UN-Versammlung stimmt für Beendigung des Einsatzes der giftigsten Pestizide der Welt

In einem historischen Schritt hat die Umweltversammlung der Vereinten Nationen (UNEA) am Freitag 1.3.24 in Nairobi dazu aufgerufen, bis 2035 auf den Einsatz der weltweit giftigsten Pestizide zu verzichten. Die UNEA Resolution on highly hazardous pesticides ist ein wichtiger Beitrag dazu, stärkere nationale und multilaterale Maßnahmen zum Ausstieg aus hochgefährlichen Pestiziden voranzutreiben.

Die als hochgefährliche Pestizide (HHP) bezeichneten Agrarchemikalien verursachen erhebliche Umweltschäden und stellen eine ernsthafte Bedrohung für die Gesundheit dar. Die Exposition gegenüber HHPs wird unter anderem mit Krebs, der Beeinträchtigung der Gehirnentwicklung bei Kindern, Fortpflanzungsschäden und Störungen des Hormonsystems in Verbindung gebracht. Der Aufruf zum Handeln der UNEA wurde von afrikanischen Ländern initiiert, wobei Äthiopien eine führende Rolle einnahm. Verterter*innen von PAN waren in Nairobi vertreten und unterstützten die Resolution nach Kräften.

PAN setzt sich seit mehr als einem Jahrzehnt für ein schrittweises Verbot von HHPs weltweit ein und wird dabei von Hunderten von Organisationen weltweit unterstützt. Basierend auf der PAN International List of Highly Hazardous Pesticides konnte das International Pollution Elimination Network (IPEN) jüngst belegen, dass die meisten hochgefährlichen Pestizide, die in wohlhabenderen Ländern verboten bzw. strenger reguliert sind, in Ländern mit mittlerem und geringem Einkommen (LMIC) noch immer weit verbreitet zum Einsatz kommen. In einigen dieser Länder sind fast 70 % der zugelassenen Pestizide HHPs, so der IPEN Bericht. Von den in der EU im Jahr 2022 insgesamt 250 verboten oder nicht genehmigten HHPs, waren in 31 der untersuchten LMICs durchschnittlich nur 25 HHPs verboten. Das bedeutet, dass in diesen Ländern mehr als zweihundert HHPs zur Verwendung zugelassen sind, die in der EU aus Umwelt-oder Gesundheitsgründen verboten wurden.

Mit der UNEA Resolution on highly hazardous pesticides gibt es innerhalb kürzester Zeit ein weiteres Bekenntnis zum Handeln gegen hochgefährlicher Pestizide auf globaler Ebene – nach der Verabschiedung verpflichtender Pestizidreduktionsziele im Globalen Biodiversitätsrahmen von Kunming-Montreal 2022 und der Festschreibung von Zielen zum Phase-out von HHPs und der Etablierung einer globalen HHP Allianz, um dies zu unterstützen, durch die Weltchemikalienkonferenz 2023 in Bonn (wir berichteten).

Damit jetzt die notwendigen Taten folgen, sind Staaten aufgerufen, sich an der HHP-Allianz zu beteiligen. Zudem bedarf es finanzieller und technischer Unterstützung für die Landwirte, Bäuerinnen und Landarbeiter, um den Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden nachhaltig und zukunftssicher durch pflanzenbauliche, mechanische und agrarökologische Alternativen zu ersetzen.

Presse-Information von PAN International und IPEN, 1.3.24: UN Environment Assembly Calls for Action to End the Use of the World’s Most Toxic Pesticides by 2035.




Warum die Klima-COP28 der Agrarökologie Priorität einräumen muss

Heute wurde sie eröffnet: Die 28. UN-Weltklimakonferenz. Zwei Wochen lang beraten um die 200 teilnehmende Staaten in den Vereinigten Arabischen Emiraten über die Ziele, die im Pariser Klimaschutzabkommen 2015 festgelegt wurden, darüber was bisher erreicht wurde und welche Maßnahmen dringend notwendig sind, um das Ziel einer globalen Erderwärmung von maximal 1,5° Celsius noch zu erreichen. Als Beobachter mit dabei sind auch diesmal wieder hunderte von NGO-Vertreter*innen – bei der COP27 waren es gut 3000 (!).

Eine erhebliche klimarelevante Rolle spielen die Landwirtschafts- und Ernährungssysteme, die mehr als ein Drittel der globalen klimaschädlichen Emissionen verursachen. Um die globale Erwärmung im Einklang mit den Zielen des Pariser Abkommens zu begrenzen, müssen die Landwirtschaft- und Ernährungssysteme umgestaltet werden. Die Abkehr von der industriellen Landwirtschaft, die auf fossile chemische Stoffe wie synthetische Pestizide und Düngemittel angewiesen ist, ist hierfür essentiell.. Die UN-Klimakonferenz COP28 ist aufgerufen, diesen zentralen Bereich der Landwirtschafts- und Ernährungssysteme im Blick zu haben und agrarökologische, klimaschonende Anbaumethoden stärker zu fordern und zu fördern.

Dass Landwirtschaft in einer Weise betrieben werden kann, die zugleich zum Wohl der Menschen, der Natur und Umwelt ist, das Klima schützt und gleichzeitig resilient auf Klimaveränderungen reagieren kann, zeigen Biobetriebe und agrarökologisch wirtschaftende Betriebe auf der ganzen Welt. Eine Untersuchung der Technischen Universität München belegte erst Anfang des Jahres die positiven Klima- und Umweltwirkungen der ökologischen Bewirtschaftung und wie hierdurch zudem die Kosten für die Gesellschaft verringert werden.

Der Weltklimarat IPCC berichtet, dass die Einführung agrarökologischer Anbaumethoden die klimarelevanten Emissionen um 2,8 bis 4,1 Gigatonne CO2-Äquivalent (Gt CO2e) pro Jahr reduzieren könnte, was dem Umfang von bis zu 10 % der globalen energiebezogenen Emissionen bezogen auf das Jahr 2021 entspräche. Der Rat weist auch darauf hin, dass Agrarökologie dazu beiträgt, produktive und gerechte Nahrungsmittelsysteme zu erhalten, die an den bereits eingeleiteten Temperaturanstieg besser angepasst seien. Die meisten Unterzeichnerstaaten des Pariser Abkommens haben sich bereits verpflichtet, agrarökologische Anbaumethoden deutlich auszubauen, den Einsatz von chemischen Düngemitteln und Pestiziden sowie die Umweltverschmutzung erheblich zu reduzieren und hochgefährliche Pestizide in der Landwirtschaft auslaufen zu lassen. Diese Verpflichtungen wurden in ergänzenden UN-Vereinbarungen wie dem Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework und dem neuen Global Framework on Chemicals (SAICM-Nachfolgeabkommen) aufgegriffen. Die Vorteile dieser Reformen für die Gesellschaft, die biologische Vielfalt, den Klimaschutz und die Klimaanpassung sind evident.

PAN Germany unterstützt die Klima-bezogene Arbeit des PAN International Netzwerks und insbesondere die Kolleginnen und Kollegen von PAN Asien und Pazifik, die mit der Global Peoples’ Caravan for Food, Land, and Climate Justice vor Ort in Dubai sind. Gemeinsam fordern wir die Vertragsparteien des Pariser Abkommens auf, ihrer Verpflichtungen nachzukommen und Maßnahmen gegen HHPs und für Agrarökologie in ihre nationalen Klimaschutzpläne aufzunehmen.

PAN International Positionspapier „Food System Transformation at COP28 – Why agroecology must be prioritised“




FAO-Generaldirektor aufgefordert, neue Amtszeit mit deutlichen Maßnahmen zum Ausstieg aus hochgefährlichen Pestiziden zu beginnen

26.07.2023. Pressemitteilung. Zum Beginn seiner neuen Amtszeit fordern 11 globale Organisationen der Zivilgesellschaft und indigener Völker den Generaldirektor der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) Qu Dongyu auf, Führung bei der schrittweisen Abschaffung hochgefährlicher Pestizide (HHP) zu übernehmen und endlich die umstrittene Partnerschaft mit der Pestizidindustrie zu beenden.

Die Wahl von Herrn Qu als FAO-Generaldirektor für eine zweite vierjährige Amtszeit fand ohne Gegenkandidaten statt und erfolgte kurz nach Veröffentlichung eines investigativen Medienbeitrags, in dem aufgedeckt wurde, dass die FAO in der ersten Amtszeit Qus Pestizide in erheblichem Umfang in mehrere Länder geliefert hatte, darunter solche, die in der EU längst verboten sind.

In einem heutigen Schreiben wiederholten die 11 Organisationen ihren Appell, die fast drei Jahre alte Vereinbarung aufzugeben, die eine engere Beziehung zwischen der UN-Organisation und der Pestizidindustrie fördern sollte. Zudem fordern die Organisationen Generaldirektor Qu auf, alle Pestizidlieferungen zu überprüfen und einzustellen. Einige der in den FAO-Lieferungen enthaltenen Pestizide, wie Paraquat und Chlorpyrifos, gelten als hochgefährlich und sind bereits in zahlreichen Ländern verboten. Zu den Herstellern der von der FAO gelieferten Pestizide gehört dem Bericht zufolge auch Syngenta-ChemChina, ein Mitglied von CropLife.

„Ihre neue Amtszeit als Generaldirektor ist eine neue Chance für die FAO zu zeigen, dass die Pestizidindustrie keinen Einfluss auf ihre Politik und Entscheidungen hat. Alle Geschäfte der FAO mit der Pestizidindustrie müssen einer größeren Transparenz und Rechenschaftspflicht unterliegen“, heißt es in dem Schreiben an Generaldirektor Qu.

Die Gruppen der unterzeichnenden Organisationen betonten, dass die bevorstehende Weltchemikalienkonferenz im September 2023 in Bonn von der FAO genutzt werden sollte, entschlossen die zurückliegende Empfehlung des FAO-Rates voranzubringen, hochgefährliche Pestizide (HHP) schrittweise aus dem Verkehr zu ziehen. Sie sehen die FAO in der Pflicht, ihrer Menschenrechtsverpflichtungen als wichtige UN-Institution nachzukommen und ihr Engagement für nachhaltige Agrarnahrungsmittelsysteme zu verstärken. Dazu, so die unterzeichnenden Organisationen, sollte die FAO die von der afrikanischen Region vorgeschlagene Bildung einer Global Alliance on HHPs als globalen Mechanismus zum Ausstieg aus HHPs unterstützen.

Susan Haffmans, PAN Germany: „Hochgiftig, krebserregend, ungeborenes Leben gefährdend – hochgefährliche Pestizide stellen eine ernsthafte Bedrohung für die Gesundheit, die ländlichen Lebensgrundlagen und die Umwelt dar. Seit Jahrzehnten weisen Experten auf die Notwendigkeit, die Machbarkeit und den Nutzen hin, diese höchst schädlichen Pestizide durch nachhaltige Alternativen zu ersetzen. Die FAO, die in letzter Zeit wegen ihrer Partnerschaft mit der Pestizidindustrie in die Kritik geraten ist, sollte jetzt handeln, um das Vertrauen und die Glaubwürdigkeit einer unabhängigen UN-Organisation wiederherzustellen, der die Landwirte wichtiger sind als die Gewinne der Unternehmen. Die FAO sollte endlich die Führung übernehmen und sich auf der bevorstehenden SAICM Weltchemikalienkonferenz ICCM5 in Deutschland und während des laufenden Verhandlungsprozesses für ehrgeizige Ziele und Maßnahmen in Bezug auf HHPs einsetzen.“

Die vorliegende Mitteilung ist eine gekürzte Übertragung aus der gemeinsamen Pressemitteilung von PAN International, in der weitere Personen aus dem Netzwerk zu Wort kommen.
PAN International Press release, 26.7.2023 “FAO Director General urged to begin new term with action to end pesticide industry partnership, phase-out Highly Hazardous Pesticides”




Forderungen an FAO: Führungsstärke beim Klimaschutz & Ende der Allianz mit der Pestizid-Industrie

Während der Rat der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) heute zu seiner 171. Sitzung zusammentritt, fordert PAN Germany die UN-Organisation auf, mutige Führungsstärke beim Klimaschutz zu zeigen, indem sie ihr zwei Jahre altes Abkommen mit CropLife International (CLI), dem globalen Verband der größten Pestizidhersteller der Welt, unverzüglich aufhebt.

In einem Brief an die stellvertretende FAO-Generaldirektorin Beth Bechdol, der der FAO-Führung und den Ratsmitgliedern vorgelegt wurde, fordern die Adressaten „mehr Transparenz und Rechenschaftspflicht in Bezug auf die laufende und sich vertiefende Zusammenarbeit der FAO mit CropLife International „ und wiederholen damit frühere Forderungen, die von der Zivilgesellschaft und indigenen Völkern, Landwirt*innen und Landarbeiter*innen, Gewerkschaften, Wissenschaftler*innen und Akademiker*innen unterstützt werden.

„Wir wünschen uns von der FAO zurückzukehren zu ihrem Engagement für Agrarökologie, die unabhängig vom Gewinnstreben einzelner Konzerne allen Menschen, Bäuerinnen und Bauern weltweit zugutekommt. Die FAO hat das Wissen und die Erfahrung, in der Landwirtschaft Beschäftigte dabei zu unterstützen, mit der Natur innovativ zu wirtschaften, unabhängig von teuren Betriebsmitteln, deren Herstellung klimaschädlich ist und die wie bei den chemisch-synthetischen Pestiziden zu erheblichen Umweltbelastungen und Vergiftungen weltweit führen“, sagt Susan Haffmans, Referentin bei PAN Germany.

In einer im Oktober 2020 zwischen der FAO und CropLife unterzeichneten Absichtserklärung (Letter of Intent, LOI) wurde vereinbart, die Zusammenarbeit in weiten Arbeitsbereichen zu prüfen. Gegenstimmen von 200.000 Personen aus über 107 Ländern, über 430 Organisationen der Zivilgesellschaft und indigener Völker, fast 300 Akademiker*innen und Wissenschaftler*innen und von fast 50 philanthropischen Gruppen sowie dem UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung haben verhindert, dass die Absichtserklärung in ein formelleres Format (Memorandum of Understanding) umgewandelt wurde. Die Absichtserklärung, die kein Verfallsdatum hat und nicht dem neuen Due-Diligence-Verfahren der FAO für ihr Engagement mit dem Privatsektor unterzogen wurde, bleibt jedoch bestehen.

Synthetische Pestizide werden aus fossilen Brennstoffen gewonnen, beeinträchtigen die Fähigkeit des Bodens, Kohlenstoff zu binden, setzen Treibhausgase frei und machen die landwirtschaftlichen Systeme insgesamt anfälliger für die Auswirkungen des Klimawandels. Pestizide sind auch eine treibende Kraft im weltweiten Artensterben, durch das die Grundlage der Nahrungsmittelproduktion und der nachhaltigen Entwicklung bedroht wird. Schätzungen zufolge müssen der Einsatz und die Toxizität von Pestiziden um zwei Drittel reduziert werden, um den katastrophalen Verlust der biologischen Vielfalt aufzuhalten.

Die Zivilgesellschaft und Vertreter*innen indigener Völker, die während der COP17-Klimaverhandlungen und der bevorstehenden COP15 zur biologische Vielfalt nachdrücklich agrarökologische Alternativen zu toxischen Pestiziden gefordert haben, sind der Ansicht, dass die FAO die Möglichkeit hat, den Ausstieg aus dem auf fossilen Energieträgern basierenden Lebensmittelsystem einschließlich des Ausstiegs aus dem Einsatz von Agrarchemikalien anzuführen.

Die erneute Aufforderung an die FAO, ihre Vereinbarung mit der Pestizidindustrie zu beenden, kommt Tage nach dem 38. Jahrestag der Bhopal-Gastragödie in Indien, der jedes Jahr am 3. Dezember als Welttag gegen den Einsatz von Pestiziden gedacht wird.

Mehr Informationen und weitere Statements s. PAN International Pressemeldung vom 5.12.2022




Quo vadis Chlorpyrifos?

Heute endete die 18. Sitzung des UN-Expertenausschusses für persistente organische Schadstoffe des Stockholmer Übereinkommens (POPRC-18). Bedauerlicherweise konnte das Expertengremium dem Entwurf des Risikoprofils für Chlorpyrifos nicht zustimmen und hat die Entscheidung darüber auf die nächste Sitzung im Jahr 2023 vertagt.

Zwar bestand Einigkeit darüber, dass Chlorpyrifos persistent, bioakkumulierbar und toxisch ist und über weite Entfernungen transportiert wird – die Grundvoraussetzung für die Aufnahme in die Stockholmkonvention – jedoch bestand keine Einigkeit bei den stimmberechtigten Mitgliedern darüber, ob der Transport von Chlorpyrifos über weite Entfernungen zu Konzentrationen führt, die Anlass zur Besorgnis geben, d. h. zu erheblichen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit oder die Umwelt führen.

Mit der POPs-Konvention sollen die globalen Umweltprobleme, verursacht durch langlebige organische Schadstoffe angepackt und weitere von ihnen ausgehende Gesundheitsschädigungen von Mensch und Tier verhindert werden. Dabei kommt dem Schutz arktischer Ökosysteme und indigener Gemeinschaften eine besondere Rolle zu.

Chlorpyrifos, das in wärmeren Regionen als Pestizid in der Landwirtschaft oder gegen Termiten eingesetzt wird, verflüchtigt sich und wird in die Arktis transportiert, wo es in der Umwelt und in wildlebenden Tieren und Pflanzen, die als Nahrungsquelle für indigene Völker dienen, nachgewiesen wird. Zwar wurde auf der Sitzung nicht bestritten, dass Chlorpyrifos die traditionellen Lebensmittel der Inuit kontaminiert, einige Teilnehmende akzeptierten jedoch nicht, dass auch eine geringe Konzentration ein Problem darstellt. Vor allem China und Indien, die beiden verbleibenden großen Hersteller von Chlorpyrifos, aber auch Sierra Leone, Japan und Ägypten lehnten eine Annahme des Risikoprofils entschieden ab. Das POPRC-18 beschloss daraufhin, ergänzendes Datenmaterial zu sammeln, um die „Bedenken“ auszuräumen. Damit verzögerte sich eine weltweite Regelung – wann immer sie kommen wird – um ein Jahr. Die nächste Sitzung des POPRC ist im Oktober 2023.

PAN war mit drei Vertreterinnen aus Asien Pazifik, Nordamerika und Europa vertreten und verwies in seinem durch Dr Emily Marquez von PAN Nordamerika vorgetragenen Statement darauf, dass die vorliegenden wissenschaftlichen Beweise ausreichten und weitere Daten nicht notwendig seien, um weiterzugehen und nun das Risikomanagement und die Bewertung dieser Chemikalie voranzutreiben. PAN verwies zudem darauf, dass die US-Zulassungsbehörde EPA (Environmental Protection Agency) angesichts der registrierten Verwendungszwecke in den USA nicht mit hinreichender Sicherheit Schäden durch die Exposition gegenüber Chlorpyrifos ausschließen konnte und die Europäische Behörde EFSA (European Food Safety Authority) im Rahmen ihres Regulierungsverfahrens entschied, dass es keine sichere Konzentration von Chlorpyrifos für Kinder gibt.

Das Stockholmer Übereinkommen schreibt vor, einen vorsorglichen Ansatz zu verfolgen, wenn nicht über alle Informationen zu den möglichen Auswirkungen verfügt wird – eine Verpflichtung, die, so zeigte die Schlussdebatte, offenkundig sehr unterschiedlich ausgelegt wird. PAN forderte vom Expertenausschuss anzuerkennen, dass das Potenzial für eine Schädigung von Kindern weltweit vorhanden ist und dass das Gremium auf der Grundlage der wissenschaftlichen Daten für eine Weiterverfolgung dieser Chemikalie stimmen möge. Dafür, dass dies zumindest im kommenden Jahr passieren wird, wird sich PAN weiter einsetzen.




Globales Netzwerk beglückwünscht Länder zum Ausstieg aus hochgefährlichen Pestiziden

Mit der heutigen Veröffentlichung der sechsten Ausgabe der globalen Liste der verbotenen Pestizide, beglückwünscht das Pesticide Action Network (PAN) International die Länder, die bereits heute eine Vielzahl von hochgefährlichen Pestiziden (HHPs) verboten haben. Die Liste verdeutlicht, dass für 531 Pestizidwirkstoffe, die von den Ländern als zu gefährlich eingestuft wurden, bereits Alternativen gefunden wurden. Doch in vielen Ländern der Welt zählt der Einsatz hochgefährlicher Pestizide noch immer zum Alltag.

Während in dieser Woche der Rat der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) seine 170. Sitzung abhält, fordert PAN International die Mitgliedstaaten des FAO-Rates auf, dringend voranzugehen und mehr Fortschritte zu erzielen bei der Verwirklichung des Ziels, HHPs bis 2030 weltweit abzuschaffen.

„Es ist ermutigend, dass inzwischen 39 Länder Chlorpyrifos verboten haben, noch bevor dieses hochgefährliche Pestizid im Rahmen des Stockholmer Übereinkommens über persistente organische Schadstoffe für ein weltweites Verbot vorgesehen ist.“, sagt Dr. Meriel Watts, Direktorin für Politik und Wissenschaft bei PAN Asia Pacific. Chlorpyrifos wird mit Hirnschäden in Verbindung gebracht und ist besonders giftig für Kinder. Weitere bemerkenswerte Verbote sind das Verbot von Glyphosat in Sri Lanka, wodurch sich die Zahl der Länder, die das weitverbreitete Herbizid, das mit Krebs, anderen Krankheiten und Artenschwund in Verbindung gebracht wird, verboten haben, auf vier erhöht. Paraquat, das akut gefährlichste aller in Gebrauch befindlichen Herbizide, ist inzwischen in mindestens 58 Ländern verboten.

Der FAO-Rat empfahl im Jahr 2006 ein schrittweises Verbot von HHP. Die FAO, das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) begannen mit der Ausarbeitung eines globalen Aktionsplans für HHPs; allerdings gibt es nur geringe Fortschritte bei diesem Plan zur Abschaffung von HHPs und zur schrittweisen Einführung von Alternativen.

„Internationale Institutionen wie UNEP, FAO und SAICM sind sich seit langem darüber im Klaren, dass globale Maßnahmen erforderlich sind, um die durch hochwirksame Chemikalien verursachten Gesundheits- und Umweltprobleme anzugehen. Die Verbotsliste zeigt, dass einige Länder zwar einen guten Anfang gemacht haben, viele Länder aber noch einen langen Weg vor sich haben. Wir brauchen den politischen Willen, eine klare Ausstiegsstrategie umzusetzen mit dem Ziel, HHPs in der Landwirtschaft bis 2030 zu verbieten“, sagt Keith Tyrell, Vorsitzender von PAN International und Direktor von PAN UK.

„Viele hochgefährliche Pestizide sind in Europa verboten, da sie als zu gefährlich für Mensch und Umwelt angesehen werden. Wir wissen, dass hochgefährliche Pestizide eine Reihe von Menschenrechten bedrohen, darunter das Recht auf Gesundheit, sauberes Wasser und ein Leben in Würde. Trotzdem ist der Export von verbotenen Pestiziden in den globalen Süden gängige Praxis. Wir fordern daher alle Exportländer auf, ihren menschenrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen und die Ausfuhr dieser hochgefährlichen Pestizide zu stoppen“, sagt Susan Haffmans, Referentin bei PAN Germany.

Weitere Statements aus dem globalen Netzwerk finden sich in der Pressemitteilung von PAN International vom 16.6.2022: Global network congratulates countries phasing-out Highly Hazardous Pesticides; urges FAO to commit to global HHPs phase-out by 2030




Lesenswert! Bericht beleuchtet die Einflussnahme von Industrieunternehmen auf die FAO

Ein neuer Bericht „Corporate Capture of FAO: Industry’s Deepening Influence on Global Food Governance“ [zu Deutsch: Die Vereinnahmung der FAO durch Industrieunternehmen: Der wachsende Einfluss der Industrie auf die globale Lebensmittelpolitik], beschreibt das Ausmaß der Zusammenarbeit der FAO mit der Industrie und dem hieraus resultierenden negativen Einfluss auf globale Entscheidungen in einer Zeit sich verschärfender Nahrungsmittelkrisen.

Der Bericht von Corporate Accountability und FIAN International mit Beiträgen von PAN International wurde im Vorfeld der FAO-Ratssitzung im Juni veröffentlicht und macht auf monetäre Einflussnahme und Intransparenz aufmerksam und auf die Verantwortung der knapp 200 FAO-Mitgliedstaaten, zu denen auch Deutschland zählt, dafür zu sorgen, dass die FAO das öffentliche Interesse verteidigt und ihren Verpflichtungen zu Schutz der Menschenrechten nachkommt, anstatt die fortschreitende unternehmerische Kontrolle über die Nahrungsmittelsysteme weiter zu fördern.

In der von PAN International in dem Bericht verfassten Fallstudie „FAO & CropLife International – A Toxic Alliance with Conflict of Interest“ (eine von drei Fallstudien in dem Bericht) wird die Partnerschaft der FAO mit dem Dachverband der Pestizidindustrie detailliert aufgeschlüsselt. Der Bericht stellt klar: Die Partnerschaft der FAO mit CropLife ist nicht mit dem Auftrag der FAO vereinbar.

Unsere Bewertung: Der Bericht ist eine Lektüre, die sich lohnt!

Report: Corporate Capture of FAO: Industry’s Deepening Influence on Global Food Governance, by Corporate Accountability & FIAN International with contributions from PAN International (2022) 




KEINE Partnerschaft mit der Pestizidindustrie!

Jetzt Aufruf unterstützen zur Beendigung der FAO-CropLife #ToxicAlliance

Die Welle der Empörung über die Ende 2020 angekündigte strategische Zusammenarbeit der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen FAO mit der Pestizidindustrie war und ist ungebrochen. Hunderte von Organisationen der Zivilgesellschaft und Wissenschaftler*innen forderten 2020 die FAO auf, die angekündigte Allianz mit CropLife International nicht einzugehen. Die FAO entzieht sich bislang der Kritik. Nun gibt es die Gelegenheit für alle Menschen, die weltweite Petition der Kampagne „Stop FAO-CropLife #ToxicAlliance“ zu unterstützen, und die FAO aufzufordern, KEINE Partnerschaften mit der Pestizidindustrie einzugehen.
Jetzt mitmachen und die Petition unterzeichnen.

Giftige Pestizide befinden sich in der Luft, die wir atmen, in der Nahrung, die wir essen, und im Wasser, das wir trinken. Jedes Kind, das heute geboren wird, trägt bereits eine chemische Belastung in sich. In den letzten drei Jahrzehnten hat sich der Pestizideinsatz fast verdoppelt – von 2,3 Millionen Tonnen im Jahr 1990 auf 4,2 Millionen Tonnen im Jahr 2019. Im gleichen Zeitraum haben auch ungewollte Pestizidvergiftungen weltweit rasant zugenommen.

Man sollte meinen, dass die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), die gegründet wurde, um eine nachhaltige Lebensmittel- und Landwirtschaftspolitik weltweit zu fördern, daran arbeitet, die Abhängigkeit von gefährlichen Pestiziden zu verringern. Stattdessen versucht sie, eine formelle Partnerschaft mit CropLife International einzugehen – dem Dachverband, der Bayer, Syngenta und über 300 Pestizidunternehmen vertritt.

Bislang haben wir rund 188.000 Unterschriften gesammelt!

Am 3. Dezember, dem „No Pesticide Use Day“ und Jahrestag der Bhopal-Tragödie, werden wir die Unterschriften der Petition an das Büro des FAO-Generaldirektors übergeben.

Bitte unterzeichnet jetzt hier die Petition!

Petitionslink (auf Englisch, Spanisch und Französisch): bit.ly/notoxicalliance

Mehr erfahren? Besucht unsere Kampagnen-Webseite:




PAN-Liste hochgefährlicher Pestizide (HHPs)

PAN-Liste hochgefährlicher Pestizide – Version „März 2021“

Die überarbeitete Liste hochgefährlicher Pestizide listet 338 Wirkstoffe auf, die für die menschliche Gesundheit, für Tiere und für die Umwelt besonders gefährlich sind.
Hierzu zählen Pestizide, die beispielsweise als krebserregend, fortpflanzungsschädigend, erbgutverändernd, ozonschädlich oder hoch bienengefährlich eingestuft sind.




New study reveals dramatic rise in global pesticide poisonings

Worldwide poisonings up from 25 million in 1990 to 385 million today

For immediate release: December 9, 2020

In a comprehensive study, scientists report that pesticide poisonings on farms around the world have risen dramatically since the last global assessment 30 years ago. Based on an evaluation of available poisoning data from countries all over the world, the researchers conclude that there are about 385 million cases of acute poisonings each year, up from an estimated 25 million cases in 1990.

This means that about 44% of the global population working on farms — 860 million farmers and agricultural workers – are poisoned every year.

The systematic review of unintentional acute pesticide poisonings was published today in the peer-reviewed  journal BMC Public Health. The article, entitled “The global distribution of acute unintentional pesticide poisoning: Estimations based on a systematic review,” is the first such global estimate since 1990.

“These findings underscore the urgency of reducing and eliminating the use of highly hazardous pesticides,” says Kristin Schafer, coordinator of Pesticide Action Network (PAN) International. “These pesticides are causing the unacceptable poisoning of those who produce our food, but also chronic health effects such as cancer and ecological impacts such as the collapse of biodiversity. Time for global action is long overdue.”

The study found that the greatest number of non-fatal poisoning cases was in southern Asia, followed by Southeast Asia and East Africa. The highest single national incidence was in Burkina Faso, where nearly 84% of farmers and farm workers experience unintentional acute pesticide poisonings annually.

Total fatalities around the world from unintended pesticide poisonings are estimated at around 11,000 deaths per year. Nearly 60% of which occur in just one country, India, indicating serious problems with pesticide use, according to the researchers.

“Pesticide poisonings are a public health crisis that must be addressed,” said Sarojeni Rengam, Executive Director of PAN Asia Pacific. “Beyond the immediate suffering, poisonings can also reflect exposure that cause long term, chronic health effects. It’s shocking and shameful that this problem has gotten worse rather than better over the past 30 years.”

The authors of the new study conducted a systematic review of the scientific literature published between 2006 and 2018, selecting a total of 157 papers after assessing over 800 papers for eligibility according to set criteria, and additional data from the WHO cause-of-death database. The data covered 141 countries in total. Most studies focused on occupational poisonings, particularly of farmers and agricultural workers.

“We realize there are limitations in the data on pesticide poisonings,” notes Javier Souza, PAN Latin America’s coordinator. “But this study clearly shows this as a serious, global problem that warrants immediate action. Highly hazardous pesticides must be phased out by 2030 to meet global Sustainable Development Goals, and we must shift to healthier and more resilient systems like agroecology. ”

The estimated number of global nonfatal unintended pesticide poisonings in the current study is significantly greater than previous estimates. This is in part because the current study covers a greater number of countries, and also because there has been an 81% increase in pesticide use since 1990 (an estimated 4.1 million tonnes of pesticides were used worldwide in 2017). The researchers point to underreporting to explain the relatively low estimates of fatalities. Underreporting is also an issue for pesticide poisonings overall, as many country-specific reporting systems lack a central reporting point or lack a legal mechanism requiring incident reporting.

The authors conclude that the heavy burden of non-fatal unintended pesticide poisonings, particularly for farmers and farmworkers, brings into focus the current policy bias towards focusing only on fatalities, and the need to more seriously address the overall pesticide poisoning problem in international and national policies and regulations.

Note to reporters: While this study did not cover pesticide poisoning suicides, an estimated 14 million people have died from suicide using pesticides since the Green Revolution in the 1960s. A recent systematic review of data on suicides from 2006-2015, which this review did not cover, found that pesticides accounted for 14-20% of global suicides leading to 110,000-168,000 deaths annually during the period 2010-2014.

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Media contacts:

Available for interviews:

  • Sarojeni Rengam, PAN Asia Pacific – Sarojeni.rengam@panap.net
  • Susan Haffmans, PAN Germany – Susan.haffmans@pan-germany.org
  • Javier Souza, PAN Latin America (Spanish) – javierrapal@yahoo.com.ar
  • Maimouna Diene, PAN Africa (French) – maimounadiene@pan-afrique.org

 Pesticide Action Network International (PAN) is a network of over 600 participating nongovernmental organizations, institutions and individuals in over 90 countries working to replace the use of hazardous pesticides with ecologically sound and socially just alternatives. PAN was founded in 1982 and has five independent, collaborating Regional Centers that implement its projects and campaigns. You can find more information at http://pan-international.org.