Veranstaltungsreihe: Chemiepolitische Mittagstalks 2025

November 2025 | Jeden Donnerstag | 12-13 Uhr | online
6.
November | 13. November | 20. November | 27. November

Programm & Anmeldung

Chemikalien sind allgegenwärtig. Die Verschmutzung durch Chemikalien und Plastik gilt inzwischen – neben dem Klimawandel und dem Verlust der biologischen Vielfalt – als die dritte große planetare Umweltkrise. Diese drei Krisen sind nicht getrennt voneinander zu betrachten: Sie bedingen, verstärken und beschleunigen sich gegenseitig. Chemisch-synthetische Pestizide tragen hierzu bei.

Da Chemikalien über Flüsse, Meeresströmungen und atmosphärische Transporte weite Strecken zurücklegen, kennen sie keine Grenzen. Ihre Regulierung darf daher nicht an nationalen Grenzen Halt machen. Wir brauchen konsequente Regeln auf allen politischen Ebenen – von der EU bis zu einem starken internationalen Chemikalienmanagement im Rahmen des Global Framework on Chemicals (GFC).

In den chemiepolitischen Mittagstalks 2025 widmen wir uns der Frage, wie Chemikalien in der Umwelt wirken, wo sie überall nachweisbar sind und welche Konsequenzen das für Mensch und Natur hat.

Wir, das sind neben dem Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany), der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, European Network for Environmental Medicine, das Forum Umwelt & Entwicklung, Health and Environment Justice Support und Women Engage for a Common Future (WECF). Zusammen engagieren wir uns für einen besseren Schutz der Umwelt und Gesundheit vor Belastungen mit Chemikalien –international auf europäischer und deutscher Ebene.

Hier finden Sie ausführliche Informationen zu der Veranstaltungsreihe sowie zur Anmeldung. (Es ist möglich, nur an einzelnen Mittagstalks teilzunehmen.)

Die Themen der einzelnen Veranstaltungen:

  • Talk 1 | 6. November | 12:00-13:00 Uhr
    Belastete Böden – ein Umweltproblem unter unseren Füßen
  • Talk 2 | 13. November | 12:00-13:00 Uhr
    Verschmutztes Wasser – wie zunehmende Chemikalienverschmutzung unser Trinkwasser gefährdet
  • Talk 3 | 20. November | 12:00-13:00 Uhr
    Wenn die Luft zum Atmen belastet ist – Chemikalien und Luftverschmutzung
  • Talk 4 | 27. November | 12:00-13:00 Uhr
    Machen uns Chemikalien krank? Gesundheitsauswirkungen einer zunehmenden Chemikalienbelastung

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Deutsche Umwelthilfe klagt gegen Zulassungen von TFA-bildenden Pestiziden

Giftige Ewigkeitschemikalie im Grund- und Trinkwasser: Deutsche Umwelthilfe reicht Klagen gegen Zulassungen von TFA-bildenden Pestiziden ein

  • DUH klagt mit fachlicher Unterstützung von PAN Germany gegen Zulassungen von TFA-bildenden Pestiziden Banjo, Brodal und Luna Experience
  • TFA verschmutzt Grundwasser und gilt als fortpflanzungsgefährdend: Ewigkeitschemikalie in 78 Prozent der Grundwassermessstellen in Deutschland
  • DUH fordert von Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit die Aufhebung aller Zulassungen für TFA-bildende Pestizide

Berlin, 22.10.2025: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat mit fachlicher Unterstützung des Pesticide Action Network (PAN) drei Klagen vor dem Verwaltungsgericht Braunschweig auf Zulassungswiderruf für die Pestizide Banjo, Brodal und Luna Experience eingereicht. Die drei Pestizidmittel bilden Trifluoressigsäure (TFA), das sich im Grund- und Trinkwasser ausbreitet. Neue Studien deuten auf erhebliche Gesundheitsrisiken durch TFA hin. Messungen der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft LAWA haben bereits in 78 Prozent aller Grundwassermessstellen in Deutschland TFA nachgewiesen – teils in extrem hohen Konzentrationen. Die DUH fordert das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit auf, sämtliche Zulassungen für TFA-bildende Pestizide zu überprüfen und aufzuheben.

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Mit diesen drei Musterklagen weiten wir unser Vorgehen gegen hochgiftige Pestizide aus, die für Ewigkeitschemikalien in Grund- und Trinkwasser verantwortlich sind. Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse weisen nach, wie gefährlich TFA ist. Der Schutz unserer lebenswichtigen Wasserressourcen und damit unserer Gesundheit darf nicht weiter aufgeschoben werden. Wir erhöhen deshalb den Druck und gehen rechtlich gegen die Zulassungen der TFA-bildenden Pestizide Banjo, Brodal und Luna Experience vor – für den Schutz unserer Gesundheit und der Umwelt.“

Peter Clausing, Toxikologe, PAN Germany: „TFA ist ein extrem persistentes Abbauprodukt von PFAS-Pestiziden. In den behördlich geforderten Tierversuchen wurden Missbildungen (Fehlbildungen) bei Nachkommen beobachtet, insbesondere Augenschäden, die letztendlich zur Erblindung führen. Das Pestizidrecht verlangt, solche neuen Befunde zu berücksichtigen, was im konkreten Fall zu einem Verbot der Pestizide führen muss, für die TFA als Abbauprodukt nachgewiesen ist. Zum Schutz unserer Kinder vor lebenslangen Gesundheitsschäden und zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit sauberem Trinkwasser fordern wir, TFA-freisetzende Pestizide umgehend vom Markt zu nehmen.“

Hintergrund:
Die in Pestizidprodukten wie Banjo, Brodal und Luna Experience enthaltenen Wirkstoffe Fluazinam, Diflufenican und Fluopyram gehören zu den per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) und werden als Fungizide und Herbizide unter anderem in diversen Ackerbaukulturen und teilweise im Weinbau verwendet. Das Abbauprodukt von vielen PFAS-Pestiziden ist die Chemikalie TFA. TFA (Trifluoressigsäure) ist hochbeständig, sehr mobil und überschreitet bereits heute an zahlreichen Grundwassermessstellen den für das Grundwasser geltenden Grenzwert von 0,1 μg/l deutlich. Es gibt keine praktikablen Methoden, um TFA wieder aus der Umwelt und aus dem Trinkwasser zu entfernen. Für TFA wurde eine Einstufung als reproduktionstoxisch beantragt. Tierstudien deuten auf Fehlbildungen bei Nachkommen hin. Laut EU-Pestizidverordnung muss eine Zulassung zwingend entzogen werden, wenn Hinweise auf schädliche Auswirkungen auf Umwelt oder Gesundheit vorliegen. Zuletzt hat auch die dänische Zulassungsbehörde mehr als 20 Pflanzenschutzmittel wegen TFA-Bildung vom Markt genommen.

Zum Hintergrundpapier: https://l.duh.de/p251022

Kontakt:

  • Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer DUH 0171 3649170, resch@duh.de
  • Dr. Peter Clausing, Toxikologe, Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN Germany), 0176 43795932, peter.clausing@pan-germany.org

DUH-Newsroom:
030 2400867-20, presse@duh.de, www.duh.de




Umwelt in Bedrängnis

Am 29. September war es wieder so weit – die Europäische Umweltbehörde EEA veröffentlichte den Umweltzustandsbericht. Der Bericht „Europe’s environment 2025“ belegt: Sieben der insgesamt 35 untersuchten Bereiche zeigen tendenzielle Verschlechterungen, darunter die Bereiche Zustand der Biodiversität, Belastungen von Ökosystemen und Klima sowie die chemische Belastung und menschliche Gesundheit. In allen diesen Bereichen spielen Pestizidbelastungen eine bedeutende Rolle.

Der Bericht sendet einen deutlichen Appell an die Politik, dass Europa seinen Kurs in Bezug auf seine grünen Ambitionen beibehalten und die im Rahmen des Europäischen Grünen Deals (EGD) vereinbarten Umwelt- und Klimamaßnahmen umsetzen muss, um seine langfristige Vision „ein gutes Leben innerhalb der Grenzen unseres Planeten“ zu verwirklichen.

Der Umweltzustandsbericht der EEA erscheint alle fünf Jahre. Er wendet sich an die Entscheidungsträger in Europa und an die breite Öffentlichkeit, um aufzuzeigen, welche Ziele beim Schutz der Umwelt, des Klimas und der Nachhaltigkeit erreicht wurden, welche Defizite noch bestehen und welche Kurskorrekturen erfolgen sollten. Der Web-Bericht besteht aus drei sich ergänzenden Teilen: dem Bericht „Europe′s environment and climate: knowledge for resilience, prosperity and sustainability“, 35 themenspezifischen Briefings sowie 38 Länderprofilen.

Bereits im Vorwort des neuen Berichts weist EEA-Direktorin Leena Ylä-Mononen darauf hin, dass vor dem Hintergrund von spürbarer Klimakrise, technologischem Umbruch, geopolitischer Fragmentierung und militärischen Konflikten, die Grundlagen der internationalen Zusammenarbeit und der inneren Stabilität auf die Probe gestellt wird. Als Folge sind zunehmend die Themen Sicherheit, Vorsorge und Wettbewerbsfähigkeit in den Vordergrund der strategischen Agenda Europas gerückt. Wenig wahrgenommen wird, wie eng jede dieser Prioritäten mit ökologischer Nachhaltigkeit verflochten ist. So ist Europa für seine wirtschaftliche Sicherheit in hohem Maße von natürlichen Ressourcen abhängig, die durch den Klimawandel und die Umweltzerstörung unmittelbar bedroht sind.

Insgesamt bescheinigt der Bericht wichtige Fortschritte bei der Eindämmung des Klimawandels, während die Fortschritte bei der Verringerung der Umweltverschmutzung und beim Übergang zur Kreislaufwirtschaft unterschiedlich zu bewerten sind. Die größten Herausforderungen sehen die Expert*innen in der Verringerung des Verlusts der biologischen Vielfalt, der Zerstörung der Ökosysteme sowie in der Anpassung an den sich beschleunigenden Klimawandel.

Aufgrund anhaltender Belastungen durch nicht nachhaltige Produktions- und Konsummuster, insbesondere im Lebensmittelsystem, nimmt die biologische Vielfalt in den terrestrischen, Süßwasser- und Meeresökosystemen Europas ab. Was die bisherigen Trends angeht, so wurde das Ziel der EU-Biodiversitätsstrategie für 2020, den Verlust der biologischen Vielfalt zu stoppen und umzukehren, nicht erreicht. Umweltverschmutzung ist nach wie vor ein großes Risiko für die biologische Vielfalt und die Lebensräume in allen Ökosystemen. Neben Mikroplastik verweist der Bericht als relevante Verschmutzungsquelle auf Nährstoffeinträge und Pestizide, die in der Landwirtschaft eingesetzt werden.

Nur 37 % der europäischen Oberflächengewässer wiesen 2021 einen guten oder hohen ökologischen Zustand auf und nur 30% zeigten einen guten chemischen Zustand. Die Verschlechterung der aquatischen Ökosysteme bedroht die Wasserresilienz Europas.

Die Landwirtschaft ist für die größte Belastung sowohl der Oberflächengewässer als auch des Grundwassers verantwortlich. Durch das Auswaschen von Düngemitteln und Pestiziden wird die Wasserqualität verschlechtert, was zu übermäßigem Algenwachstum, Sauerstoffmangel und dem Verlust von Wasserlebewesen führt. Viele europäische Gewässer sind mit Per- und Polyfluoralkylstoffen – PFAS – kontaminiert, die über den EU-Grenzwerten liegen. Hingewiesen wird auch auf neue ins Zentrum der Besorgnis und Aufmerksamkeit gerückte Schadstoffe, wie Trifluoracetat (TFA), dessen diffuse Quellen u.a. PFAS-Pestizide sind (PAN Germany berichtete).

Was Pestizide betrifft, so wurden zwischen 2013 und 2021 an 10 bis 25 % aller Oberflächengewässer-Messstellen, die der EEA gemeldet wurden, eine oder mehrere Pestizidsubstanzen in Konzentrationen nachgewiesen, die über ihrer Wirkungsschwelle lagen – dem Wert, ab dem die Auswirkungen des Pestizids als schädlich gelten.

Zudem hält die Kontamination von Lebens- und Futtermitteln mit Pestizidrückständen an. Die Europäische Lebensmittelbehörde, EFSA schätzt, dass etwa 2,2 % der untersuchten Lebensmittel Pestizidwerte aufweisen, die nicht sicher sind.

10 % der vorzeitigen Todesfälle in Europa sind auf die Belastung durch verschmutzte Luft, Wasser und Böden, Lärm und schädliche Chemikalien zurückzuführen. Ein großer Teil der EU-Bevölkerung weisen unsichere Mengen an giftigen Chemikalien in ihrem Körper auf.

Bezogen auf die in der Farm to Fork Strategie geforderte Pestizidreduktion beschreibt der Bericht eine Abnahme des Einsatzes chemischer Pestizide seit dem Basiszeitraum 2015–2017, betont aber auch, dass dieser Rückgang noch nicht zu einer Verringerung der Pestizidkonzentrationen in Oberflächengewässern und Böden geführt hat. Dies kann aus PAN-Sicht daran liegen, dass der zugrunde gelegte „Harmonized Risk Indicator“ (HRI1) völlig ungeeignet ist, die tatsächliche Minderung von Pestizidanwendungen adäquat abzubilden (s. Erklärvideo von Global 2000). Die Landwirtschaft und ihre Produktionskapazität hängen von Ökosystemen und deren Funktionsweise ab. Der aufgezeigte Verlust der biologischen Vielfalt und die Umweltzerstörung – wie der Rückgang der Bestäuber (teilweise aufgrund von Pestiziden) sowie die Bodendegradation – geben Anlass zur Sorge hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit, so der Bericht. Die Degradation sei vorwiegend auf bestimmte landwirtschaftliche Praktiken selbst zurückzuführen. Die Intensivierung hat zu einer Abhängigkeit von chemischen Hilfsstoffen geführt, die in die Umwelt gelangen können. Diese Praktiken führen zum Verlust von Lebensräumen und zu einem schlechten Erhaltungszustand vieler naturnaher Lebensräume in der EU.

Mit Blick auf die PAN Arbeitsziele zeigt der EEA-Zustandsbericht deutlich: Hinsichtlich des Schutzes der Umwelt vor chemischer Verschmutzung durch Pestizide, der notwendigen Pestizidreduktion und des Ausbaus agrarökologischer Anbauverfahren in der Landwirtschaft, ist noch deutlich Luft nach oben.

PAN Germany hofft, dass der Bericht nicht nur in den Umweltressorts, sondern auch von Bundeslandwirtschaftsminister Rainer und seinen Länder-Kolleg*innen aufmerksam gelesen wird und Bestrebungen zur Verschlankung und Beschleunigung der Pestizidzulassung vor dem Hintergrund des Zustands unserer Umwelt und Natur noch einmal überdacht werden. Der Umweltzustandsbericht zeigt: Wir können Erfolge erzielen, doch dazu bedarf es einer inklusiven politischen Debatte und einem politischen Willen, nachhaltigere Lösungen für die gesamte Gesellschaft und zukünftige Generationen erreichen zu wollen.

 




Veranstaltungshinweis: EU-Konferenz zu Pestiziden, PFAS & Wasser

Anlässlich der dänischen EU-Ratspräsidentschaft findet am Donnerstag, 30. Oktober 2025 in Christiansborg (DK) und online die Konferenz: „Reducing Pesticides, Eliminating PFAS Pesticides, Protecting Water: Denmark Leads the EU Presidency 2025“ statt. Konferenzsprache ist Englisch.

Dänemarks Ansatz zur Pestizidreduktion durch die Besteuerung von Pestiziden sowie Dänemarks Vorstoß für ein nationales Verbot bestimmter PFAS-Pestizide sind wegweisend und dienen vielen als Vorbild.

Veranstaltet wird die Konferenz von Green Transition Denmark in Kooperation mit der Dänischen Gesellschaft für Naturschutz und dem Pesticide Action Network Europe.

Die Konferenz informiert und diskutiert Lösungen rund um die Themen: PFAS-Pestizide, TFA in Gewässern, Wirkung von Pestiziden auf Gesundheit und Biodiversität, Pestizidreduktion, Gewässerschutz in der Praxis und Regulierungen.

Zu den Referent*innen gehören:

  • Klaus Berend, Direktor der GD SANTE, EU Kommission,
  • Lisbeth E. Knudsen, Professorin für experimentelle Toxikologie,
  • Claus Vangsgaard, Seniorberater beim dänischen Wasser- und Abwasserverband,
  • Angeliki Lyssimachou, Leiterin Wissenschaft und Politik bei PAN Europe, und
  • Rune Gjengedal, Farmmanager auf dem Gut Hverringe.

Der Tag endet mit einer Podiumsdiskussion über nachhaltige Pflanzenschutzlösungen zum Wohle von Landwirtschaft, Verbraucher*innen und Umwelt sowie der Gelegenheit zum Networking.

📅 Wann: Thursday, 30 Oktober 2025, 11:30–15:30 (CET)
📍 Wo: Proviantsalen, Christiansborg und ONLINE
🌍 Konferenzsprache: Englisch

👉 Hier kostenlos registrieren (Registrierungsfrist bis 29.10.25 / 10:00 Uhr)
👉 Konferenz-Programm hier




TFA-bildende Pestizide: Deutsche Umwelthilfe stellt Antrag auf Zulassungswiderruf für drei Produkte

  • DUH geht mit fachlicher Unterstützung von PAN Germany gegen Zulassungen für Produkte Banjo, Brodal und Luna Experience vor
  • Hinweise auf Bildung von Trifluoressigsäure – Ewigkeitschemikalie verschmutzt das Grundwasser und gilt als potenziell fortpflanzungsgefährdend
  • DUH fordert Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) auf, sämtliche TFA-bildenden Pestizide schnellstmöglich vom Markt zu nehmen

Berlin, 25.8.2025: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat mit fachlicher Unterstützung der deutschen Sektion des Pesticide Action Network (PAN) Anträge auf Zulassungswiderruf für die Pestizidmittel Banjo, Brodal und Luna Experience gestellt. Alle Mittel enthalten Trifluoressigsäure (TFA) bildende Wirkstoffe und tragen zu Grenzwertüberschreitungen im Grundwasser bei. Messungen haben bereits in 78 Prozent aller Grundwasserbrunnen in Deutschland TFA nachgewiesen– teils in extrem hohen Konzentrationen.

Für TFA wurde eine Einstufung als reproduktionstoxisch beantragt. Tierstudien deuten auf Fehlbildungen bei Nachkommen hin. Laut EU-Pestizidverordnung ist eine Zulassung zwingend zu entziehen, sobald Hinweise auf schädliche Auswirkungen auf Umwelt oder Gesundheit vorliegen.

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Mit unseren juristischen Verfahren gegen TFA-bildende Pestizide zwingen wir das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit zum Handeln. Es ist völlig unverantwortlich, dass die deutsche Zulassungsbehörde im Sinne der Agrochemieindustrie zulässt, dass Pestizide unser Trinkwasser mit hochpersistenten und giftigen Stoffen belasten. Jede Saison, in der diese Mittel weiter auf den Feldern landen, gefährdet die Verfügbarkeit sicheren Trinkwassers. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit muss die Zulassungen unverzüglich widerrufen.“

Peter Clausing, Toxikologe, PAN Germany: „Lange galt TFA als zwar extrem persistentes, aber toxikologisch unauffälliges Abbauprodukt. Doch im Tierversuch wurden Missbildungen (Fehlbildungen) an Nachkommen beobachtet, insbesondere mit Erblindung verbundene Augenschäden. Das Pestizidrecht sieht vor, dass solche neuen Erkenntnisse berücksichtigt werden und im konkreten Fall zu einem Verbot führen müssen. Zum Schutz unserer Kinder vor lebenslangen Gesundheitsschäden und zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit sauberem Trinkwasser fordern wir, umgehend TFA emittierende Pestizide vom Markt zu nehmen.“

 

Hintergrund:
Die in Pestizidprodukten wie Banjo, Brodal und Luna Experience enthaltenen Wirkstoffe Fluazinam, Diflufenican und Fluopyram gehören zu den per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) und werden als Fungizide und Herbizide unter anderem in diversen Ackerbaukulturen und im Weinbau verwendet. Das Abbauprodukt von PFAS-Pestiziden ist die Ewigkeitschemikalie Trifluoressigsäure (TFA). TFA ist hochbeständig, breitet sich über das Grundwasser aus und überschreitet bereits heute an zahlreichen Grundwassermessstellen den Grenzwert von 0,1 µg/l deutlich. Um TFA wieder aus der Umwelt und aus dem Trinkwasser zu entfernen, gibt es keine praktikablen Methoden. Zuletzt hat auch die dänische Zulassungsbehörde mehr als 20 Pflanzenschutzmittel wegen TFA-Bildung vom Markt genommen.

Link:
Zum Hintergrundpapier: https://l.duh.de/p250825

Kontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer DUH
0171 3649170, resch@duh.de

Dr. Peter Clausing, Toxikologe, PAN Germany
0176 43795932, peter.clausing@pan-germany.org

Dr. Caroline Douhaire, Rechtsanwältin
douhaire@geulen.de

DUH-Newsroom:
030 2400867-20, presse@duh.de, www.duh.de

 




Deep Dive: Eintauchen in die Welt der Chemikalienpolitik

Neuer Kompass Chemikalienpolitik schafft Übersicht und regt Veränderung aus zivilgesellschaftlicher Perspektive an.

Chemikalien sind allgegenwärtig – sie finden Einsatz in allen Industriezweigen und sind aus unserem Alltag nicht weg­zudenken. Ihrem Nutzen stehen die Gefahren gegenüber: Die Belastung von Mensch und Umwelt mit chemischen Stoffen hat sich längst zum globalen Problem ausgeweitet. Die globale Verschmutzungskrise hat gravie­rende ökologische, ökonomische und gesund­heitliche Folgen. Bereits heute sind weltweit ca. 350.000 Chemikalien auf dem Markt, von denen nur wenige toxikologisch bewertet und noch weniger regu­liert sind. Prognostiziert wird ein weiterer erheblicher Anstieg der Produktion in den kommenden Jahren. Pes­tizide, Industriechemikalien und (Mikro-)Plastik belasten Böden, Gewässer und die Luft, stören Ökosysteme und bergen Risiken für die menschliche Gesundheit. Steigende Gesundheitsausgaben für chemikalienbedingte Erkrankungen und die Grenzen technischer Reinigungsmöglichkeiten werden genauso angesprochen, wie die Notwendigkeit und Möglichkeit, die politischen und regulatorischen Weichen in Richtung Transformation und Entlastung zu stellen.

Der Kompass Chemikalienpolitik beleuchtet Stoffgruppen im Fokus – wie PFAS, die sich kontinuierlich in der Umwelt und im menschlichen Körper anreichern und längst unsere Gewässer und unser Trinkwasser belasten und hormonschädliche Substanzen (endokrine Disruptoren, EDCs), die aus ver­schiedenen Chemikaliengruppen stammen und in nahezu allen Alltagsprodukten enthalten sind. Und er bietet einen kompakten Überblick, warum eine konsistente, ambi­tionierte und schützende Chemikalienpolitik notwendig ist und wie man sich dafür einsetzten kann.

Zum Download: Kompass Chemikalienpolitik

Der Kompass Chemikalienpolitik ist ein gemeinsames Policy Briefing elf zivilgesellschaftlicher Organisationen, die für das Recht auf eine giftfreie Zukunft eintreten:




Vortrag und Diskussion: Pestizide im Wasser

Datum / Zeit:
27. August 2025 / 17:00-18:30 Uhr

Veranstaltungsort:
im Übersee-Museum, Bahnhofsplatz 13, 28195 Bremen

Täglich gelangen hochgefährliche Pestizide in unsere Umwelt: Sie vergiften Menschen, zerstören Ökosysteme und verletzten grundlegende Menschenrechte. Obwohl viele dieser Chemikalien in der EU verboten sind, werden sie weiterhin in Länder des Globalen Südens exportiert – mit gravierenden Folgen für Mensch und Natur. Die EU hatte verspochen, diesen toxischen Handel zu stoppen – doch passiert ist bislang wenig.

Wie hängen diese Entwicklungen zusammen? Welche Auswirkungen haben Pestizide global – und welche Spuren hinterlassen sie bei uns vor Ort?

Diese Fragen stehen im Mittelpunkt der Veranstaltung vom Bremer Informationszentrum für Menschenrechte und Entwicklung (biz) und Ingenieure ohne Grenzen – Regionalgruppe Bremen im Rahmen der Wasserwochen Bremen 2025.

Den globalen Blick eröffnet PAN Germany mit einem Input zu den internationalen Zusammenhängen des Pestizideinsatzes und den Folgen für Mensch und Umwelt. Einen lokalen Fokus richtet HanseWasser auf Messergebnisse und stellt zukünftige Maßnahmen im Abwasserbereich vor.

Im Anschluss an die Inputs diskutieren die Referent:innen im moderierten Podium mit dem Publikum, wie sich globale und lokale Perspektiven verbinden lassen – und welche Handlungsmöglichkeiten es gibt.




Stoppt die ewige Belastung mit PFAS!

Gewässer- und Gesundheitsbelastungen durch PFAS-Pestizide – Dänemark handelt, Deutschland und EU unter Zugzwang  

Wir brauchen sauberes Wasser, saubere Böden und unbelastete Lebensmittel, die frei von PFAS sind und es auch in Zukunft bleiben. Doch die als Ewigkeitschemikalien bekannten PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) und das Abbauprodukt Trifluoressigsäure (TFA) belasten zunehmend zentrale Bereich unseres Lebens und unsere Nahrungsmittel. Anschaulich konnten PAN Germany, PAN Europe und zahlreiche weitere NGOs dies sichtbar machen, indem sie neuere und ältere Weine untersuchten[1]: Wie Zeitkapseln zeigten die Jahrgänge, dass die Belastung mit TFA seit Jahren zunimmt. Ergänzend zu vorausgegangenen Untersuchungen von Gewässerproben offenbaren die Ergebnisse ein ernstes und rasant wachsendes Umweltproblem, dessen Lösung keinen Aufschub erlaubt.

Was ist das Problem?

PFAS sind extrem langlebig und reichern sich in der Umwelt und in uns Menschen an. Studien belegen, dass PFAS sich längst im Blut von Kindern und Erwachsenen befinden, dass sie u.a. das Immunsystem von Kindern beeinträchtigen können[2] und mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Erwachsenen einhergehen können[3] und langkettige PFAS-Verbindungen bis zu fünf Jahre in unseren Körpern verweilen können[4]. Bereits 2020 urteilte eine repräsentative deutsche Umweltstudie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen: Kinder und Jugendliche zwischen 3 und 17 Jahren haben zu viele PFAS im Blut[5]. Auch unsere Nahrung ist zunehmend belastet: Daten aus den offiziellen nationalen Überwachungsprogrammen der EU-Mitgliedstaaten belegen, dass sich die Zahl der europäischen Obst- und Gemüsesorten, in denen PFAS-Pestizidrückstände nachgewiesen wurden, zwischen 2011 und 2021 fast verdreifacht hat. Lange galt TFA als zwar extrem persistentes, aber toxikologisch unauffälliges Abbauprodukt, doch nachdem im Tierversuch Schäden an Nachkommen beobachtet wurden, steht TFA im Verdacht, fortpflanzungsschädigend zu sein. Ein Antrag auf eine entsprechende offizielle EU-Gefahreneinstufung als reproduktionstoxisch (R 1b) wurde von Seiten der deutschen Fachbehörden gestellt und wird derzeit von der europäischen Chemikalienbehörde ECHA geprüft.

Auf EU-Ebene wurde ein Prüfprozess zur Beschränkung von PFAS-Stoffgruppen vorgeschlagen. Allerdings betrifft dieser Vorschlag nur Industriechemikalien, nicht PFAS-Pestizide. Dabei tragen PFAS-Pestizide zur Umweltbelastung mit PFAS und TFA bei. Nach Modellierung des Umweltbundesamtes ist der Einsatz von PFAS-Pestiziden auf landwirtschaftlichen Flächen sogar die relevanteste Quelle von TFA-Kontaminationen der Grundwässer[6]. 27 PFAS-Pestizid-Wirkstoffe werden derzeit in Deutschland als Bestandteile einer Vielzahl an zugelassenen Mitteln im Acker-, Obst- Gemüse und Zierpflanzenbau auf landwirtschaftlichen Flächen eingesetzt. PAN Germany fordert von den deutschen Zulassungsbehörden auf nationaler Ebene jetzt zu handeln und die entsprechenden Mittelzulassungen zu überprüfen und zu widerrufen. Zudem sollte sich die Bundesregierung für einen EU-weiten Ausstieg aus der Nutzung von PFAS-Pestiziden einsetzen. Der Gesundheitsschutz unserer Kinder und der Schutz des Grundwassers als wichtigste Trinkwasserressource für uns und zukünftige Generationen muss Priorität eingeräumt werden.

Vorbild Dänemark

Dass Nationalstaaten durchaus handeln können, zeigt Dänemark: Es hat die Zulassung für 23 Pestizidprodukte widerrufen, die PFAS-Wirkstoffe enthalten. Weitere Entscheidungen stehen an[7]. Dänemark begründete die Entscheidung u.a. mit erhöhten TFA-Konzentrationen im Grundwasser. Vorausgegangen war eine Neubewertung von sechs PFAS-Wirkstoffen durch die dänische Umweltbehörde im Jahr 2025. Hier wurden 33 Mittel identifiziert, die sechs PFAS-Wirkstoffe enthalten: Fluazinam, Fluopyram, Diflufenican, Mefentrifluconazol und Tau-Fluvalinat sowie Flonicamid (alle auch in Deutschland in zugelassenen Mitteln im Einsatz). Die Entscheidung über die Auslauffristen wurde für jedes Produkt einzeln getroffen unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit und unter Einbeziehung und Abwägung von sozioökonomischen und kommerziellen Folgen, wobei der Schutz der Umwelt, einschließlich des Grundwassers, stets hohe Priorität hatte.

EU und Deutschland müssen handeln

Die besondere Bedeutung von TFA für den Gewässerschutz zeigt sich europaweit: TFA wurde in Grundwasserproben in ganz Europa in Konzentrationen über dem gesetzlichen Grenzwert von 0,1 µg/l nachgewiesen. Die EU-Pestizidverordnung verbietet die Genehmigung von Stoffen, wenn diese oder ihre toxischen (relevanten) Metaboliten zu Konzentrationen im Grundwasser führen, die dem gesetzlichen Grenzwert überschreiten. PAN Europe sieht im derzeitigen nicht-Handeln der EU Kommission gegen die sich immer weiter akkumulierenden Kontaminationen einen Verstoß gegen ihre gesetzliche Verpflichtung zum Schutz des Grundwassers und der öffentlichen Gesundheit. Die Partnerorganisation von PAN Germany hatte die EU Kommission wiederholt aufgefordert, alle PFAS-Pestizide zu verbieten, doch es wurden bislang keine umfassenden Maßnahmen ergriffen. Als Reaktion darauf hat PAN Europe im Juli 2025 einen formellen Antrag auf interne Überprüfung gestellt[8]. Dieser verpflichtet die Kommission zu einer Antwort und ermöglicht es PAN Europe, den Fall vor den EU-Gerichtshof zu bringen, sollte die Kommission nicht handeln. Der Antrag auf interne Überprüfung umfasst 28 PFAS-Wirkstoffe, die derzeit nach dem EU-Pestizidrecht genehmigt sind und jeweils mindestens eine -CF₃-Gruppe enthalten. Ausgenommen sind Flufenacet, das mittlerweile seine Genehmigung verloren hat und Flutolanil, für das die Kommission eine Nichtverlängerung der Genehmigung vorgeschlagen hat.

Nach EU-Recht ist die Kommission gesetzlich verpflichtet, Genehmigungen zu überprüfen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, wenn die Genehmigungskriterien nicht mehr erfüllt sind, wie dies bei PFAS-Pestiziden der Fall ist (Artikel 21 und 69 der Verordnung 1107/2009). Dazu gehören auch Beschränkungen oder Verbote im Einklang mit dem Vorsorgeprinzip. Ebenso können EU-Mitgliedsstaaten Mittelzulassungen bei neuen Erkenntnissen prüfen und diese widerrufen (Artikel 44der Verordnung 1107/2009). Aktionsspielraum gäbe es somit auch für Deutschland, den von Dänemark vorgezeichneten Weg, unabhängig von der EU, einzuschlagen.

Zum Weiterlesen:

PAN Beiträge zu PFAS und TFA

UBA Beitrag PFAS-haltige Pestizide in der Landwirtschaft

Zivilgesellschaftliches Positionspapier: Für eine Welt ohne Verschmutzung durch PFAS

Quellen: 

[1] https://pan-germany.org/download/pan-studie-zu-tfa-gehalten-in-europaeischem-wein-dt-fassung/

[2] https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/studie-pfas-chemikalien-gelangen-ueber-plazenta-und-muttermilch-in-koerper-von-kindern-a-b5f8a045-fcba-4c15-bbf5-3d19761ec863

[3] https://www.dzne.de/aktuelles/pressemitteilungen/presse/ewigkeitschemikalien-pfas-im-blut-sind-allgegenwaertig-und-mit-erhoehtem-risiko-fuer-herz-kreislauf-erkrankungen-verbunden/

[4] https://www.umweltbundesamt.de/pfas-im-menschen

[5] https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/kinder-jugendliche-haben-zu-viel-pfas-im-blut

[6] https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/11850/publikationen/102_2023_texte_tfa_v2.pdf

[7] https://mim.dk/nyheder/pressemeddelelser/2025/juli/sproejtemidler-med-pfas-aktivstoffer-bliver-forbudt

[8] https://www.pan-europe.info/press-releases/2025/07/pan-europe-demands-eu-commission-act-pfas-pesticides




Essential for life? Enttäuschung beim Europäischen Wasserschutz

Trotz Feststellung der besonderen Bedeutung und Gefährdung unsere Wasser-Ressourcen, bleibt die neue EU-Wasser-Strategie hinter der Notwendigkeit und unseren Erwartungen eines vorsorgenden Schutzes – insbesondere vor Belastungen mit Pestiziden, einschließlich PFAS-Pestiziden – deutlich zurück.

Anstatt die Verschmutzung an ihrer Quelle zu bekämpfen, stützt sich die am 3. Juni 2025 vorgestellte „Strategie zur Widerstandsfähigkeit der Wasserressourcen“ der Europäischen Kommission auf nachgelagerte „Reinigungstechnologien“, die noch entwickelt werden müssen. Obgleich die Strategie textlich ausdrücklich anerkennt, dass dringend Maßnahmen erforderlich sind, um Schadstoffe zu bekämpfen, die eine Gefahr für unsere lebenswichtigen Trinkwasserquellen darstellen und PFAS allgemein hier besonders hervorhebt, gibt es keine verbindlichen Maßnahmen zur Verringerung der Pestizidbelastung oder zum schrittweisen Ausstieg der Verwendung von PFAS-Pestiziden. Obwohl auf das Verursacherprinzip Bezug genommen und das „polluter pays principle“ aufgegriffen wird, fehlt ein Vorschlag zur Anwendung dieses Prinzips auf den landwirtschaftlichen Bereich. PFAS-Pestizide oder TFA-Kontamination werden nicht adressiert und keine hier notwendigen vorbeugenden Maßnahmen angestoßen, obwohl sie zu einer weitreichenden Verschmutzung der Wasserressourcen führen.

Seit 2014 verpflichtet das EU-Pestizid-Recht dazu, chemisch-synthetische Pestizide nur als „letztes Mittel der Wahl“ einzusetzen. Statt diese Vorgabe in positiver Weise zu unterstützen, untergräbt die Wasserstrategie diese stattdessen und macht lediglich die Vorgabe eines „nachhaltigen“ Pestizideinsatzes auf 27 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche, ohne klare ergebnisorientierte Maßnahmen zur wirksamen Reduzierung schädlicher Pestizide festzulegen. An entscheidender Stelle spricht die Strategie lediglich von „improved pesticide use“ – ohne überhaupt Pestizidreduktion zu erwähnen.

Die besondere Bedeutung von PFAS-Pestiziden und deren hochpersistentes und schädliches Abbauprodukt TFA, das schon jetzt ubiquitär in Gewässern und Trinkwasser nachweisbar ist und dort stetig weiter akkumuliert, wird völlig außer Acht gelassen, obwohl die wissenschaftlichen Bedenken hinsichtlich der daraus resultierenden weit verbreiteten Verschmutzung zunehmen.

Unser Fazit: Angesichts dieser eklatanten Defizite, wirksame Maßnahmen gegen die chemische Verschmutzung der europäischen Wasserressourcen zu empfehlen, ist nicht damit zu rechnen, dass die Strategie ihr Ziel erreichen wird, entscheidend für die Sicherheit und das Wohlergehen der EU-Bürger*innen beizutragen und den Zugang zu sauberem Wasser für alle zu gewährleisten.

 

Weitere Informationen:

European Water Resilience Strategy vom 03.06.2025

PAN Germany Stellungnahme im Rahmen der Sondierung „Europäische Strategie für eine resiliente Wasserversorgung“ Ref. Ares(2025)843493 – 04/02/2025

PAN Europe Pressemitteilung vom 4.6.2025: European Water Resilience Strategy: sinking ambitions on pesticide pollution




Deutsche Behörden beantragen neue Gefahreneinstufung für TFA

TFA (Trifluoracetat oder Trfluoressigsäure) zählt zu den per- und polyfluorierten Alkylverbindungen (PFAS) und ist ein stabiles Abbauprodukt von PFAS-Pestiziden und anderen PFAS-Verbindungen. Die zuständigen deutschen Behörden bewerten TFA als fortpflanzungsgefährdend sowie als sehr langlebig und sehr mobil und haben ein entsprechendes Einstufungsdossier bei der Europäischen Chemikalienagentur eingereicht.

Entsprechend soll TFA in neue Gefahrenklassen nach der europäischen Chemikalienverordnung REACH und der CLP-Verordnung zur Einstufung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe eingestuft werden, wie die Bundesstelle für Chemikalien, das Umweltbundesamt und das Bundesinstitut für Risikobewertung in einer gemeinsamen Pressemitteilung am 26.05.2025 bekannt gaben. Bezüglich der Reproduktionstoxizität soll eine Einstufung als R 1B erfolgen mit dem Gefahrenhinweis H360Df: „Kann das Kind im Mutterleib schädigen. Kann vermutlich die Fruchtbarkeit beeinträchtigen“.

Mit Veröffentlichung des Dossiers startet eine sechswöchige Frist zur Kommentierung des Vorschlags, an der sich Umweltverbände und andere Interessensvertretungen beteiligen können. Nach Erhalt und Auswertung aller Kommentare wird der wissenschaftliche Ausschuss der ECHA eine Stellungnahme ausarbeiten und innerhalb von 18 Monaten an die EU-Kommission übermitteln.

PAN Germany begrüßt den Vorstoß der deutschen Behörden ausdrücklich und hofft auf eine breite Unterstützung des Dossiers in der jetzt gestarteten Kommentierungsphase. 

Die vom PAN Europe und ihren Mitgliedsgruppen durchgeführten Analysen zur TFA-Belastung von Gewässern, Trinkwässern und Wein der vergangenen Monate zeigen die Dringlichkeit, TFA endlich angemessen zu bewerten und zu regulieren. Die weitreichende Verbreitung von TFA in der Umwelt stellt eine große Bedrohung dar, da TFA sich in den Umweltmedien aufgrund seiner Persistenz ständig weiter anreichert und sich die Substanz bei der Trinkwasseraufbereitung nicht mit den üblichen, wirtschaftlich vertretbaren Methoden entfernen lässt.  PAN Germany berichtete.

Aus PAN-Sicht muss die Bundesregierung jetzt die notwendigen nächsten Schritte einleiten und sich
a) für ein Verbot von PFAS-Pestiziden und anderen TFA-emittierenden Produkten auf EU-Ebene einsetzen,
b) das von der EU jetzt offiziell beschlossene Flufenacet-Anwendungsverbot (ein endokrinschädliches und TFA-freisetzendes PFAS-Pestizid) sofort umsetzen und die Mittelzulassungen am 10. Dezember 2025  – ohne eine weitere Aufbrauchsfrist! –  widerrufen, und
c) der Gesetzgebung folgend nach Art. 44 der Pestizidzulassungs-Verordnung EU/1107/2009 die Mittelzulassungen aller weiteren PFAS-Pestizide schnellstens widerrufen, da diese ebenfalls TFA als Abbauprodukt freisetzen können.

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