Pestizidhersteller und Menschenrechte

PAN Germany Pestizid-Brief 2 – 2018

Im Juni veröffentlichte das Freiburger Öko-Institut den Bericht „Umweltschutz wahrt Menschenrechte“ im Kontext globalen Unternehmenshandelns (1). Eine Fallstudie in diesem Bericht ist den Pestizidexporten von BASF und Bayer gewidmet. „Produkte die im eigenen Land aufgrund ihrer Gefährlichkeit nicht zugelassen sind, sollten auch nicht ins Ausland verkauft werden dürfen. Ein solcher Doppelstandard führt dazu, dass die Gefährdung von Menschen und Ökosystemen bewusst in Kauf genommen wird“, lautet das Fazit des Berichts, der sich damit langjährigen Forderungen von PAN anschließt, und sich somit folgerichtig in seinen Empfehlungen für eine Weiterentwicklung des Code of Conduct der Welternährungsorganisation (FAO) und die Anpassung einschlägiger Regelungen ausspricht.

Export hochgefährlicher Pestizide – die Datenbasis

Der Export von Pestiziden ist in Deutschland eine feste ökonomische Größe. Im Durchschnitt der letzten fünf statistisch verfügbaren Jahre (2012-2016) waren es – bezogen auf die Wirkstoffe – 65.651 Tonnen pro Jahr, 42 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum im Inland verkauft wurde (2). Dass der Löwenanteil der exportierten Menge von Bayer CropScience und BASF kommen dürfte, liegt auf der Hand. Die exportierten Pestizide schließen Wirkstoffe der Kategorie „hochgefährliche Pestizide“ (3), HHPs in der englischen Abkürzung, ein, von denen einige, aber längst nicht all in Deutschland bzw. in der EU verboten sind. Ein Anwendungsverbot ist eben noch lange kein Produktionsverbot. Hinzu kommt, dass diese multinationalen Konzerne ihre Pestizide nicht nur aus Deutschland exportieren, sondern ggf. von ausländischen Tochterunternehmen herstellen lassen. Zum Beispiel betreibt der Bayerkonzern den Recherchen des Öko-Instituts zufolge Produktionsanlagen an über 130 Standorten in 34 Ländern, was vom Öko-Institut aufgrund der anstehenden Fusionen und Verkäufe von Unternehmensteilen zu Recht als Momentaufnahme bezeichnet wurde.

Der Bericht des Öko-Instituts Freiburg (1) befasst sich beispielhaft mit solchen HHP-Wirkstoffen, die in der EU nicht zugelassen sind und nutzt als Ausgangspunkt die HHP-Liste von PAN International (4) sowie die Rechercheergebnisse von PAN Germany zu HHPs von Bayer und BASF aus dem Jahr 2012 (5). Als Beispiele werden in dem Bericht folgende Wirkstoffe aufgeführt, die in Ländern wie Südafrika, Indien oder Brasilien vermarktet werden: Carbofuran (Bayer, hohe akute Toxizität, hochtoxisch für Bienen), dem Rotterdamer PIC-Übereinkommen unterliegend (6), Acephate (Bayer, hochtoxisch für Bienen), Thiodicarb (Bayer, wahrscheinlich krebserregend beim Menschen, hochtoxisch für Bienen), Tepraloxydim (BASF, hormonschädlich) und Temephos (BASF, hochtoxisch für Bienen). Auf Anfrage des Öko-Instituts teilte Bayer in einer Stellungnahme mit, dass der Vertrieb des Produkts Tamaron Gold (Wirkstoff Acephat) eingestellt worden sei. Allerdings wird das Produkt Tamaron Gold auch nach Eingang dieser Stellungnahmen und (wie eine gerade durchgeführte Überprüfung ergab) bis zum heutigen Tag auf der indischen Website des Unternehmens beworben (7), was die Glaubwürdigkeit der Konzernaussage erheblich schmälert.

Bewertung der Menschenrechtsperspektive – die Rechtsgrundlage

Der besondere Wert des Berichts des Öko-Instituts besteht in der Verknüpfung der HHP-Recherche mit einer juristischen Bewertung aus Menschenrechtsperspektive und einer Analyse der Managementprozesse bei Bayer und BASF. Bezüglich der Menschenrechte analysiert der Bericht die Möglichkeiten und Grenzen des Rotterdamer PIC-Übereinkommens.

Für Chemikalien, einschließlich Pestiziden, die im Rotterdamer PIC-Übereinkommen gelistet sind, hat das importierende Land das Recht, vom Exporteur umfangreiche Informationen beispielweise zur Toxizität und zu notwendigen Schutzmaßnahmen für die Anwendung des Pestizids bereit gestellt zu bekommen. Basierend auf diesen Informationen hat es das Recht, die Einfuhr zu beschränken oder zu verbieten. Der Logik des Übereinkommens folgend, müssten im Fall einer solchen Beschränkung bzw. eines solchen Verbots, die Staaten auch die eigene Herstellung beschränken oder verbieten, wenn sie sich den Vorwurf der Anwendung doppelter Standards ersparen wollten.

In diesem Sinne wurde die EU-Verordnung 649/2012 erlassen, die das PIC-Übereinkommen in EU-Recht umsetzt. Doch die Entscheidungsgewalt über Beschränkungen oder Verbote bleibt in vollem Umfang bei den importierenden Staaten – in der „weiterhin leider fiktiven“ Annahme, so der Bericht des Öko-Instituts, dass diese Staaten die völkerrechtlichen Verpflichtungen, die sie gegenüber ihren Bürgern haben, wirksam durchsetzen würden. Darüber hinaus gibt es eine zentrale Hürde, um extraterritoriale Menschenrechtsverletzungen deutscher Unternehmen zu sanktionieren: das sogenannte „gesellschaftsrechtliche Trennungsprinzip“, dem zufolge „die Rechte und Pflichten jeder rechtlich eigenständigen Gesellschaft unabhängig voneinander zu ermitteln“ sind. Damit wird ein Zusammenhang des Fehlverhaltens voneinander unabhängiger Rechtsträger ausgeschlossen. Die Konzernzentralen haften also grundsätzlich nicht für das Verhalten ihrer Tochterunternehmen, egal wie groß der ökonomische Einfluss der Konzernzentrale ist (8). Dies ist ein klassisches Schlupfloch, um im Bereich der Menschenrechte nicht zur Verantwortung gezogen zu werden. Noch unverbindlicher ist die Situation bezüglich der Mitverantwortung bei Rechtsverletzungen von Zulieferern innerhalb der Wertschöpfungskette.

In Deutschland gibt es laut Bericht des Öko-Instituts jedoch einen Ansatzpunkt, um tatsächliche Mitverantwortung bei den Konzernen einzufordern – das Deliktsrecht: „Danach sind Unternehmen dazu verpflichtet, die innerbetrieblichen Abläufe so zu strukturieren, zu organisieren und zu überwachen, dass Schädigungen Dritter im zumutbaren Umfang vermieden werden. Unternehmen haben also für Gefahrensicherung in ihrem Organisationsbereich Sorge zu tragen; je größer die Gefahren, desto intensiver sind die mit dieser Gefahrensicherung verbundenen Organisations- und Überwachungsverpflichtungen.“ (8) Dass, auf dieser Basis gerichtliche Schritte tatsächlich möglich sind, zeigt ein Beispiel aus Großbritannien, wo eine ähnliche Rechtsgrundlage besteht und wo die Klage von sambischen Bauern gegen einen britischen Bergbaukonzern vom Gericht zugelassen wurde.

Unternehmerische Managementprozesse auf freiwilliger Grundlage

Es gibt zwei internationale Richtlinien, die Handlungsempfehlungen für die Konzerne aussprechen, allerdings auf freiwilliger Basis:

  • der seit 1985 existierende International Code of Conduct on Pesticide Management, zuletzt 2017 aktualisiert (9), gemeinsam herausgegeben von FAO und WHO, und
  • die UN Leitprinzipien zu Unternehmen und Menschenrechten (10)

Sowohl Bayer als auch BASF haben nach Einschätzung des Berichts vom Öko-Institut eine Reihe von Managementprozessen im Bereich der Produktverantwortung eingeführt. Beide Unternehmen haben sich öffentlich zum „Code of Conduct“ (siehe oben) bekannt und unterstützen die „Nachhaltigkeits-Initiative der deutschen Chemie“ (11). Allerdings waren die beiden Unternehmen weder zu einem entsprechenden Interview mit dem Öko-Institut bereit, noch zeichnen sich die öffentlich zugänglichen Dokumente „durch eine besondere Detailtiefe aus“, um die zurückhaltende Formulierung des Öko-Instituts zu zitieren (12).

Nach Angaben des Öko-Instituts zufolge haben beide Unternehmen gegenüber 2012 die Zahl HHPs in ihrem Portfolio reduziert (13). Allerdings bleibt offen, wie viele Wirkstoffe davon aufgrund ausgelaufener Patente vom Markt genommen wurden, um Platz für neue patent-geschützte Pestizide zu machen. Das wurde vom Öko-Institut nicht untersucht.

Abschließend spricht der Bericht eine Reihe von Empfehlungen aus. Dazu zählt, dass die Thematik der HHPs im Code of Conduct künftig stärker berücksichtigt werden sollte und dass es nicht möglich sein sollte, „Produkte die im eigenen Land aufgrund ihrer Gefährlichkeit nicht zugelassen sind“, ins Ausland zu verkaufen (14). Darüber hinaus sieht das Öko-Institut Handlungsbedarf für die Weiterentwicklung der rechtlichen Grundlagen, um sicher zu stellen, dass „der tatsächlich bestehende Einfluss von Muttergesellschaften auch haftungsrechtlich relevant wird (14). Die Studie des Öko-Institutes untermauert damit Forderungen der UN Sonderberichterstatterin für das Recht auf Nahrung und von PAN International nach einem weltweiten verpflichtenden Vertrag zur Regulierung hochgefährlicher Pestizide (HHPs) (15).

Insgesamt stellt die Fallstudie eine wichtige Ergänzung mit Blick auf das Agieren der Pestizidkonzerne im Ausland dar, während sich das in Berlin ansässige European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) vor allem mit der binnenrechtlichen Verantwortung deutscher Chemiekonzerne beim Pestizidexport befasst hat (16).

(Dr. Peter Clausing, PAN Germany)

 

Anmerkungen

(1)        Download über https://www.oeko.de/presse/archiv-pressemeldungen/2018/deutsche-unternehmen-gefaehrden-umwelt-und-menschrechte/

(2)        Siehe: http://www.bmel-statistik.de/fileadmin/user_upload/monatsberichte/SJT-3060720-2016.xlsx

(3)        Der Begriff wird im Pestizidbrief 3/2017 vom 27.9.2017 kurz erläutert (http://webarchiv.sub.uni-hamburg.de/weltweit/wayback/20180122104336/http://www.pan-germany.org/download/pestizid-brief/PB3_2017_Mexiko-Studie_Final.pdf

(4)        https://pan-germany.org/download/pan-international-list-of-highly-hazardous-pesticides/?wpdmdl=412&ind=1521198756530

(5)        PAN Germany (2012): Hochgefährliche Pestizide von BASF, Bayer und Syngenta! http://archiv.pan-germany.org/pan-germany.org_180405/www.pan-germany.org/download/Big3_DE.pdf

(6)        Rotterdam Convention on the Prior Informed Consent Procedure for Certain Hazardous Chemicals and Pesticides in International Trade, http://www.pic.int/

(7)        https://www.bayer.in/products/products-from-a-to-z/product-detail-35.php (Zugriff 7.7.2018). Vgl. hierzu auch die von PAN Germany durchgeführte Überprüfung der Einhaltung der am 19.6.2013 übernommenen Selbstverpflichtung von BASF, Bayer und Syngenta (http://webarchiv.sub.uni-hamburg.de/weltweit/wayback/20180122104154/http://www.pan-germany.org/download/Niederschrift_DE_130918_FF.pdf) bezüglich des Verzichts auf die Vermarktung von hochtoxischen Pestiziden (WHO-Klasse 1a/1b)

(8)        Siehe (3), S. 32

(9)        http://www.fao.org/fileadmin/templates/agphome/documents/Pests_Pesticides
/Code/Code_ENG_2017updated.pdf

(10)     https://www.ohchr.org/Documents/Publications/GuidingPrinciplesBusinessHR_EN.pdf

(11)     https://www.chemiehoch3.de/de/home.html

(12)     Siehe (3), S. 33

(13)     Siehe (3), S. 35

(14)     Siehe (3), S. 36

(15)     http://archiv.pan-germany.org/pan-germany.org_180405/www.pan-germany.org/download/presse/PAN_International_press_release%20_SR_report_March_2017.pdf

(16)     https://www.ecchr.eu/fall/bayer-doppelstandards-beim-vertrieb-von-pestiziden/




EU Plan zum Schutz vor Hormongiften nicht konkret genug

Presseinformation. München, Hamburg, 7. November 2018.

Heute veröffentlichte die EU Kommission ein lang erwartetes Papier[1] zum Umgang mit endokrinen Disruptoren (endocrine disrupting chemicals, EDCs). Diese sogenannte Communication bleibt leider weit hinter den Möglichkeiten zum effektiven Schutz vor EDCs von Umwelt und Gesundheit zurück. Dies kritisieren die deutschen Umwelt- und Gesundheitsverbände WECF, HejSupport und PAN Germany.

Im Wesentlichen fehlen in der Communication ganz konkrete Maßnahmen, die Exposition gegenüber EDCs zu verringern. Dies wäre aber dringend nötig, weil diese schädlichen Stoffe in vielen Alltagsprodukten vorhanden sind und im Zusammenhang stehen mit Krankheiten, wie Unfruchtbarkeit, Diabetes, Hoden- und Brustkrebs. EDCs finden sich in zahlreichen Alltagsprodukten wie Lebensmitteln, Kunststoffverpackungen, Kosmetikartikel oder Spielzeug. Gelangen sie in den Körper, können sie das Hormonsystem stören und Entwicklungen anstoßen, die zu Krankheiten führen können. Die WHO spricht in diesem Zusammenhang von einer „globalen Bedrohung“ der Gesundheit.[2]

Anstatt eines konkreten Aktionsplans, plant die EU Kommission einen zusätzlichen Fitness Check[3] bestehender EU Gesetze, welcher zu einer weiteren Verzögerung von konkreten Maßnahmen führen wird. Außerdem gibt es keine Pläne, den sogenannten Cocktail-Effekt in bestehende EU Regulierungen zu integrieren. So sind Mensch und Umwelt weiterhin einer Mixtur von einer Vielzahl verschiedener Schadstoffe ausgesetzt sind.

Die Communication ignoriert die Forderungen von Umweltverbänden, Gesundheitsexperten und einer Vielzahl von Wissenschaftlern, die seit Jahren und wiederholt eine strenge Regulierung für EDCs fordern. Vor allem müssen Schwangere vor EDCs geschützt werden, da bereits geringe Dosen dieser Stoffe entscheidenden Einfluss auf die fötale Entwicklung haben können.

Die EU Kommission fordert in ihrem Papier die Mitgliedsstaaten auf, nationale Aufklärungskampagnen zu starten. Damit ist die Bundesregierung dringend aufgefordert, einen nationalen Aktionsplan zum Schutz vor EDCs zu entwickeln. Dies fordern seit Jahren auch deutsche Umweltorganisationen[4], unterstützt von 150.000 Bürgerinnen und Bürgern in einer Petition[5] an die Umwelt-, Landwirtschafts- und Gesundheitsministerien. Bis heute gibt es jedoch keine Initiativen seitens der Bundesregierung.

Mehr als 70 Umwelt-, Gesundheit-, Frauen- und Verbraucherverbände fordern das Europäische Parlament, den Europäischen Rat und die deutsche Bundesregierung auf, einen ambitionierten und konkreten Maßnahmenkatalog aufzustellen.

 

Kontakt

Susanne Smolka, PAN Germany, susanne.smolka@pan-germany.org, 040 399 19 10-24

Johanna Hausmann, WECF, johanna.hausmann@wecf.org, 0173 8010040

Alexandra Caterbow, HEJSupport, alexandra.caterbow@hej-support.org,  0179 5244994

 

Weitere Informationen zu den Organisationen

www.wecf.eu

www.hej-support.org

www.pan-germany.org

www.edc-free-europe.org

EDC-Free Europe ist eine Allianz von über 70 europäischen Organisationen der Zivilgesellschaft aus den Politikfeldern Umwelt, Gesundheit, Frauen und Verbraucher, die sich gemeinsam für einen besseren Schutz gegenüber hormonschädlichen Chemikalien und ihren Belastungen von Mensch und Umwelt einsetzen. Kampagnenpartner sind außerdem Gewerkschaften, ExpertInnen für Verbraucherschutz und Gesundheitswesen sowie Akteure für Krebsvorsorge, Umweltschutz und Frauenrechte.

 

[1] http://europa.eu/rapid/press-release_IP-18-6287_en.htm

Siehe auch Pressemitteilung der EDC-free Europe Campaign https://www.edc-free-europe.org/articles/press-release/edc-free-europe-reacts-to-new-communication-on-edcs

[2] WHO (2012): State of the Science of Endocrine Disrupting Chemicals 2012 – Summary for Decision-Makers: https://www.unenvironment.org/resources/report/state-science-endocrine-disrupting-chemicals-2012-summary-decision-makers

[3] „Fitness check“ sind umfangreiche Evaluierungen, die analysieren ob Regulierungen für einen bestimmten politischen Bereich ihren Zweck erfüllen. http://ec.europa.eu/smart-regulation/evaluation/docs/fitness_checks_2012_en.pdf

[4] Acht Forderungen der EDC-free Coalition an eine EU EDC Strategie: http://www.wecf.eu/german/pressemeldungen/2018/EDC-Forderungen.php

Gemeinsame Stellungnahme deutscher NGOs zum EU Entwurf zu EDC-Identifikation in Pestiziden: https://hej-support.org/kein-schutz-vor-umwelthormonen-nach-der-entscheidung-ist-vor-der-entscheidung/

[5] EU-weite Petition : https://actions.sumofus.org/a/eu-endocrine-disruptors
Gemeinsame Petition „Hormongifte stoppen!“ der deutschen NGO Koalition:
Umweltinstitut München: https://www.umweltinstitut.org/mitmach-aktionen/hormongifte-stoppen.html
BUND: https://aktion.bund.net/hormongifte-stoppen
SumOfUs: https://actions.sumofus.org/a/hormongifte-stoppen




Bienen und Artenvielfalt schützen

Europäische Save the Bees Coalition fordert ein umfassendes Verbot von Neonikotinoiden

Presseinformation.

Hamburg, 5. Dezember 2017. Im Dezember 2013 hat die EU-Kommission entschieden, den Einsatz der drei hochgradig bienengiftigen Insektizide aus der Gruppe der Neonikotinoide Imidacloprid, Clothianidin und Thiamethoxam vorläufig zu beschränken. Zum 4. Jahrestag dieses Teilverbots belegt eine Vielzahl wissenschaftlicher Studien, dass das Teilverbot für die Anwendung dieser Insektizide in „für Bienen attraktiven Kulturen“ bei weitem nicht ausreicht, um Bestäuber ausreichend vor Vergiftungen zu schützen. 80 europäische Nichtregierungsorganisationen, die sich zur europäischen Save the Bees Coalition zusammengeschlossen haben, fordern die Mitgliedsstaaten daher auf, die Neonikotinoide endlich zu verbieten – ohne weitere Verzögerung und ohne Einschränkung.

Ein Regulierungsvorschlag der EU-Kommission, das Verbot auf alle Freilandkulturen auszuweiten, wird am 12 und 13. Dezember im zuständigen EU-Fachausschuss diskutiert und voraussichtlich den Mitgliedstaaten zur Abstimmung vorgelegt. Während Großbritannien, Irland und Frankreich bereits angekündigt haben ein strikteres Verbot zu unterstützen, haben andere Mitgliedsstaaten wie auch Deutschland ihre Position nicht veröffentlicht.

Der Vorschlag der EU-Kommission beruht auf den Schlussfolgerungen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA, dass Bienen durch die Verwendung von Neonikotinoiden bei allen Freilandkulturen bedroht sind, und zwar nicht nur bei der Anwendungen in blühenden Nutzpflanzen, die sie direkt als Nahrungsquelle nutzen. Mehrere neue Studien belegen, dass Neonikotinoide die Umwelt kontaminieren und in Wasser und Wildblumen zu finden sind, wodurch auch Wildtiere gefährdet werden.

Rückbesinnung auf eine ökologisch verträgliche Landwirtschaft

„Die Entscheidung über das Verbot der hochbienengefählichen Neonikotinoid-Wirkstoffe wird zeigen, ob die Vertreter der Mitgliedstaaten endlich Verantwortung übernehmen und mit ihrer Zustimmung zum Neonikotinoid-Verbot zum Erhalt der biologischen Vielfalt und zur nachhaltigen Sicherung von Ernte-Erträgen beitragen.“ so Susan Haffmans von PAN Germany. „Statt immer wieder auf hochgefährliche Pestizide wie Clothianidin, Imidacloprid oder Glyphosat zu setzen, sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten endlich ernsthaft die Weichen für nicht-chemischen Pflanzenschutz stellen und agrarökologische Anbaumethoden fördern.“

Imidacloprid wurde erstmalig 1994 in Frankreich zugelassen, zur Anwendung auf Sonnenblumen. Sofort bemerkten französische Imker, dass diese Chemikalien die Gesundheit ihrer Bienenvölker stark beeinträchtigten. Sonnenblumen-Felder waren eine Hauptquelle französischer Honigproduktion, doch jetzt wurden sie zu einem Motor für den Niedergang des französischen Imkerwesens. Die französischen Erfahrungen wiederholten sich in der EU und der ganzen Welt, als der Einsatz von Neonikotinoiden ausgeweitet wurde.

Nach 19 Jahren Mobilisierung durch Imker und Umweltschützer entschied die EU-Kommission 2013, den Einsatz hochbienengefährlicher Neonikotinoide in für Bienen attraktiven Nutzpflanzen zu verbieten. Außerdem verlangten die EU-Beamten von den Herstellern, Bayer und Syngenta, sogenannte „confirmatory data“ bereitzustellen, um die Toxizität der Stoffe besser einschätzen zu können. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) wertete diese Daten aus und bestätigte im November 2016 (1), dass diese Substanzen hoch toxisch auf Bienen, Hummeln und Solitärbienen wirken. Die Behörde bestätigte auch, dass noch bestehende Datenlücken eine angemessene Risikoeinschätzung verhinderten, besonders für Wildbienen.

75 Prozent weniger Insekten in 30 Jahren

Die EFSA warnte auch davor, dass Bienen Neonikotinoiden auch außerhalb von Nutzpflanzen ausgesetzt sein könnten, da sich diese Insektizide schnell in der Umwelt verbreiten und Wildblumen kontaminieren. Unabhängige Studien haben darüber hinaus gezeigt, dass die Toxizität von Neonikotinoiden weit über Bienen hinausgeht: Hummeln, Wildbienen und Käfer sind im Verschwinden begriffen, wie gerade bestätigt wurde (75% weniger Insekten-Biomasse in Deutschlands Naturgebieten innerhalb von 27 Jahren (2)). Das „Worldwide Integrated Assessement on the Impact of Systemic Pesticides on Biodiversity and Ecosystems“ hat aktuell 500 wissenschaftliche Belege ausgewertet, die seit 2014 veröffentlicht wurden. Sie bestätigen: Neonikotinoide sind ein hohes Risiko nicht nur für Insekten, sondern auch für Wirbeltiere und Tier- und Pflanzenwelt überhaupt(3).

Save the Bees Coalition – www.beecoalition.eu

Mehr als 80 Nichtregierungsorganisationen, die den größten Teil der EU Mitgliedstaaten abdecken und Imker, Umweltschützer und Wissenschaftler umfassen, starten heute offiziell die Save The Bees Coalition (4), um zum Schutz unserer Umwelt das Neonikotinoid-Verbot zu erzielen. Die Koalition setzt sich dafür ein, dass alle EU-Mitgliedstaaten dem Vorschlag der Europäischen Kommission zustimmen, die Neonikotinoide Imidacloprid, Clothianidin und Thiamethoxam zum Schutz unserer Bienen zu verbieten und das Verbot auf die Anwendung in Gewächshäusern auszuweiten, da Gewächshäuser keine geschlossenen Systeme sind und Leckagen und Umweltverschmutzung nicht zu verhindern sind. Die Koalition wird auch fordern, dass alle anderen chemischen Pestizide ordnungsgemäß auf ihre Auswirkungen auf Bienen getestet werden, damit alle bienenschädigenden Pestizide in der EU zukünftig verboten werden. Daher müssen die Mitgliedstaaten das Bee Guidance Document der EFSA 2013 ohne Verzögerung annehmen (5).

Die Webseite der Save the Bees Coalition finden Sie hier: https://www.beecoalition.eu/

Mitglieder der Save the Bees Coalition Abella Lupa, APIADS, Apicultura de huesca, Apiscam, Apiservices, Arieco, Asociación Bee Garden, Asociación de apicultores de la Región de Murcia, Asociación Española de Apicultores, Asociación Galega de apicultura, Asociación Medioambiental Jara, Asociación RedMontañas, Asociación Reforesta, Avaaz, Baltic Environmental Forum Latvia, Bamepe, Bee Life European Beekeeping Coordination, Bijenstichting, Buglife, BUND, Campact, Confederación en Defensa de la Abeja en la Cornisa Cantábrica, Cooperativa El Brot, Division of Apiculture- Hellenic Agriculture Organisation DEMETER, Earth Thrive, Eco Hvar, ECOCITY, ecocolmena, Ecologistas en Acción, Estonian Green Party, European Professional Beekeepers Association, Federação Nacional dos Apicultores de Portugal, Federation of Greek Beekeepers‘ Associations, Foundation for the Environment and Agriculture, Friends of the Bees Foundation, Friends of the Earth Europe, Générations Futures, German Professional Beekeepers Association, Gipuzkaoko Erlezain Elkartea, Glore Mill Sustainability Centre for Biodiversity and Energy, Greenpeace, Inter-Environnement Wallonie, INLUISAL SL, Lithuanian Fund for Nature, Melazahar, NABU, Natur&ëmwelt, Nature & Progrès Belgique, Pesticide Action Network Europe, Pesticide Action Network UK, Pestizid Aktions-Netzwerk, proBiene, Quercus, Romapis, Salvem la Platja Llarga, Slovenian Beekeepers` Association, Slow Food, SOS polinizadores, Spanish Society of Organic Farming, Statera NGO, SumOfUs, Territorios Vivos, Umweltinstitut München, Unió de Llauradors I Ramaders, Union Nationale de l’Apiculture Française, Via Pontica Foundation, Vilde bier i Danmark, WECF France, WECF Germany, WWF España.

Medienkontakt

Susan Haffmans (PAN Germany): susan.haffmans[at]pan-germany.org, Tel: 040-3991910-25

(1) https://www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/pub/4606
https://www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/pub/4607
(2) Hallman et al. 2017
(3) https://www.iucn.org/news/secretariat/201709/severe-threats-biodiversity-neonicotinoid-pesticides-revealed-latest-scientific-review
(4) www.beecoalition.eu
(5) https://www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/pub/3295

 




New overview of data on chlorpyrifos residues in fruits strengthens health-case for EU-wide ban

Brussels, 19.06.2019. Common press release.

Chlorpyrifos, a pesticide known for its damaging effects on children’s brain development, is among the top 15 active substances most frequently found in European unprocessed food and prominently present in fruit. This is the conclusion of a new briefing published today, bringing together all official EU data on the analysis of 791 different pesticide residues [1].

Chlorpyrifos is most often detected in citrus fruits: more than 1 out of 3 sampled grapefruits (39%) and lemons (36%), and 1 out of 4 sampled oranges (29%) and mandarins (25%) contained chlorpyrifos residues.

The current authorisation of chlorpyrifos in the European Union is set to expire on 31 January 2020. Member States in charge of the safety assessment of this pesticide are among those countries where residues of the pesticide were most frequently detected in fruits. Spain, where roughly 1 in 5 sampled fruit, including 40% of oranges and 35% of mandarins, are contaminated with chlorpyrifos, is the rapporteur Member State assigned to oversee the re-authorisation dossier. Poland, acting as co-rapporteur, tops the charts as the country with the highest contamination of chlorpyrifos in apples.

Earlier this week, a series of investigative articles published by media outlets across Europe highlighted that the previous European market approval process of chlorpyrifos ignored hundreds of independent studies showing evidence of brain-harming effects [2]. The investigation also found that the EU approval was based on just one single study, that was commissioned by industry [3].

Exposure to chlorpyrifos, even in small doses, can harm children’s brain development and hormonal systems. Scientists have linked it to decreases of IQ in children, working memory loss, endocrine disruption, autism and Parkinson’s Disease [4].

Close to 200,000 have already raised their voices to demand a toxic-free future for farming and food [5]. This #BanChlorpyrifos petition – launched by international consumer watchdog SumOfUs, the Health and Environment Alliance (HEAL), Générations Futures, Ecologistas en Acción, and the European and German branches of the Pesticide Action Network – is pressuring European governments and the Commission to ban chlorpyrifos for good.

QUOTES:

Génon K. Jensen, Executive Director at the Health and Environment Alliance (HEAL) says: “Parents should not have to worry about harming their children’s health when feeding them fruits like oranges or mandarins, which show the highest levels of chlorpyrifos residues. The body of evidence on neurotoxicity of chlorpyrifos and chlorpyrifos-methyl is compelling. Chronic exposure to low doses such as residues in fruit is linked to a decrease in IQ and working memory loss in children, there should be zero tolerance. We call on national governments and the EU institutions to make the withdrawal of both substances a public health priority.”

Angeliki Lyssimachou, Science Policy Officer at Pesticide Action Network Europe says: “It’s outrageous that our regulatory system allows for neurotoxic chlorpyrifos, known to harm children’s brains, to be used on open fields and its residues to be present in our food. We call upon Regulators to ban chlorpyrifos at once and improve our pesticide authorisation system, which currently promotes dependency on toxic pesticides in agriculture threatening -rather than protecting- human health and the environment.”

Nabil Berbour, Campaign Manager at SumOfUs says: “This toxic pesticide is harmful to children’s brain development and should have been banned a long time ago in Europe as revealed by a series of investigative pieces in the European press this week. It’s time for EU governments to put people’s health before the pesticide industry’s profits. In a petition launched by the #StopChlorpyrifos group, more than 191,000 EU citizens urge them to do so.”

Peter Clausing, Board member of Pesticide Action Network Germany says: “Chlorpyrifos represents a bold example that the EU’s risk assessment for neurotoxic effects is outdated and insufficient.”

 

Contact:

Yannick Vicaire, Chemicals and Health Policy Campaigner at the Health and Environment Alliance (HEAL), yannick@env-health.org, tel.: 0033 (0) 608 755 015

Angeliki Lyssimachou, Science Policy Officer at Pesticide Action Network Europe, angeliki@pan-europe.org, tel.: +32 496 39 29 30

Nabil Berbour, Campaign Manager at SumOfUs, nabil@sumofus.org, tel.: +33 7 56 82 06 55

 

Notes:

[1] “Chlorpyrifos residues in fruits, the case for a EU-wide ban to protect consumers”, published June 2019 by the Health and Environment Alliance (HEAL) and Pesticide Action Network Europe. https://www.env-health.org/wp-content/uploads/2019/06/June-2019-PAN-HEAL-Briefing-chlorpyrifos_web.pdf

[2] This series of articles includes:

–      Main portal (English): Investigative Reporting Denmark (https://www.ir-d.dk/chlorpyrifos/)

–      In English: the EU Observer (https://euobserver.com/health/145146)

–      In French:  Le Monde (https://www.lemonde.fr/planete/article/2019/06/17/chlorpyrifos-les-dangers-ignores-d-un-pesticide-toxique_5477084_3244.html)

–      In Dutch: Knack (https://www.knack.be/nieuws/belgie/europa-onderzoekt-verbod-op-insectenvergif-dat-in-onze-voeding-opduikt/article-longread-1477255.html)

–       In Spanish: El Confidencial (https://www.elconfidencial.com/tecnologia/ciencia/2019-06-17/pesticia-agricultura-espana-peligro-ue-prohibicion_2073403/)

[3] Safety of Safety Evaluation of Pesticides: developmental neurotoxicity of chlorpyrifos and chlorpyrifos-methyl. Mie, Rudén, Grandjean. Environ Health. 2018 Nov 16;17(1):77. doi: 10.1186/s12940-018-0421-y https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/30442131

[4] Factsheet ‘EU should ban brain-harming chlorpyrifos to protect health’ (published August 2018 by the HEAL, PAN Europe, Générations Futures and PAN Germany).

[5] SumOfUs petition: No more toxic chlorpyrifos in our food: https://actions.sumofus.org/a/chlorpyrifos (also available in German, Spanish and French). Campaign video: https://twitter.com/SumOfUs/status/1140606268157157376

Infographic ‘Ban the toxic pesticide chlorpyrifos from our plates’ (published June 2019 by HEAL) https://www.env-health.org/wp-content/uploads/2019/06/Ban-Chlorpyrifos-Infographic-v2.png

 




NGO-Konferenz “Tomorrow without Toxics”

Während der gesamten Woche können Interessierte an virtuellen Veranstaltungen der NGO-Konferenz „Tomorrow without Toxics“ vom 22.-26. November2021 teilnehmen. Der dritte Konferenztag am Mittwoch den 24.11. widmet sich dem Thema „Pestizide und Pestizid-Belastungen“. Die Hauptkonferenz-Sprache ist Englisch, Podiumsdiskussionen der Konferenz werden in weitere Sprachen übersetzt.

Join the virtual International Civil Society Conference on Chemicals Management (ICSCCM), organized by the Forum Environment and Development in cooperation with the partner organizations HEJ-Support, WECF, PAN Germany and BUND – Friends of the Earth Germany. Conference is free of charge.

The four-day virtual conference, from November 22 to 26, involves participants from leading civil society organizations and social movements around the world, international organizations and governmental representatives, to discuss challenges to international policies and regulations on chemicals. The conference offers daily high-level panels and space for information sharing, debate, and learning. Participants will be able to draft and discuss demands, targeting different stakeholder groups.

Elements of the conference:

  • Daily high-level panel: strong interdisciplinary and intersectional perspectives can be developed in a daily panel with high-profile experts
  • Open spaces: knowledge-sharing, networking and exchange in self-organized sessions, meetings and presentations
  • One focal topic per day:
    Monday, 22.11. Social injustice in International Chemical Management
    Tuesday, 23.11. Chemicals in products and the Right to Know
    Wednesday, 24.11. Pesticide use and Exposure
    Thursday, 25.11. Ideal Solutions for International Chemical Management
    Friday, 26.11. Discussion on the Call to Action
  • Discussion and development of demands: be part of a joint call to action. The Call To Action will be agreed during the final conference Day, Friday 26November.
  • Linkages to other policy areas: discussions on the link between chemicals and waste, and areas such as trade, circular economy, biodiversity, and health care, integrating gender, post colonialism, and class perspectives. Feel free to bring your specific topic into the discussion!

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Exportverbot für Hochgefährliche Pestizide (HHPs): UN-Sonderberichterstatter drängt die deutsche Regierung

In einem fünfseitigen Brief[1] an die deutsche Regierung erläuterte Dr. Marcos Orellana, UN-Sonderberichterstatter für die Auswirkungen giftiger Substanzen und Abfälle auf die Menschenrechte, die Notwendigkeit und die Möglichkeiten eines Exportverbots für HHPs.[2]

PAN Germany Pestizid-Brief 1 – 2021

Die Forderung nach einem Exportverbot für HHPs, die in der EU aus Umwelt- oder Gesundheitsgründen keine Genehmigung haben bzw. bereits verboten sind, fällt nicht vom Himmel. Wie bereits berichtet[3], ging Frankreich mit gutem Beispiel voran: Dort verbietet das Gesetz Nr. 2018-938 ab dem 01.01.2022 Produktion, Lagerung und Export von Pestiziden mit Wirkstoffen, die zum Schutz der Gesundheit bzw. der Umwelt in der EU nicht genehmigt sind.[4]

Auf internationaler Ebene gibt es den International Code of Conduct on Pesticide Management als globale Leitlinie für den Umgang mit Pestiziden. In dessen 2016 veröffentlichten Richtlinien zu den HHPs wird darauf hingewiesen, dass die „effektivste Möglichkeit“ zur Einschränkung der von HHPs ausgehenden Risiken „oftmals die Beendigung ihrer Nutzung durch gesetzliche Regelungen“ darstellt.[5] Das Problem ist, dass dieser Code of Conduct keine „Regulierung“ darstellt, wie das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) auf seiner Website suggeriert,[6] sondern nur Empfehlungen. Das ist der Grund, warum Dr. Marcos Orellana in seinem Brief die aktuellen Bemühungen in Deutschland begrüßt, die Empfehlungen des International Code of Conduct verbindlich zu machen und ein Exportverbot für verbotene Pestizide gesetzlich umzusetzen. Konkret handelt es sich bei diesen Bemühungen um den gemeinsam von den Fraktionen Bündnis90/Die Grünen und Die Linke im November 2020 eingebrachten Antrag „Gefährliche Pestizidexporte stoppen – Internationale Abkommen zum Schutz vor Pestizidfolgen stärken”.[7] Orellana unterstützt in seinem Brief die dort formulierten Vorschläge für die Bundesregierung, nämlich

  • „eine verbindliche Regelung zu erlassen, die den Export von Pestizidwirkstoffen, Zwischenprodukten und Pestizidformulierungen verbietet, die in der EU und/oder in Deutschland aus Umwelt- bzw. Gesundheitsgründen keine Zulassung oder Genehmigung haben;
  • ähnliche Maßnahmen auf EU-Ebene zu unterstützen;
  • eine strengere Regulierung auf globaler Ebene anzustreben, z. B. ein internationales Abkommen über das Lebenszyklusmanagement von Pestiziden;
  • die freiwilligen Verpflichtungen des International Code of Conduct on Pesticide Management in verbindliche Regulierungen umzuwandeln;
  • sich auf internationaler Ebene und im Rahmen einschlägiger internationaler Gremien für eine wirksame verbindliche Regulierung des Pestizidhandels einzusetzen, u.a. mit dem Ziel, ein unabhängiges Überwachungssystem über den Einsatz von Pestiziden und die daraus resultierenden negativen Gesundheits- und Umweltfolgen in Ländern des Globalen Südens zu etablieren.“

Orellana verweist auf die Berichte anderer Expert*innen bzw. Gremien der Vereinten Nationen, die ebenfalls auf die von Pestiziden ausgehenden Gefahren hinwiesen, so wie die Sonderberichterstatterin für das Recht auf Nahrung im Januar 2017,[8] und das Komitee für das Recht des Kindes.[9]

Während der Brief verschiedene internationale Aktivitäten der Bundesregierung im Bereich des Umweltschutzes lobt, wird sie zugleich aufgefordert, im eigenen Land aktiv zu werden, um „die verabscheuungswürdige Doppelmoral zu beenden, die aus dem Export von verbotenen hochgefährlichen Pestiziden resultiert“. Die Doppelstandards werden derzeit auf globaler Ebene durch den Export von Pestiziden oder anderen toxischen Substanzen praktiziert, wenn diese auf nationaler Ebene verboten sind. Sie verschärfen die Umweltungerechtigkeit und stellen diskriminierende Praktiken dar, die laut Orellana „gegen internationale Menschenrechte und Umweltstandards verstoßen. Solche Praktiken verhindern den vollen und gleichberechtigten Genuss der Menschenrechte eines jeden Menschen.“

In diesem Zusammenhang verweist der UN-Sonderberichterstatter darauf, dass einige europäische Länder diesem „alarmierenden Tatbestand“ bereits Rechnung getragen haben, und zwar mit der Begründung, dass eine Einschränkung der unternehmerischen Freiheit gerechtfertigt ist, wenn es Schäden für die menschliche Gesundheit und die Umwelt betrifft.

Solche Maßnahmen sind mit der Gesetzeslage in der EU kompatibel, was durch den Entwurf der EU-Kommission einer „Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit”[10] noch einmal unterstrichen wird. Dort steht unter den in Punkt 2.5.2. aufgelisteten, geplanten Maßnahmen der EU: „Vorangehen mit gutem Beispiel und im Einklang mit internationalen Verpflichtungen Gewährleistung, dass gefährliche Chemikalien, die in der Europäischen Union verboten sind, nicht für den Export hergestellt werden, erforderlichenfalls auch durch Änderung einschlägiger Rechtsvorschriften.“

Am Ende seines Schreibens drängt Marcos Orellana die Bundesregierung, die in dem Antrag der Grünen und Linken gemachten Vorschläge zu implementieren und ihn über Fortschritte in dieser Angelegenheit zu informieren.

Da sich in der Plenardebatte des Bundestags am 11.02.2021 auch Abgeordnete der Regierungsparteien für ein solches Exportverbot ausgesprochen haben,[11] sollte man hoffen, dass ein solches Gesetz in greifbarer Nähe ist.

(Dr. Peter Clausing)

[1] https://www.ohchr.org/Documents/Issues/ToxicWaste/Communications/OL-DEU-09-02-21.pdf

[2] Anm.: Wörtliche Zitate aus englischen Quellen sind eigene Übersetzungen

[3] https://pan-germany.org/download/kurzinformation-zu-hhps-und-doppelstandards-im-pestizidhandel/?ind=1613046461302&filename=FS_pestizidhandel_DE_210201_web.pdf&wpdmdl=2636&refresh=602df867caaf01613625447

[4] https://www.legif­rance.gouv.fr/dossierlegislatif/JORFDOLE000036562265/

[5] http://www.fao.org/3/i5566e/i5566e.pdf, Seite 14

[6]https://www.bvl.bund.de/EN/Tasks/04_Plant_protection_products/03_Applicants/13_LegalRegulations/03_InternationalAgreements/01_CodeOfConduct/ppp_intern_agreements_CoC_En_node.html

[7] https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/239/1923988.pdf

[8] https://undocs.org/en/A/HRC/34/48

[9] http://daccess-ods.un.org/access.nsf/Get?Open&DS=CRC/C/MEX/CO/4-5&Lang=E

[10] https://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar:f815479a-0f01-11eb-bc07-01aa75ed71a1.0002.02/DOC_1&format=PDF

[11] Konkret waren es Peter Stein/CDU (https://www.bundestag.de/mediathek?videoid=7502170#url=L21lZGlhdGhla292ZXJsYXk=&mod=mod536668)
und Sascha Raabe/SPD (https://www.bundestag.de/mediathek?videoid=7502172#url=L21lZGlhdGhla292ZXJsYXk=&mod=mod536668)

Hintergrundinformationen:




Pestizidatlas 2022 zeigt: Neue Bundesregierung muss Pestizidwende einleiten

Pestizidatlas 2022 – Daten und Fakten zu Giften in der Landwirtschaft
Gemeinsame Pressemitteilung vom 12. Januar 2022

Berlin. Die Heinrich-Böll-Stiftung, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und das Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany) fordern von der Bundesregierung, den Einsatz von Pestiziden konsequent zu reduzieren. Vor allem besonders toxische Pestizide müssen verboten werden und bereits in der EU verbotene Pestizide dürfen nicht länger exportiert werden, wie die Organisationen bei der heutigen Vorstellung des „Pestizidatlas 2022“ betonten.

Der „Pestizidatlas 2022“ zeigt, dass die Menge weltweit eingesetzter Pestizide seit 1990 um
80 Prozent gestiegen ist. In einigen Regionen wie Südamerika sogar um fast 150 Prozent. Der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen, wie zum Beispiel Soja als wichtiges Futtermittel für die Tierhaltung, hat in Ländern mit großer Artenvielfalt zu einer gravierenden Ausweitung des Einsatzes an Herbiziden geführt. Auch in der EU liegt der Einsatz mit rund 350.000 Tonnen auf hohem Niveau. In Deutschland werden zwischen 27.000 und 35.000 Tonnen Pestizidwirkstoffe pro Jahr verkauft. Die Menge schwankt vor allem aufgrund von Witterungsbedingungen und aufgrund von unterschiedlichen Preisen für Agrar- und Pestizidprodukte.

Der Einsatz von Pestiziden führt zu anhaltenden Belastungen von Mensch, Natur und Umwelt. So lassen sich an Luftmessstellen Pestizide nachweisen, die bis zu 1000 Kilometer weit entfernt ausgebracht wurden. Auch in Naturschutzgebieten finden sich Pestizidrückstände. Insbesondere Gewässer in der Nähe landwirtschaftlich genutzter Gebiete weisen hohe Pestizidbelastungen auf. Meeressäuger an deutschen Küsten sind bis heute mit Pestiziden belastet, die seit 40 Jahren verboten sind. Eine fatale Wirkung hat der Einsatz von Pestiziden auf die biologische Vielfalt: konventionell bewirtschaftete Äcker weisen nur drei Prozent der floristischen Artenvielfalt auf, die auf Äckern zu finden ist, die noch nie mit Pestiziden behandelt wurden. Auf biologisch bewirtschafteten Äckern liegt die Vielfalt mit 53 Prozent erheblich höher.

Die global wachsende Menge an eingesetzten Pestiziden führt weltweit zu einem Anstieg an Pestizidvergiftungen – insbesondere im Globalen Süden, wo Arbeiter*innen oftmals nicht ausreichend geschützt sind. So sei konservativen Berechnungen zufolge in Asien von jährlich rund 255 Millionen Vergiftungsunfällen auszugehen, in Afrika von knapp über 100 Millionen und in Europa von rund 1,6 Millionen.

Barbara Unmüßig, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, sagt: „Auch in Europa sprühen wir viel zu viel: Alleine Äpfel, das Lieblingsobst der Deutschen, werden etwa 30-mal pro Saison gespritzt, Weinreben bis zu 17 mal und Kartoffeln bis zu 11 mal.  Vor allem in Ländern mit großer Artenvielfalt wie Brasilien, Argentinien und Paraguay ist der Herbizideinsatz insbesondere seit der großflächigen Einführung von gentechnisch verändertem, pestizidresistenten Soja, das als billiges Futtermittel für die Tiermast eingesetzt wird, dramatisch gestiegen. Damit wurde auch das zentrale Versprechen der Agro-Gentechnik, Ackergifte mit Hilfe von Gentechnik deutlich zu reduzieren, auf groteske Weise konterkariert.

Wir brauchen dringend eine Trendumkehr – dafür ist jetzt die europäische und deutsche Politik in der Verantwortung. Die Bundesregierung hat von der jungen Bevölkerung dafür einen klaren Handlungsauftrag, wie eine repräsentative Umfrage in unserem Pestizidatlas 2022 zeigt: Mehr als 70 Prozent der Befragten fordern eine deutliche Reduktion des Pestizideinsatzes in Deutschland. Und fast genauso viele wollen den Export von in Europa nicht zugelassenen Pestiziden in andere Weltregionen verbieten.“

Olaf Bandt, BUND-Vorsitzender, erklärt: „Der Verlust der Artenvielfalt weltweit, aber auch in Deutschland ist dramatisch und kann nur gestoppt werden, wenn der Einsatz von Ackergiften deutlich reduziert wird. Hierzu erwarten wir gesetzgeberisches Handeln von der neuen Bundesregierung. Dabei muss die Gesamtmenge der Pestizide um 50 Prozent gesenkt und besonders gefährliche Pestizide verboten werden. Es müssen innerhalb der jetzigen Legislaturperiode konkrete Maßnahmen umgesetzt werden, um die Erfolge der Pestizidreduktion zu kontrollieren. Entscheidend dabei ist, dass die landwirtschaftlichen Betriebe dabei unterstützt werden mit weniger Pestiziden wirtschaftlich tragfähig zu arbeiten. Weniger Pestizide und mehr biologische Vielfalt auf dem Acker soll sich für alle Betriebe lohnen.

Ein Umdenken ist dringend notwendig, denn der hohe Pestizideinsatz schadet der Biodiversität. Er trägt zum Verlust zahlreicher Nützlinge bei, ohne die wiederum noch mehr Pestizide notwendig sind. Der damit verbundene Rückgang bestimmter Wildpflanzenarten führt zum Verlust von Lebensraum und Nahrung für spezialisierte Insekten. Zudem führt der Einsatz von in geringen Mengen hochwirksamen Neonikotinoiden zum Sterben von Wildbienen.“

Doris Günther, Vorstand von PAN Germany, sagt: „Mit dem massiven Pestizideinsatz weltweit vergiften wir Menschen und Natur. 385 Millionen jährliche Pestizidvergiftungen weltweit sind ein Skandal. Pestizidkonzerne haben längst den Globalen Süden als neuen Wachstumsmarkt für ihre Produkte ausgemacht. Auch deutsche Firmen exportieren hochgefährliche Pestizide nach Afrika, Asien und Lateinamerika, die bei uns zum Schutze der Bevölkerung und der Umwelt verboten wurden. Diesen unhaltbaren Zustand müssen die deutsche und europäische Politik beenden und konsequent den Export verbotener Pestizide gesetzlich untersagen. Dass die neue Bundesregierung sich in ihrem Koalitionsvertrag verpflichtet hat entsprechend zu handeln, lässt hoffen.“

Die Zustimmung zu konsequentem Handeln hat die deutsche Politik jedenfalls von den jüngeren Generationen: Die repräsentative Umfrage unter Leitung der Universität Göttingen und Zühlsdorf & Partner für den Pestizidatlas 2022 bei der Altersgruppe der 16- bis 29-Jährigen zeigt, dass die Bundesregierung von der jungen Bevölkerung einen klaren Handlungsauftrag hat. Mehr als 70 Prozent der Befragten fordern eine deutliche Reduktion des Pestizideinsatzes in Deutschland. Sie unterstützen die Entscheidung der EU, die die Halbierung des Pestizideinsatzes bis 2030 eingeleitet hat. Mehr als 60 Prozent der Befragten sind sogar dafür die Nutzung von Pestiziden insgesamt bis 2035 zu verbieten, wenn Bäuerinnen und Bauern beim Umstieg auf eine umweltfreundliche Landwirtschaft unterstützt werden. Fast 80 Prozent der Befragten befürwortet eine stärkere finanzielle Unterstützung der Landwirtinnen und Landwirte, wenn weniger Pestizide eingesetzt werden.

Weitere Informationen: Der Pestizidatlas 2022 steht unter www.boell.de/pestizidatlas bzw. www.bund.net/pestizidatlas und www.pan-germany.org/pestizidatlas zum Download bereit.

Der Atlas bietet auf über 50 Seiten und in über 80 Grafiken zahlreiche Daten und Fakten zu Giften in der Landwirtschaft in Deutschland und weltweit. Der Atlas kann für Unterrichtszwecke auch klassensatzweise bei der Heinrich-Böll-Stiftung bestellt werden.

Pressekontakte

Heinrich-Böll-Stiftung: Michael Alvarez, Pressesprecher Heinrich-Böll-Stiftung, Tel.: 030-28534-202, Mobil 0160-365 77 22, E-Mail: alvarez@boell.de, www.boell.de

BUND: Sigrid Wolff | Daniel Jahn, BUND Pressestelle
Tel. 030-27586-425 |-497| -531 E-Mail: presse@bund.net, www.bund.net
Katrin Wenz, BUND-Expertin für Agrarpolitik, Mobil 0176 47684162,  E-Mail: Katrin.Wenz@bund.net

PAN Germany: Birgit Wulff, PAN Öffentlichkeitsarbeit, Tel.: 040-3991910-0, presse@pan-germany.org, www.pan-germany.org;
Susan Haffmans, Referentin für Pestizide, Tel: 049157 315 640 17, susan.haffmans@pan-germany.org




Gute Nachricht: USA verbieten alle Anwendungen von Chlorpyrifos in der Lebensmittelproduktion

Gestern, am 18. August 2021, hat die US Zulassungsbehörde EPA (Environmental Protection Agency) angekündigt, dass sie alle Verwendungen von Chlorpyrifos in der Lebensmittelproduktion einstellen wird.

Kristin Schafer, Geschäftsführerin des Pesticide Action Network North America (PANNA), gab als Reaktion auf die Entscheidung der EPA die folgende Erklärung ab:

„Gemeinsam mit Partnern im ganzen Land feiern wir diese Entscheidung, die die Gesundheit von Millionen von Kindern, Landarbeitern und Familien in ländlichen Gebieten schützt – und die längst überfällig war. Seit Jahrzehnten liegen die wissenschaftlichen Belege für die Schädlichkeit dieser neurotoxischen Chemikalie vor. Es bedurfte einer hartnäckigen Arbeit der Verbände, einer Überzeugungsarbeit in den Parlamenten der Bundesstaaten und koordinierter rechtlicher Schritte, um die EPA endlich dazu zu zwingen, ihre Arbeit zu machen.“

„Wir gehen davon aus, dass die heutigen Beschlüsse auch zu einem Verbot des Einsatzes von Chlorpyrifos bei Nutzpflanzen führen werden, die als Futtermittel angebaut werden, und dass die EPA in den kommenden Monaten auch Maßnahmen in Bezug auf alle anderen Verwendungszwecke von Chlorpyrifos außerhalb der Lebensmittelproduktion in Betracht ziehen wird. Wir fordern die Behörde auf, auch diese Verwendungen rasch zu verbieten, damit wir uns den 35 Ländern anschließen können, die diese gefährliche Chemikalie bereits vollständig verboten haben.“

„Wir hoffen, dass die heutige Entscheidung ein Zeichen dafür ist, dass diese Behörde Wissenschaft und Gerechtigkeit bei der Entscheidungsfindung über gefährliche Pestizide wieder in den Mittelpunkt stellt. Viel zu lange hatten die Interessen der Pestizidindustrie Vorrang vor dem Schutz der Gesundheit von Kindern oder der Gesundheit derjenigen, die an der Front der landwirtschaftlichen Produktion stehen – Landarbeiter, Landwirte und Familien in ländlichen Gebieten. Es ist an der Zeit, dass sich das ändert.“

PANNA und seine Partner, darunter Wissenschaftler, Landarbeiter sowie kommunale und nationale Organisationen, setzen sich seit dem Jahr 2000 für ein bundesweites Verbot von Chlorpyrifos ein. Im Jahr 2000 wurde die Verwendung von Chlorpyrifos im Haushalt wegen seiner Schädigenden Wirkung auf die Hirnentwicklung von Kindern verboten. Im Jahr 2007 reichte PANNA gemeinsam mit Partnern und dem Anwaltsteam von EarthJustice eine Petition bei der EPA ein, in der ein Verbot von chlorpyrifoshaltigen Produkten in der Landwirtschaft gefordert wurde. Erst 2015 schlug die EPA ein Chlorpyrifos-Verbot für Lebensmittel vor. Diese ausstehende Bundesentscheidung wurde 2017 aufgehoben, eine Entscheidung, die PANNA und seine Partner 2018 erneut rechtlich anfochten. Daraufhin ordnete das Gericht im Mai 2021 an, alle Verwendungen von Chlorpyrifos in Lebensmitteln zu verbieten, sofern deren Unbedenklichkeit nicht erwiesen ist. Hierauf reagiert das jetzige Verbot der Verwendung in Lebensmitteln.

Als Reaktion auf die Verzögerung der Maßnahmen auf Bundesebene im Jahr 2017 drängten die Befürworter eines Verbots auf Maßnahmen zum Schutz von Kindern, Arbeitnehmern und Gemeinden auf Bundesstaatenebene. Seit 2018 haben Hawai’i, Kalifornien, New York, Maryland und Maine alle Verwendungen von Chlorpyrifos untersagt, und in mehreren anderen Bundesstaaten wurden ähnliche Maßnahmen in die Wege geleitet.

Quelle: Pressemitteilung von PANNA vom 18.8.2021

 

In der EU sind Chlorpyrifos und Chlorpyrifos-Methyl seit Februar 2020 verboten. Auch hier war ein jahrzehntelanges Engagement von PAN Gruppen und zahlreichen anderen Organisationen für ein Verbot vorausgegangen. Im August 2019 hatte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) endlich anerkannt, dass das Insektizid Chlorpyrifos für die menschliche Gesundheit schädlich ist und nicht die Kriterien für eine Wiedergenehmigung in der EU erfüllt (PAN Germany berichtete). Am 6. Dezember 2020 fiel dann die lang ersehnte Entscheidung: Die Vertreter*innen der europäischen Mitgliedstaaten im Ständigen Ausschusses der Europäischen Kommission, der für die Genehmigung von Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffen zuständig ist (SCoPAFF) stimmten dafür, Chlorpyrifos und Chlorpyrifos-Methyl vom EU-Markt zu verbannen – ein historischer und überfälliger Schritt, urteilten europäische NGOs.




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Bekenntnis zum Green Deal für eine nachhaltige Ernährungssouveränität

Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und die daraus resultierenden Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von Ressourcen macht deutlich, wie zwingend notwendig eine systemisch nachhaltige Reform der EU-Landwirtschaft ist. Eine widerstandsfähigere und chemiefreie Landwirtschaft kann für langfristige Ernährungssicherheit sorgen, Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen und Verzicht auf Importe von Kunstdüngern schaffen, sauberes Wasser und gesunde Lebensmittel gewährleisten, und unsere Gesundheit und die biologische Vielfalt schützen. Um das zu erreichen, braucht es ein starkes Bekenntnis zur „Farm to Fork“- und zur Biodiversitätsstrategie des Europäischen Green Deals statt einer Abkehr von den gemeinsam vereinbarten Zielen. Dazu gehört ganz konkret, dass die EU Kommission die Vorlage ihres Verordnungsentwurfs für die Revision der Rahmenrichtlinie zur nachhaltigen Verwendung von Pestiziden (SUD) nicht aufschiebt, sondern wie geplant am 23. März 2022 veröffentlicht.  Nur mit der Anpassung der SUD an die Ziele des Green Deals – die Einführung verbindlicher und ehrgeiziger Maßnahmen zur Verringerung des Einsatzes und des Risikos chemisch-synthetischer Pestizide – wird der Weg geebnet für die dringende Reform der kraftstoff- und chemieintensiven Landwirtschaft.

Aber genau das Gegenteil wird – im Sinne der Agrar- und Pestizidlobby – derzeit in den EU-Gremien diskutiert. Der Angriffskrieg Russlands wird als Argument, wie auch zuvor die Coronakrise und davor die Finanzkrise, benutzt, um zu verzögern und zu verschleppen. Ein aktueller offener Brief vieler europäischer NGOs plädiert für das Einhalten des Revisionszeitplans und fordert strenge Maßnahmen für eine wirksame Pestizidreduktion.

Ein Aussetzen der auf EU Ebene gemeinsam vereinbarten Ziele der „Farm to Fork“- und der Biodiversitätsstrategie, darunter die Reduktion des Pestizideinsatzes und des Risikos um 50 % bis 2030 sowie die Steigerung des ökologischen Anbaus auf 25 % bis 2030, und stattdessen eine Intensivierung der Landbewirtschaftung zu propagieren, ist nur eine vermeintliche Lösung der aufkeimenden Angst vor einer Nahrungsmittelknappheit in Europa zu begegnen. Denn Getreide wird in der EU hauptsächlich für Tierfutter und Biotreibstoffe verwendet. Eine Nahrungsmittelknappheit ließe sich beispielsweise durch eine vorübergehende Verringerung der Produktion von Agrotreibstoffen und der Verwendung von Getreide für Tierfutter abwenden.[1] Die EU-Institutionen und ihre Mitgliedsstaaten haben die Verantwortung, im öffentlichen Interesse und nicht für das der Konzerne aus der Lebensmittel- und Chemiebranche zu handeln. Die Pestizidreduktion wird von der Gesellschaft gefordert – 1,2 Millionen Menschen haben über die Europäische Bürgerinitiative „Bienen und Bauern retten“ (EBI) eine Reduzierung chemisch-synthetischer Pestizide um 80 % bis 2030 und einen vollständigen Ausstieg bis 2035 gefordert. Nun fordert die Initiative von den EU-Institutionen, ihre Verantwortung ernst zu nehmen und die Pestizidreduktion nicht weiter aufzuschieben.[2]

Bereits die Richtlinie über die nachhaltige Verwendung von Pestiziden (SUD) aus dem Jahr 2009 hatte das Ziel, den Pestizideinsatz und das damit verbundene Risiko zu verringern. Nicht-chemische Alternativen sollten bevorzugt werden und chemisch-synthetische Pestizide nur noch Mittel letzter Wahl sein. Die Anwendung des integrierten Pflanzenschutzes (IPM) ist durch die Richtlinie für europäische Landwirt*innen bereits seit 2014 verpflichtend. Dass die Richtlinie von den meisten Mitgliedstaaten bis heute nicht vollständig umgesetzt wurde, ist unter anderem der Tatsache geschuldet, dass es dem politischen Instrument an konkreten Zielsetzungen, verbindlichen Maßnahmen und Kontrollmechanismen gefehlte. Dabei ist längst bewiesen, dass der Pestizideinsatz erheblich reduziert werden kann, ohne die finanzielle und produktive Leistung von Betrieben zu beeinträchtigen.[3] Eine EU-Landwirtschaft, die auf agrarökologischen Grundsätzen basiert, wäre im Stande, den Nettobeitrag der EU zum Weltmarktangebot an Kalorien und Proteinen decken – durch eine Verringerung des Verbrauchs von tierischem Protein und die Verlagerung der Produktion zu mehr pflanzlichem Protein.[4]

Im Rahmen des Revisionsprozesses der SUD fordern PAN Europe und PAN Germany, mit der geplanten Verordnung (SUR) endlich eine ambitionierte Pestizidreduktion festzulegen, um die Menschen und die Umwelt zu schützen und eine nachhaltige Ernährungssouveränität mit gesunden Lebensmittel sicherzustellen. Das Netzwerk macht in seinem gemeinsamen Positionspapier deutlich, dass eine neue Verordnung nur wirksam sein kann, wenn sie konkrete Zielvorgaben für den integrierten Pflanzenschutz und zeitgebundene Reduktionsziele für den Pestizideinsatz festlegt. Allem voran steht die Forderung nach einem Paradigmenwechsel: Chemisch-synthetische Pestizide dürfen stets nur das allerletzte einzusetzende Mittel im Pflanzenschutz- und Schädlingsmanagement sein und nicht die Norm! Dafür muss integrierter Pflanzenschutz (IPM) eindeutig definiert werden und IPM-Vorschriften müssen verpflichtend sein für den Erhalt von Subventionen der Gemeinsamen Agrarpolitik.

[1] IDDRI. Blog post.March 9th 2022: “War in Ukraine and food security: what are the implications for Europe?” https://www.iddri.org/en/publications-and-events/blog-post/war-ukraine-and-food-security-what-are-implications-europe

[2] ECI https://www.savebeesandfarmers.eu/eng/news/urgent-call-to-eu-commission-farm-to-fork-pesticide-reduction/

[3] Lechenet et al. (2017), Reducing pesticide use while preserving crop productivity and profitability on arable farms, Nature plants: https://www.inrae.fr/en/news/reducing-pesticide-use-agriculture-without-lowering-productivity

[4] Poux et al.(2018), An agroecological Europe in 2050: multifunctional agriculture for healthy eating. Findings from the Ten Years For Agroecology (TYFA). Iddri-AScA: http://www.iddri.org/sites/default/files/PDF/Publications/Catalogue%20Iddri/Etude/201809-ST0918EN-tyfa.pdf