Veröffentlichung des Berichts zum EU Rechtsrahmen für Tierarzneimittel zur Verbesserung des Umweltschutzes

Die Verfügbarkeit von wirksamen Tierarzneimitteln zur Behandlung von Krankheiten bei Nutztieren ist unerlässlich um die Tiergesundheit und den Tierschutz zu gewährleisten. Krankheitsfördernde Bedingungen in der Tierhaltung haben jedoch zu einer Abhängigkeit von Tierarzneimitteln in der Tierproduktion geführt, die eine unangemessene Belastung der Umwelt mit Arzneimitteln und unbeabsichtigten Risiken für Ökosysteme und die menschliche Gesundheit zur Folge hat.

PAN Germany hat in der Vergangenheit immer wieder auf die Auswirkungen von Tierarzneimitteln in der Umwelt und zentrale Defizite der Gesetzgebung aufmerksam gemacht. Während des langwierigen Aushandlungsprozess für den neuen Rechtsrahmen für Tierarzneimittel hat PAN Germany wiederholt Nachbesserungen gefordert, damit Umwelt und menschliche Gesundheit wirksam vor schädlichen Auswirkungen von Tierarzneimitteln in Zukunft besser geschützt werden.

Der von PAN Germany kürzlich veröffentlichte Bericht „Monitoring des EU Rechtsrahmens für Tierarzneimittel zur Verbesserung des Umweltschutzes“ bewertet den neuen EU-Rechtsrahmen für Tierarzneimittel (Verordnung (EU) 2019/6 und Verordnung (EU) 2019/4) und seine Implementierung im Hinblick auf einen umfassenden Umweltschutz. Der Bericht wurde auf Deutsch und auf Englisch veröffentlicht, dient allen Interessierten zur Einordnung der aktuellen Situation und gibt einen Ausblick auf weiteren Handlungsbedarf.

Einigen von PAN Germany identifizierten zentralen Defiziten wird im neunen EU-Rechtsrahmen für Tierarzneimittel Rechnung getragen, trotzdem bleibt des neue Regelwerk nach Meinung von PAN Germany hinter seinen Möglichkeiten zurück und wird der dringenden Notwendigkeit eines Systemwechsels in der Tierproduktion hin zu einem gesundheitsorientierten System nicht gerecht. Die Neuregelung hat zum Teil vorhandene Potentiale nicht genutzt, um die Abhängigkeit von Tierarzneimitteln zu reduzieren, Wissen über den Einsatz, den Verbleib und die Umweltauswirkungen von Tierarzneimitteln zu generieren sowie Antibiotikaresistenzen wirksam zu bekämpfen.

Um einen umfassenden Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit vor den schädlichen Auswirkungen von Tierarzneimitteln in Zukunft gewährleisten zu können, sind deshalb alle Beteiligten – Arzneimittelhersteller*innen, Betreiber*innen von Vieh- und Aquakulturbetrieben, Tierärzt*innen, Verbraucher*innen, Vermarkter*innen und politische Entscheidungsträger*innen – aufgerufen, einen Beitrag zur Verringerung der Umweltbelastungen zu leisten.




Dringender Handlungsbedarf in der Tierproduktion um Antibiotikaresistenzen zu stoppen

Hamburg, 23.11.2022. Pressemitteilung. Antibiotika zur Behandlung von Infektionen sind aus der modernen Medizin nicht wegzudenken. Aber die zunehmende Entwicklung und Verbreitung von Antibiotikaresistenzen sind ein Problem mit nicht absehbarem Ausmaß. Anlässlich der europäischen Antibiotika Woche 2022 warnt PAN Germany, die Bedeutung des regelmäßigen Einsatzes von Antibiotika in der Tierproduktion nicht zu unterschätzen, und mahnt, dem „One-Health“-Ansatz Rechnung zu tragen, um die Pandemie der Antibiotikaresistenz erfolgreich zu bekämpfen.

Infektionen mit antibiotikaresistenten Keimen bei Menschen und die damit in Verbindung gebrachten Todesfälle nehmen deutlich zu. Das Robert-Koch-Institut (RKI) warnt bereits vor einer „schleichende Pandemie“.[1] Laut dem Institut für Health Metrics und Evaluation (IHME) sind rund 1,3 Millionen Todesfälle jährlich direkt auf antimikrobielle Resistenzen zurückzuführen, davon knapp 9.700 Todesfälle pro Jahr in Deutschland.

Wenn Antibiotika bei der Aufzucht und Mast von lebensmittelliefernden Tieren zum Einsatz kommen, können sie entlang ihres gesamten Lebenszyklus – von der Produktion, über den Einsatz, bis hin zur Entsorgung –  in die Umwelt gelangen. In freien Aquakulturen gehen bis zu 75 % der eingesetzten Antibiotika in die Umgebung verloren.[2] Wirkstoffrückstände können sich in Pflanzen und Nichtzieltieren anreichern, negative Wirkungen auf Ökosysteme haben und Gewässer und Lebensmittel, einschließlich Trinkwasser, kontaminieren. Da jede antimikrobielle Dosis die Resistenzentwicklung fördert, tragen Tier-Antibiotika in der Umwelt ebenfalls dazu bei, dass sich antimikrobielle Resistenzen schneller entwickeln und verbreiten.

Der Einsatz von Antimikrobiotika wie Antibiotika gehört heute zur gängigen Praxis in der Behandlung von Infektionen bei Nutztieren. Allerdings werden Arzneimittel in der Tierproduktion auch missbräuchlich eingesetzt, um wirtschaftliche Praktiken aufrechtzuerhalten, die Profit über Umwelt, menschliche Gesundheit und Tierwohl stellen. Stress durch wenig Platz und Bewegungsmangel, unangemessene Futtermittel, Hochleistungsansprüche, frühes Absetzen der Jungtiere und mangelnde Hygiene können nachweislich die Gesundheit der Nutztiere negativ beeinflussen. Tamara Gripp, Referentin für Landwirtschaft und Umwelt bei PAN Germany, sagt dazu: „Es ist jetzt an der Zeit, ein gesundheitsorientiertes System in der Tierproduktion zu schaffen, das Tierwohl und Gesunderhaltung in den Vordergrund stellt und eine verantwortungsvolle Reduktion des Antibiotikaeinsatzes ermöglicht. Das ist im Sinne der Ziele der EU „Farm to Fork“-Strategie (vom Hof auf den Tisch), ein faires, gesundes und umweltfreundliches Lebensmittelsystem zu erreichen, und im Sinne des One-Health-Ansatzes für einen gemeinsamen Kampf gegen Antibiotikaresistenz.“

Der gemeinsam von PAN Germany und Healthcare without harm (HCWH) Europe Anfang des Jahres veröffentlichte Bericht „Tierarzneimittel in der europäischen Lebensmittelproduktion: Perspektiven für die Umwelt, die öffentliche Gesundheit und den Tierschutz“ zeigt Tendenzen beim Einsatz von Tierarzneimitteln, verdeutlicht die Auswirkungen von Tierarzneimitteln auf Umwelt, öffentliche Gesundheit und Tierwohl und stellt die wichtigsten rechtlichen Änderungen bei der Verwendung von Tierarzneimitteln durch den neuen EU-Rechtsrahmen für Tierarzneimittel vor.[3] Zudem gibt der Bericht Empfehlungen für den Lebensmittelsektor für ein gesundheitsorientiertes System und eine verantwortungsvolle Verwendung von Tierarzneimitteln.

Kontakt:

Tamara Gripp, MSc. Environmental Management
Referentin Landwirtschaft / Umwelt (Advisor Agriculture / Environment)

E-Mail: tamara.gripp@pan-germany.org

[1] Pressemitteilung RKI (18.10.2022) https://www.rki.de/DE/Content/Service/Presse/Pressemitteilungen/2022/06_2022.html

[2] Grigorakis, K. et al. (2011) Aquaculture effects on environmental and public welfare. www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0045653511008344

[3] PAN Germany & HCWH Europe (2022) Tierarzneimittel in der europäischen Lebensmittelproduktion: Perspektiven für die Umwelt, die öffentliche Gesundheit und den Tierschutz. https://pan-germany.org/download/bericht-tierarzneimittel-in-der-europaeischen-lebensmittelproduktion/




Verbesserungen in der Umweltprüfung für Tierarzneimittel müssen jetzt umgesetzt werden

Hamburg, 08.09.2022. Pressemitteilung. Die Europäische Verordnung über Tierarzneimittel verpflichtet die EU-Kommission, dem EU-Parlament und dem EU-Rat bis zum 28. Januar 2022 einen Bericht zur Durchführbarkeitsstudie über ein Monographiesystem und andere mögliche Alternativen für die Umweltverträglichkeitsprüfung von Tierarzneimitteln vorzulegen. Dies ist bis heute nicht geschehen, kritisieren PAN Germany, Health Care Without Harm Europe, die Deutsche Umwelthilfe, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland und Huize Aarde in einem offenen Brief an die EU-Kommission. Die Verbände unterstreichen die Dringlichkeit für die zeitige Einführung eines wirkstoffbasierten Monographiesystems für die Umweltverträglichkeitsprüfung von Tierarzneimitteln als auch von Humanarzneimitteln und fordern die EU-Kommission auf, den Prozess nicht weiter zu verzögern.

Im Oktober 2021 kam eine von der EU-Kommission in Auftrag gegebene Studie zu dem Schluss, dass ein Monographiesystem für Tierarzneimittel gerechtfertigt, verhältnismäßig und langfristig wahrscheinlich auch finanzierbar wäre. Es würde unter anderem den strategischen Ansatz der EU für Arzneimittel in der Umwelt und den Ansatz des Europäischen Green Deals „ein Wirkstoff – eine Bewertung“ unterstützen.

Das geforderte Monographiesystem würde die im Rahmen der Risikobewertung gesammelten Daten bündeln: Das System würde die Gefahrendaten für die Umweltrisikobewertungen optimieren und die Umweltrisikobewertungen konsolidieren, das Wissen über relevante Umweltrisiken verbessern, Doppelprüfungen vermeiden und dem 3-R-Prinzip (Replacement, Reduction und Refinement) entsprechen. Die Studie hat auch ergeben, dass durch ein solches System der behördliche Verwaltungsaufwand verringert würde.

Dennoch hat die EU-Kommission den Termin am 28. Januar 2022 für eine Berichtsveröffentlichung nicht eingehalten. Sieben Monate später gibt es immer noch keinen klaren Zeitplan. Tamara Gripp, Referentin für Landwirtschaft und Umwelt bei PAN Germany, sagt dazu: „Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie zeigen eindeutig die Vorteile der Einführung eines wirkstoffbasierten Überprüfungssystems in Form eines Monographiesystems für die Umweltverträglichkeit von Tierarzneimitteln. Die Europäische Kommission muss jetzt ihrer rechtlichen Verpflichtung nachkommen und die Unsicherheiten bezüglich des Umweltschutzniveaus im gegenwärtigen System beseitigen. Dies gilt auch für Humanarzneimittel.“

Aktuell wird der EU Rechtsrahmen für Humanarzneimittel überarbeitet. Ein Regulierungsvorschlag wird für Ende 2022 erwartet. Die unterzeichnenden Organisationen weisen in ihrem gemeinsamen Brief ausdrücklich darauf hin, dass der Wert eines wirkstoffbasierten Monographiesystems in einem breiteren politischen Kontext zu betrachten ist und nicht die Chance vertan werden darf, dieses auch für die Umweltverträglichkeitsprüfung von Humanarzneimitteln einzusetzen. Im Sinne der Harmonisierung der Gesetzgebungen, und weil in der Human- und Tiermedizin zum Teil dieselben Wirkstoffe eingesetzt werden, sollten unterschiedliche Systeme vermieden werden.

 

 

Kontakt:

Tamara Gripp, MSc. Environmental Management
Referentin Landwirtschaft / Umwelt

E-Mail: tamara.gripp@pan-germany.org




Dokumentation: Tierarzneimittel im Spannungsfeld zwischen Gesundheits-, Tier- und Umweltschutz

Arzneimittel sind eine wichtige Errungenschaft zur Behandlung von Infektionskrankheiten – bei Menschen und Tieren. Aber Tierarzneimittel werden in der Tierproduktion zum Teil missbräuchlich eingesetzt, um die Folgen mangelhafter Praktiken zu kompensieren. Wenn sie in die Umwelt gelangen, können sie Organismen und Ökosysteme gefährden. Außerdem trägt der Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung zum Problem der Resistenzbildung bei, von dem auch die menschliche Gesundheit betroffen ist.

Seit dem 28.01.2022 gelten durch die EU-Tierarzneimittelverordnung und das deutsche Tierarzneimittelgesetz neue Vorgaben. Unter anderem dürfen antimikrobielle Mittel nicht mehr als Kompensation für mangelnde Hygiene oder schlechtes Betriebsmanagement eingesetzt werden. Der Verkauf von Antimikrobiotika (u.a. Antibiotika) für Nutztiere im Stall und in der Aquakultur soll bis 2030 um 50 % gesenkt werden. Weitere Verschärfungen betreffen Arzneimittel, die besonders umweltgefährlich sind.

Um die neuen Rechtsvorgaben einzuhalten, braucht es systemische Veränderungen in der Tierproduktion hin zu einem gesundheitsorientierten System, das die Erhaltung der Gesundheit von Tieren, Menschen und Umwelt in den Mittelpunkt stellt und eine verantwortungsvolle Verwendung von Tierarzneimitteln ermöglicht.

Wie sieht ein gesundheitsorientiertes System aus? Wie sehen alternative Konzepte für die Tierhaltung aus? Wie kann eine Haltungskennzeichnung sinnvoll gestaltet werden? Diese Fragen hat PAN Germany in einem Mittagstalk aufgegriffen.

Die Aufzeichnung der Veranstaltung ist online verfügbar (Video).
Die Fachvorträge stehen zusammengefasst in einer (PDF-Datei) zum Download bereit.

Inputs:

Mehr Umwelt-, Gesundheits- und Tierschutz – Wie kann eine gesundheitsorientierte Transformation gelingen?
Tamara Gripp, Referentin für Landwirtschaft und Umwelt bei PAN Germany

Ergebnisse zum Tierwohl aus dem MuD-Projekt „Hühnermast im Mobilstall“
Sandra Kronenberg, Fachhochschule Südwestfalen, FB Agrarwirtschaft, Soest

Gesetzlich verpflichtende Haltungskennzeichnung – das Instrument für Transparenz und für den Wandel hin zu einer wertschätzenden Form der Tierhaltung
Anne Hamester, Fachreferentin für Nutztiere bei PROVIEH

 

Gemeinsamer Bericht von Healthcare without harm (HCWH) Europe und PAN Germany

Dokumentation Mittagstalk „Tierarzneimittel im Spannungsfeld zwischen Gesundheits-, Tier- und Umweltschutz“




Neuer Bericht verdeutlicht: Umwelt-, Gesundheits- und Tierschutz verlangen nach einem Systemwechsel in der Lebensmittelproduktion

PRESSEMITTEILUNG
Hamburg, 03.02.2022. Arzneimittel sind eine wichtige Errungenschaft als Instrument in der Behandlung von Infektionskrankheiten – bei Menschen und Tieren. Tierarzneimittel werden jedoch in der Tierproduktion häufig missbräuchlich bzw. vermeidbar eingesetzt, um die Folgen mangelhafter Haltungsformen und Praktiken zu kompensieren. Der heute gemeinsam von PAN Germany und Healthcare without harm (HCWH) Europe veröffentlichte Bericht „Tierarzneimittel in der europäischen Lebensmittelproduktion: Perspektiven für die Umwelt, die öffentliche Gesundheit und den Tierschutz“ erläutert Tendenzen beim Einsatz von Tierarzneimitteln, verdeutlicht die Auswirkungen von Tierarzneimitteln auf Umwelt, öffentliche Gesundheit und Tierwohl und stellt die wichtigsten rechtlichen Änderungen bei der Verwendung von Tierarzneimitteln durch den neuen EU-Rechtsrahmen vor. Zudem gibt der Bericht Empfehlungen für den Lebensmittelsektor, um sich auf ein gesundheitsorientiertes System, das eine verantwortungsvolle Verwendung von Tierarzneimitteln ermöglicht, umzustellen und damit die Ziele der EU-Strategie „Farm to Fork“ (vom Hof auf den Tisch) für ein faires, gesundes und umweltfreundliches Lebensmittelsystem zu erreichen.

Seit dem 28.01.2022 sind die neuen Bestimmungen und Vorgaben durch die EU-Tierarzneimittelverordnung und das deutsche Tierarzneimittelgesetz allgemein gültig. Unter anderem dürfen Antimikrobielle Mittel nun nicht mehr als Kompensation für mangelnde Hygiene, unzureichende Tierhaltung oder schlechtes Betriebsmanagement eingesetzt werden. Außerdem ist eine Reduzierung des Verkaufs von Antimikrobiotika für Nutztiere im Stall und in der Aquakultur um 50 % bis 2030 vorgesehen. Im Sinne eines verbesserten Umweltschutzes kann nun ein nicht-tragbares Risiko eines Tierarzneimittels für die Umwelt zu einem Abgabeverbot führen. Außerdem kann eine Prüfung für potenziell umweltgefährliche Alt-Arzneimittel veranlasst werden.

Tamara Gripp, Referentin für Landwirtschaft und Umwelt bei PAN Germany sagt dazu: „Weiter wie bisher, geht es in der Nutztierhaltung nun nicht mehr! Um die neuen Rechtsvorgaben einzuhalten, brauchen wir systemische Veränderungen in der tierischen Lebensmittelproduktion hin zu einem gesundheitsorientierten System. Die Erhaltung der Tiergesundheit darf sich nicht auf Tierarzneimittel allein stützen, sondern muss auf verbesserten Haltungsbedingungen fundieren, durch die das artgerechte Verhalten der Tiere, eine Verringerung ihres Stresspegels und eine Steigerung des Tierwohls insgesamt sicher gestellt werden.“ Darüber hinaus seien Maßnahmen im Bereich Hygiene sowie Beratung zu intensivieren und die Umsetzung der Maßnahmen müsse überprüfbar gestaltet sein, so die Agrar-Expertin.

Healthcare without harm (HCWH) Europe und PAN Germany setzen sich seit Jahren für strengere Regelungen zur Bekämpfung der Umweltbelastung durch (Tier-)Arzneimittel ein, mit dem Ziel, die Umwelt und die Gesundheit der Menschen zu schützen ohne das Tierwohl zu gefährden. Die Zusammenarbeit dieser Organisationen spiegelt den „One Health“-Ansatz wider, der anerkennt, dass die menschliche Gesundheit, Tiergesundheit und die Umwelt miteinander verknüpft sind und eine interdisziplinäre Zusammenarbeit notwendig ist, um die Gesundheit von Menschen, Tieren und Umwelt nachhaltig zu gewährleisten.

Pressekontakt:
Tamara Gripp, MSc. Environmental Management
Referentin Landwirtschaft / Umwelt (Advisor Agriculture / Environment)
PAN Germany – Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (Pesticide Action Network Germany)
Nernstweg 32
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Mehr Tierwohl im Stall, um die Wirksamkeit von Antibiotika zu bewahren

Pressemitteilung. Hamburg, 18.11.2021. Für die Behandlung von bakteriellen Infektionskrankheiten sind Antibiotika unverzichtbar. Eine Gefahr für die Gesundheit von Mensch und Tier lauert, wenn Antibiotika ihre Wirksamkeit verlieren. Vor diesem Hintergrund ist besonders der regelmäßige Einsatz sogenannter Reserveantibiotika für die Humanmedizin in der Tiermedizin kritisch zu betrachten. Zur Europäischen Antibiotikawoche macht PAN Germany deutlich, dass eine verantwortungsvolle Reduktion des Antibiotikagebrauchs in der Tierproduktion nur durch einen umfassenden Paradigmenwechsel in der Tierhaltung zu Gunsten des Tierwohls erreicht werden kann. Im Verbund mit anderen Verbänden veröffentlicht PAN Germany daher heute den gemeinsamen Antibiotika-Appell für stärkere Regulierung (in) der Tierhaltung.

Die Resistenzbildung gegen Antibiotika ist ein natürlicher Prozess, der durch übermäßigen und unkritischen Einsatz von Antibiotika beschleunigt wird. In der EU verursachen Infektionen durch Erreger mit antimikrobiellen Resistenzen schon heute schätzungsweise 33.000 Todesfälle pro Jahr mit steigender Tendenz.[i] Ohne ein Eingreifen ist ein Anstieg dieser Todesfälle bis 2050 auf 390.000 pro Jahr in Europa und 10 Millionen weltweit anzunehmen.[ii] Resistenzen lassen sich im menschlichen Organismus, in der Umwelt und entlang der Produktion tierischer Erzeugnisse nachweisen. Somit ist auch die Tierproduktion in der Pflicht, Vorsorge zu betreiben und sich bei der Bekämpfung von Antibiotikaresistenz entschlossen zu engagieren.

Mit der neuen EU-Verordnung über Tierarzneimittel wird der Einsatz von Antibiotika zur Kompensation von Haltungsfehlern nicht mehr zulässig sein. Um dieser Vorgabe in der Praxis Rechnung zu tragen, ist ein Paradigmenwechsel in der Tierproduktion und -haltung dringend erforderlich. Maßnahmen und Vorschriften zur Verbesserung der Tierhaltung und zum Erhalt der Tiergesundheit müssen in großem Umfang umgesetzt werden. Tamara Gripp, Referentin für Landwirtschaft und Umwelt bei PAN Germany, appelliert: „Tiergesundheit und Tierwohl müssen zusammen gedacht werden. Dazu gehört auch, kranke Tiere ausreichend zu behandeln. Die effektivste Maßnahme, um den Einsatz von Tierarzneimitteln zu reduzieren ist allerdings, Erkrankungen zu vermeiden. Nur durch eine konsequente Umsetzung von tierwohlfördernden Haltungs- und Zuchtmaßnahmen, kann die Tiergesundheit präventiv erhalten und der Bedarf an Medikamenten wie Antibiotika in der Tierproduktion verantwortungsvoll reduziert werden.“

Besonders bedenklich ist der standardmäßige Einsatz von Antibiotika, die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als „mit besonderer Bedeutung für die Therapie beim Menschen“ (Critically Important Antimicrobials for Human Medicine) anerkannt wurden. Zu den Antibiotika mit „höchster Priorität für den Menschen“ (CIA HP) gehört u.a. das Polypeptid Colistin, das vielfach in der Schweinemast zum Einsatz kommt.[iii] Mit dem neuen EU-Tierarzneimittel-Recht soll der Gebrauch dieser für den Menschen so wichtigen Antibiotikagruppe endlich streng reguliert werden. Gemeinsam mit anderen Verbänden unterstützt PAN Germany den human- und veterinärmedizinischen Appell an die Europäische Kommission und die zuständigen Ministerien der Mitgliedstaaten, ein klares Zeichen zu setzten und den Antibiotikaeinsatz in der Tierproduktion stärker zu regulieren. Die Kernforderung  des Appells ist, dass die als CIA HP eingestufte Antibiotika für die Einzeltierbehandlung gänzlich ausgeschlossen werden sollen. Außerdem soll im Zuge der Ausgestaltung der neuen EU Tierschutzgesetzgebung sowie nationaler Prozesse zur Umgestaltung der Tierhaltung der Fokus insbesondere auf den Aspekt der Tiergesundheit über Zucht, Haltung und Fütterung gesetzt werden.

Wichtigste Antibiotika bewahren – stärkere Regulierung (in) der Tierhaltung! Ein human- und veterinärmedizinischer Appell! https://pan-germany.org/download/gemeinsamer-antibiotika-appell-staerkere-regulierung-in-der-tierhaltung/

Mehr Informationen zum Thema unter https://pan-germany.org/tierarzneimittel-uebersicht/

 

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Tamara Gripp, MSc. Environmental Management
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E-Mail: tamara.gripp@pan-germany.org

[i] OECD (2019) Antimicrobial resistance. Tackling the burden in the European Union. https://www.oecd.org/health/health-systems/AMR-Tackling-the-Burden-in-the-EU-OECD-ECDC-Briefing-Note-2019.pdf

[ii] AMR review (2016) Tackling drug resistant infections globally. Report and recommendations. https://amr-review.org/sites/default/files/160518_Final%20paper_with%20cover.pdf

[iii] WHO (2018) Critically important antimicrobials for human medicine, 6th revision. https://apps.who.int/iris/bitstream/handle/10665/312266/9789241515528-eng.pdf




Wirksamkeit von Antibiotika bewahren

Krankheitserreger sind zunehmend resistent gegenüber Antibiotika. Zum Erhalt der Wirksamkeit von Antibiotika müssen die Human- und die Tiermedizin Beiträge leisten.  Im EU-Parlament steht die Abstimmung über einen zentralen Rechtsakt an, der die neue EU-Tierarzneimittelverordnung (Verordnung (EU) 2019/6) präzisieren soll. Die Novellierung der Verordnung hatte PAN Germany intensiv begleitet. Einer Ihrer Zwecke ist, die EU Kampagne gegen antimikrobielle Resistenz zu stärken. Dazu zählt auch die Möglichkeit, bestimmte antimikrobielle Wirkstoffe nur den Menschen vorzubehalten.

Zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Wirksamkeit von Antibiotika, soll der nun vorgelegte Rechtsakt definieren, welche Antibiotika zukünftig ausschließlich in der Humanmedizin angewendet werden und nicht mehr in Tierställen eingesetzt werden dürfen. Hierüber wird hitzig gestritten und in der Debatte traten Ungenauigkeiten in den rechtstexten zu Tage. Gegen den Rechtsakt wurde Einspruch erhoben und solle noch einmal überarbeitet werden. Am 15. September 2021 wird das EU-Parlament hierüber entscheiden.

In einem gemeinsamen Hintergrundpaper bemühen sich neun Verbände um Klarheit in der laufenden Debatte.




Hintergrundpapier Safeguard vital Antimicrobials for Human Health

Krankheitserreger sind zunehmend resistent gegenüber Antibiotika. Zum Erhalt der Wirksamkeit von Antibiotika müssen die Human- und die Tiermedizin Beiträge leisten. Vor dem Hintergrund der Debatte über Antibiotika, die der Humanmedizin vorbehalten und nicht mehr in Tierstellen eingesetzt werden sollen, bemüht sich das gemeinsame Hintergrundpaper um Klarheit in der laufenden Diskussion über einen neuen Rechtsakt




Aufruf an das EU-Parlament: für Menschen überlebenswichtige Antibiotika nicht in Tierställen einsetzen

Acht Organisationen aus Humanmedizin, Umwelt- und Tierschutz fordern in einem gemeinsamen Schreiben das EU-Parlament Änderungen am Entwurf eines zentralen Rechtsakts der EU-Tierarzneimittelverordnung vorzunehmen, um die Wirksamkeit von Antibiotika für den Menschen zu sichern und die weitere Ausbreitung von Resistenzen gegen Antibiotika zu stoppen.

Die Verbände sehen es als dringend geboten, dass Antibiotika, die von der Weltgesundheitsorganisation WHO als Wirkstoffe mit höchster Priorität für Menschen – sogenannte „highest prioritiy critically important antimicrobials“ – eingestuft werden, ausschließlich in der Humanmedizin eingesetzt werden sollten. Die Verbände erheben damit ihre Stimme in der Debatte um die Festsetzung von Kriterien zur Identifizierung von Antibiotika, die für die humanmedizinische Anwendung unverzichtbar sind und daher der Behandlung von Menschen vorbehalten bleiben sollten.

Hintergrund des Verbändeschreibens ist die laufende Konkretisierung der neuen EU-Tierarzneimittelverordnung. Hier befindet sich derzeit ein zentraler Rechtsakt in der Prüfung durch den Umwelt-Ausschuss des EU-Parlaments. Dessen Votum wird maßgeblich für die endgültige Entscheidung sein.

Die mitzeichnenden Organisationen in alphabetischer Reihenfolge: Ärzte gegen Massentierhaltung, Cystic Fibrosis Europe, Deutsche Umwelthilfe, Germanwatch, Greenpeace Deutschland, Mukoviszidose – Bundesverband Cystische Fibrose, Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany), Tierärzte für verantwortbare Landwirtschaft.

Gemeinsames Schreiben der Verbände vom 6.7.2021




Anhörung im EU-Parlament: Bürger*innen fordern ein Ende der Käfighaltung von Nutztieren

1,4 Millionen EU-Bürger*innen haben die Bürgerinitiative (ECI) „End the Cage Age“ unterstützt und damit einen Stein ins Rollen gebracht für eine bessere Tierhaltung in Europa. Heute, am 15. April 2021, fand hierzu eine öffentliche Anhörung im Agrar- und Petitionsausschuss des EP-Parlaments statt, die live übertragen und aufgezeichnet wurde.

Die 1,4 Millionen Bürger*innen aus allen EU-Mitgliedsstaaten, die die ECI unterstützt haben, wollen nicht länger hinnehmen, dass Hunderte Millionen von Nutztieren in der EU den größten Teil ihres Lebens in Käfigen und engen Boxen gehalten werden. Käfighaltung ignoriert die Grundbedürfnisse der Tiere. Die Europäische Union muss nun aktiv werden, um diese nicht artgerechte und vielfach krankmachende Behandlung von Nutztieren zu beenden und entsprechende Rechtsvorschriften auf den Weg zu bringen. Gefordert wird insbesondere eine entsprechende Überarbeitung der EU-Tierschutzrichtline von 1998.

Die Enge, die in den Käfigen und Boxen herrscht, hindert die Tiere daran, ihre grundlegendsten Bedürfnisse auslegen zu können. Sie führt zu Leid und begünstigt die Ausbreitung von Krankheiten und führt somit zu einem erhöhten Einsatz an Tierarzneimitteln wie Antibiotika. Eine artgerechte Tierhaltung ist wesentlich, um Leid von Tieren abzuwenden, sowie dem Problem sich ausbreitender Antibiotikaresistenzen und Belastungen der Umwelt mit Tierarzneimitteln zu begegnen.

Die Bürgerinitiative (ECI) „End the Cage Age“ wurde von der NGO „Compassion in World Farming“ aus UK gestartet, die sich seit über 50 Jahren gegen die Industrialisierung der Nutztierhaltung stemmt.

 

Weitere Informationen:

Aufzeichnung der öffentlichen Anhörung im Agrar- und Petitionsausschuss des EP-Parlaments vom 14.4.21

Europäische Bürgerinitiative „End the Cage Age“

Compassion in World Farming: End the Cage Age

PAN Germany Publikationen zu Tierarzneimtteln & Tierhaltung