die Umwelt nicht ausgeschlossen werden. (2) Durch das Bewirtschaften von Fischteichen, die Verankerung von Netzgehegen sowie durch Fütterung der Tiere und Reinigung der Anlagen kommt es zu Beeinträchtigungen der Umwelt, die bis hin zur Vernichtung natürlicher Lebensräume und zu einem erheblichen Biodiversitätsverlust führen können. Hinzu kommt die Gefahr der Kontamination aquatischer Ökosysteme durch den Einsatz von Chemikalien. Dazu zählen sowohl Tierarzneimittel wie Antibiotika und Antiparasitika als auch andere umweltschädliche chemische Substanzen wie Desinfektionsmittel und biozidhaltige Antifoulings. Trotz unterschiedlicher Verwendungszwecke haben diese eingesetzten Mittel gemein, dass sie Organismen abtöten und sich ihre Wirkung nicht nur auf Zielorganismen beschränken. (3) Je nach Wirkungsweise können bereits geringe Konzentrationen der Wirkstoffe verheerende Auswirkungen auf Nicht-Zielorganismen und ganze Ökosysteme haben, indem sie beispielsweise Fortpflanzungsversagen, Wachstumshemmung und Verhaltensänderungen hervorrufen. (4)

Aquakultur und Tierarzneimittel

In der Aquakultur liegen die Besatzdichten meist über der natürlichen Populationsdichte der Tiere, so dass es vermehrt zu Stress kommt. Erhöhte Stresslevel machen die Zuchttiere anfälliger für Krankheitserreger, die sich in hohen Besatzdichten wiederrum schneller verbreiten können. Im Sinne des Tierwohls müssen Erkrankungen in der Aquakulturzucht behandelt werden, allerdings beschränkt sich in der klassischen Aquakultur die Behandlung mit Tierarzneimitteln nicht auf erkrankte Tiere, sondern wird in der Regel für den gesamten Bestand durchgeführt, da eine Isolation erkrankter Tiere schwer oder nicht möglich ist. (5) Die Anwendung von Arzneimitteln in offenen Aquakultur-Systemen stellt somit eine besondere Gefahr für die Umwelt dar, weil die Präparate direkt in die aquatische Umwelt abgegeben werden. (6) Massenmedikation ganzer Bestände, falsche oder zu kurze Behandlungen, unzureichende Wirkstoffwechsel, schlechte Haltungsbedingungen, mangelhafte Betriebsführung, fehlende oder defizitäre Risikoprüfung können zudem die Entwicklung von Resistenzen begünstigen und auf diese Weise sowohl die Gesundheit der Zuchttiere als auch die der Wildtierpopulationen gefährden. (7)

Aquakultur und Umweltverträglichkeit

Dass Aquakultur auch umweltverträglicher praktiziert werden kann, zeigen die Zertifizierungsstandards der Bio-Siegel, die u.a. den Einsatz von Arzneimitteln beschränken und niedrige Besatzdichten vorschreiben, sowie innovative Aquakultursysteme wie die Integrierte Multitrophe Aquakultur (IMTA). Durch das Halten verschiedener Kulturarten in einer Anlage werden hier das eingesetzte Futter effizienter genutzt und umweltschädliche Nährstoffüberschüsse vermieden. (8)

Forderungen von PAN Germany

  • Für die Umsetzung einer nachhaltigen Aquakultur und den Schutz der Umwelt vor Belastungen durch Antibiotika, Antiparasitika und Antifoulings, fordert PAN Germany u.a.:
  • Die Umsetzung artgerechter Haltungsbedingungen und Festlegung geringer, artspezifischer Besatzdichten
  • Die Förderung von nicht-chemischen Alternativen zum Chemikalien-Einsatz in der Aquakultur
  • Eine detaillierte Dokumentation aller Anwendungen chemischer Substanzen und eine umfassende Umweltüberwachung
  • Die Förderung ökologischer Aquakultur-Systeme und innovativer Haltungssysteme wie IMTA und Aquaponik
  • Die Einführung von Umweltqualitätsnormen und Grenzwerten für Arzneimittel in Gewässern und eine bessere Verankerung des Umweltschutzes in der Tierarzneimittelgesetzgebung.

Weitere Informationen rund um das Thema Aquakultur, zu den politischen Zielen, zu wirtschaftlichen Kennzahlen und zu Zertifizierungen finden Sie in dem PAN-Hintergrundpapier Aquakultur.

(Tamara Gripp, PAN Germany)

Anmerkungen
(1) PAN Germany (2018): Aquakultur im Überblick – Umweltbelastungen durch Arzneimittel und Antifoulings, wirtschaftliche Bedeutung und Fragen der Ernährungssicherung. http://www.pan-germany.org/download/tierarzneimittel/pan_hintergrundpapier_aquakultur_im_ueberblick_2018.pdf
(2) BLE (2017): Perspektiven für die deutsche Aquakultur im internationalen Wettbewerb. Abschlussbericht. https://tinyurl.com/y7bkxrac
(3) PAN Germany (2003): Vorstudie im Kontext Chemikalieneinsatz in der Aquakultur. http://www.pan-germany.org/download/aquakultur_l.pdf
(4) Beek et al. (2015): Pharmaceuticals in the Environment-Global Occurrences and Perspectives. Environmental Toxicology and Chemistry, 2016, Vol. 35, pp. 823-835. http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/etc.3339/epdf
(5) Svenson, P. (2007): Closed Waters: The Welfare of Farmed Atlantic Salmon, Rainbow Trout, Atlantic Cod & Atlantic Halibut. Compassion in World Farming and World Society for the Protection




Aquakultur im Überblick

Umweltbelastungen durch Arzneimittel und Antifoulings, wirtschaftliche Bedeutung und Fragen der Ernährungssicherung

Mit dem Potenzial zur Erholung von Wildfischbeständen und gleichzeitig zur Ernährungssicherung künftiger Generationen beizutragen, hat die Aquakultur zunehmend an Bedeutung gewonnen. Vor dem Hintergrund der Frage, wie nachhaltig die Produktion von Aquakulturerzeugnissen ist und welche Umweltrisiken wir dafür in Kauf nehmen, sind in dem vorliegenden Hintergrundpapier Informationen zum Thema Aquakultur zusammengestellt. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf möglichen Umweltbelastungen – gerade in Bezug auf Arzneimittel – und wie diese reduziert oder vermieden werden können.

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Aquakultur im Überblick 3.44 MB 1829 Downloads

Umweltbelastungen durch Arzneimittel und Antifoulings, wirtschaftliche Bedeutung...
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Antibiotika in der Tierhaltung

Wie lassen sich Umweltbelastungen reduzieren und Resistenzen vermeiden?

Recherchen des NDR haben aufgedeckt, wie stark unsere Umwelt bereits mit Antibiotika-Rückständen aus Krankenhäusern, Privathaushalten und aus der Tierhaltung belastet ist. Die Nachweise der resistenten Keime in norddeutschen Gewässern sind beunruhigend.
Nur, wenn alle Beteiligten – Gesetzgeber, die pharmazeutische Industrie, Ärzte, Patienten, Tierhalter und Konsumenten – ihren Beitrag leisten, lässt sich das Problem dauerhaft lösen.
Der Einsatz von Antibiotika in der intensiven Nutztierhaltung begünstigt die Resistenzentwicklung und Ausbreitung von Bakterienstämmen mit Resistenzen. Wie lassen sich Umweltbelastungen durch Arzneimittel aus der Tierhaltung reduzieren und Resistenzen vermeiden? Das Hintergrundpapier von PAN Germany geht dieser Frage nach.

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Antibiotika in der Tierhaltung 2.17 MB 614 Downloads

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Antibiotics in Livestock Farming 1.09 MB 653 Downloads

What can be done to reduce environmental threats and avoid the development of antibiotic...
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Weniger Arzneimittel – gesunde Tiere – entlastete Umwelt

Beispiele aus Forschung & Praxis: So lassen sich Antibiotika & Co in der Nutztierhaltung verantwortungsvoll reduzieren.

Vor dem Hintergrund zunehmender Umweltbelastung durch Arzneimittel und sich ausbreitender Arzneimittel- Resistenzen stellt die vorliegende Broschüre Beispiele vor, wie der Arzneimitteleinsatz in der Nutztierhaltung reduziert werden kann.

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Fotorechte: M. Großmann / pixelio.de

 




Häufig gestellte Fragen zu Tierarzneimitteln und Antibiotika-Resistenzen

Arzneimittel sind eine wichtige Errungenschaft. Kranke Tiere müssen behandelt werden. Doch in der Umwelt können Arzneimittel zum Umwelt- und Gesundheitsproblem werden. Das 8-seitige Informationsblatt gibt Antworten auf häufig gestellte Fragen zur Belastung von Böden, Gewässern und Nützlingen durch Tierarzneimittel, die mit der Gülle auf die Felder gelangen. Ein besonderes Augenmerk legt das Infoblatt auf die zunehmende Belastung von Gewässern und die Ausbreitung von Antibiotika-Resistenzen.

Häufig gestellte Fragen zu Tierarzneimitteln und Antibiotika-Resistenz-Risiken

Häufig gestellte Fragen zu Tierarzneimitteln und Antibiotika-Resistenz-Risiken

Datum: 8. Februar 2016 553.47 KB

Arzneimittel sind eine wichtige Errungenschaft. Kranke Tiere müssen behandelt werden. Doch in der Umwelt...
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